Tagebuch Franz Nicolaus Kumpfe

  • 1841.


    waschen. Das Regiment exerzierte vorm commandirenden [ l.R.: Sept. 28. ]
    General, kommenden Tag unterm Befehl des Erprinz [ l.R.:29. ]
    von Sachsen-Coburg-Gotha, dann Rast. Denselben Abend als [ l.R.: 30. ]
    den letzten waren wir noch recht vergnügt und lustig
    im Qurtier vom Trompeter Richter wurde Tanz veran-
    staltet und wir brachten bis Nachts zwei Uhr daselbst
    zu. [ l.R.: Octobr. ]
    Früh ging ich mit dem Wagen der Schwadron ab, und
    kam nach Nauleis beim Bauer Gumlitz ins Nacht-
    quartier, ich habe vorige Nacht eine Contusion am
    am rechten Beine bekommen, welches mir recht zu
    schaffen macht. Es gefält mir hier im Hause gar
    nicht, der Ort ist sonst angenehm und schön gelegen
    die Schwadron hat noch zwei Detachements, Hohen-
    dorf und Baiersdorf. Diese Nacht mußte ich mit
    meinen Leuten in der Scheuer im bloßen Stroh
    schlafen. Früh 7 Uhr marschierten wir ab über [ l.R.: 2. ]
    Lauterbach Steinbach und Moritzburg, zwischen Rei-
    chenberg und Boxdorf formierte sich um eilf Uhr
    das Regiment, und um 12 Uhr rückten wir mit Staub
    bedekt in Dresden ein. Noch diesen Abend war ich mit
    Barsdorf beim Schloßhaußmann Meißner, bei Pietschen
    und bei Ottos. Sonntags mußten wir sogar wieder [l.R.: 3. ]
    die Pferde blank bringen, Mittags bekam ich dan
    Tagesdienst und den andern Tag wieder mit Barsdorf [ l.R.: 4. ]
    auf den Scheunhöfen. Immer noch leide ich am
    rechten Beine und kann deßhalb nicht nach
    Stolpen gehen, welches mich am mehrsten schmerzt.

  • Diese Tage habe ich wieder eine Arbeit bekommen, nähmlich [Oct.]
    ein Andenken zu verfertigen, für Carl Gottlob Döring
    dem Kutscher des Fürsten v Lohenstein, an seine Geliebte
    Auguste Kaubsch in Bauda bei Hain. War in einem
    Tage fertig damit und erndete[sic!] Zeichen der besten Zu-
    friedenheit. Meine Therese schreibt mir am 5tn daß
    sie wohl sei und kommenden Dinstag als den 12tn anhero
    kommen wolle, Welchen Tag ich aber an der Casernwache
    stehe, auf dessen Mittheilung schreibt sie mir nun in [8]
    einem ganz kleinen Briefchen, sie wolle Freitag
    als den fünfzehnten kommen. Heute kann ich mich [10]
    nicht entschließen auszugehen, und benutze daher
    die Zeit, zu meinen Lieblingsarbeiten.
    Rükten die Gefreiten Pfeifer und Wehlte zu Corporalen [11tn]
    auf, wir hatten daher einen recht lustigen Abend und
    Nachmittag. War ich den ersten Abend wieder bei Walthers. [13.]
    Meine Therese besucht mich wieder, blieb bei ihrer Landsmännin [19.]
    auf der Gerbergasse über Nacht, Nachmittags waren wir in Pieschen
    zu Wein, und Abend, in der Caserne, wo noch Robel dazu
    kam. Ich rückte den andern Tag nicht mit zum Felddienst [20]
    aus, während der Zeit war sie bei mir, Mittags waren wir
    dann auf der Gerbergasse und bei Walthers, von wo
    aus ich dann mit nach Stolpen ging, dort trafen wir
    um 10 Uhr ein, um ½ 2 Uhr trat ich den Rückweg wieder [21.]
    an, und kam um ½ 6 Uhr müde und krank in Dresden
    an. Hatte den ganzen Tag viel Beschäftigung, morgen war
    Revue vorm Wirthschaftsschef, wobei ich mit in die Expedition
    mußte, dort versprach mir der Rittmst. Kirchbach einen noch

