Brest a. Bug

  • Liebe Mitforscher,


    ich verfolge dieses Forum schon länger und
    werde nun selbst meine erste Frage stellen.


    Ich habe eine Postkarte an meinen Großvater
    gefunden, die ohne Feldpostnummer an seinem
    Einsatzort ankam.


    Die Adresse lautet:
    Brest a. Bug
    Res. Luz. Gymnasium


    Die Karte ist vom 19.Sept. 1942
    von seinem Bruder abgesendet worden
    (Dieser verwendete eine Feldpostnummer
    als Absender)


    Desweiteren weiß ich, dass mein Großvater
    wohl Sanitäter und ursprünglich (1939) für
    die Ausgabe von Arztneien zuständig war.


    Weiß jemand hier im Forum, welche Einheit/
    Büro etc. der Wehrmacht in diesem Gymnasium
    stationiert war?


    Über Antworten wäre ich sehr gespannt!!


    Viele Grüße und schon mal Danke,


    Andreas

  • Hallo,


    Dann wird er wohl in "Brest am Bug" (früher Brest-Litowsk, der bekannte Friedensvertrag im 1. WK wurde hier unterzeichnet) stationiert gewesen sein.
    Sollte dir das kein Begriff sien: der Bug ist ein Fluss und Brest ist in Weißrussland...


    Ich weiß, dass Brest 1942 von den Deutschen besetzt war... Einige Infos zu Brest im 2. WK findest du bei Wiki.
    1941 wurden sehr viele jüdische Einwohner von den Deutschen ermordet - dabei waren das Polizeibataillon 307 und Teile der 162. Infanterie-Division beteiligt (außerdem ist oft von einem Einsatzkommando 7b und der Polizeikompanie "Nürnberg" die Rede) - vllt helfen dir diese Details bei deiner Suche...

  • Hallo Andreas


    Das "Res. Luz." sollte "Res.Laz" heissen, das bedeutet "Reserve-Lazarett".
    Dein Grossvater war also wohl tatsächlich bei den Sanitätern.


    Hier sind zwei Reserve-Lazarette in Brest-Litowsk aufgelistet,
    allerdings sind keine weiteren Informationen dazu vorhanden.
    http://www.lexikon-der-wehrmac…/Lazarette/Gliederung.htm


    Gruss
    Svenja

  • Hallo,


    Svenja hat ja schon alles zum fraglichen Lazarett gesagt. Bliebe da noch anzumerken, dass möglicherweise eines der beiden Lazarette in einem ehemaligen Gymnasium eingerichtet worden sein könnte.


    Gruß
    Reinhard

  • Hallo, danke für die Informationen!


    Daß in Brest viele jüdische Bewohner umgebracht
    wurden hat mir mein Vater erzählt. Mein Groß-
    vater kam nicht zurück. Aber er hat wohl im
    Heimaturlaub von diesen Vorgängen erzählt.


    Welche Einheiten waren denn dort stationiert?
    Wie ich gesehen habe, z.B. die 162. Infanterie-
    Division. Ich bin gerade dabei, die Geschichte
    meines Opas aufzuarbeiten, da niemand genau
    sagen kann, wo er denn überall war.


    Da ich von seinen Erzählungen weiß (u.a. hat
    er auch von Selektionen an Bahnhöfen erzählt),
    war er scheinbar bei diesen Einheiten, die
    Gräueltaten verübt haben.


    Vielleicht weiß noch jemand was?


    Herzliche Grüße,


    Andreas

  • Hallo Andreas,


    ehe man hier einen Weg durch die Kriegsjahre sucht, sollte man zunächst einmal klären, in welchen Einheiten er überhaupt war. Dazu würde ich zunächst eine Anfrage an die WASt stellen.


    Gruß
    Reinhard

  • Hallo Andreas


    Ich kann mich da Reinhard nur anschliessen, wenn du bei der WASt seinen militärischen Werdegang anforderst,
    wirst du erfahren wann er bei welcher Einheit war und wo diese dann im Einsatz war.


    Ich habe schon einige Bücher und Berichte über die Massaker an Juden im Osten gelesen, da gab es keine
    Selektionen an Bahnhöfen, da wurden alle jüdischen Bewohner des Dorfes zusammen getrieben, sie mussten
    einen grossen Graben ausheben und wurden dann an dessen Rand erschossen, so dass sie dann gleich in
    ihr selbst geschaufeltes Massengrab fielen.


