Hexenverbrennung

  • Hallo,
    die Hexenverbrennung war zum grossen Teil im Mittelalter.Gibt es hier Berichte wo die Vorfahren betroffen waren?Wieso haben die Frauen als Kräuterfrau gearbeitet,wenn sie wussten das es als Hexerei gilt und die Verbrennung zur Folge hatte?War es was wir heute humanitäre Hilfe bezeichnen?
    Viele Grüsse
    Christian

  • Hallo,


    es ist ein weit verbreiteter Irttum, dass die Hexenverfolgung ein Phänomen des Mittelalters ist. Die Hexenverfolgung fand nach dem Mittelalter, nämlich in der frühen Neuzeit statt.


    Die Personen, die als Hexen angeklagt wurden, stammen aus allen Bevölkerungsschichten. Für England gilt schon eher, dass sie arm und weiblich waren. Wobei man hier auch immer den einzelnen Fall sehen muss.


    Ich glaube, dass die Frauen sich dieser Gefahr nicht bewusst waren, weil man es nicht als Gefahr angesehen hat. Es hängt auch einfach mit dem Geschlecht zusammen, dass die Frauen nämlich häufig Geburtshelferinnen waren. Diese Aufgabe konnte natürlich kein Mann erledigen. Wenn das Kind tot oder verkrüppelt zur Welt kam, konnte es zur Anklage wegen Hexerei kommen. Ich vermute aber, dass die Zahl der hingerichteten Frauen eher klein ist, zu der Zahl die es an ausführenden gibt.


    Der Begriff humanitäre Hilfe ist nicht passend für die frühe Neuzeit. Heute stellt man sich sowas vor, wie Güter nach Afrika zu bringen oder Erdbebenopfern zu helfen. Es gab die kirchliche Armenfürsorge, die die Armen der Städte und Dörfer versorgte.


    Viele Grüße


    Benny

  • hallo christian,


    ich empfehle, falls du interesse hast, mal die artikel zum thema hexenverfolgung und inquisition bei wiki zu lesen, damit dürften deine fragen weitestgehend beantwortet werden. auch der malleus maleficarum oder zu deutsch hexenhammer ist noch auf dem buchmarkt erhältlich und eine durchaus interessante lektüre. im großen und ganzen ging es nicht nur frauen, sondern auch männern (hexer, ketzer etc.) an den kragen. es war für die menschen eine bequeme, wennauch wirklich unschöne und gefährliche möglichkeit, sich unliebsame nachbarn, familienangehörige etc. vom hals zu schaffen. vor allem war es für die kirche aber DIE gelegenheit ihre autorität zu wahren und jeden zweifel an ihr im keim zu ersticken.


    wie benny schon schreibt, gewisse berufe konnten einfach nur von frauen ausgeübt werden, zudem war die hexenverfolgung auch nicht allgegenwärtig. zu einer zeit, wo es zwar schon ärzte gab, die sich ein normalsterblicher aber nun mal nicht leisten konnte, übernahmen viele kräuterkundige die behandlung kranker. dies waren aber nicht immer nur frauen. im thüringer raum, wo man die heilkräuter als olitäten bezeichnet, gab es sogenannte buckelapotheker, die von dorf zu dorf wanderten und dort ihre kräuter verkauften und kleinere behandlungen durchführten. mit humanitärer hilfe hat das nichts zu tun, denn sie (frauen, wie auch männer) übten ihre berufe aus, um davon leben zu können. oftmals wurde das wissen über die wirkungsweisen von kräutern innerhalb der familie über mehrere generationen weitergeben. oftmals handelte es sich dabei um menschen, die keinen eigenen besitz hatten und somit darauf angewiesen waren ihr geld "aus der natur" zu verdienen.


    grüssle


    lexxus

  • Die Vorstellung, dass Hexenverfolgung ein Phänomen des Mittelalters war, hält sich ebenso hartnäckig wie die Idee, dass nur Frauen und dabei speziell die Hebammen betroffen waren. Es gibt sehr viel Interessantes über die tatsächlichen Auswüchse der Hexenverfolgungen zu lesen, wobei ich in meiner Gegend (Münsterland) drei Aspekte besonders interessant fand:
    1. Hier gab es Hexenverfolgungen in erster Linie dort, wo es Konflikte zwischen verschiedenen Machtbereichen gab. Im 17. Jahrhundert zum Beispiel die Stadt Coesfeld, die sich mit verschiedenen Hexenprozessen gegen den Fürstbischof durchsetzen wollte oder eine verwitwete Landadelige (ich glaube in Ottmarsbocholt oder der Gegend), die damit sich und der Welt ihre Macht beweisen wollte.
    2. Die Angeklagten, Männer und Frauen aus allen Schichten, wurden zunächst fast immer von ihren Familien unterstützt und erhielten Anwälte, es gab Gutachten und Gegengutachten, wobei man die Befürworter der Hexenprozesse öfters aus Süddeutschland "importierte".
    3. Die "Wasserprobe" wurde von der Obrigkeit nicht so gern gesehen, von vielen Angeklagten aber als einzige Möglichkeit gesehen, die Unschuld zu beweisen. Dabei hat sich stellenweise ein regelrechter "Wasserprobentourismus" entwickelt, z.B. die Gräfte von Schloss Lembeck war so ein Ort, wo dann am Ufer extra ein Ofen aufgestellt wurde, damit die aus dem Wasser gefischten sich wieder aufwärmen konnten, möglicherweise auch mit Essensständen, damit die angereisten Parteien auch verköstigt werden konnten. Lustig war das alles nicht für die Beklagten, weil sie natürlich für die Probe auch zahlen mussten und eventuell auch ertrinken konnten.

