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Tagebuch Franz Nicolaus Kumpfe
- Bonzhonzlefonz
- Geschlossen
-
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1813 den 18ten April geboren
Mein Vater Johann Bernhard Kumpfe . . . aus Hainspach in Böhmen
Meine Mutter Katharina Kumpfin gb. Helbig . . . aus St. Marienstern
Mein älterer Bruder Ferdinand Joseph Kumpfe . . . starb in seinen 24ten Lebensjahre beim baden in der Elbe bei Pilnitz
Meine ältere Schwester Dorothea Magdalena Kumpfin
Geburtsort Neudörfel bei BautzenSchon bei meiner Geburt waren mei-
ne Eltern nicht mehr die friedlichen Eheleu-
te, wie früher, theils wegen eintretendem
Mangel, theils auch wegen Verwandten mei-
ner Mutter die Urheber von Zank und
Streit in unserem Hause. Daß ich daher
schon von Anfang meines Lebens ein
Spielball ewig wechselnder Launen war
das war sehr natürlich. Gegen den Wil-
len ihrer Eltern heirathete meine Mut-
ter und bekam deßhalb als Aussteuer
nichts als das Versprechen, nach dem
Tode des Großvaters alles zu erben.
Jedoch Liebe und Vertrauen dünkte
meinem redlichen Vater schätzbarer
als bares Geld, zu einer Zeit wo
beide durch ihrer Hände Arbeit zum -
Überfluß verdienten, als aber nun mehrere
Jahre verfloßen; meine älteren Geschwister
schon viele Zeit raubten, die Geschäfte
sogar etwas ins Stocken geriethen; endlich
der leidige Kriegsausbruch und die Gros-
eltern denoch nicht das geringste zur
Unterstützung thaten, da fing Reue und
Unwille beide an zu peinigen; und weil
meine Mutter allein wenn sie zu ihren
Eltern kam gut aufgenommen wurde, so
fing sie endlich an tagelang dort zu blei-
ben, unbekümmert um die eigene Wirtschaft.
Um nur dort im Überflusse leben zu können
stimmte sie auch sogar gegen meinen
Vater mit ein, dadurch mußte nun un-
vermeidlich Bruch zwischen beiden begün-
stigt werden.
In solch einer Periode war es, als ich
das Licht der Welt erblickte. Zu erst
begrüßten mich wohl die Kußacken,
welche unser Haus stürmten, aber aus
Achtung für ein eine Wöchnerin sich bald
wieder entfernten, ohne ihre bekannte -
Raubgier gestillt zu haben. Mein Vater
mußte mich größtentheils selbst abwarten
wenn er mich nicht verkrüpeln oder gar
umkommen lassen wollte. War meine
Mutter aber einmal zu Hause dann wen-
dete sie mir aber auch alle Liebe zu, dann
wurde bloß ich geliebkost und jedes andre
Geschäft mußte unterbleiben, ja ich muß-
te sogar sehr oft in einem Korbe einge-
packt auf ihrem Rücken die Reise zu den
Großeltern machen. Auf diese Weise sind
mir 7 Jahre verfloßen, ich war stark und
gesund und machte unter meinen Spiel-
cammeraden jederzeit den Anführer,
bei jedem von Kindern verübten dum-
men Streiche war Fränzchen sicher
dabei gewesen, welches meinem Vater
sehr oft Unannehmlichkeiten verursach-
te, wofür ich aber auch wieder; trotz
allen Bitten meiner Mutter mit der
größten Strenge gezüchtigt wurde. Zu
dieser Zeit veränderte mein Vater
unseren bisherigen Aufenthaltsort
und zog nach K *. in ein herrschaftlich* gemeint: Kamenz
-
Gebäude, wo er zugleich den Aufseher
über einen Küchen und Blumengarten mit
machte. Hier waren wir nun in der Nähe
meiner Großeltern, deßhalb wurde nun die
häußliche Einigkeit in etwas wieder herge-
stellt. Ich entbehrte jedoch meinen Spielcamme-
raden sehr und eine Scheu vor andern
Kindern bemächtigte sich meiner, und größten-
theils trieb ich mich allein in den Sträu-
chern und Felsen worauf unsere Wohnung
sich befand, herum. Als ich 8 Jahre alt
ward, nahm sich meiner Se. Hochwürden
der Probst Salesius Krüger, so wie früher
meiner Schwester, an; und ließ mich in die
Klosterschule gehen. Hier lernte ich sehr
leicht und wäre jene Lehrerstelle zu
damaliger Zeit mit besseren Individuen
besetzt gewesen, da konnten meine Geistes-
anlagen besser benutzt werden. So aber
war ich in zwei Jahren mit dem ganzen
Wissen meines Lehrers bekannt und
konnt doch auch nicht weiter kommen -
denn wer sollte mich wohl auf eine andre
Schule senden? Zu dieser Zeit kam nun
ein andrer Lehrer aber im Wissen eben
so beschränkt als der erste, bei diesem
ging ich bis zu meinem 12ten Jahre alles
erlernte noch einmal durch, dann konnte
ich aus der Schule bleiben und zum hei-
ligen Abendmahle gehen.