  • 1841


    [l.R.:Octb.]
    niedrigeren Rockkragen.
    Barsdorf kam wegen nicht Beobachtung eines zum Sattel- [l.R.: 23]
    tragen verurtheilten Offiziersdieners, in Arrest.
    Diese ganze Woche hatte ich immer recht viel Beschäftigung und [l.R.: 30]
    kam daher nicht einmal zum Schreiben an meine Therese
    welche wohl nicht wissen wird, wie das zugeht, ich kann ihr
    aber nicht helfen, ich muß erst wissen ob ich Urlaub bekomme
    oder nicht.
    [l.R.: Novemb.]
    Meldete mich früh um Urlaub und erhielt denselben bis [l.R.:2te.]
    mit 12tn. Ich holte mir beim Handelsman I. Veit kleine Schuh-
    machergasse einen Civilanzug für 7 Thaler 15 Neug. und
    ging Abends bei Walthers wo ich bis 12 Uhr Nachts wartete.
    alsdann begab ich mich auf die Reise, in Leppersdorf [l.R.: 3]
    früstückte ich, in Ränsdorf besuchte ich Berndten
    welcher sich verheirathet hat, in Elstra war ich bei
    Wehner und Vogts bei Schielen, welcher mir meine
    Sachen bis zu Hause trug, ich konnte nicht über Mü-
    digkeit klagen. Meine Eltern waren beide sehr unwohl
    gewesen. Besuchte auch meine Schwester woselbst es [l.R.: 5.]
    nicht an kleinen Kindern fehlt, und wenn es Gottes
    Seegen ist so mußen beide Leute sehr reich werden.
    In Stolpen. Therese war auf dem Schießhause, wohin [l.R.: 6.-]
    ich mit Carl ging. Sonntag war Ball, weßhalb sie
    noch sehr beschäftiget war, drum mußte ich auch dem
    ganzen Tag noch daselbst bleiben. Montag gingen
    wir mit einander ins Wendische, wo wir Nachmittag [l.R.: 7.-]
    3 Uhr ankamen. Meine Mutter freute sich vorzüglich
    sehr über ihre zukünftige Schwiegertochter
    Waren wir wieder bei meiner Schwester bis Abend [l.R.: 8-]
    die Mutter war mit gegangen. [l.R.: 9-]

  • [Randbemerkung rechts: Novemb.]


    Wir blieben einen Tag länger bei meinen Eltern als
    ich erst wollte, als wir daher in Stolpen Mittags ankamen- [r.R.: 12.]
    mußte ich nothwendig erst ein wenig ruhen, ehe ich meinen
    Stab weiter setzte, gegen 4 Uhr fing es jedoch an zu regnen
    weßhalb ich noch wartete und zwar bis Nachts zwölf Uhr
    der Regen hilt [sic] aber bis 2 Uhr an, ich kam wenig ermüdet
    früh 5 Uhr in Dresden an und mußte denselben Tag noch [r.R.: 13]
    auf Casernwache ziehen.
    Sonntag besuchte ich Pietschens, Heiduschke war da- [r.R.: 14.]
    selbst, hielt mich aber nicht lange auf.
    Die Garnison rückte zu einem Feldmanöver aus, fol- [r.R.: 16.]
    gender gestaltt: Früh 7 Uhr marschirte unter Befehl
    des Ob[er]stl[eu]tnant Meerheim die 2te Division Garde Reiter, ein
    Bataillon von Rgt vacant Prinz Max und eine Batterie
    zu 4 Geschütz reitende Artillerie vom linkschen Bade
    ab, sämmtlich in Mützen. Um 8 Uhr die 1te Division
    Garde Reiter, die Infatr. Garde–Division, ein Bataillon
    des Regts. Leib Pft. [?] und eine Fußbatterie zu 6 Geschütz
    unter Befehl des Obst von Gottschalk. Ich hatte die
    Arriergarde der zweiten Abtheilung. Rechts und links
    gingen Seitenpatrullen ab, jedoch erst am Ende
    des Waldes bei Radeberg stießen wir auf den
    Feind. Wir hatten schlechtes Terrain daselbst
    den mehrmahl blieben Pferde in Sumpf und
    Morrast stecken, bis 12 Uhr dauerte das Gefecht
    von wo an eine kurze Waffenruhe bis 2 Uhr
    eintrat, diese Zeit war ich als Feldwache