  • Bei der "Wasserprobe" wurden Hände und Füße zusammengebunden....wenn sie trotzdem hochkam: schuldig! So hatte ich es gelesen, auch vorwiegend sollen es auch rothaarige Personen "bevorzugt" gewesen sein als "Hexen".Jedenfalls gab es verschiedene Ursachen, um als Hexe verfolgt zu werden...wie schon gesagt Hebamme oder auch alleinstehende Frauen, welche sich gut mit Heilkräutern auskannten.Manchmal geschah es ja auch durch "Verleumdung".

  • Offensichtlich war es nicht die Regel, dass der Hexerei beschuldigten bei der Wasserprobe umkamen, sonst hätten die Leute ja wohl nicht von sich aus darauf bestanden "aufs Wasser geworfen zu werden". Es war eine genau festgelegte Prozedur, bei der Richter genau beobachteten, was passierte. Wenn die betreffende Person "ordnungsgemäß" unterging, wurde sie natürlich sofort rausgefischt - es war allen klar, dass ein gefesselter Mensch ertrinken würde und das war nicht der Sinn der Sache. Das Problem waren die armen Personen, bei denen sich zum Beispiel Luftblasen unter den Röcken bildeten oder sonst etwas dazu führte, dass sie oben blieben.
    Und wie gesagt - um als Hexe oder Hexer angeklagt zu werden, brauchte weder rote Haare zu haben, noch Hebamme oder Heilkundiger zu sein, sowas ist wohl in den letzten Jahren öfters durch historische Romane verbreitet worden... Das Problem war eher, dass unter der Folter die Beschuldigten aussagten, was ihre Peiniger hören wollten und da fast immer auch nach "Mithexen" gefragt wurde, dann irgendwelche Namen angegeben wurden, so dass das weite Kreise ziehen konnte.
    Insgesamt hat sich die Hexenverfolgung über mehrere Jahrhubderte (aber nach dem Mittelalter) hingezogen und hat je nach Gegend sehr unterschiedliche Ausprägung gehabt. Ich habe gehört, dass der Hexenwahn in protestantischen Gegenden häufiger vorkam, weiß aber nicht, ob es dazu genaue Untersuchungen gibt.

  • Moin,


    wie schon erwähnt muss man immer die Region betrachten. Für England ist es inzwischen nachgewiesen, dass die "Hexen" weiblich waren. - Aber für Deutschland kann man dieses sicherlich nicht so behaupten.


    Empfehlenswert zu lesen sind auch die Kapitel bei: Kaspar von Greyerz: Religion und Kultur. Europa 1500 - 1800, Göttingen 2000, S. 219-242.


    Gruß


    Benny

  • In Bezug auf die weiblichen Angeklagten gibt es einen besonderen Aspekt, der in den Protokollen der Befragungen auffällt. Wie schon erwähnt, entwickeln Menschen unter der Folter schnell ein Gespür, was für Aussagen von ihnen erwartet werden. Im Falle der Hexen kam es so zu genauen Beschreibungen angeblicher abartiger sexuellen Praktiken mit dem Teufel - das heißt, bestimmte "Spezialisten" konnten hier (vielleicht sogar unbewusst) ihre entsprechenden Phantasien befriedigen.

  • Hallo,


    in einem Dorfbuch (Kapitel:Bräuche und Sitten) von 1939 (!!) habe ich folgendes gefunden:


    Auch vom Glauben an die Dorfhexe hat man sich noch nicht ganz freimachen können. Gar zu leicht kann eine Frau in den Ruf einer Hexe kommen. Sie braucht nur dies oder jenes anders zu machen als die anderen und dabei vorwärts zu kommen. Sie "macht Menschen und Vieh Läufe an", läßt im Frühjahr die jungen Gänse durch "Beschreien", d. i. Bewundern, eines kläglichen Todes sterben und macht das Vieh des mißliebig gewordenen Nachbarn in der Nacht unruhig und nimmt den Kühen die Milch.