Nun begann für mich eine wichtige
Periode, was sollte aus mir werden, ein
Maler? Dies war mir das wünschenswerthe-
ste, und zu dieser Kunst zeigte ich die
besten Anlagen. Nicht so dachte aber
mein Vater, sondern Handwerk hat gol-
denen Boden war sein Wahlspruch, er
hatte sich auf seiner Profession so lange
Zeit redlich ernährt, warum sollte ich
diese nicht auch nehmen? Dabei blieb
es nun ich lernte mein Handwerk
und ich lernte aber auch müßige Stun-
den mt Bücher lesen vertreiben,
und zwar mit Büchern, welche ich
mir aus einer Leihbibliothek in
Kamenz bringen ließ, dieses waren -
Ritter- Räuber und Geistergeschichten, eben
so fade und abgeschmackt, als auch für mein
Alter höchst schädlich. Ich bildete mir auch
wirklich nach und nach in meinen Gedanken
eine ganz andre und schönre Welt, worin
eine große Rolle zu spielen mein einzig-
er Wunsch war. Kein Wunder also, wenn
ich sehr selten Lust zu der Arbeit hatte
welche mich nicht dahin bringen konnte.
Jeder Gegenstand der nicht in mein Fach
gehörte, sprach mich an, und ich ruhte nicht
eher als bis ich eine schwierige Aufgabe
oder das Verhältnis von diesem oder jenem
Dinge herausgebracht und selbst ein gleiches
geliefert hatte. Auch verdiente ich mir mit
solchen Nebenarbeiten weit mehr als in
der Profss.[Profession] und die Nonnen im Kl. ließen
es mir nie an neuer Beschäftigung von
dieser Art fehlen. Unter andren Kamera-
den lernte ich in meinem 16ten Jahre einen
Namens Mai kennen, er war aus Böhmen
und hier in Arbeit, dieser Mensch zeigte
sich mir dem unerfahrenen Kameraden
als ein wildes Thier, und mein Abscheu -
von ihm wuchs in dem Maße daß ich ihn
wenn er nicht bei meinen Eltern sich so
sehr eingeschmeichelt hätte, vorzüglich aber
bei der Mutter sehr gut angeschrieben
war, ohne Bedenken hätte ermorden können.
Jedoch wie wollte ich es meinen Eltern zu
leide tun, ihnen den Charakter dieses Men-
schen zu enthüllen. Unter meinen übrigen
Kammeraden waren Mühle aus Altenberg,
Wehner und Schiele aus Elstra, Joseph Riedel,
Michael Metke, die Brüder Nicolaus und George
Waurick, Peter Noack aus Kloster Jakob Ziesche
aus Siebitz die vorzüglichsten. In der
Kupfermühle war mein gewöhnlicher Auf-
enthalt, dort war ich lieber als zu Hause,
dort war es auch, wo ich den Anfang mach-
te und um Geld spielen lernte, jedoch
scheute ich stets größere Summen zu wa-
gen, aber dennoch gefiel mir dieses Ver-
gnügen sehr bald, und es bedurfte selten
große Überredung um mich in ein Spiel
zu ziehen. Hier war auch der Ort wo ich
die Liebe kennen lernte, aber nicht
jene Liebe, wie ich dieselbe in meinen
Büchern gefunden hatte, denn nur zu
bald genas ich dieser Liebe wieder
indem die Untreue und der Flatter- -
haftigkeit des Gegenstandes jener Liebe
nicht geeignet war mich lange Fesseln zu
können. Im achtzehnten Jahre zogen
meine Eltern wieder weiter, und zwar bei
Jauer auf die Ziegellscheune, welche dem Klst.