    Da dein Grossvater ja anscheinend Sanitäter war, kann ich mir auch nicht vorstellen, dass er dort dabei war.
    Ich habe jedenfalls noch nie etwas davon gelesen, das solche da auch dabei waren. Meistens wurde nicht mal
    nachgeprüft ob alle Opfer wirklich tot waren, so gab es dann einige wenige Überlebende dieser Massaker.


    Sanitäter waren aber sicher oft am Bahnhof um neue Transporte mit Verwundeten
    von weiter im Osten in Empfang zu nehmen. Zu der Situation von Kriegslazaretten
    hinter der Ostfront kann ich dir übrigens zwei Bücher vorschlagen:


    Ingeborg Ochsenknecht, Als ob der Schnee alles zudeckte, Eine Krankenschwester
    erinnert sich, Kriegseinsatz an der Ostfront
    (Sie war zunächst in Polen, später in Stalino und Kislovodsk im Kaukasus im Einsatz)


    Willy Peter Reese, Hrsg Stefan Schmitz, Mir selber seltsam fremd, Die Unmenschlichkeit
    des Krieges, Russland 1941-44
    (Willy Peter Reese war zweimal verwundet und einmal wegen Krankheit im Lazarett)


    Ob diese Bücher im Handel noch erhältlich sind und in welchen Bibliotheken es sie gibt,
    weiss ich leider nicht.


    Ich wünsche dir viel Erfolg bei der weiteren Forschung nach deinem Grossvater.


    Gruss
    Svenja

  • Hallo Reinhard, hallo Svenja,


    vielen Dank für Eure Informationen. Ich werde mich auf
    jeden Fall nach diesen Büchern umsehen. Danke.


    Zur WAST habe ich im letzten Herbst einen Antrag
    abgeschickt. Also das läuft. Als ich dann vor kurzem
    diese postalische Adresse in Brest fand, dachte ich,
    daß man ja schon mal im Forum nachfragen könnte.
    Es gibt ja manchmal Militärspezialisten, die mit
    der kleinsten Info was anfangen können. Also warte
    ich weiter ab.


    Zu den Bahnhöfen und den Selektionen: Dazu weiß ich
    in Bezug zu meinem Großvater sehr wenig. Nur eben,
    dass er davon erzählt hat. Ortsangaben etc. habe ich
    keine.


    Über die Massaker habe ich ich schon einiges gelesen
    (wenn auch keine Bücher).


    Ich warte nun also die Ergebnisse der WAST ab. Und melde
    mich dann eventuell nochmals.


    Mein Großvater wird übrigens seit Feb/März 45 in Glogau
    vermisst. Darüber habe ich immerhin schon kurze Artikel
    gelesen in einem Glogauer Heimatbuch.


    Einen schönen Tag noch,


    Andreas


    Nachtrag zu den Büchern:


    Beide Bücher sind auf http://www.zvab.de sehr häufig zu finden:
    Ingeborg Ochsenknecht, Als ob der Schnee alles zudeckte findet sich 19 mal.
    Willy Peter Reese, Hrsg Stefan Schmitz, Mir selber seltsam fremd steht dort 39 mal zur Verfügung

  • So, ich habe heute Nacht das Buch von Ingeborg Ochsenknecht
    gelesen. Bin hundemüde. War ein sehr guter Tipp! Danke.


    Sehr anschaulich, persönlich geschrieben. Ich mißtraue eigentlich
    Erinnerungen, die nach 60 Jahren geschrieben wurden. Dennoch
    konnte ich mich diesem Buch nicht entziehen.


    Das andere müsste zum Wochenende kommen.


    Andreas

  • Nun habe ich nach einem halben Jahr die Infos von der WASt


    über meinen Großvater erhalten.



    Interessieren würde mich natürlich noch genaueres zum


    2. Kompanie Landesschützen-Bataillon 234.



    Gefunden habe ich das hier:
    http://www.lexikon-der-wehrmac…Bat/LandschtzBat234-R.htm
    sowie das:
    http://militaria-fundforum.de/archive/index.php/t-8948.html



    Scheinbar ist es schwer, an mehr Infos zu kommen.


    Bei dem Beitrag im militaria-fundforum steht "bei Glogau". Kann es
    also sein, dass mein Opa garnicht in Glogau war?


    Nun aber erst mal lesen. LG Andreas



    1. Erkennungsmarke: -20-Res.Laz.Bad Imnau 1
    (Reservelazarett Bad Imnau)

    Truppenteil: 24.09.1939 Reservelazarett Bad Imnau
    und am 09.09.1940 Entlassen. Grund unbekannt.

    Wiedereinberufungsdatum: nicht verzeichnet.