    Dagegen versteht sie es, für sich große Butterwecken aus dem Rührfaß zu heben, indem sie dieses auf einen Haarkamm stellt und allerlei Zaubersprüche murmelt. Sie zieht auch in der Walpurgisnacht mit zum Hexentanz aus, wird mit ihren Schwestern durch jenes Peitschenknallen oft übel zugerichtet und kann nach dieser Fahrt, von Wunden und Beulen bedeckt, tagelang nicht aus dem Haus gehen. Auch kann ihr durch den "Erdspiegel", mit Hilfe dessen man sie ihres Hexenwerkes überführen kann, sowie durch einen kräftigen "Sehn" arg zugesetzt werden.Die Wunderwirkung des Sehnens und des Gebrauchs von Sympathie wird bei vielen Leuten nicht angezweifelt, geschieht es doch im Namen des dreieinigen Gottes, dessen Hilfe man sich durch Anruf seines Namens versichern zu können glaubt. Man gebraucht es zur Heilung von heimtückischen Krankheiten bei Menschen, zum Blutstillen und bei Viehschäden.


    Das Ortsbuch stammt aus dem evangelischen Unterfranken.


    Viele Grüße


    Jutta

  • Ich hab hier mal eine Originalrechnung des Rats von Zuckmantel vom 20.10.1639 für die Verbrennungen von 11 Hexen insgs. 425 Reichstaler:


    Davon empfing


    der Bürgermeister 9 Thlr. 6 Gr.
    der Rat 9 Thlr. 6 Gr.
    der Vogt 18 Thlr. 6 Gr.
    Die Gerichtsschöppen 18 Thlr. 12 Gr.
    der Stadtschreiber 9 Thlr. 6 Gr.
    der Stadtdiener 9 Thlr. 6 Gr.


    Der Rest wurde dem Fürstbischof von Bresslau als dem Landesherren ausgehändigt.
    Außerdem wurde dem Geistlichen der für die Seelsorge des Verhafteten da war und für den aufwartenden Knecht und für den Weinzieher, Kornmeister und dem Wächter der Burg, wurde Wein und ein Laib weißes Brot gebracht, bei jedem Verhör oder beim Dienste bei der Hinrichtung. Das Brot und der Wein wurde vom Spital geliefert.


    Quelle


    Titel : Geschichte der Hexenprozeße 1 und 2
    Autor : W.G. Soldan und H. Heppe
    Magnus-Verlag

    "Wissen ist Macht" (Heinrich Barth März 1850)
    Nüscht wissn, macht aba ooch nüscht! (der Berliner)
    Je mehr man weiß, desto weniger weiß man nichts! (Ich)

  • Hallo Maternus,


    einen hast Du in deiner Aufzählung vergessen. Was hat denn der Scharfrichter bekommen für die Vollstreckung des Urteils?


    gruss


    uli :computer:

    viele Grüße
    Ulrich
    suche Volkemer >1720 Pfalz; Elsaß; Lothringen;
    Schmidt in Syrgenstein/Bayern-Schwaben und Lothringen Raum Bitsch > 1720

  • Tja Uli,


    daß steht nicht mit dabei,...aber ich müßte es nochmal lesen vielleicht findet sich etwas in den anderen Kapiteln.
    In den beiden Bänden ist alles immer sehr auseinander gegrenzt worden, wohl damit der Leser es erst mal langsam verarbeiten kann was er da zu lesen bekommt.
    ...kann man sich vorstellen das eine Frau damals mindestens 54 mal den Hexenhammer überstanden hat und kein Geständnis abgegeben und das Ganze auch noch überlebt hat?


    Meinen größten Respekt für diese Bürgerin damals!!!


    Grüße von Maternus :S

    "Wissen ist Macht" (Heinrich Barth März 1850)
    Nüscht wissn, macht aba ooch nüscht! (der Berliner)
    Je mehr man weiß, desto weniger weiß man nichts! (Ich)

  • Hallo ihr Forscher/innen,


    vielen Dank für die vielen Hinweise. In Rottweil war ich im Stadtarchiv,da habe ich in einem Buch gelesen über die Hexerei und ihre Folgen.In dem Buch sind auch einige Namen verzeichnet von Frauen,die auf dem Scheiterhaufen verbrannten.Eine Frau hat den Scheiterhaufen überlebt. Das Buch erschien 2000 Im Rauch gehn Himmel geschüggt. Autor Mario Zeck :danke: Christian

  • Hallo zusammen.


