Woher kamen eigentlich die ersten Evangelischen Pastoren ?

  • Guten Tag,


    auf der Suche nach den Ahnen bin ich in 3 verschiedenen Linien auf evangelische Pastoren als z. Zt. mögliche früheste Vorfahren gestoßen:


    1. Ambrosius Feierabend 1543 , Pastor in Weinsberg/Ostpreußen, Einzelheiten siehe dort:


    Suche nach dem Namen Feierabend in Liebwalde / Mohrungen / Ostpreussen


    2. Caspar Overbeck , * 1590 in Lemgo, + 1647 als Pastor in Lüneburg (danach 4 Generationen Pastoren)


    3. Henricus Stor (später Stöhr ?) 1617 Pastor in Woltzeten / Ostfriesland


    Besonders der 1. Fall ist markant und steht in direktem Zusammenhang mit der Reformation und ich frage mich deshalb, wo und wie eigentlich die ersten evangelischen Geistlichen auftraten. Wer hat sie ausgewählt, befähigt und über ihren Einsatz entschieden. Woher kamen sie?


    Wie komme ich weiter zurück?


    Gruß an alle,


    Georg


    .

  • Hallo Georg,


    Die Reformation kam ja nicht von jetzt auf Gleich, schon früher hatten sich Theologen mit den Lehren der katholischen Papstkirche kritisch auseinandergesetzt.
    In England und Frankreich [gibt es auch Kirchen die sich von den reinen päpstliche Lehren losgesagt haben, allerdings kann ich über die Entstehungsgeschichte nichts fundiertes beitragen, insofern erspare ich mir da weitere Zeilen zu!]
    Nur wie so oft waren die deutschen Länder auch da mal wieder nicht schnell genug und so konnte sich die katholische Kirche nochmal extra auf diese stürzen und haben so wahrscheinlich selbst zur besonders radikalen evangelisierung beigetragen.


    Mit dem Auftreten Martin Luthers kamen dann natürlich auch andere Theologen dazu seine Thesen zu "lehren" bzw. seinem Weg weg von der rein katholischen Lehre zu folgen. Es wurden ja nicht direkt Priesterseminare eingerichtet als Luther die Thesen anschlug! :)
    Und da die evangelisation sowieso auf besondere Art ablief, nämlich indem die Landesfürsten sich zu Luther bekannten und damit auch alle Untertanen (auch die Priester, so sie ihre Stellung behalten wollten) sich zur neuen Lehre bekennen mussten.


    Da es meiner Meinung(!!) nach zu diesem frühen Zeitpunkt noch keine Theologischen-Schulen gab die Luthers Lehre lehrten, würde ich also mal schwer davon ausgehen, dass das, wie Luther ja selbst, "klassisch" erzogene Geistliche waren die sich dann zur neuen Lehre bekannt haben.


    Dementsprechend sind die genauen Wege ihre Herkunft wahrscheinlich schwer aufzufinden. Könnte mir auch vorstellen das einige Geistliche aus Erkatholischen gegenden in die evangelischen Lande "ausgewandert" sind, weil sie diese Auslegung sympatischer fanden.



    Grüße


    Salich

  • Die ersten evangelischen Pastoren waren überwiegend vorher katholische Geistliche, die erstmal nur an ihrer Kirche, später dann offiziell, die neue Lehre übernahmen, deutsche Gottesdienste abhielten usw. Zunächst war es ja noch gar keine neue Konfession, sondern einfach neue Ideen, die von vielen Priestern und Gläubigen gern angenommen wurden. Erst nach der eigentlichen Kirchenspaltung gab es für die evangelische Kirche dann die Frage, wie sie in Zukunft ihre Priester ausbilden wollte und so wurden dann auch offizielle Lehrstühle der evangelischen Theologie eingerichtet.

