Was kostet ein Bauernhof um 1700 bi 1750 ?

  • Hallo,


    Ich habe die Kopien einiger Verträge, wo der Vater seinem Sohn den Hof verkauft. Die Verträge stadatieren zwischen 1700 und 1750 aus dem Sudetenland (Pfraumberg, Molgau, Maierhöfen, ...) und die Höfe waren sicher eher klein.


    Der Kaufpreis ist jeweils um 80 bis 100 [Währungseinheiten], ich vermute Gulden - kann es jedoch nicht lesen, zusätzlich zur lebenslangen "freyen Herberg" und wird üblicherweise in Jahresraten zu 8 bis 15 [Währungseinheiten] abbezahlt.

    Was war damals die Währung?
    Obwohl ich weiß, daß jeder Vergleich eigentlich unmöglich ist, frage ich doch:


    Was kostete damals das Leben? Ein Pferd? Ein Hof? Was bekam ein Knecht, Pfarrer, Lehrer?


    Noch eine Frage:
    Bei den Hofübergaben scheint zumindest in eniigen Fällen die Kirche mitzuverdienen, Ich habe da durchaus beachtliche Betröge im Verhältnis zum Kaufpreis (z.B. 11 [Währungseinheiten] "für die Frauenberger und Neudorffer Kirchen" oder 8 [Währungseinheiten] "dem Gotteshaus Sanct Georgy zu Fraumberg") gefunde. Wie ist das zu erklären?


    Vielen Dank
    Helmut

  • Hallo Helmut,


    im Ostbairischen bekam um 1850 (Angaben eines Bauern, der Höchstlohn zahlte)


    1. Knecht: jährlich 1 Gulden Dinggeld
    29 Gulden Lohn
    3 Hemden
    2 Paar Schuhe
    3 Ellen Zwill
    Schuhschmiere
    der Stallbub: 1 Gulden Dinggeld
    10 Gulden Lohn, und die weiteren oben aufgeführten Sachbezüge


    1.Dirn: jährlich 1 Gulden Dinggeld
    17 Gulden Lohn
    4 Ellen häberne Leinwand
    6 Ellen werchene Leinwand
    6 Ellen rupfene Leinwand
    2 Paar Schuhe
    1 Hemd und 1 Pfund Wolle


    1 Pferd kostete 200 Gulden, 1 Schäffel Weizen 25 Gulden,30 Kreuzer, 1 Ster Holz 5 Gulden 28 Kreuzer


    Quelle: Ostbayern, Leben und Brauchtum



    Gruß Marlies

  • @marlies: weißt du zufällig wieviel ein schäffel weizen in kg ist?


    das scheint irgendwie ziemlich viel zu sein, immerhin bekam man für 8 schäffel weizen schon ein pferd?!?!?

    Hauptforschungsgebiet: KÄRNTEN (Ö)
    Ö - Wien: Kibitz, Hatschka
    D - Koblenz: Melles/Milles, Hert
    F - Correze: Rauly, Bouisson/Bouhyson/Bouissou
    näheres auf meiner Homepage (letztes Update: 28. September 2007)

  • Aus http://www.amuseum.de:


    Ein Scheffel ist ein altes Hohlmass unterschiedlicher Grösse für Getreide, ein hölzernes Gefäss mit einem Volumen zwischen 5 und 250 Litern, das als Mass für Getreide diente.


    Aus de.wikipedia.org:


    ein altes Hohlmaß in Deutschland. Allerdings war der Inhalt von Region zu Region verschieden. Sowohl 30 Liter als auch 300 Liter konnte ein Scheffel bemessen. Amtlich festgelegt war der Preußische Scheffel mit 54,962 l, der bayrische Scheffel mit 222,357 l und in Sachsen betrug er wiederum 103,829 l.



    Was für mich noch ein größeres Missverhältnis ist:
    Ein Knecht bekommt 29 Gulden, ein Pferd kostet 200 Gulden (1850), ein Bauernhof (in meinem Fall) 100 Gulden (1750) oder 80 Gulden (1698) ?


    Da muss also in 100 Jahren eine kräftige Teuerung gewesen sein.



    Helmut

  • Hallo Simon,


    aus dem Wörterbuch für Familienkunde in Bayern und Österreich:


    Schaff/Schäffel/Scheffel: Getreidehohlmaß, je nach Gegend unterschiedlich 1524 entsprach 1 Schäffel in Augsburg und in Salzburg 8 Metzen Weizen oder Roggen, 16 Metzen Gerste oder Hafer. 1809 wurden an die 350 verschiedene, regional gültige Scheffelmaße abgeschafft und durch einen einheitlichen Königl.Bayer.Scheffel (= Münchner Maß) mit 222,36 Liter ersetzt. 1 Scheffel Getreide = 222 cdm (Liter) = 3,1 Zentner Weizen, (bei Korn und Gerste ca. 3,0 und bei Hafer ca. 2,6 Zentner


    Gruß Marlies

  • Hallo Simon!


    Da kommt es auf die Gegend an.
    In Mecklenburg war ein Scheffel vielleicht weniger als in Bayern, aber mehr als in Holstein.




    Gruß Gordon

    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gern behalten! :rolleyes:
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  • Moin,


    bis zur Einführung von Standardmaßen war so gut wie jedes Maß unterschiedlich. Viele Regionen haben ihre eigenen Maße, wie z.B. in Ostfriesland die Bezeichnung "Gras" oder "Dimath". Begriffe, wie ein "Morgen" kommen garnicht vor.


    Auf die Frage, was ein Pfarrer, Lehrer oder Knecht verdiente, kann man nciht so einfach eine Antwort geben. Es gab Lehrer, die verdienten gut, und andere wiederum waren kurz vor der Armut. Dieses lag daran, dass es zu der Zeit noch kein einheitliches Schulwesen gab, bzw. die Gemeinden ihre Lehrer bezahlten.


    Der Preis eine Hofes ist von seiner Größe und seinen Ländereien abhängig.
    80 - 100 Gl. erscheint mir als sehr gering, sodass es sich nur um einen kleines Gebäude mit wenig Ländereien gehandelt hat.


    Die Kirche hat natürlich mitverdient, besonders durch Abgaben der Landwirte. Vielerorts musste die Bauern für das Bearbeiten der Felder und Wiesen Geld bezahlen. Auch für die Häuser musste eine Art "Steuer" erbacht werden.

  • Hallo,
    :banana:
    der Übergeber bekam einen ganz schön Austrag. Der Übernehmer hätte sich mit dem Geld auch irgendwo ein Anwesen kaufen können. Es war der Austrag für die Eltern zu zahlen, dann kamen die Erbteile der Geschwister dazu, dann mußte der Übernehmer oft auch noch die Schulden der Eltern übernehmen.
    Wenn die Eltern nicht mehr am Hof bleiben wollten, dann mußte der Austrag noch nachgebracht werden.
    Der Hoferbe heiratete meistens zum Zeitpunkt der Hofübergabe und die Braut sollte das Geld als Mitgift mitbringen, das er als Erbteil für seine Geschwister und für seine Eltern, brauchte.
    :dogrun:
    Austrag:
    Der Übernehmer verspricht seiner Mutter folgenden Austrag fleißig und getreu zu reichen:
    1. Zur Wohnung und Aufbewahrung der Sachen dient das Kuchlstüberl. Es ist zu beheizen und zu beleuchten.
    2. Sie will die tägliche Hausmannskost genießen, so gut sie der Sohn selbst von Gnaden Gottes empfängt.
    3.Will sie mit dieser nicht mehr vorlieb nehmen und könnte sie nicht mehr beim Gut verbleiben, muß ihr eine anständige Herberge gestiftet werden, andernfalls sind 3 fl Herbergsgeld zu reichen. Der nachfolgende Naturalaustrag ist drei Stunden weit nachzuführen.
    4. Die Mutter erhält jährlich an wolhlgeputztem Getreide 2 Scheffel Korn, 1 Metzen Weizen, 1 Metzen Gerste. Das Getreide ist zur Mühle zu bringen. Weiter sind ihr zu reichen: 12 Pfund Schmalz, täglich ein Ei und 1/2 Maß Milch, solange eine vorhanden ist: 1 Vierling gutes Obst, 2 Vierling schlecht gedörrtes Feldobst und 1 Vierling Zwetschgen.
    5. Sie bekommt die erforderlichen Mengen an Rüben, Kraut und Salz sowie 10 Pfund Haar von der Schwingen.
    6. Das Quatembergeld beträgt 1 fl.
    7. Es ist für die Mutter zu waschen und zu backen.
    8. Im Krankheitsfall muß vom Gut eine Aufwart gestellt werden.
    9. Bei ihrem Ableben ist sie vom Gut zur Erde zu bestatten.