gehörig ist. Mein Bruder Joseph starb als
Gefreiter bei der 2ten Comp. der Garde Division
commandirt in Pillnitz, an einem heißen
Sommertage badend, in der Elbe. Sein
Tod wirkte auf meine Mutter so nachthei-
lig, daß wir für ihren Verstand besorgt
waren, und sie lange Zeit nicht allein aus-
gehen ließen, weil wir glaubten sie
könne sich irgend ein Leid zufügen. Nur
konnten wir nicht verhüten, daß ihr nicht
manchmal unanständige Leute, jenes sinn-
verwirrende hitzige Getränk des Pöbels zu-
kommen ließen, womit sie sich die Grillen
zu vertreiben anfing, und es auch lange
Zeit auf diese Weise vortsetzte.
Meine Kammeraden Nicolaus Waurick
und Michael Metke heiratheten zu dieser
Zeit, und ich ward Soldat. Das Loos be-
stimmte mich zwar dazu, aber mit -
besondere Vorliebe trat ich in meinen neu-
en Stand. Zwar fand ich mich hier eben
so getäuscht als schon früher in mancher
andren Gelegenheit, aber ich hatte hier
eine stete Beschäftigung, mußte alle
Gedanken nun auf meinen Dienst richten
daß mir sehr wenig Zeit übrig blieb
das sonst und jetzt gegen einander zu
stellen und zu vergleichen. Hier erst
gesundete ich an Geist und Körper,
hier verschwanden jene überspannten I-
deen welche ich durch meine Romane
eingesogen hatte, das Gift der Ritter,
Räuber u. Geisterwelt mußte dem sehr
wirksamen und kräftigen Gegengift der
nackten Wirklichkeit weichen; der
sonst in der Stube und an die leichte
aber brustanstrengende Arbeit gewöhn-
te Körper lernte sich hier in der
freien Natur seiner freyen Bewegung
und des Gebrauches aller Glieder er-
freuen. Nie noch war um Pferde ge-
wesen, deßhalb hatte ich Anfangs wohl
Liebe dazu aber leider wenig Talent.
Ich hatte einen Kammeraden mit welchem -
ich exerzierte, Friedrich August Schönberger
aus Geppersdorf bei Liebstadt, er war eben-
falls zeitiger zur Comp: gekommen. Nach
zwei Monaten hatte ich das Malheur mit
einem Pferde zu stürzen, welches mir sehr
nachtheilig werden konnte, denn ich hatte mir
die rechte Schulter und das linke Knie ausgew-
endet und wurde für todt in meine Stube ge-
tragen, woselbst ich 5 Wochen zubrachte ehe
ich wieder ausgehen konnte. Ehe ich jedoch
meinen Eltern von der wahren Lage unter
richten konnte, gelangte schon die Nachricht ich
habe den Hals gebrochen, nach Hause, worü-
ber sich meine Mutter sehr geängstigt hatte.
Auf mein bald erfolgtes Schreiben, erhielt
wieder Antwort, worin bemerkt wurde, dass
diese Tage ein meinen Eltern bis dahin noch
unbekanntes Mädchen hingekommen sei, welches
mit weinenden Augen nach mir gefragt, ob es
denn wirklich so schlimm mit mir stehe als
zu hören gewesen. Meine Eltern durch mei-
nen Brief unterrichtet, trösteten dasMäd
Mädchen und erfuhren Namen und Wohnort. -
Bei dieser Nachricht erfreuete ich mich, denn mei-
nem Gedächtniß war jenes Mädchen von 17.
Jahren, mit welcher ich nicht getanzt, und
deren anspruchloses Benehmen mir ge-
fallen hatte, noch nicht vergessen, und
kein anderes konnte die Trauernde sein.
Als ich nun im Herbst nach dem Canto-
nement bei Zittau, zu Hause auf Urlaub
kam, sprach ich auch mit ihr, sie wollte
in keinem Fall mehr meiner Nähe ent-
behren und zog auch wirklich zum neuen
Jahre 1835 hier in meinen Dienst. Was
fehlte mir nun? ich war zufrieden mit mei-
nem Stande, erfreut ein treues Herz
welches mit inniger Liebe mir angehör-
te gefunden zu haben. So verfloßen mir
Tage Wochen und Monate, und wieder war
der Herbst heran gekommen, wo ich in
das Cantonement bei Pirna zu stehen kam.