  • Halolo,


    auf alle Fälle bildete die 1558 gegründete Universität Jena Lehrer, Juristen und protestantische Theologen aus. Mein Stammurgroßvater hatte dort studiert.


    mfG


    Heiko

  • Da ich sowieso das meiste in Wikipedia nachlese kann ich hier auch direkt zitieren:


    Quelle: Wikipedia
    "Die Reformation begann 1523 mit dem radikalen Theologen Martin Reinhardt, der nach Martin Luthers
    Eingreifen 1524 vertrieben wurde. 1525 zerstörten Bauern und Teile der
    Stadtbewohner das Karmeliterkloster und verwüsteten das
    Dominikanerkloster. Durch die Niederlage im Schmalkaldischen Krieg 1546/47 verloren die Ernestiner die Kurwürde. Jena gehörte von nun an zum Herzogtum Sachsen. Infolgedessen wurde als Ersatz für die verloren gegangene Universität Wittenberg im Jahre 1548 die Hohe Schule im Dominikanerkloster in Jena gegründet, aus der 1558 die Universität Jena hervorging."


    Soviel wie ich davon weiß sind die Sächsischen Herrschergeschlechter auch schon recht früh den "Protestanten" beigetreten, insofern ist es nicht verwunderlich das die Universität dort natürlich auch diese Lehre vertreten hat.



    Aber die Geschichte der Reformation und der ihr vorhergehenden und nachfolgenden Irrungen und Wirrungen ist schon recht vertrakt, da sollte man sich wirklich mal ein gutes Buch zu Gemüte führen.


    Grüße


    Salich

  • Moin,


    die Reformation hat sich in Deutschland schnell verbreitet, da die Lehren in vielen Fürstentümern und Gebieten von den dortigen Herrschern anerkannt wurden. Man sollte sich auch immer bewusst sein, dass Martin Luther - zwar der bekannteste - aber nicht der einzige Reformator ist. 1543 war die Reformation schon fast 30 Jahre vorrangeschritten und es hatte schon zig neue Bekenntnisse und Streitigkeiten gegeben.


    Die Frage, wie der Mann Pfarrer wurde ist nicht so einfach zu beantworten. Es gab viele katholische Geistliche, die sich der evangelischen Lehre (jetzt ungenau und allgemein) zugewandt haben. Es gab aber auch das Laienpastorentum, wo zum Teil auch Menschen mit artfremden Studienabschlüssen oder mit keiner akademischen Bildung zum Pastor werden konnten.


    Man müsste mal die Auswirkung der Reformation für diesen Landstrich untersuchen, sicherlich kann man die Frage dann schnell beantworten.


    Gruß


    Benny

  • Moin,


    die Reformation hat sich in Deutschland schnell verbreitet, da die Lehren in vielen Fürstentümern und Gebieten von den dortigen Herrschern anerkannt wurden. [...]
    Gruß


    Benny

    Dazu eine kleine Erklärung:
    Die Begeisterung der Landesherren für das "neue Christentum" war vorallem darin begründet, das mit der evangelisation sämtlicher Kirchenbesitz, also Klöster und alle Ländereien in den Besitz der Landesfürsten ging.
    Das Bekenntnis zur neuen Kirche ist also in den allermeisten Fällen aus rein ökonomischen Gründen getan worden. Was ja auch nicht unbedingt verwundert,wenn man bedenkt wie groß der Besitz der katholischen Kirche damals teilweise war!


    Grüße


    Salich

  • Der Hinweis von Salich macht Sinn. Und die Geistlichen mußten nicht mehr zölibatär leben. Man findet Fälle, in denen sie dafür katholisch zum Tode verurteilt worden sind, sich aber noch rechtzeitig unter den Schutz eines evangelischen Landesherren stellen konnten und von ihm begnadigt wurden. Auch deshalb können Pastoren heute legal mögliche Vorfahren sein.


    Hinsichtlich der Eigentumsübertragung muß sich spätrer noch eine Änderung ergeben haben, denn heute verfügt auch die Evangelische Kirche über zunehmenden Grundbesitz. Man kann von ihr die durch Erbschaft und Schenkung übertragenen Ländereien zwar pachten, aber nur äußerst selten kaufen.