  • [Randbemerkung links: Novb.]


    auf der Höhe an den letzten Häusern von der Stadt
    die Inft Garde Division war zum Feinde übergegangen
    und stand nun gegen uns. Die Division bivouackirte
    am Holzrande. Um 2 Uhr endlich brachen wir
    auf und zogen uns unter beiderseitigem heftigen
    Feuer wieder in den Wald zurück, der Feind
    verfolgte uns bis an die Hengstbrücke, wo dann
    alles beendigt ward. Abend gegen ½ 6 Uhr kamen
    wir erst in die Caserne. / Von meiner Therese
    habe ich kein Schreiben bekommen.
    [23.] Erhalte ich einen Brief von ihr worin sie klagt
    daß wir nicht beisammen sein können, ja mir geht
    es auch ebenso, ihr Verlangen mich bald wieder zu
    sehen könnte vielleicht bald erfüllt werden.
    [27] Heute beim Reiten der Remonte 2te Abth. fand der
    Rittmeister das Pferd No 11 nicht rein, er schimpfte
    deshalb den Corp Trompler welcher es ritt, ließ
    den Corp Winter in Arrest b W u B. bringen
    und nannte sammtliche Unteroffiziere Halun-
    ken. Nachmittags mußten die ganzen Remonte
    zum Rapport wo sie der Wachmeister Protze (?)
    durchsah, und wieder kein reines fand. Er geht
    uns von jetzt im Dienst nach, der Wachmst Vogt
    und Hauswald sind beauftragt uns vorzüglich
    zu beaufsichtigen.

  • Gleich diesen Abend noch bekam ich Händel mit
    Günthern, er war unten am Stalle beim Vorricht.
    der Reitbahn, ruftte herauf ich sollte doch gleich
    die Leute hinunter jagen, welche oben in der
    Stube sitzen, ich überzeugte mich daß keine
    oben waren und rufte ihm wieder zu er müs-
    se erst welche heraufsenden damt ich dieses
    bewerkstelligen könne. Hierauf ging ich auch in
    seine Stube No 6 wo ich einen Mann fand, er
    kam herauf gelaufen, und brüllte mich an
    wie ich ihm so kommen könne, und ich sage
    ihm meine Meinung zurück. Dieser Kerl
    will sich aber als recht thätig zeigen, und sucht
    andre zu untergraben, denn er hat sich um
    den Trauschein gemeldet welchen er sich dadurch
    zu verdienen hoft (?). Ich ging nicht in den Stall
    zum Abfüttern, der Wachmeister war unten
    gewesen, und war alles selbst genau durch
    gegangen, vielleicht meldet er mich morgen,
    wie Gott will, immer drauf.
    Es war weiter nichts vorgefallen, und wir sind [28.]
    jetzt gleich den von Hunden gehetzten Hasen
    zu betrachten.

  • 1841


    Sonntag ging ich nach Stolpen Mittag hier abgehend [l.R.: Decemb.]
    traf ich in der 6 tn Stunde daselbst ein, Therese war nicht [l.R.: 5]
    daheim, sondern im Rennersdorfschen Gericht mit
    Tempel Christel nähen, sonderbar, vor einigen Tagen
    träumte mir, ich sei auch dort, und habe sie nicht zu
    Hause getroffen, nun geht mirs heute in Erfüllung.
    August, welcher anwesend war, beredete mich, daß
    ich mit, den beiden Mädchen entgegegen ging.
    das beginnende Regenwetter schrekte uns nicht
    wir gingen bis hin, wo beide noch beschäftigt waren.
    durch unsre Ankunft gestört, legten sie die Arbeit
    bei Seite und gingen mit nach Hause. Wir
    kehrten erst bei Tempels ein wo wir uns bis 9 Uhr
    aufhielten. Früh gegen 2 Uhr brach ich wieder
    auf und traf ¼ 7 Uhr in Dresden ein, jedoch
    ging der Dienst wieder Erwartung gut vorüber,
    Auf Schloßwache. Am Freitag hat mir Therese [l.R.: 12]
    nicht geschrieben wie sie versprach, wahrscheinlich
    hat sie zu viel Arbeit. Jetzt gehe ich die ganze
    Woche nicht aus der Caserne, sondern bleibe einen
    wie alle Tage zu Hause, denn mich früh um
    Urlaub bis zehn Uhr zu melden, das ist mir
    doch zu klein.
    Sonntags. Ich war angezogen um nach Altstadt zu [l.R.: 19.]
    gehen da kam Therese wieder unverhofft. Sie konnte
    sich nicht lange aufhalten, denn Tempel Christel war
    mit, mit derselben ging sie nach Altstadt, und in einig[e]r
    Zeit kammen beide zu mir, dann ging ich mit Ihnen
    bei Pietschens, und begleitete sie später nach Hause

