1.WK Suche

  • hallo,
    ich möchte gerne ein paar mehr informationen über meinen urgroßvater sammeln und zwar vornehmlich aus seiner kriegszeit. wohin kann ich mich diesbezüglich wenden? meine uropa war in verdun, ist weder gefallen, noch wurde er verletzt. er war kein frontsoldat, sondern saß "weiter hinten". was er da genau gemacht hat, weiß ich nicht. er war buchhalter, später beamter beim arbeitsamt. gibt es irgendwo listen über alle bekannten beteiligten des krieges oder evtl. aufstellungen über den verwaltungsapparat (speziell verdun)?


    grüße aus leipzig,
    Anja

  • Hallo Anja,


    im Laufe des Krieges wurden auf Grund der enormen Verluste rund um Verdun eine große Anzahl von Einheiten und Verbände eingesetzt.

    "Weiter hinten" :D lagen die Stäbe (Führung, Verwaltung etc.) der Regimenter, Brigaden, Divisionen, Armeekorps, Armeen und der Armeekommandos, samt deren logistischem Unterbau, Führungs- und Kampfunterstützungstruppen.


    Trotz der strengen militärischen Struktur verfügten diese Ebenen über eine in sich autarke Eigenständigkeit, welche jedoch in ihrer Gliederung den jeweiligen Aufgaben angepasst wurde. Die Selbstständigkeit und Flexibilität eines militärischen Truppenkörpers ist ein wesentlicher Garant für dessen Erfolg, er lässt sich deshalb schlicht und einfach nicht mit einer zivilen Behörde vergleichen.


    Zum Beispiel: Wurde das Regiment 124 für eine bestimmte Aufgabe der 12. Division unterstellt, brachte das Regiment seinen eigenen Stab mit. Deshalb macht es keinen Sinn, mit den dürftigen Angaben in den Chroniken nach einer imaginären Einheit zu suchen. :(


    Auch das spätere Berufsleben des Urgroßvaters bietet keine Ansatzpunkte für seine Verwendung beim Militär. Jedoch könnte man mit dem Geburtsjahr und dem Heimatort des Urgroßvaters gewisse Rückschlüsse auf einen groben Ansatz finden. Auch ein paar scheinbar belanglose Nebensächlichkeiten können gelegentlich die Recherchen auf den richtigen Weg führen.


    Gruß
    Reinhard
    :computer:

  • hallo Reinhard,


    vielen dank für die erläuterungen. was militärstrukturen betrifft, hab ich noch ordentlich nachholebedarf. das geburtsdatum meines urgroßvaters hab ich (03.05.1893). seit den 20ern hat er in leipzig gelebt, der genaue geburtsort ist mir allerdings unbekannt. er soll aus schlesien stammen. möglicherweise aus dem bautzener raum, oder bautzen selbst.mehr weiß ich leider nicht.


    grüße,
    Anja

  • Hallo Anja,


    ein paar meiner Überlegungen zum Urgroßvater. Ich gehe einmal davon aus, dass er vor dem Krieg eventuell rund um Bautzen gelebt hatte und wohl bereits zwischen 1913 - 1914 noch vor der Mobilmachung eingezogen wurde. Die Region gehörte in Friedenszeiten zum Bereich des XII. (1. Kgl. Sächsisches) Armeekorps, deren Stab in Dresden lag. In der näheren Region um Bautzen war die 3. Infanterie-Division Nr. 32 (Stab in Bautzen) des o.a. Armeekorps stationiert.


    Zu dieser Division gehörten:
    5. Infanterie-Brigade (Stab in Bautzen) mit:
    3. Inf.-Regt. Nr. 102 König Ludwig III. von Bayern (Standort Zittau)
    4. Inf.-Regt. Nr. 103 (Standort Bautzen)


    6. Infanterie-Brigade, deren Standorte weiter im Westen von Dresden lagen und somit nicht infrage kommen dürften.


    3. Kavallerie-Brigade Nr. 32 (Stab in Dresden), hier dürfte jedoch nur das 3. Husaren-Regiment Nr. 20 mit Standort Bautzen möglich sein.


    Letztlich noch die 3. Feldartillerie-Brigade Nr. 32 (Stab in Bautzen), auch hier liegt nur das 2. Feldartillerie-Regiment in Bautzen.


    Da die restlichen Einheiten und Verbände des XII. Armeekorps weiter im Westen lagen, habe ich diese nicht aufgeführt. Ich würde mich bei der Recherche zunächst auf die Begriffe "XII. Armeekorps" und "3. Infanterie-Division Nr. 32" konzentrieren.


    Eine Chronik der Division findet man unter nachstehendem Link.
    Auf Seite 1 bekommt man schon einmal einen Einblick in die Komplexität der militärischen Strukturen. Auf Seite 3 beginnt dann auch der eigentlich Ablauf der Einsätze dieser Division und auf Seite 3 wird letztlich auch der Einsatz vor Verdun vermerkt (05.-26.11.1916)
    http://www.1914-18.info/erster…fo=32.Infanterie-Division


    Da der Urgroßvater wohl am gesamten Krieg beteiligt war, könnte ich mir doch vorstellen, dass er eventuell auch einmal wegen einer Kleinigkeit krank war und für ein paar Tage im Lazarett lag. Ich würde deshalb sicherheitshalber auch einmal im Krankenbuchlager in Berlin anfragen.


    Viel Spaß und Erfolg
    Reinhard
    :computer:

  • Hallo Anja nochmals,


    warum ist denn der Geburtsort vom Urgroßvater nicht bekannt? Der Mann muss doch irgendwo geheiratet haben und gestorben sein, dazu gibt es doch Einträge beim Standesamt.