    2. Erkennungsmarke: -1031-San.E.A.5 (Sanitäts-Ersatz-Abteilung 5)

    Truppenteile:
    laut Meldung von 1940: 2. Kompanie Sanitäts-Ersatz-Abteilung 5
    und am: 14.03.1941 Standort: Ulm,
    Abgang zur Heeres-Sammelstelle Stuttgart.

    Laut Meldung vom 09.08. 1941: Reserve-Kriegslazarett Brest

    Laut Meldung vom Mai 1943: Heeres-Sanitäts-Staffel, Brest-Litowsk

    Laut Meldung vom 21.05.1943:
    2. Kompanie Sanitäts-Ersatz- und Ausbildungs-Abteilung 8.
    Standort: Loben.

    laut Meldung vom 12.08.1943 und 13.11. 1943:
    5. Kompanie Sanitäts-Ersatz- und Ausbildungs-Abteilung 1.
    Standort: Tapiau
    Abgang: zum Landesschützen-Bataillon 234.

    laut Meldung vom: 24.03.1944:
    2. Kompanie Landesschützen-Bataillon 234.

    Eine spätere Truppenmeldung, sowie eine Vermisst- oder Todesmeldung liegt nicht vor.

    Anlässlich der vom Suchdienst des DRK in München durchgeführten Registrierung der Kriegsvermissten wurde er gemeldet. Nach Angaben des Antragstellers gab er seine letzte Nachricht im Feb. 1945 als Angehöriger der einheit mit der Feldpost-Nr. 46552 = Landesschützenbataillon 234.

    Lazarettaufenthalt:
    09.08.1941. Reservelazarett Brest – wegen Erkrankung.
    Zugang: von der Truppe
    Abgang: 18.08.1941 dienstfähig zur Truppe.

    Dienstgrade:
    laut Meldung vom 09.08.1941: Gefreiter
    laut Meldung vom Mai 1943: Sanitäts-Obergefreiter
    (keine Beförderungsdaten)

    Wie mir mündlich mitgeteilt wurde, ist er in der Festung Glogau gewesen.
    Und dort scheinbar auch umgekommen. Davon steht dann nichts mehr in diesem Bericht. Es war am Ende wohl doch zu chaotisch, um den Rückzug noch genau zu protokollieren.

  • Schade. Ich habe gehofft, dass irgendjemand noch etwas zu diesen Daten
    schreiben kann. Beispielsweise, was mein Opa in der 2. Kompanie Sanitäts-Ersatz-
    und Ausbildungs-Abteilung 8. Standort: Loben. gemacht hat.


    War er dort nochmals zur Schulung? Oder hat er dort unterrichtet? Und was ist denn
    eine Sanitäts-Ersatz-Abteilung?


    Oder die 2. Kompanie des Landesschützen-Bataillon 234. Die haben ja hauptsächlich
    Objekte hinter der Front sowie Gefangene bewacht. Wie es aussieht, war er kaum direkt
    an der Front. War er dafür schon zu alt (1904 geb)?. Und gibt es denn im Netz keine
    weiteren Informationen zu diesen Bewachungs-Bataillonen? Oder weiterführende
    Bücher? Reese und Ochsenknecht habe ich übrigens gelesen. Danke nochmals!!!


    Es könnte a auch noch überlebende Zeitzeugen geben. Wie kann man denn die
    kennenlernen?


    Ihr seht: Viele Fragen. Aber mit dem wenigen, was bisher bekannt ist, bin ich einfach
    noch nicht zufrienden.


    Grüße und schöne Ostern!


    Andy

  • Sorry Andreas,


    ich habe deinen letzten Beitrag erst heute gesehen.

    Zitat

    1. Erkennungsmarke: -20-Res.Laz.Bad Imnau 1
    (Reservelazarett Bad Imnau)
    Truppenteil: 24.09.1939 Reservelazarett Bad Imnau
    und am 09.09.1940 Entlassen. Grund unbekannt.
    Wiedereinberufungsdatum: nicht verzeichnet.


    In Imnau wurde er einberufen jedoch aus irgend einem Grund wieder entlassen. Über die Gründe Spekulationen anzustellen macht jedoch keinen Sinn. Hier können vielschichtige Dinge eine Rolle gespielt haben. Von persönliche Gründe über das Alter bis hin zu einer speziellen Ausbildung ist hier alles möglich.