  • Mittags ging ich erst bei Pietschen woselbst ich durch die Kitteln [Dcebr.]
    ein Päktchen nach Hause an meine Eltern und Schwester
    besorgte. Meine Therese holte mich von dort ab, und nun
    ging ich mit beiden Mädchen mit nach Stolpen, woselbst
    wir gegen 9 Uhr ankamen. Wir gingen erst bei Tem-
    pels und blieben ein Weilchen dort. Nachts 2 Uhr trat
    ich den Rückmarsch wieder an und kam früh ¾ 7 Uhr
    nach Dresden.
    Den ersten Weihnachtsfeiertag war ich mit Barsdorf bei
    Pietschen und Ottos, den zweiten aber allein in Neu- [25.]
    dorf und den Scheunhöfen, aber nirgends fand ich
    kein Vergnügen.
    Nahm Urlaub auf zwei Tage, und fuhr mit dem Boten [31.]
    Richter nach Stolpen, unter andern waren der Schulleh-
    rer aus Helmsdorf Stelzner und Herr von Zeschau im
    Stolpner Amte mit im Wagen, gegen 10 Uhr trafen
    wir in Stolpen ein, wo mich Stelzner mit beim Kauf-
    man Wohlan hinein nahm, dort blieben wir bis
    gegen eilf Uhr, da ich denn bei meiner Therese
    nicht hinein konnte, ging ich noch mit in den
    Gasthof bei Böhmen, wo wir bei lebhafter Unter-
    haltung mit mehreren Bürgern und dem
    Gensdarm Liebschern die Silvesternacht bis in
    die zweite Stunde feierten. Ich blieb dort auch
    über Nacht. Freilich wäre ich lieber bei mei-
    ner Therese gewesen und die Bürger wollten
    mir auch hinein verhelfen aber es hätte mir
    zu viel Aufsehen gemacht.

  • 1842


    (Randbemerkung links: Januar)


    [l.R.: 1.] Um vier Uhr morgens wurde ich durch das Festgeläut
    der Glocken und den Gesang der Choristen geweckt.
    O, so schön hatte ich manches neues Jahr schon nicht
    begonnen, ich richtete mich im Bette auf und
    dankte von Herzen meinem Gott, der mich
    nun schon das achtundzwanzigste mal diesen
    Tag erleben ließ. Früh 6 Uhr stand ich auf
    und nach eingenommenem Frühstück begab ich
    mich dahin, wohin mich mein Herz so drängend
    bestimmte. Noch war niemand auf, und ich muste
    Therese, welche auch bei Tempels den Si/ülvester
    Abend gehalten hatte, aus dem Bette holen,
    und nicht wenig überraschte sie daher mein
    so frühes Erscheinen. Nachmittag gingen
    wir nun miteinander zu Tempels, und da
    auch August von Hohenstein eintraf, Abend
    aufs Schießhaus, woselbst ich einige Touren
    mit tanzte, gegen eilf Uhr jedoch mit Therese
    und August wieder nach Hause gingen. Jedoch
    hatte ich einen unangenehmen Auftritt zuvor
    da ich einen Tanz bestellt hatte und derselbe
    nicht sogleich erfolgte, wollte ich den, den
    Tanzmeister vorstellten Burschen, eine kleine
    Lection geben, als ich daher wieder tanzen
    wollte, weigerte sich Therese, aus der Ursache
    weil sie befürchte[te] ich würde Händel anfan-