    Gruß
    Reinhard

  • hallo Reinhard,


    vielen dank für die vielen informationen. :danke:


    was den geburtsort meines urgroßvaters betrifft:


    geheiratet hat er, jedoch weiß heute keiner wo. urkunden existieren dazu in unserer familie leider nicht (mehr?). über die sterbeurkunde kann ich hoffentlich an die daten rankommen. ich habe sie auch schon angefordert, dauert aber noch ein bisschen, da ich die genauen geburts- und sterbedaten meines urgroßvaters erst seit gestern weiß.


    wenn ich die sterbeurkunde hoffentlich in den händen halte, weiß ich mehr.


    bis dahin beschäftige ich mich erst einmal ein bisschen mit militärstrukturen etc. :D


    grüße,
    Anja

  • Hallo Reinhard,


    heute ist die Sterbeurkunde meines Urgroßvaters eingetroffen. Sie hielt eine kleine Überraschung für mich bereit. Mein Urgroßvater 1893 ist nicht in Bautzen, wie bisher in unserer Familie angenommen, sondern in Dresden geboren.Hast du da noch ein paar Infos für mich?


    Leider fällt ja die Nachfrage beim Krankenbuchlageri n Berlin wohl flach, da die seit 01.07. keine Anfrage mehr entgegennehmen.


    Gruß aus Leipzig,
    Anja

  • Hallo Anja,


    aufgrund des Geburtsjahres lässt sich vermuten, dass der Urgroßvater zur Zeit der Mobilmachung gerade in einem der aktiven Regimenter seinen Militärdienst geleistet haben dürfte. Ob er nun mit seiner Familie (deinen Altgroßeltern) vor dem Militärdienst von Dresden in die Region um Bautzen gezogen war, müsste man noch versuchen zu klären. Da man aber in deiner Familie bisher der Auffassung war, dass er rund um Bautzen geboren sein sollte, tippe ich eher auf einen Umzug, der bereits in seiner frühen Kindheit erfolgt sein dürfte. Zu dieser Frage könnten eventuell Recherchen zu den Altgroßeltern weiterhelfen.


    In Dresden selbst waren aus der 3. Infanterie-Division neben dem Stab der 3. Infanterie-Brigade Nr. 32, das 12. Infanterie-Regiment Nr.177 und das 2. Jägerbataillon Nr. 13 stationiert. Einheiten der 1. Infanterie-Division Nr. 23 aus Dresden dürften nicht infrage kommen, da diese Division vor Verdun nicht eingesetzt wurde.
    http://www.1914-18.info/erster…fo=23.Infanterie-Division

    Blieben letztlich noch die 2. Fußartillerie-Regiment Nr. 19, Telegraphen-Bataillon Nr. 7 und die 3. Kompanie des Luftschiffer-Bataillons Nr. 2, welche direkt dem XII. Armeekorps unterstellt waren. Ob sich diese Einheiten in der Folge der Ereignisse 1916 noch beim Korps befanden, oder auch bei Verdun in Einsatz kamen, habe ich nicht näher untersucht (eher unwahrscheinlich). Eventuell möchtest du da ja mal selbst ein wenig Stöbern:
    http://www.1914-18.info/erster…fo=12.Armeekorps&start=20

    Für die Musterung war immer das Oberamt zuständig, in welchem der Betreffende zum Zeitpunkt der Musterung gerade seinen Wohnsitz hatte. Bei diesen Musterungen wurden so genannten Kontingents-, Aushebung oder Rekrutierungslisten (je nach Land) jährlich von Rekrutierungsräten in den Oberämtern erstellt und befinden sich heute meist in den Kreis- oder Landesarchiven. Für Recherchen in diesen Listen müsste man jedoch zunächst ein fragliches Oberamt ausfindig machen können. Diese Listen sind sehr ergiebig, neben den ausführlichen Angaben zur Person wurden dort auch einige Details zum späteren Militärdienst eingetragen.


    Das mit dem Krankenbuchlager ist natürlich ein böses Faul, das sich wohl in nächster Zeit nicht lösen lässt. Alle Suchende sollten aber dennoch mit dem Hinweis auf die Aussagen des Krankenbuchlagers eine Anfrage an die WASt richten, um hier eine gewisse Aufmerksamkeit auf dieses Problem zu richten.


    Die Stammrollen (Personalunterlagen) der Truppen aus den Königreichen Bayern, Württemberg, Sachsens und dem Großherzogtum Baden blieben zum großen Glück im Zweiten Weltkrieg in Außenstellen des Heeresarchives und wurden somit von dem Bombenangriff verschont. Diese Stamrollen befinden sich heute in den jeweiligen Staatsarchiven der Länder. Archive zu Sachsen: http://www.staatsarchive.de/archive/bl13.html#02


    Aus eigener Erfahrung aus Württemberg weiß ich, dass Recherchen in den Strammrollen selbst vorgenommen werden müssen. Die Stammrollen wurden in den Regimentern kompanieweise alphabetisch geführt. Ein Regiment hatte zwölf Kompanien mit insgesamt ca. 1300 Mann. Hier muss also zumindest das Regiment bekannt sein.


    Insgesamt müsste hier noch weiter nach Details recherchiert werden, schon die kleinsten Fragmente können hier entscheidend weiterhelfen.


    Viel Spaß und Erfolg
    Reinhard
    :computer: :computer:

  • Hallo Reinhard,


    vielen, vielen Dank nochmals für deine Mühe. Ich hab zum Glück bald Urlaub - da kann ich mir dann die Links zu Gemüte führen.


    Ich recherchiere nun gerade zu seinen Elten. Mal schauen, was da raus kommt.


    Ein schönes Wochenende & nochmals vielen Dank,


    Anja