Alltag in der Kaserne (Berlin-) Spandau um 1925 herum

  • Wie sah der Alltag eines Soldaten (Gefreiter) um 1925 in der Kaserne in (Berlin-) Spandau in der Zeit zwischen 1920 und 1930. Welche Verpflegung gab es, welche Aufgaben und Pflichten bestimmten den Tag? Wie hoch war der Sold?


    Wer Näheres hierzu weiß: es interessiert mich besonders die 11. Komp. 9. Preuß. I.R. (2. Garde-Rgt. z. Fuß)


    Ich bin weniger an den Uniformen interessiert, als am "wirklichen Leben".


    Viele Grüße,


    Karen

  • Hallo Karen,


    zunächst einmal zu besagtem Infanterie-Regiment. 1925 war die Garde und die preußischen Infanterie-Regimenter längst ein Relikt der Vergangenheit, es war die Zeit der Weimarer Republik und der Reichswehr.


    Der Alltag der Soldaten läuft nur im begrenzten Maße nach gleichem Muster ab. Was du sicherlich wohl meinst, ist der Routinedienst in der Kaserne. Lass mich mal einen ganz normalen Tag nachvollziehen.


    „Kompanie aufstehen!“ wird wohl das erste gewesen sein, was den kleinen Gefreiten um 06.00 Uhr aus seinen Träumen gerissen haben dürfte. Spätestens 5 Minuten später stand dann auch schon der Unteroffizier vom Dienst (UvD) in der Stube, um die letzten Schlafmützen aus dem Bett zu scheuchen. Eile war geboten, Körperpflege, Bettenbau und Revierreinigen waren die ersten Hürden, ehe der UvD die Kompanie im Gleichschritt zum Essen führte.


    07.00 Uhr Antreten der Kompanie zur Befehlsausgabe. Danach verschiedentliche Ausbildungen oder Vorhaben, welche von der Mittagspause unterbrochen wurde und der UvD die Mannschaften wieder in den Speisesaal führte.


    Nachmittags Fortführung des Dienstes bis um 18.00 Uhr danach die altbekannte Prozedur zum Abendbrot. Wer Glück hatte und die strenge Anzugskontrolle durch den UvD überstand bekam dann Ausgang in die Stadt. Doch das Glück war nur von kurzer Dauer, denn um 23.00 Uhr musste jeder wieder im Bett liegen. Der UvD versäumte es nicht, dies mit strengem Blick zu kontrollieren und sich von der Sauberkeit der Stuben zu überzeugen.


    Neben diesem Routinedienst gab es noch den Wachdienst, mit dem jeder regelmäßig belästigt wurde. Wenn es auf den Schieß- und Übungsplatz ging oder gar Nachtausbildung angesetzt war, galten diese Regeln natürlich nicht. Ging es ins Manöver, war ohnehin alles außer Kraft gesetzt und der Tagesablauf richtete sich nach den Erfordernissen des militärischen Geschehens (rund um die Uhr).


    Die Verpflegung in Friedenszeiten entsprach den damaligen Ansprüchen und hing natürlich in der Qualität von den Köchen ab. Das reichte, wie in jeder Großküche von allgemeiner Begeisterung bis hin zur offenen Rebellion. Ach ja, der UvD achtete auch darauf, dass jeder sein Tellerchen leer gegessen hatte.


    Die Disziplin im Tagesablauf hing natürlich stark vom Renommee der Einheit ab, welches sie vertrat. Ich hoffe, dass ich dir damit einen kleinen Eindruck vermitteln konnte, wie ein solcher Alltag in einem Infanterie-Regiment ausgesehen haben kann.


    Reinhard

  • Hallo Reinhard,


    danke für die Schilderungen des Alltags in einer Kaserne. Viel hat sich da wohl seit damals nicht geändert, oder?


    Dieses o.g. Regiment hat zumindest noch bis 1928 existiert, denn dieses steht in dem Militärpaß meines Großvaters.