    Wenn man so viele Geschichten ließt weiß man,dass der Aberglaube eigendlich von der Kirche kam.Alles was nicht der Norm aus der Biebel entgegenkam war dann Hexerei.Besonders betroffen waren alte Frauen die eben Heikreuter sammelten(dahinter steckten sicherlich die damaligen Mediziner die ja durch solche Frauen das Geschäft verloren)Oder es war ja auch so ,dass Frauen die rote Haare hatten und dazu womöglich grüne Augen schon im voehinein als Hexe dastanden.Heute würden sich sicherlich viele Mediziner alle zehn Finger ablecken wenn sie ein sogenanntes Kreuterweib kennen würden.


    Lg


    Ahrweiler

  • Ahrweiler, wenn du die vorangegangenem Beiträge aufmerksam liest, solltest du merken, dass deine Zusammenfassung des Themas so nicht ganz stimmt. Die Dinge waren wirklich viel komplizierter. Und Aberglauben hat es leider zu jeder Zeit - auch heute - und auch außerhalb der Kirche gegeben.

  • ich muß nochmal was dranhängen hier:


    es gab nicht nur Frauen oder spezielle rothaarige die als Hexen bezeichnet wurden.
    Es gab auch viele Jungen, Jünglinge und Herren die auf dem Scheiterhaufen gelandet sind, auch "Adlige.
    Das kann man alles in dem von mir genannten Buch nachlesen.
    Da gab es einen Knaben von 9 Jahren oder des Ratsherren Frau (die hatte keine roten Haare).


    Es gibt einen Roman den Titel weiß ich noch, ich habe aber irgendwie das Buch nicht mehr...jedenfalles ist da die Geschichte einer Frau beschrieben die eine "Poststation" inne hat und die wird von einer Magd angeklagt diese Magd verhext zu haben mit einem Glas Wein am Vortag. Am Vortag war der Magd schwindelig und schlecht (wahrscheinlich der Hunger) und die Magd bekam von der Chefin ein Glas Wein um das übelsein zu unterdrücken und im Anschluß könnt ihr Euch ja denken was da so angeklagt wurde.
    In dem Buch berichtet ein Mönch davon der dabei war und ins zweifeln kam.


    Also es war nicht immer gleich eine Kräuterfrau auch eine Hebamme und die hatten auch keine schwarzen Katzen und meist auch keine roten Haare.
    Oft waren auch Zwillinge mal dabei und eine Frau die Zwillinge bekam war auch schon ... seeeehr verdächtig sowie auch der Erzeuger der Zwillinge (obwohl der sich ja gut rausreden konnte...es gab ja noch keinen DNS Test).


    Hinzu kommt auch noch, daß ich gelesen habe das die Kirche ja damals nicht zugegeben hat das es einen Teufel oder Hexen gibt...aber sie haben sie "bekämpft"...naja so war das und wir können froh sein heute zu leben und als Ahne überlebt zu haben.


    LG Doreen

    "Wissen ist Macht" (Heinrich Barth März 1850)
    Nüscht wissn, macht aba ooch nüscht! (der Berliner)
    Je mehr man weiß, desto weniger weiß man nichts! (Ich)

  • Ein häufiger Grund zur Denunziation war sicherlich ein ungeliebter Gebieter oder Ehepartner sich vom Halse zu schaffen. Was ging da einfacher als es auf diesem Weg zu versuchen der Erfolg war so gut wie sicher da die Denunzierten kaum eine Chance hatten lebend davon zukommen und der Kirche war es doch nur recht gewesen Heilkundige die offensichtlich einen anderen Glauben oder Lebensauffassung hattten aus dem Weg zuschaffen.

    viele Grüße
    Ulrich
    suche Volkemer >1720 Pfalz; Elsaß; Lothringen;
    Schmidt in Syrgenstein/Bayern-Schwaben und Lothringen Raum Bitsch > 1720

  • Hallo Ulrich,
    habe deinen Beitrag mit Vergnügen gelesen und stimme dir zu-es gab aber sicherlich noch viele andere Gründe (z.B. Neid), die zur Hexenverfolgung führten.


    Viele Grüße
    Jutta

  • Hallo,


    Für diejenigen,die es interessiert :


    Das Buch ,das Doreen anspricht heißt "Die Hexe " von Wolfgang Lohmeyer.Ein Roman,der in Köln zur Zeit des 30-jährigen Krieges spielt.Es ist der erste Band einer Trilogie.Band 2: Der Hexenanwalt,Band 3: Das Kölner Tribunal.


    Sehr interessant und nach Tatsachen geschrieben : " Die Hexe von Nördlingen" von Dr. Lore Sporhan-Krempel.Die Autorin hat im Nördlinger Stadtarchiv in den Gerichtsakten der Hexenprozesse recherchiert und darauf basierend den Roman geschrieben.Im Buch Kopien der Ratsprotokolle und Auszüge aus dem Urfehdebuch.


    Grüße,Evi