  • gen, sogar auf mein Wort, diese zu vermeiden, [Jan.]
    entschieden, mit mir zu tanzen, sondern drang
    aufs nach Hause gehen, nur die Worte: kannst
    du mich? fruchteten.
    Sonntags. Therese ging zwar in die Kirche ich aber [2.]
    konnte mich nicht dazu entschließen. Als sie nach
    Hause kam, wurde, wegen dem Kapitel Ordnung
    Streit unter dem Geschwister, in welchem je-
    des die Oberhand behalten wollte, ich konnte
    natürlich nichts dazu sagen, zog mich deshalb schnell
    an, und ärgerlich über Theresen, daß sie die-
    sen Zank fortsetzte entfernte ich mich. Ich
    ging bei Thomas Traugott, wo ich Mittwoch
    antraf, und mich ein Stündchen verweilte.
    Als ich wieder hin kam, ward das Mittagsessen
    aufgetragen, Therese aber blieb am Fenster
    sitzen und weigerte sich mit zu essen, konnte
    mirs daher wohl schmecken? ich legte folglich
    Messer u Gabel bei Seite, und hatte am Grame
    über diesen Trotzkopf von einem Mädchen schon
    genug, denn ich hatte sie ja gar nicht in dem
    geringsten beleidigt, warum ließ sie daher
    in meiner Gegenwart, ihrer bösen Laune
    freien Lauf, da sie es mirs im Überfluß noch
    Ansehen mußte, daß ich mich ärgere? Ich

  • 1842


    ging sogleich mit Augusten bei Herrn Grafen [l.R.: Janr]
    woselbst mein Paß unterschrieben und attestirt
    wurde, wir trafen den Gefreiten Hofmann vom
    Regimnt Max. welcher mit nach Dresden zu gehen
    versprach. Mit Ungeduld erwartete ich nun die Zeit wo
    mich derselbe abhohlen wollte, denn Therese blieb immer
    noch schweigsam auf ihren Platze am Fenster, und nur
    dann und wann blikte sie mich wie etwas besorgt
    an. Es blieb mir ihr Benehmen aber unerklärlich.
    Endlich kam Hofmann, auch August hatte sich vor
    bereitet mitzugehen, schnell ging Therese in die
    Kammer, denn wahrscheinlich hatte sie nicht ge-
    glaubt, ich würde schon mit dem Fortgehen Ernst
    machen. Die Mutter brachte noch Kaffe welchen
    ich trinken sollte und theilte mir mit daß The
    rese in der Kammer weine, worauf ich mich
    zu ihr begab, und nach der Ursache ihres son-
    derbaren Benehmens fragte, aber keine
    weitere Auskunft erhielt als einen Strom
    von Thränen, auch sie ging mit, obgleich
    sehr unwillig wie es schien, daß ich nicht
    allein war. Statt gehoffter Aufklärung
    ward ich unterwegs nur noch zweifelhafter
    in ihren Benehmen, denn bis nach Wills-
    dorf sprach sie fast gar nicht und ging stumm

  • neben oder hinter mir her, obgleich ich sie mehr
    mals an redete erhielt ich keine genügende
    und nur äußerst kurze Antworten. Am Saume
    des Waldes angekommen, kehrte August welcher
    mit Hofmann weit voraus gewesen war um
    und wollte nach Hause gehen, ich wollte hier
    scheiden, aber nein sie ging noch nicht von mir
    und wollte gar mit dem Bruder nicht gehen,
    Ich gewährte ihr ihr noch bis auf die Chaussee, bis
    wohin auch August noch, da er sie wie zu er
    warten war, Abends nicht allein den Weg zu-
    rükgehen lassen wollte, mitging, aber auch
    diesen kurzen Weg blieb sie dennoch stumm.
    Endlich meiner nicht mehr mächtig, und einsehend
    daß es einmal nicht besser würde, gebot ich Halt
    und befahl ihr mit dem Bruder zu gehen wel
    ches sie aber mit den Worten: mit dem gehe
    ich nicht, ich finde mich selbst nach Hause, „ weigerte
    dadurch noch mehr aufgebracht, und nur ihren
    unbeugsamen Trotz zu beugen, verbot ich ihr
    förmlich auch mit mir zu gehen. Gott weiß
    meine Empfindung, das einzige Wesen, an welchem
    mein Herz so ganz ungetheilt hängt , von mir
    weisen zu müssen, aber was konnte ich thun?