    :dogrun:
    Hier fehlen noch die Angaben über die Geschwister. Vielleicht war ja der Sohn das einzige Kind oder die anderen Kinder sind schon ausgezahlt worden.


    Viele Grüße
    Gudrun
    :computer:

  • Zitat

    Original von Benny
    80 - 100 Gl. erscheint mir als sehr gering, sodass es sich nur um einen kleines Gebäude mit wenig Ländereien gehandelt hat.


    So es sich nicht um Taler gehandelt hat, denn wenn ich das hier jetzt richtig mitbekommen habe, ist die Frage der Währung immernoch nicht geklärt.
    Leider kann ich dazu aber auch nicht viel beitragen ausser:
    Böhmen war damals habsburgerisch. Dort gab es sowohl Gulden, Heller, Groschen und Pfennige als auch Taler und Kreuzer.
    Nur welche Währung es wann genau gab und wie die gegeneinander umgerechnet wurden, weiss ich nicht, der Taler war aber, wenn mich meine Erinnerung nicht ganz trügt, ein Mehrfaches vom Gulden wert.


    Rossi

  • Hallo
    die Antwort ist sehr schwer, besonders da es sich über einen Zeitraum von 50 Jahren handelt, dazu kommt die Lage und die Güte der Äcker, der Stand (erbeigen, leibfällig) und andere Faktoren
    z.B. ein leibfällig Hofgut; Haus mit Scheuer und 19 3/4 Tagwerk Garten und Wiesen; 51 3/4 Jauchert Acker und 1/2 Jauchert Holz, kostete in Donzdorf 1731 500 fl (Gulden) 1744 waren es bereits 750 fl.
    ein erbeigener Hof mit 12 Tagw. Garten und Wiesen, 11 Jauchert Acker, 1/2 Jauchert Holz kostete 1744 1200 fl.
    Ein Söldgut Haus, Scheuer und 3/4 Tagw. Garten kostete 1709 100 fl. ein ahn liches Anwesen aber schlechtere Lage kostete 1713 nur 70 fl.


    1730 kostete eine Mühle mit 3 Tagw. Wiesen 350 fl; als letztes noch eine bürgerliche Behausung mit Garten kostete 1742 250 fl., der relariv hohe Preis hier erklärt sich das bürgerliche Behausung frei von Diensten und Abgaben waren.
    Diese Angaben beziehen sich auf Donzdorf, damals rechbergische Herrschaft


    Zur Frage mit der Kirche und ihrem Verdienst
    Da damals das Bankgewerbe noch nicht sehr verbreitet war,die einfache Bevölkerung hatte überhaupt keinen zugang zu diesen, wurden in den Kirche sogenanannte Kapitallien eingerichtet, dort konnte man sich gegen Zinsen und natürlich auch gegen eine Sicherheit (das kleine Stückchen Land das man evtl. privat Besaß) Geld leihen, die dann in Jährliche Zielen zugezahlt werden musste hier also 11 und 8 Währungseinheiten jährlich. So häuften diese Kapitallien über die Zeiten einen enormen Reichtum an, in Donzdorf hatten die Kapelle der umliegenden Weiler eine grösseres Vermögen, als die eigentliche Pfarrkirche