    Gruß, Georg

  • Moin,


    die rein ökonomischen Gründe stimmen nicht ganz, bzw. wenn nur regional:


    Die Reformation setzte sich vornehmlich in den Städten durch, bevor sie aufs Land kam. In Lübeck hatte man im 16. Jahrhundert sogar befürchtet, dass die Wirtschaft und damit der Handel unter der Reformation leiden könnte.


    Außerdem hatten die Ritter (also die adelige Oberschicht) durch die Reformation in ökonomischer Hinsicht starke Nachteile. Die Pfründe aus den Landgütern wurde nach der Reformation nicht mehr gezahlt.


    Natürlich gab es Landesherren, die die Güter eingezogen haben, zumal Luther die Kirchgüter für nicht brauchbar erklärt hat, aber es haben auch Klöster nach der ersten Reformationswelle weiter existiert. In dem eher schwach urbanisierten Schleswig-Holstein war dies der Fall.


    Gruß


    Benny


    PS: Die große Säkularisationswelle gab es erst 1803.

  • Hallo Benny,


    Also leider liegt mir die Quelle aus der ich das entnommen habe (vor schon etwas längerer Zeit) grade nicht vor, aber das weiß ich mit Sicherheit: Landesfürsten, insbesondere aus den früh zum lutherischen konvertierten Ländern im deutschsprachigen Osten (Sachsen, die Mecklenburger) haben sich ziemlich ungeniert an den Kirchengütern bereichert.
    Wenn gewünscht werde ich die entsprechenden Zitate natürlich noch nachreichen, aber die Säkularisation war in großen Teilen der reformierten Lande sehr umfassend!
    Das es da auch Ausnahmen gab, ist natürlich möglich.
    Für die Landesherren waren die Güter auf jeden Fall sehr brauchbar.
    Und die "Ritterschaft" hatte sowieso recht wenig von dem was Herrschaft und Kirche da ausgefochten haben, denn die meisten Ritterschaften waren eher klein und haben sich schon seit jeher nur von ihren Einkünften der Güter, namentlich ihres Stammgutes, ernährt.


    Ergänzend hatte krüll mich noch darauf Aufmerksam gemacht, das natürlich auch die Reichsstädte ein STück vom Kuchen ab haben wollten und sich ebenfalls Kirchenbesitz angeeignet haben, so sie die Chance dazu hatten. (Die meisten werden sie gehabt haben, denn die Macht der Städte war zu der Zeit schon gewaltig)


    Grüße


    Salich

  • Zu den Zeiräumen steht u. a. bei: http://www.nzz.ch/2003/02/22/li/article8NCVL.html


    Der zweite Fall erfolgte mit der Säkularisation des Ordensstaates Preussen durch den Hochmeister des Deutschen Ordens, Albrecht von Brandenburg, der im Ordensland die Reformation einführte, dieses geistliche Fürstentum 1525 säkularisierte und in das weltliche Herzogtum Preussen (Ostpreussen) umwandelte.


    Albrecht ließ in den Kirchen seines Landes Visitationen durchführen - so auch 1543 in Mohrungen - , siehe dort:


    http://www.archive.org/stream/…VIjahr04sehluoft_djvu.txt


    Gruß, Georg


    .


  • Der zweite Fall erfolgte mit der Säkularisation des Ordensstaates Preussen durch den Hochmeister des Deutschen Ordens, Albrecht von Brandenburg, der im Ordensland die Reformation einführte, dieses geistliche Fürstentum 1525 säkularisierte und in das weltliche Herzogtum Preussen (Ostpreussen) umwandelte.


    Die Auflösung des Ordenstaates ist einmalig!


    Es geht mir ja nicht darum, dass es keiner ausgenutzt hat - diese Absolution hat es nicht gegeben. Die Reformation diente nicht primär dazu sich Gebiete von Klöstern etc. anzueignen. Es ist eine geistige Entwicklung. Erkennbar auch daran, dass sich Landesherren intensiv mit der neuen Theologie auseinandergesetzt haben. Ihnen allen eine niederer Absicht zu unterstellen, dass sie damit eine Legitimation für die Ausdehnung gesucht haben, halte ich für absurd. Damit würde man auch den sich neu gruppierten Kirchen(-räten/-vertretern) (auf reformierter Seite) eine Macht absprechen. Die Macht der Kirchenräte war zum Teil größer als der der Stadträte. Außerdem führten die Landesfürsten nicht alleine die Reformation ein, sondern wurden durch die Stände der einzelnen Gebiete bestätigt. In keinem Fall hat sich ein Landesherr gegen die Meinung der Stände gestellt.


    Und der Text, der angegeben wurde, spricht quasi, dass die Säkularisationen auch erst in "zweiter Generation" durchgeführt wurden, sprich ab dem Zeitpunkt, wo die Reformation schon fest im Sattel saß. Da haben einige Fürsten erkannt, dass man die alten katholischen Güter nutzen kann.


    Gruß


    Benny

  • Ich weiß das Wikipedia durchaus kritisch zu bewerten ist, aber da sich die Angaben dort mit dem decken was ich aus anderer Quelle gelesen habe, halte ich es für vertretbar das hier als Quintessenz einzufügen.


    Zitat Wikipedia:
    "Die Grundlagen der Reformation waren im Gegensatz zu späteren
    Interpretationen nicht die politischen und sozialen Missstände der
    Kirche. Diese waren lediglich der Nährboden für die neuen theologischen
    Gedanken der Reformatoren. Luther versuchte zuerst ein theologisches
    Problem zu lösen. Die protestantischen Reichsfürsten hingegen
    versuchten mit der Reformation einige ihrer politischen Probleme mit
    Kaiser und Papst zu lösen.
    Zum theologischen Ringen um die richtige Auslegung der Bibel traten
    auch bald politische Aspekte hinzu. Die neuen Gedanken gaben den Reichsfürsten
    eine theologische Begründung, die von Rom auferlegte Abgabenlast
    reduzieren zu können. Das Entstehen der protestantischen Landeskirchen
    stärkte ebenfalls die Autonomie der Fürstentümer. Bedeutende
    protestantische Territorien im Deutschen Reich waren Hessen, die Kurpfalz, Sachsen und Württemberg"


    Da die Reformation doch ein recht komplexes Thema ist beschränke ich mich hier auf die Quellen die ich schon kenne, da mir im Moment absolut die zeit fehlt mich neuen Quellen zuzuwenden. Wobei es mich schon sehr reizt.



    Meine Meinung aus allem was ich gelesen habe ist auf jeden Fall, das man die damaligen Machthaber nicht für päpstlicher als den Papst halten sollte. Was, gemessen an der tatsächlichen Päpstlichkeit des Papstes zu der Zeit, bedeutet das sie eben viel weniger wirklich tiefgründig religiöse Gründe für ihre Reformationsbestrebungen hatten als man meinen könnte.


    Und zu der Macht der Stände: Da es ab der Mitte des 16. jahrhunderts die Regelung des "cuius regio, eius religio" gab, war es völlig unerheblich was die Stände sagten, es sei denn sie hätten die Macht besessen den Landesfürsten abzusetzen.


    Allerdings bin ich mir auch nicht sicher was du genau mit "Ständen" gemeint hast.



    Grüße


    Salich

  • Georg ("der Fromme"), Markgraf von Brandenburg-Ansbach 1515-1543, setzte sich bereits 1524 entschieden für die Reformation ein, zu deren Verbreitung und Festigung in seinem Lande er stark beitrug. Er war es, der seinen Bruder Albrecht (den deutschen Ordenshochmeister) bewog, den Ordensstaat Preußen in ein weltliches Herzogtum zu verwandeln.


    Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_%28Brandenburg-Ansbach%29


    Auch hat er am 29. Juli 1540 den verstorbenen (letzten) katholischen Probst des Benediktinerstiftes in Feuchtwangen durch einen ihm ergebenen protestantischen Kandidaten, nämlich seinen langjährigen fürstlichen Rat Dr. Joseph Feierabend/Feuerabend, ersetzt.


    Vielleicht kam ja deshalb Ambrosius Feierabend (siehe 1. Beitrag) von dort zur Unterstützung als evngelischer Pastor nach Ostpreußen.


    Gruß, Georg