  • 1842.


    Janr.
    2. Mit einem Kuß nahm ich, vielleicht auf ewig,
    Lebewohl, dann wendete ich mich ab, Noch rief
    ich ihr aber zu von mir keinen Brief zu er-
    warten, sondern sie solle sich ihr Benehmen und
    Alles recht wohl überlegen und dann das Re-
    sultat dem Papier anvertraut mir übersenden.
    Noch einmal blos habe ich mich umgesehen, da
    gingen ja beide nebeneinander. Was im
    Verfolg dieser Reise um und neben mir vorging
    habe ich nicht mehr bemerkt, nur mit meinem
    blutenden Herzen beschäftigt kam ich um
    acht Uhr Abend in Dresden an. Mein Be-
    nehmen war das eines Zweifelhaften, und mei-
    ne Ruhe werde ich wohl nicht wieder erlangen
    und wenn sie sich auch in einem Briefe
    zu rechtfertigen sucht, der Trotz wird mir unver-
    geßlich bleiben.
    16. Die ganze Zeit bisher habe ich zwar ein Schreiben
    von ihr erwartet, aber bis jetzt täuschte ich mich.
    Ich erhielt von meinen Eltern einen Brief, wo-
    rin sie mir ihr leidliches Befinden mittheilten und
    auch die Schwester etwas mitschickte, welches ich mit
    Theresen theilen sollte, deshalb schickte ich ihr
    dasselbe mit ein par [sic] Zeilen.
    Heut war ich wieder etwas wohler, und hatte daher
    wieder etwas launiger, wir beredeten uns

  • daher mit Tilgern, und kochten uns einen Grog.
    als wir noch damit beschäftigt waren, kam mei-
    ne dicke Landsmännin, und besuchte mich, ich mußte
    ihr einen Brief an dem O[ber]bür[ger]m[eister] Bothe in Radeberg schrei-
    ben. Nach 8 Uhr begleiteten wir sie auf die Moritz
    straße, woselbst ich mit meinen Gefatter Grahl gespro-
    chen habe.
    Erhielt ich endlich einen Brief datirt d 16tn von meiner [r.R.: 21.]
    Therese, sie entschuldigt ihr langes Schweigen damit.
    daß sie diese ganze Zeit nicht daheim war, übrigens
    ist der Brief eben so herzlich als alle vorigen, und
    ich kann mir keine Erklärung für unsre lezten Ver-
    hältniße daraus nehmen.
    Sonntag. Schenkhausdienst auf dem Schulguth und auf [r.R.: 23]
    Churfürstens, sprach mit Magd. Lebel, und war bis früh
    in die 3t Stunde. Der mich plagende Brustschmerz will
    sich noch immer nicht verlieren, und vorzüglich beim Rei-
    ten fühle ich recht sehr, daß ich in diesem Monat be-
    deutend gelitten habe.
    [r:R.: Fbr.]
    Meine Therese schickt mir ein Päktchen, und was [r.R.: 2t]
    enthielt es? Essware! Aber doch freue ich mich
    denn im bei liegenden Briefchen sind äuserst lau-
    nige Worte enthalten, woraus ich entnehmen
    kann daß sie keine Noth hat, gesund und
    bei guter Laune ist, zwar ist es sehr kurz