Nach meinem Wiedereintreffen, hatte
sie eine Freundin gefunden, welche auch
einen Geliebten bei meiner Compagnie
hatte, ein Wende* Namens Herkner, da ka-
men nun beide Mädchen öfters mitein-
ander in der Caserne, und besuchten uns
beide. Wir machten von hier aus Par-* veraltetes Wort für Sorbe
-
tien, und begleiteten sie wieder nach Hause.
Auf diese Weise verfloß wieder ein Jahr
das Regiment kam in Brigade bei Leipzig.
1836. Von da gesund und wohlbehalten wieder
in der Residenz angekommen, klagte mir mei-
ne Anna, sie könnte nicht mehr auf dem
Dorfe und so weit von Dresden bleiben, welches
Vorhaben auch bald möglichst ausgeführt wurde.
Hatten wir uns erst selten gesprochen, so wur-
de es jetzt noch seltener, denn sie hatte einen
Dienst getroffen wo ihr nicht so viel Zeit üb-
rig blieb, zu mir kommen zu können, deßhalb
entschloß ich mich wöchentlich einmal, wie
ich rechnen konnte außer Dienst zu sein, zu
ihr zu gehen. Wir hatten verabredet uns
Abend zu einer Zeit zu sprechen, wo sie be-
hauptete fertig mit ihrer Arbeit zu sein.
Ich war aber den ersten, zweiten; dritten
und vierten Abend an dem bestimmten
Platze, ohne sie zu Gesicht zu bekommen.
Nun war aber mein Entschluß kurz gefaßt
ich ging nicht mehr hin, ich fragte nicht
mehr nach ihr, sah ich sie so wich ich aus. Dennoch
ließ sie mich durch ein anderes bekanntes -
Mädchen um Verzeihung bitten, und sie habe
nicht Zeit gehabt zu kommen, welche leeren
Ausreden ich aber nicht achtete, und ihr nicht
mehr zu nahe kam. Später habe ich erfahren
sie habe Umgang mit einem Manne, welcher
in demselben Hause diene, und sei so gar in
anderen Umständen. Nach etwas näheren
habe ich nie geforscht. Unterm 6 Januar 1837
rückte ich bei der Comp. zum Gefreiten auf,
und vergaß deshalb, wieder in eine andre
Lage versetzt, Liebe und Untreue, eher, als es
sonst, geschehen wäre.
Nun war ich früher mit einigen Kammera-
den in eine Schankwirthschaft an der
Nun war ich früher mit einigen Kammera-
den in eine Schankwirthschaft an der
Bauznerstraße eingekehrt, das schöne
Dienstmädchen gefiel mir, aber was mich
auch von diesem Mädchen abschreckte, war
ihre etwas zu freÿe Sprache, freÿer als
es von jeher mich ein Mädchen hatte
hören lassen. Ich beobachtete schon
damals das Mädchen (,) von meinen Kame-
raden unbemerkt, genau, und fand zu
meiner geheimen Freude, daß sie von
Sitten nicht zu freÿ sei als von Sprache. -
Da ich nun mit meiner Anna gebrochen hatte,
war alsbald mein Gedanke, dieses Mädchen, ich wußte
aber nicht, wo sie zur Zeit war. An einem schönen
Tage im Monat Mai 1837 ging ich die Bauzner
Straße hinaus, spazieren, auf dem Retourwege
gehe ich beim Schankwirth Bär hinein, und erblicke
zuerst das bewußte Mädchen. Wohl mußte mir
alles Blut bei ihrem Anblick ins Gesicht treten,
den[n] sie war ja mein ganzes Streben gewesen, zu
finden, und nun stand sie auf einmal so ganz unver-
muthet mir gegenüber, sie war in der Zeit als ich
sie nicht gesehen, wo möglich schöner und angenehmer
geworden, o ich hätte ihr schon da wollen um den
Hals fallen, und an mein Herz drücken, und laut
zu rufen, ich bin nun frei, sei die meine! aber
bald mischte sich in meine Freude auch wieder
ein bitteres Gefühl, ich hätte sie viel lieber
in einem anderen Dienste und bei andren Leu-
ten gesehen. Und dieses alles durfte ich ihr
ja noch nicht gestehen, noch wußte ich ja nicht
ob sie diese Gefühle mit mir theile, ob sie mich
sogar leiden könne, darum mußte ich meine Lie-
be zu verbergen suchen, mußte mit Geduld so man-
ches kränkende Wort, von Gästen sowohl als
von Wirthsleuten mit anhören. Ich bemerkte
nach und nach daß sie in meiner Gegenwart
sich nicht mehr der freÿen Sprache bediente, und -
und schloß daraus, daß sie meiner Abneigung gegen
dergleichen Reden bemerkt habe, und dieselbe
ehre. Ich bat mir sie bei ihrer Herrschaft einen
Sonntag aus, und gingen mit einander spazieren
es war zur Zeit der Vogelwiese, wo wir auch
zum Feuerwerk hingingen; später gingen wir
auf einen Tanzsaal, wo ich aber nicht tanzte, nur
aus dem Grunde, weil ich wissen wollte, was
sie dazu sagen würde; aber obgleich ich bemerkte
das sie gern am Tanzvergnügen theil genommen
hatte, so fügte sie sich in meinen Willen. Dieser
Tag brachte uns ein bedeutendes näher.