    Viele Grüße,


    Karen

  • Hallo Karen,


    die Eintragungen im Wehrpass sind nicht ganz richtig, siehe:
    http://historische-uniformen.de/Truppen/1GRzF/1GRzF.htm

    Zitat

    Der entscheidende Absatz aus o.a. Link:
    Das Regiment kehrte am 11. Dezember 1918 nach Potsdam zurück, Zuschauer säumten den Weg und warfen Blumen. Es wurden Soldatenräte eingesetzt, Major von Eulenburg legte daraufhin die Regimentsführung nieder. Nach einer letzten Versammlung in der Garnisonskirche wurden die meisten Regimentsangehörigen entlassen. Ein Teil schloß sich den Freikorps an und zog in´s Baltikum. Ein anderes Freikorps (Freikorps bzw. Regiment „Potsdam“) nahm an den Barrikadenkämpfen in Berlin teil. Wer in der Armee bleiben wollte wurde nach Aufstellung der Reichswehr in das 9. (Preußische) Infanterieregiment 9 überwiesen, dessen 1. Kompagnie die Tradition des alten 1. Garderegiments zu Fuß übernahm. In der Wehrmacht wurde daraus das Infanterie-/Grenadierregiment 9 und später das Panzergrenadierregiment 9.


    Seit der Reichswehr hat sich schon eine Menge grundlegend verändert. Sicherlich gibt es hier und da ein paar Notwendigkeiten, die der Alltag des Soldaten erfordert und noch heute Gültigkeit haben.



    Gruß
    Reinhard

  • Hallo Reinhard,


    laut Militärpaß und einem Zivilversorgungsscheinem (ausgestellt am 31.10.1928) ist es genau dieses Regiment gewesen, wo mein Großvater vom 19.7.1921 bis 31.10.1928 gedient hat. Und das "saß" in der Zitadelle Spandau.


    Viele Grüße,


    Karen

  • Hallo Karen,


    das ist ja sicherlich auch richtig, es geht hier lediglich um die richtige Bezeichnung der Einheit. 1928 gab es einfach keine Garde mehr, denn der Kaiser saß im Exil in den Niederlanden. Dass man in diesem Regiment der Reichswehr die Tradition der Garde gepflegt hatte, gehört doch nicht in einen Wehrpass.


    Das Problem bei den Schreiberlingen war, dass sie meist von den eigentlichen militärischen Dingen keine Ahnung hatten, das zeigt sich schon daran, dass dort häufig völlig falsche militärische Abkürzungen verwandt wurden (übrigens ein Punkt der sich bis heute nicht verändert hat). 8|



    Gruß
    Reinhard

  • Hallo Reinhard,


    ich verstehe von militärischen Dingen rein gar nichts und bin froh, dass du mir hilfst, durch diese ganzen Bezeichnungen zu kommen.


    Das mit dem Garderegiment zu Fuß steht sogar auf einem Stempel, der 1928 benutzt wurde. Der wurde ja möglicherweise einfach nicht neu gefertigt.


    Wenn ich dich richtig verstanden habe, gab es laut deinen Informationen dieses Garderegiment zu Fuß nicht mehr, wohl aber das 9. I.R.


    Viele Grüße,


    Karen

  • Zitat

    Wenn ich dich richtig verstanden habe, gab es laut deinen Informationen dieses Garderegiment zu Fuß nicht mehr, wohl aber das 9. I.R.


    Ja, das hast du so richtig verstanden. Dieses Regiment wurde aber erst wieder bei der Reichswehr vollkommen neu aufgestellt. Bei der Sache mit der Garde kann man sich wirklich nur wundern. Wenn man aber bedenkt, dass da Leute aus der Garde über die Freikorps ins Regiment gekommen waren, wird schnell klar, welcher Geist in diesem Offizierskorps herrschte. Ist ja auch allgemein bekannt, dass die Militärs der Reichswehr der Demokratie sehr distanziert gegenüberstanden und ihre geistige Heimat eher in der Monarchie sahen. :S



    Gruß
    Reinhard