    Fakt ist, dass über die folgenden Stationen als Sanitäter ins Kriegslazarett nach Brest gekommen war:


    Zitat

    2. Erkennungsmarke: -1031-San.E.A.5 (Sanitäts-Ersatz-Abteilung 5)
    Truppenteile laut Meldung von 1940: 2. Kompanie Sanitäts-Ersatz-Abteilung 5
    und am: 14.03.1941 Standort: Ulm,
    Abgang zur Heeres-Sammelstelle Stuttgart.
    Laut Meldung vom 09.08. 1941: Reserve-Kriegslazarett Brest
    Laut Meldung vom Mai 1943: Heeres-Sanitäts-Staffel, Brest-Litowsk


    In der Ersatz- und Ausbildungseinheiten erhielt er dann wohl eine weitere Sanitätsausbildung für seinen Einsatz als Sanitäter beim Landesschützen-Bataillon 234


    Zitat

    Laut Meldung vom 21.05.1943:
    2. Kompanie Sanitäts-Ersatz- und Ausbildungs-Abteilung 8. Standort: Loben.
    laut Meldung vom 12.08.1943 und 13.11. 1943:
    5. Kompanie Sanitäts-Ersatz- und Ausbildungs-Abteilung 1.Standort: Tapiau


    Wie du in den Links sicherlich bereits gelesen hast, dürfte dieses Bataillon unbedeutend gewesen sein. Aus diesem Grund wirst du darüber so gut wie nichts in Erfahrung bringen können. Da diese Einheiten eigentlich ein Schattendasein führten, werden diese wohl auch kaum eine große Rolle in den schlimmen Ereignissen in Brest gespielt haben. Hier werden sich die zweifelhaften Einheiten aus der ersten Reihe der 285. Sicherungsdivision besonders ins Zeug gelegt haben. Mit Sicherheit wird er jedoch mit diesen Dingen konfrontiert worden sein.


    Ich würde mich einmal an das Bundesarchiv in Freiburg wenden, um von dort eventuell etwas zum Landsschützenbataillon 234 ganz allgemein in Erfahrung bringen zu können.
    http://www.bundesarchiv.de/auf…torte/freiburg/index.html


    Gruß
    Reinhard

  • Hallo Reinhard,


    danke für deine Erläuterungen. Natürlich muß sich niemand
    entschuldigen, wenn er/sie diesen Beitrag erst später liest.


    Ich werde mal sehen, ob es noch mehr in Freiburg gibt. Hängt
    auch von den Kosten ab. Ich dachte, dass die WASt sich auch
    in Freiburg informiert.


    Danke und schöne Feiertage,


    Andy


    P.S. Wenn ich etwas über Angehörige aus dem WK I erfahren möchte,
    an wen muß ich mich dann wenden?

  • Hallo Andreas,


    bei der WASt beschäftigt man sich mit den Wehrmachtsangehörigen, in Freiburg hingegen mit den Einheiten. Dort lässt sich also nur etwas zu Gliederungen oder Einsatz ganz allgemein in Erfahrung bringen.


    Zum Ersten Weltkrieg schaut es unter Umständen etwas schlechter aus. Man müsste dazu aber zunächst einmal deine Fragen kennen. Die Heimatregion und das Geburtsjahr dürfte hier von zentraler Bedeutung sein.


    Gruß
    Reinhard

  • Hallo Reinhard,


    wieder mal danke für die schnelle Info!


    Zum ersten WK: Es handelt sich um einen Teilnehmer aus
    dem Hohenzollerischen ( Baden Würrtemberg). Geboren
    denke ich um 1878.


    Gruß,


    Andy

  • Nun bekam ich eine Mail vom Bundessarchiv (http://www.bundesarchiv.de/)
    mit dem Hinweiß, dass es günstiger wäre, wenn ich bei den veröffentlichten
    Findmitteln der Webseite erst einmal Recherchieren würde nach der
    2. Kompanie Landesschützen-Bataillon 234.


    Das hört sich auch vernünftig an. Ich habe schon Erfahrungen mit anderen
    Webseiten und Findmitteln und das ging auch gut, hier hakt es aber etwas...


    Beim Bundesarchiv komme ich allerdings auf keinen grünen Zweig. Scheinbar
    gibt es keine Treffer. Oder sehr viele Treffer, die allerdings nicht direkt zuordenbar
    sind.


    Kann vielleicht jemand im Forum nochmals nach der 2. Kompanie Landesschützen-Bataillon 234
    schauen und sein Ergebnis hier posten? Das wäre sehr nett. Das klingt nun etwas
    nach Faulheit... ist aber nicht so, da ich sehr gerne Recherchiere...


    Einen schönen Tag noch,


    Andy