Einige Zeit darauf war ich Sonntags Nachmittags
sehr zeitig bei ihr, den ganzen Tag vorher hatten
mich böse Grillen, Unmuth wegen ihrem Dienst, ein
Traum voriger Nacht von meinen Eltern, die Zag-
heit ihr meine Liebe förmlich zu gestehen, ge-
plagt, nun war sie noch dazu mit Geschäften
überhäuft wegen anwesenden Gästen, daß sie
meiner Person wenig derselben widmen konnte.
Ich nahm meine Zuflucht also zum trinken, wel-
ches sie denn auch bemerkte, und mich sogleich
fragte, was mir heute fehle, da gestand ich ihr
denn alles, was mir auf dem Herzen lag, und
fand zu meinem unaussprechlichen Vergnügen
Gegenliebe. Von dieser Zeit an war ich nun
fast täglich bei ihr, wenn ich nicht durch Dienst-
pflichten abgehalten wurde. Unsre erste
Trennung auf einige Zeit, war die Cantonierung
bei Großenhain, wo ich nach Bauda zu stehen -
kam, dort erhielt ich auch den ersten Brief von
ihr. Nach meinem Eintreffen hatte ich wieder
Malheur, weil mich ein Pferd beim Ausreiten
an den Unterschenkel schlug, ich kam daher
in ärztliche Behandlung und konnte mich nicht
aus meiner Stube entfernen. Meine Therese
besuchte mich hier das erstemal, und war sehr
besorgt um mein Befinden, muste sogar ein
Fläschchen Spiritus annehmen, welches sie mir den
andern Tag zum einreiben schickte. Vier Wochen
brachte ich so zu, ehe ich wieder Dienst thun konnte.
So verging auch dieses Jahr, und 1838 begann eben-
falls und brachte mir mit jedem Tage neue Liebe
und neue Schmerzen, neue Vorzüge und Annehmlich-
keiten an meiner geliebten Therese, aber auch
den Schmerz sie nicht besser versorgt zu wissen.
Aber mein Abscheu vor ihrer Herrschaft sollte noch
vermehrt werden. Eines Abends kam ich wie ge-
wöhnlich hin, trank mein Glas Bier, meine
Therese sah ich nirgends, so war ich schon ein paar
Stunden da und immer wartete ich vergebens auf
ihr Erscheinen, da es endlich Zeit ward zu Hause
zu gehen, erfuhr ich sie sei krank, und liege
oben in ihrer Kammer. Sie hatte sich erkältet
und von Natur mit gichtrischen Anfällen
behaftet, war die Krankheit schnell und furcht-
bar ausgebrochen. Diese Nacht habe ich aber
kein Auge zuthun können, o wie wünschte ich
den Tag herbei, um nur hingehen zu können. -
Ich ging hin, zu ihr in die Kammer hinauf, o ich kann es
nicht beschreiben, wie mir zu Muthe war, als ich
sie, die mein Alles, mein ganzes Leben ausmachte
dort auf dem Schmerzenslager erblickte, o ich sah
es wohl wie schlecht diese Leute für sie sorgten
wie unbekümmert sie darum waren, was aus ihr
würde, nur dies lag jenen Unmenschen am Herzen
daß sie lange im Hause als Kranke bleiben würde
und hätten es gerne gesehen, wenn ich einen
Wagen geholt hätte und sie geschafft. Ich blieb
bis Abend bei ihr und schied mit der Hoffnung
auf baldige Besserung, welche auch Gott sei Dank
in wenigen Tagen erfolgte. Nun hatte sie mir
versprochen, nicht länger hier zu bleiben, sondern
sich weiter zu vermithen, welches Ostern auch
wirklich geschah. Ich fragte sie nicht wo sie Willens
hinzu ziehen, weil ich mich darauf verlassen zu
können glaubte, daß sie nicht wieder in eine
Wirthschaft ziehen würde, denn sie kannte meine
Ansichten von dergleichen Orten. Aber nein, die-
sesmal, folgte sie meinem Willen noch nicht, sie
hatte sich überreden lassen, in eine Wirthschaft
auf die Scheffelgasse sich zu vermiethen, die Leu-
te waren mit Bärs bekannt, deßhalb ahnte ich
schon auch nicht den besten Dienst daselbst.