  • gefaßt aber doch verlangt sie, ich soll ihr einen
    recht langen Brief als Antwort schreiben.
    Dazu bin ich freilich vor der Hand noch nicht, noch
    nicht aufgelegt, Sie äußert zwar das größte Ver-
    [Febr.] trauen darauf, aber dieses mal muß ich sie täuschen
    Schreibe deßhalb blos ein par Zeilen, wie sie mir
    mein wundes Herz giebt und schreiben läßt.
    [16.] Ging mit Barsdorf Nachmittags aufs Thürmchen, es
    dunkelte schon als wir dahin kamen, hielten uns
    dort ein Weilchen auf, der Weg erheiterte
    mich seit langer Zeit wieder, zum erstenmal, und
    ich fühlte mich recht wohl. Wir kehrten im Fal-
    kenhofe ein, um nicht alle Wirthschaften vor-
    über zu gehen. Auch bei Schmidt wo ich nicht mit
    Theresen gewesen war, kehrten wir sogar ein, und
    blieben dort bis nach 9 Uhr, uns mit dem
    äußerst launigen Wirth unterhaltend. Dann
    im zu Hause gehen trafen wir auch nicht bei
    Hälzigs vorüber, da war es denn doch unmoglich
    vor 10 Uhr in die Caserne zu kommen.
    [17.] Sprach mit dem Boten Richter, er fuhr durch den
    Casernenhof, nach seiner Aussage geht es
    noch gut in Stolpen.
    [22] Schrieb mir Therese, sie verspricht kommenden Sonn
    tag mich zu besuchen, ich sende ihr nun einen
    langen Brief von zwei Bogen.
    [26.] Sie kam Nachmittag 4 Uhr, ich ging dann mit ihr
    nach Altstadt, woselbst sie bei Pietschens über
    Nacht blieb

  • Früh gingen wir bei schönen Wetter in der Nächsten [r. R.: 27.]
    Umgebung spazieren, und mit bei Walthers. Von da
    Mittags zur Parade, Nachmittags aufs Probierhaus wo
    Trompler mit seinem Mädchen ebenfalls mit war.
    in der achten Stunde gingen wir zu Hause, hier zog
    ich mich in Civil an und begleitete dann meine The-
    rese noch nach Altstadt [verwischt: Lieber]
    War den ganzen Vormittag Regenwetter, Therese [r. R.: 28.]
    ließ sich aber nicht länger aufhalten, sondern ging
    nach Hause, und ich mit ihr. Bis Weißig hatten
    wir uns durch allen Morast und Koth durchgearbei-
    tet, dort fand ich aber Gelegenheit mit dem Bischofs-
    werdaer Botte(n) bis Fischbach zu fahren, von dort aus
    war Frost, und es ging deßhalb leidlich, gegen acht
    Uhr waren wir in Stolpen, wo ich bis Nachts 2 Uhr
    blieb und dann wieder meinen Rückmarsch antrat,
    ¾ 6 Uhr kam ich glückich in der Garnison an.
    Ich war den ganzen Tag so leidlich munter, jedoch litt [r. R.: März 1.]
    ich zu sehr an meinen Füßen, als daß ich hätte
    ausgehen können.
    Ging ich Nachmittag nach Altstadt, wo ich mit bei [r. R.: 2te]
    Pietschen war, mit meinen Füßen geht es
    noch eben so schlecht.

  • Therese schrieb mir heute, und sogleich beantwortete [ März ]
    ihren Brief und trug ihn selbst beim Boten, erfuhr [ 4t ]
    erfuhr von demselben, daß Therese in der Mitte vorigen
    Monats in Hartha in Dienst, und nicht wie ich
    geglaubt hatte auf Arbeit gewesen ist, welches
    mich nun freulich nicht sehr erfreuen kann, denn
    sie erwähnte gegen mich kein Wort davon.
    Auch kann ich mir nun recht gut erklären,
    warum sie, als ich das letzte Mal dort war, ihren
    Vater hinaus wieß, denn dort hat sie ihm gewiß
    untersagt mir etwas davon zu sagen.
    Mit Rosenkranzen auf den Thürmchen, woselbst ich mit [ 20. ]
    Zöllnern u Familie sehr viel Spaß hatte.
    Von Theresen erhielt ich einen Brief, worin sie mich
    abermals bittet die Feiertage ja auf Urlaub zu
    kommen. Von ihren Verhältnißen verlautet
    aber kein Wort.
    Mit Rosenkranz auf dem Waldschlößchen. auf dem [ 25. ]
    Retourwege bei Walthers.
    Vormittag Wirthschaftsrevue, Mittags meldete [ 26. ]
    ich mich beurlaubt, und fuhr dann um 5 Uhr mit
    dem Boten fort. Unter andern war mit
    im Wagen. Leutnant Gröne von der * Artillerie
    Herr Johr, Lehrer in Altstadt, und Dittrich aus
    Rennersdorf Müllerssohn.


