Schlacht Heiligenbeil, 562.Volks-Grenadier-Division, Überlebende Verfügungsbatallion Zug Königsberg

  • Hallo!


    Vielleicht kann mir jemand helfen. Ich suche meinen Großvater:


    Albert Scheffler, geb.1911 in Swinikierz, vermisst seit der Schlacht um Heiligenbeil WKII. Seit Kriegsende wird er von verschiedenen Familienmitglieder über fast alle bekannten Institutionen (DRk Suchdienst, WaSt, Volksbund)gesucht. Ohne Erfolg. Alle Angaben die wir über die genannten Inst. haben sind folgende:


    Erkennungszeichen: -150-Vfg.Batl.Dolm.Zug Königsberg


    Letzte Feldpostnummer: 41140 (Einheit 562.Volks-Grenadier-Division)


    laut WaSt zuletzt erfasst am 28.07.1944 Einheit Stabskompanie Grenadier-Division 562



    der 28.07.1944 gilt bei der WaSt NICHT als Vermisstendatum, beim DRK Suchdienst und beim Volksbund (Eintrag im Gedächtnissbuch in Königsberg) schon



    Haben noch Post vom März 1945, aber die Behörden sind auf diesen Umstand nicht eingegangen


    Die immer wieder erfolgten Nachfragen bei den genannten Inst. sind weiterhin ihne Erfolg.


    Nach den Antworten die ich hier im Forum bekommen habe, ist es sehr wahrscheinlich das er dort gefallen ist. Trotzdem würde es meiner Familie sehr viel bedeuten, Gewissheit zu bekommen bzw. mehr über sein Schicksal zu erfahren.


    Daher suche ich nach Kameraden der genannten Stabskompanie bzw. des Verfügungsbatallions Zug Königsberg, bzw. da es wahrscheinlich nur noch sehr wenige geben wird, nach deren Angehörigen. In der Hoffnung das Briefe oder Geschichten existieren die uns weiterhelfen.



    Wo kann man da Namen herbekommen? Ich weiß, das sich nach Kriegsende ein Kriegskamerad Schneider oder Schreiber bei meiner Großtante gemeldet hat. Wie kann ich herausbekommen wie er wirklich hieß? Gibt es noch Kameradenhilfswerke dieser Einheit???


    Gruß


    Albert

  • Hallo,


    die Einheiten und Verbände einer Division werden durch den Divisionsstab geführt. Der Stab setzt sich aus Offiziere in verschiedenen Aufgabenbereichen zusammen. In diesem Stab befinden sich auch Unteroffiziere und Mannschaften, welche diesen Stab unterstützen.


    Damit sich die Stabsoffiziere ausschließlich auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren können, werden die Mannschaften und Unteroffiziere in der Stabskompanie zusammengefasst. Neben der Personalführung und Ausbildung der Unteroffiziere und Mannschaften wird in diesen Kompanien auch das Material des Stabes bewirtschaftet und dessen Versorgung durchgeführt. Diese selbstständigen Kompanien sind direkt dem Chef des Stabes unterstellt.


    Der Personalumfang von Verbände und Einheiten variieren je nach Funktion, Aufgabe, Auftrag und Verfügbarkeit von Personal und Material. Gerade in den letzten Kriegsmonaten gab es viele Verbände, welche eigentlich nur noch auf dem Papier ihre Größenordnung führten.


    In dieser Phase des Krieges hatten die Kampfhandlungen gerade im Osten chaotische Formen angenommen, eine geordnete Personalführung war da wohl kaum noch gewährleistet. Wenn eine Einheit irgendwo aufgerieben oder vernichtet wurde, hatten die Überlebenden meist zunächst andere Sorgen, als irgendwelchen Regularien nachzukommen.


    Oft verschwanden auch ganze Einheiten von der Bildfläche, so dauerte es dann ein paar Tage, bis irgendein Schreiber die Zeit fand, Personalmeldungen zu verfassen. Dass hier unterschiedliche Angaben vorprogrammiert sind, liegt doch sicherlich auf der Hand.


    Man braucht sich nur einmal die Fakten zur besagten Division ansehen, da wird klar, was sich da abgespielt hatte.


    Gruß
    Reinhard

  • Nachtrag:


    Die Division wurde bereits am 16.04.45 in Heiligenbeil zerschlagen. Die Reste des Stabes wurden nach Warnemünde verlegt, um dort den Stab der 4.RAD-Division zu bilden. Hier einmal der Auszug zu dieser Division:

    Zitat


    Aufgestellt am 29. April 1945 als 4. RAD-Division. Zur Division sollten die Reste des Auffrischungs-Regiments 696 und die Fahnenjunkerschule VI aus Schwerin stoßen. Dazu der Bataillonsführer-Lehrgang Güstrow. Die Division wurde nicht mehr verwendungsbereit und kam in Mecklenburg in englische Gefangenschaft.


    Ich denke, dass dies das Chaos wiederspiegelt und meine Ausführungen voll unterstreicht. Das Datum der Vermisstenmeldung wird man wohl erst nach dem Krieg je nach Aktenlage festgelegt haben. Ob er überhaupt nach Warnemünde kam oder in irgendein letztes Aufgebot gesteckt wurde, ist ungewiss.


    Selbst wenn man noch einen Zeitzeugen finden würde, kann ich mir nicht vorstellen, dass sich dieser noch an genaue Details erinnern könnte. Ein damaliger 16-jähriger Zeitzeuge wäre heute bereits 79 Jahre alt. Die Kameraden aus dem Stab werden sicherlich schon ein paar Jährchen älter gewesen sein.


    Gruß
    Reinhard

  • Hallo Reinhard!


    jetzt nochmal richtig. Ich habe eben erst entdeckt, wie das mit dem antworten funktioniert. Sonst hätte ich dir keine private Nachricht geschickt.


    Also nochmals Danke für deine Antworten!


    Gruß


    Shenja

  • Hallo Albert


    Lies mal den folgenden Thread, dort hat einer geschrieben,
    der den Kessel von Heiligenbeil erlebt und überlebt hat.


    Flüchtlingsschiff Gotenhafen - Kopenhagen gesucht!


    Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, hast du selber noch keine Anfragen gemacht.
    Falls es schon länger her ist, seit zuletzt jemand von deinen Verwandten eine Anfrage gemacht
    hat, solltest du unbedingt nochmal eine Anfrage an die WaSt und an den DRK schreiben. Denn
    in den letzten Jahren sind immer wieder Unterlagen aus russischen Archiven aufgetaucht. Diese
    sind zumindest teilweise diesen Institutionen zugänglich gemacht oder sogar übergeben worden.


    Denn militärischen Werdegang kannst du bei der WAST anfordern, ich denke es wird sich
    sicher lohnen. Allerdings wird es etwa 6-9 Monate dauern, bis du eine Antwort erhälst.
    Der militärische Werdegang enthält alle Einheiten und Einsatzorte wo er war,
    manchmal auch Lazarettaufenthalte und Infos über Kriegsgefangenschaft.


    Nach was hast du denn beim DRK gefragt bzw. was haben sie schon gesandt?
    Gutachten, Vermisstenregistrierung, Vermisstenbildliste, Heimkehreraussagen?


    Im Auszug aus der Vermisstenbildliste seines Regimentes könntest du auch Namen
    von anderen Soldaten finden, die in seiner Einheit waren, aber auch vermisst wurden.
    Falls er in russische Kriegsgefangenschaft kam, könnte es Aussagen von Heimkehrern
    aus diesen Lagern geben, die ihn vielleicht noch irgendwo gesehen haben.


    Du erwähnst, dass dir noch Post vom März 1945 bekannt ist, von wo kam denn
    diese Post und was für Informationen enthielt sie?


    Gruss
    Svenja

  • Hallo Svenja!


    Den Beitrag hatte ich gelesen "Flüchtlingsschiff Gotenhagen...". Ich habe Ferdi auch schon angeschrieben, aber leider noch keine Antwort erhalten.


    Der letzte Bescheid der WaSt an meine Mutter ist vom 08.11.2007. Also noch ziemlich neu. Bisher hatte nur meine Oma 1950, mein Großonkel (Bruder meines Opas) ebenfalls nach dem Krieg und meine Mutter all paar Jahre immer wieder, Suchanträge gestellt und nach neuen Erkennissen nachgefragt. Ich habe vor kurzem erst beim Volksbund einen Suchantrag gestellt. Aber nach dem was du mir geschrieben hast, werde ich auf alle Fälle jetzt selber auch beim Suchdienst und bei der WaSt Anträge stellen, denn von all dem was du geschrieben hast, haben wir nie was bekommen. Nur die schriftliche Auskunft die auch in meinem ersten Text steht. Mehr nicht! Keine Unterlagen und nichts von dem was du geschrieben hast.


    Was die Vermisstenliste betrifft, so haben wir die Auskunft bekommen, das von dieser Division keine Vermisstenanzeigen vorliegen. Aber ich werde jetzt selber noch mal Anträge schicken und gezielt nach den Dingen fragen, die du genannt hast.


    Von der letzten Post weiß ich nur die besagte Feldpostnummer. Muss ich meine Mutter fragen, ob die mir mehr sagen kann. Schreibe ich dir dann, wenn ich weiß.


    Erstmal vielen Dank für deine Hilfe :danke:


    Gruß Shenja

  • Hallo Shenja


    Zur Feldpost Nr. könnte dir wohl unser Moderator Henry Jones mehr sagen, doch
    leider ist er momentan im Urlaub, Ende nächster Woche sollte er aber wieder hier sein.
    Vielleicht kann dir aber auch jemand anders die Informationen dazu liefern.


    Gruss
    Svenja

  • Hallo Shenja


    Ich habe Deine E-Mail erhalten und auch die bisherigen Beiträge zu Deinen Fragen gelesen. Ich hätte Dir schon früher auf Deine Fragen geantwortet. Mein diesbezüglicher längerer Bericht (Antwort i.diesem Forum) ist mir durch Unachtsamkeit bzw. einen Fehler meinerseits gelöscht worden.
    Nun nochmals zu den in Rede stehenden Ereignissen.
    Zunächst einen Hinweis zu den Angaben von Reinhard, daß die Div. bereits am 16.4.1945 in Heiligenbei zerschlagen wurde. Das Datum kann nicht stimmen, denn die l e t z t e n wenigen Soldaten wurden auf einem Zipfel der Halbinsel Balga am 28./29.3.1945 aus dem Heiligenbeiler Kessel gerettet. Ich selbst war ursprünglich bei der Luftwaffe als Funker u. Flugmelder ausgebildet worden und kam über die 10. Luftwaffen-Feld-Division 1944 bei der Zerschlagung der Fron am Oranienbaumer Kessel und Rückzug von Leningrad zur 170 Inf. Division, Regiment 401 als Rgts.-Funker. Nach den Kämpfen südlich Narva kam unsere Div. im Sommer 1944 in den Mittelabschnitt und über Suwalki später an die alte deutsche Reichsgrenze nach Merunen unweit von Treuburg. Dort wurde unsere Division im Januar 1945 herausgezogen und in Eilmarsch 200 Km an den russ. Durchbruchskeil der von Südostpreußen auf Elbung zielte, gebracht. Am 16.1.1945 begannen wir den Angriff nach Westen. Die erfolgversprechenden Durchbruchoperation wurde auf Führerbefehl eingestellt und wir schwenkten, anfangs im russ. besetzten Keil Richtung Elbung und schwenkten in den sogenannten Heiligenbeiler Kessel. Ich erspare es Dir und ich glaube, daß das Papier es auch kaum ertragen kann, das zu schildern, was wir sehen und erleben mussten in den freigekämpften Orten. wo die Bewohner vom russ. Vorstoss überrascht wurden und nicht mehr flüchten konnten.
    Nun zu Deinem Großvater, den ich nicht kannte. Wenn er beim Stab der 562. Volks-Grenadier-Division war, so glaube ich,daß er dort als Dolmetscher (er war ja vorher beim Btl.Dolm.Zug in Königsberg) anfangs eingesetzt war. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist er dann, als der Heiligenbeiler Kessel schrumpfte, infanteristisch eingesetzt worden. Die enorme materielle und zahlenmässige Überlegenheit der russ. Einheiten, auch die tagsüber andauernden Bomber und Schlachtfliegerangriffe besonders auf die großen Menschenansammlungen an der Küste des Haffs verursachten große Verluste. Bei uns hieß es immer, daß wir aushalten müßten, weil noch tausende Zivilisten und Verwundete an der Küste auf eine Überfahrt auf die Nehrung warten würden. Die Transporte konnten wegen der Luftangriffe nur nachts erfolgen. Als die Front in Reichweite der Küste kam, sind vor Morgengrauen sehr oft Verwundete zu uns an die Front gekommen, weil nach ihren Aussagen, ein Überleben an der Küste tagsüber kaum möglich wäre.
    Es gab in den letzten Tagen im Kessel praktisch keine Trosseinheiten, sondern nur noch kämpfende Einheiten. Ich selbst war z.B. in Keimkallen (Ort etwa 4 Km vor der Küste) bei einem Batl. das aus lauter alten Landsern bestand, die vorher bei Trosseinheiten gewesen sind. Die Kompagnien bestanden z.Teil sehr oft nur noch aus wenigen kampffähigen Soldaten. Es war in diesen Tagen kaum möglich Gefallene, Verwundete oder Vermisste ordnungsgemäss zu registrieren und zu erfassen. Ich selbst habe in den gut 2 Monaten im Kessel 12 Funkerkameraden verloren (ob gefallen, Gefangenschaft oder verwundet) von denen ich den Nachnamen nicht wusste. Liebe Shenja, Ich glaube, daß Dein Großvater mit sehr großer Wahrscheinlichkeit im Kessel von Heiligenbeil gefallen ist. Daß die Wast und der Suchdienst keine genauen Angaben machen können muß man in Kenntnis der damaligen Situation verstehen. Vielleicht findet sich doch noch ein Kriegskamerad, der Deinen Großvater kannte. Es werden mit der Zeit aber immer weniger.
    Für heute herzliche Grüße
    Ferdi

  • Lieber Ferdi!


    Vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Sie ist mir sehr nahe gegangen. Diesen Grauen ist für uns, die wir das nicht miterlebt haben, unvorstellbar. Ich glaube nun auch, das meine einzige Chance noch etwas zu erfahren die ist, ehe. Kriegskameraden zu finden oder die Hoffnung das sie ihren Kindern und Enkeln etwas erzählt haben und diese zu finden. Vielleicht bekomme ich ja doch noch raus, wer der Kriegskamerad war, der meiner Großtante den Brief schickte mit der Mitteilung, das sie in den Kessel geraten sind und er vermutet, das mein Opa nicht herausgekommen ist.


    Mit dem Datum der Zerschlagung glaube ich hast du auch recht, da ich weiß, das die gesamte 4.Armee dort im März zerschlagen worden sein soll. Obwohl ich in einem anderem Forum gelesen habe, das von der ganzen 4.Armee nur 9 Mann sich im April 1945 in einem selbstgebauten Floß über die Nehrung gerettet haben sollen. Hm, woher will derjenige eigentlich wissen, das von der gesamten 4. nur 9 Mann überlebt haben? War er einer von denen oder woher weiß er das von dem selbstgemachten Floss? Ich glaube das ist ein Mythos.


    Nochmals meinen herzlichen Dank für diesen ausführlichen Bericht. Ich hoffe, das Dir das Schreiben hier im Forum hilft mit den schrecklichen Ereignissen etwas besser klarzukommen. Ich würde es Dir jedenfalls von ganzen Herzen wünschen. Und ich danke Dir das Du mir Deine Erinnerungen zur Verfügung gestellt hast.



    Herzliche Grüße


    Shenja

  • Hallo alle zusammen,


    bei der Feldpostnummer ist ein kleiner Schönheitsfehler aufgetreten, es ist nicht diese Einheit


    Zitat

    laut WaSt zuletzt erfasst am 28.07.1944 Einheit Stabskompanie Grenadier-Division 562

    sondern


    (23.4.1944-24.11.1944) 21.8.1944 562. Volks-Grenadier-Division u. Feldgendarmerie-Trupp 1562.


    Ende der 562. Volksgrenadierdivision:
    (Auszüge des Suchdienstes des Deutschen Roten Kreuzes)
    Die 562 Volksgrenadierdivision war zum Zeitpunkt meiner letzten Verwundung südwestlich von Königsberg, zwischen Gut Dösen bei Zinten und Kobbelbude eingesetzt.
    Diese Linie konnte bis zum 13. März gehalten werden, allerdings unter Verlust der fast gesamten Pionier Batallione.
    Bei den nachfolgenden schweren Angriffen der Sowjets mussten die Stellungen zunächst auf die Autobahn Elbing-Königsberg zurückgenommen werden. Später entwickelten sich schwere Kämpfe um die Orte Knobbelbudde, Pöschken und Fedderau. Unser Regiment 1144 verteidigte hartnäckig Stellungen an der Bahnlinie zwischen Groß-Hoppenbruch und Wolittnick.
    Nach dem Verlust von Heilligenbeil am 25.März wurde die restlichen Teile der Division zusammen mit anderen Verbänden auf der Halbinsel Balga zusammengedrängt, wo durch sowjetische Luftangriffe erneut hohe Verluste entstanden. Nur noch wenige Soldaten konnten über das Haff nach Pillau und die Halbinsel Peyse gelangen. Siewurden noch einmal gegen die nachdrängenden sowjetischen Truppen eingesetzt, ehe sie über die Frische Nehrung nach Hela zurückwichen.
    Seit diesen Kämpfen werden zahlreiche Soldaten der 562. Volksgrenadierdivision vermisst.


    Für einige von ihnen liegt eine Heimkehreraussage vor, dass sie gefallen sind. Viele aber haben in dem unübersichtlichen, teilweise stark bewaldeten Gelände sowie bei Nachtgefechten den Tod gefunden, ohne dass es von überlebenden Kameraden bemerkt wurde.


    Auch Sanitätsfahrzeuge und Verbandsplätze gerieten in das Feuer von Artillerie, Panzer und Kampfflugzeugen.


    Ein einziger Opfergang der Soldaten!


    Quelle: “Der Lange Weg“ Gerhard Siegel Seite 727 (Context-Verlag)


    Gruß Hagen


    Wo sind sie Geblieben? - Homepage über die 170.Infanterie-Division.