Am ersten Aprill ging ich mit meiner There-
se ein Stück Weges, da sie nach Stolpen zu ih-
ren Eltern ging, bis an den Schenkhügel an
der Straße nach Bauzen, dort kehrte ich wieder -
1838.
Aprillum. Sie war den Sonntag zu Hause geblieben und
traf erst Montag wieder hier ein, wo sie dann sogleich
in ihren neuen Dienst ging. Um mich wenigstens zu
überzeugen wo meine Geliebte sich jetzt bewege
und unter was für Menschen sie dort lebe, ging ich
den vierten dieses Monats mit meinem Stuben-
Kammeraden Trompar dahin, wo ich bloß im Fort-
gehen mit ihr sprach. Sie brachte mir ein paar
Zeilen von ihr jüngren Bruder August, zur Zeit
Schreiber am Rennersdorfer Hofe, mit, worin
derselbe äußerte, mich gern auch einmal kennen
zu lernen. Da meine Therese also gegen meinen
Willen wieder in einer Wirthschaft war, gab ich
mir aber auch das Versprechen, nicht hin zu gehen.
wir sahen und sprachen uns also nur Abends wenn
sie so viel Zeit gewinnen konnte und nach Wasser
ging. Den 10ten huj. meldete ich mich auf 10 Tage
um Urlaub nach Marienstern zu meinen Eltern
und ging den 11ten früh hinn ab, ich hatte sehr gutes
Wetter, besuchte in Obersteina Herrn Frenzel
welcher mich dann noch eine Strecke Weges beglei-
tete, desgleichen in Ränsdorf [heute Rehnsdorf] einen früheren
Kamerad Bärndt und in Elstra August Schiele,
kam demnach ziemlich spät erst bei den Eltern an.
Meine Schwester ist verheirathet an Anton
Broze und wohnhaft in Crostwitz, sie kam
her sobald sie wußte daß ich hier sei, auch bei
ihr hielt ich mich ein paar Tage auf. -
den 20ten früh brach ich endlich wieder auf, mein
Vater begleitete mich und wir frühstückten dieseits
Elstra, er ging mit bis auf den Eineberg, wo
wir uns trennten. Stetes Unwetter Regen und
Schneegestöber begleitete mich von und bis
in die Residenz, woselbst ich Abends sehr er-
mattet ankam; mein Mädchen war vor kurzem
hier gewesen, hatte mich aber nicht erwarten können.
Sie besuchte mich aber den anderen Tag auf der Wache.
Von nun an ging ich wieder wöchentlich ein paar mal
zu ihr, wo ich aber öfters vergeblich auf sie
wartete.
Zu dieser Zeit kränkte mich mein Wachmeister
Fritzsche mit Worten welche ich ihm lange nicht
vergessen werde. Ich hatte nämlich den Tagesdienst
war fast den ganzen Nachmittag im Stalle gewesen
und ging nun in die Küche, um mir ein A-
bendbrot zu bereiten, er kam auch dahin und
sagte zu mir; Was bekümmern sie sich denn
nicht um den Stall und stehen nur immer
in der Küche und kochen Kaffee.
Auf Casernenwache traf ich einst als ich Nachts
von Patrulle eintraf, an der Speisewirthschaft
ein Mädchen, welche mit mir in die Schule ge-
gangen ist, sie freute sich gleichfalls einen Bekannten
hier zu treffen, sie brachte mir später, wenn ich
auf Casernenwache war und mich gesehen hatte
jedes mal etwas zu essen oder trinken.