Polonisierte Familiennamen

  • Selbst wenn es wegen des Themas Ärger geben könnte, hier eine interessante Entdeckung. Durch einen Nachlass sind mir eine ganze Reihe Hefte des "Deutschen Herold" aufgefallen, in denen ich in einem, unter obiger Überschrift ca 100 polonisierte, d.h. ehemals deutsche Namen die umgeschrieben wurden, gefunden habe. Folgender Text steht im Heft Nr.4, 36. Jahrgang, Berlin den 5.April 1905.


    "Auf polnischer Seite wird stets darüber geklagt, die preussische Regierung "germanisiere". Die Klagenden vergessen hierbei meist, wie sie selbst, ihre Geistlichkeit und ihre Vorväter in rücksichtslosester Weise p o l o n i s i e r t haben. Wie unendlich viel deutsches Blut ist in Posen und Westpreußen vom Polentum durch den Katholizismus aufgesaugt worden. Noch zu Ende des 16. Jahrhunderts waren die Städte und ihre Zünfte fast durchweg deutsch, sie waren auf deutsches, Magdeburger, Lübecker oder Kulmer Recht gegründet worden. Ihre Bewohner trugen deutsche Namen. Bald aber verschwanden in den polnisch-katholischen Kirchenbüchern diese deutschen Familiennamen und erhielten eine polnische Form, die ihren Ursprung kaum noch ahnen läßt. Die Herren von Perstein aus Ostpreußen, die Lissa(Leszno) erwarben, nahmen nach dieser Stadt den polnischen Besitzbeinamen Leszczynski an, die Schulz wurden zu Szulc, die Schumann zu Szuman usw. Wie skrupellos hier die polnisch-katholische Geistlichkeit polonisiert hat, mag folgende Zusammenstellung jetzt gebräuchlicher scheinbar stockpolnischer Namen und ihrer deutschen ursprünglichen Formen lehren":


    Es folgt eine alphabetische Auflistung von Bakowski bis Zoltka. Aufgelistet von Dr. Koerner mit der Bitte ihm noch weitere Beispiele zu senden. Es wäre nicht ausgeschlossen, dass weitere noch dort aufgelistet sind. Sollte Interesse vorliegen, wäre ich bereit auszuhelfen. Da ich die genaue Datierung des Heftes angegeben habe, wäre es einen Versuch wert in einem Archiv nachzusehen. Hellhörig geworden bin ich durch einen Bekannten, der in Polen Ahenforschung betrieb und dessen Vorfahren urplötzlich nicht mehr auffindbar waren. Leider konnte ich dem Leidensgenossen nicht mehr helfen, da er mittlerweile verstorben ist.

  • Hallo Moselaner,


    da hast du ja ganz "neue" Erkenntnisse gewonnen. Dazu gibt es eine ganze Reihe von Schriften,die teilweise mit Vorsicht zu genießen sind.
    Das Beispiel Schulz zu Szulc ist ja keine Umbenennung. Man nutzt nur die polnische Schreibweise.
    Manche polonisieren ihre Namen wirklich - logisch man passt sich an. Es werden aber auch urpolnische Namen genannt in diesen Listen. Auch die ev. Kirche in Polen -wo es Massen an deutschen Namen gibt,
    schreiben sie mit polnischen Morphemen. Umgekehrt wird es auch gemacht -es kam darauf an, wo man den Namen angab, wo man gerade lebte. In Berlin z.B. germanisierte man alles.
    Ich befasse mich auch damit,da meine komplette Familie aus russ. und preuß. Polen kommt.
    Wir können uns gern auch bilateral dazu austauschen.
    Für Deinen Forscherfreund ist es schade. Dir kann es allerdings helfen versch. Schreibweisen im Auge zu behalten. Für mich zeigen diese Abhandlungen oft den starken Nationalismus -der auch schon Anfang des 20. Jahrhunderts herrschte. Für meine Generation liegt da die Erkenntnis, da wir nie nationalistisch aufgewachsen sind. Aber gerade diese Nebenerkenntnisse aus "zwischen den Zeilen" ist ja das Interessante bei der Familienforschung. Man kann seine Vorfahren positionieren.


    Viele Grüße aus Berlin Marion

  • Hallo,


    ja, sowas wurde ganz schön nationalistisch ausgeschlachtet. Die Anpassung der fremden Familiennamen gab es jedoch schon immer und überall. Es gab vor langer Zeit sogar die Gewohnheit, die Namen einfach zu latinisieren, was ebenfalls so manchem Ahnenforscher Kopfzerbrechen bereitet. Eigentlich hieß ja die Familie Weiß, plötzlich tauchten Albinius auf usw. Dann tauchten die Franzosen tief ins Land und schon finden wir französisch anmutende Namen besonders bei den Vornamen - da war es sogar Pflicht -, die so manchen Ahnenforscher fälschlicherweise Vorfahren bei den Hugenotten vermuten lassen. Polnische Namen wurden den deutschen Sprachgewohnheiten angepasst, deutsche Namen, den polnischen. In Amerika wird aus Herrn Fischer der aussprechbare Mr. Fisher und aus Schmidt der Smith, in Deutschland wird aus dem dänischen Bjørn der Björn und aus dem mit kurzem i ausgesprochenen skandinavischen Nils der langgezogene Niiiels. Und auch nach heutigem Namensrecht kann jeder Türke, Afrikaner, Chiense seinen Namen der Landesspache seines Einbürgerungslandes anpassen, abgesehen von der Bitte um gefällige Umschrift und Aussprechbarkeit russischer und asiatischer Namen. Was das alles nun mit deutschem Blut und Polentum zu tun hat, entzieht sich meiner Phantasie, es war und ist schlicht und einfach internationale Gepflogenheit. Und ich finde das auch so schlecht nicht, denn ich kenne einige Leute, die können ihren eigenen Namen nichtmal richtig aussprechen und das gilt ganz besonders für diejenigen, die ihre echten polnischen Namen noch haben - ganz einfach, weil sie nie ein Wort polnisch gelernt haben. Ich nehme mich da nicht aus. Ich bin von Geburt u.a. portugiesische Staatsbürgerin und spreche das schlechteste Portugiesisch unter dieser Sonne, inbegriffen, die Namen der Familienangehörigen :D .


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • Hallo,


    es ist richtig,auch bei uns wurden und werden Namen nach dem Gehör,dem Dialekt und dem guten Willen des Gegenüber verfasst oder ausgesprochen.Überschreite mal die Sprachengrenze in unserem Lebensraum,sei mal kein Pole sondern von Geburt Deutscher,dein etwas anderer Name wird wegen Gleichgültigkeit verstümmelt,daß es nur so kracht.Aber den polnischen Koslowski kann jeder!Das uns der Franzose die Maire gebracht hat,kann man noch Heute erkennen.(Ich finde es eigentlich positiv)Aber wie vielleicht aus einem Joseph Steinlen aus Außmang im Schwabenlandt, ein Steinle und die Tochter auf einmal Steinlee´,so richtig französisch 1720 ,heißt,da knacke ich noch immer dran rum.


    Genauso Cassilius in Hildesheim,finde ich nichts drüber.Portugiesen tragen 2 Namen,aber im Umgang mit diesen Landsleuten,reduzieren wir sie regelrecht und rufen und grüßen sie mit nur einem.


    Gruß


    Dumeklemmer :thumbup: