Hallo Leute,
habe hier einen interessanten Hinweis durch Zufall gefunden:
Geschäfte mit der Ahnenforschung
Experten raten zur Vorsicht
Von André Moeller
Auf der Suche nach den Ahnen
Wer sind meine Vorfahren? Auf diese Frage wollen viele Menschen eine Antwort. Doch der Wunsch, mehr über die Ahnen zu erfahren, wird oft von skrupellosen Geschäftemachern ausgenutzt.
In den vergangenen Wochen haben in ganz Deutschland Personen mit dem unterschiedlichsten Familiennamen Post von einem vermeintlichen Ahnenforscher erhalten. Der Absender nennt sich Wilhelm P. von der Aa und bezeichnet sich als Genealoge. Sein Angebot: Im Auftrag der Firma "Steinadler Familienforschung" bietet er eine persönliche Familienchronik an, zum Beispiel für das Eichelmann-Geschlecht, für das Daugil-Geschlecht, das Hanrath-Geschlecht und so weiter. Die Namen sind beliebig austauschbar. In allen Fällen behauptet der Absender, er sei bei "intensiver Ahnenforschung" in "zahllosen Archiven" auf Informationen zu dem entsprechenden Familiennamen gestoßen. Und er verspricht: "Auch Sie, als Nachfahre dieses bereits jahrhundertealten Namens, sind in dieser Veröffentlichung aufgeführt." Bei einer Bestellung innerhalb der nächsten Wochen wird nicht nur ein "ermäßigter Vorzugspreis" von 49,95 Euro, sondern auch noch ein "schönes Familienwappen" als "Gratis-Zugabe" versprochen.
Ahnenforschung ist teuer
Fachleute und Verbraucherschützer halten das Angebot für äußerst fragwürdig. Kurt Isenburg, Sprecher der Verbraucherzentrale NRW, findet es bemerkenswert, dass offenbar jeder Angeschriebene denselben Serienbrief erhalten hat. Das spricht aus seiner Sicht gegen die Behauptung des Verfassers, er habe sich mit einem bestimmten Namen intensiv beschäftigt.
Auch Ahnenforscher Lothar Müller-Westphal aus Düren unterstützt die Vermutung der Verbraucherschützer. Er weiß genau, wie aufwändig es ist, einen Familienstammbaum zu erforschen. Die Recherche in Kirchenbüchern, Archiven und Standesämtern koste nicht nur viel Zeit, sondern auch Geld. "Das alles ist nicht für 49,95 Euro zu haben", meint Müller-Westphal.
Kein einheitliches Wappen pro Name
Ahnenforscher Lothar Müller-Westphal
Die Masche mit dem Verkauf von Ahnenforschungsbüchern ist nicht neu. Ahnenforscher Müller-Westphal fühlt sich durch die Werbeschreiben an ein Werk erinnert, das bereits vor Jahren aus den USA kam. Es handelt sich dabei um 'Halbert's Weltbuch der Familiennamen'. "Dort sind Namen aus Telefon- oder Adressbüchern und teilweise auch Bruchstücke aus bereits veröffentlichten Genealogien ohne Sinn und Verstand aneinandergereiht worden", erinnert sich Müller-Westphal. Mit Ahnenforschung hat das seiner Meinung nach nichts zu tun.
Unseriös findet Müller-Westphal es auch, ein Familienwappen auf der Basis des Familiennamens anzubieten, um damit zur Bestellung zu animieren. "Wappen existieren nur als Stammwappen. Sie sind also von der Herkunft einer Person und nicht allein von ihrem Familiennamen abhängig", erläutert der Genealoge. "Folglich gibt es gar kein einheitliches Wappen für alle Familien eines Namens."
Vorsicht Vorkasse!
Auch die in den Werbeschreiben der Steinadler Familienforschung angegebene Handelsregister-Nummer HRB 27192073 mahnt zur Vorsicht. "Sie existiert nämlich gar nicht", informiert Verbraucherschützer Isenburg. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits in zwei Fällen gegen den Geschäftsführer der Firma.
Es ist also zu befürchten, dass die Kunden für ihre 49,95 Euro nur wertloses Papier erhalten. Durch die Vorkasse werden die Kunden darum gebracht, die angepriesene Ware zu überprüfen oder von ihrem Umtauschrecht Gebrauch zu machen, meint Isenburg. Auch dem WDR war es bislang nicht möglich, ein Ansichtsexemplar des zweifelhaften Werks zu erhalten. Und das, obwohl der Verlag bereits mehrfach um die Zusendung gebeten wurde.
Auf den Spuren der Vorfahren: Das sollten Sie berücksichtigen!
Vorsicht Familienchroniken!
In NRW werden die Bestellungen für die fragwürdigen 'Familienchroniken' über zwei Callcenter abgewickelt. Inzwischen geben die mit dem Vertrieb betrauten Firmen Telemarketing GOTTSMANN und Kluth Telemarketing GmbH an, dass sie die Verträge mit der Firma Steinadler gekündigt hätten. Offensichtlich bezweifeln auch sie die Seriosität ihres Auftraggebers. Wegen vertraglicher Bindungen werden zur Zeit jedoch noch Bestellungen entgegengenommen.
Ahnenforscher und Verbraucherschützer raten einhellig: Finger weg von den Angeboten der Firma Steinadler. Wenn Sie sich dennoch für Ihre Ahnen interessieren, sollten Sie unbedingt die folgenden Tipps berücksichtigen:
Die Erforschung Ihrer Vorfahren kann immer nur von Ihnen selbst und Ihrer Verwandtschaft ausgehen. Vorfahrenregister, die nur auf Ihrem Familiennamen basieren und bereits fertig zum Kauf angeboten werden, sind selten ihr Geld wert.
Kontaktieren Sie einen seriösen Genealogen, der öffentliche Archive (Stadtarchive, Staatsarchive, Kirchenarchive) bemüht.
Seriöse Genealogen können das von ihnen recherchierte Material auch belegen; beispielsweise durch Fotos, Fotokopien etc.
Erfolgsgarantien wie "Wir verfolgen Ihre Ursprünge bis ins 17. Jahrhundert!" sind in der Regel unseriös. Ein solches Versprechen kann auf Grund der unterschiedlichen Quellenlage nicht grundsätzlich gegeben werden.
Achten Sie darauf, dass Sie für die von Ihnen bezahlten Recherchen eine umfassende Gewährleistung erhalten.
Zahlen Sie niemals per Vorkasse. Verlangen Sie immer eine Rechnung. Nur so haben Sie eine Chance, Dienstleistungen oder Waren zu prüfen und eventuell Ihr Umtausch- oder Reklamationsrecht geltend zu machen.
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Quelle: NRW am Mittag (21.05.02), 3'09
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