    * ein Buchstabe gestrichen

  • wo ich dann bis um 4 Uhr also 4 Stunden lang schwitzte,
    dadurch wurde ich aber so entkräftet, daß mit Mühe
    mich noch auf den Beinen erhalten konnte.
    Heut ist mir etwas besser, der Arzt legte [Rand: 8.]
    mir Senfteig auf die Brust, jedoch ich habe
    noch keine Linderung vernehmen können, und
    immer kommt Mittag jene Kälte und Schwäche
    wieder. Nachmittags ging ich mit Tilgern ins Freie
    obgleich der Wind nicht zu angenehm blies. Gingen
    nach Neudorf und um 8 Uhr wieder todtmüde
    nach Hause.
    Diesen Morgen war mir wieder Erwarten recht hübsch. [Rand: 9.]
    die hiesigen Schwadronen hatten Revue vorm comandi-
    renden General, er sah die Schwadronen erst para-
    demäßig zu Pferde, dann von graden Schwadronen
    die Unteroffiziere, von ungraden 12 Gardisten Reitbahn-
    mäßig. zulezt die sämtlichen Remontepferde.
    Immer noch will mich das Fieber nicht verlassen, nach- [Rand: 12.]
    mittags gehe ich gewöhnlich aus, aber trotz dem das ich
    mich anziehe, wie im strengsten Winter, fällt mich die
    Kälte in der Stube an. Ich habe sehr gelitten, aber
    ich hoffe, da mir das Essen schmekt[!], daß das Übel
    nicht mehr von Dauer sein wird. Habe nach Hartha
    geschrieben, das Fieber aber verschwiegen.
    Da der Rekrut Knablich über Stolpen auf Urlaub [Rand: 14.]
    geht, schrieb ich auch an die Eltern meiner Therese
    und theilte ihnen meine Lage mit.

  • [Mai] Pfingstsonntag. Ging Nachmittag mit Trompler, Barsdorf
    [15.] und Richtern, durch den großen Garten nach Strehln, von
    da nach Schertnitz und Recknitz, hier traf ich Branz
    und Robel, mit welchen ich noch bei Pietschens ging.
    Als ich um 10 Uhr zu Hause komme, finde ich ein Päktchen
    mit Backwerk, welches nach Aussage des Gefreiten Tilger
    zwei wendische Mädchen angeblich von meinen Eltern
    an mich abgegeben hatten. Von meinen Eltern aber
    davon bin ich überzeugt kommt dieß nicht. Kann mir
    aber auch nicht denken, wo es herkommt.
    [16tn] Vormittags in der Kirche. Nachmittags mit Tilgern erst
    bei Pietschen, von da aufs Schusterhaus, wegen der zu großen
    Menschenmasse fuhren wir nach Übigau über und gingen
    nach Pieschen in den Weinschank, daselbst waren wir
    gegen zwei Stunden, wobei ich wieder ausgeruht hatte
    dann gingen wir nach Neudorf, und von dort schon gegen 8 Uhr
    noch über die Bahn nach den wilden Mann, ich war
    freilich nicht wenig müde, aber doch hatte ich heute und
    gestern nichts von meinem Fieber bemerkt, ich tanzte
    ein par Touren mit, kam aber nicht in Schweiß, welches
    doch sonst, wenn ich gesund bin, sogleich geschieht. Gegen
    10 Uhr gingen wir dann langsam nach Hause, wo wir erst
    in der 12ten Stunde eintrafen. Auf meinem Schreibpult
    fand ich abermal eine Flasche Wein und und eine Bäbe, unbe-
    greiflich war mirs, und wuste nicht was ich davon denken
    sollte, Trompler war schon schlafen, und konnte also heute
    nicht erfahren, wem ich dieses abermals zu danken habe.
    [17tn.] Trompler wekte mich früh, mit den Worten: Du wirst
    schön ankommen, gestern Abend war dein Mädchen hier
    und du kommst nicht zu Hause ------. Wer dies aber nicht
    glauben wollte war ich. Durch vieles Fragen aber