Tagebuch Franz Nicolaus Kumpfe

  • mußte ich mich endlich von der Wahrheit überzeugen, welche
    mir freilich nicht zu angenehm war. Therese war gestern
    Abend gegen 9 Uhr hier angekommen, und ging um 11 Uhr
    von Walthers aus wieder retour. Das sie mich nicht
    antraf war ihr freilich äußerst unangenehm, aber
    das schlimmste dabei war, dass ich nicht um 10 Uhr zu Hause
    kam. O, jetzt fühlte ich erst schmerzlich, dass ich zu ent-
    kräftet war, sogleich eine Reise zu Ihr zu unternehmen.
    Aber dennoch hatte ich keine Ruhe, Richter lieh mir
    ein par Thaler Geld, und ich machte mich auf ein Pferd
    zu miethen, die Zeit war aber schon zu kurz, den es
    war Nachmittag 3 Uhr, da ich erst fort konnte, ich war
    auf der kleinen Brüdergasse bei der Wittwe Meinhart
    konnte aber kein Pferd bekommen, auf der Viehweide
    beim Bereiter Schwender, desgleichen, dieser schickte
    mich wieder zum Nachbar Steinsetzermeister Wagner
    diesen traf ich nicht zu Hause an, und dessen Frau
    konnte mir in seiner Abwesenheit, das Pferd, welches
    noch stand, nicht geben, nun ging ich wieder Wagnern
    aufzusuchen, konnte aber auch diesen nicht finden.
    Im goldenen Creuz an der Frauenkirche, war ich
    ebenfalls umsonst, sogar keinen Einspänner
    konnte ich bekommen, denn allen, war der Weg zu
    weit und der Abend schon zu Nahe. Endlich selbst
    ermüdet ging ich bei Walthers, ich hatte geglaubt
    Therese würde, ein par Zeilen an mich zurük-
    gelassen haben, aber nein, allem Anschein nach
    sehr aufgebracht hatte sie Walthers noch vor 11 Uhr
    verlassen.

  • 1842.


    Mai 18. Früh holte ich mir einen Postschein bis Schmiedefeld f[ür] 21 g 6 dn
    und meldete mich um Urlaub bis morgen früh. Mittags
    12 Uhr ging die Post ab. waren 9 Personen, neben mir
    zur linken war ein Ökonom aus Leipzig welcher
    zur Thierausstellung nach Bauzen reiste, neben diesem
    saß ein Mann von 46 Jahren, von welchen ich aber kein
    Wort gehört habe, hind/ter mir saßen auf zwei Männer
    von mittlem Alter, welche ich für Schullehrer zu erkennen
    keinen Anstand nahm, sie hatten ein Frauenzimmer
    in der Mitte, aus der Rheingegend und reiste nach
    Tobolsk. Sie war auch die Hauptperson im Wagen, und
    unterhielt durch ihr Gesprach [sic] die ganze Gesellschaft [.]
    Im Vordersitz, waren zwei israelitische Handelsleute
    und ein Forstmann, aus Fischbach. Um 3 Uhr trafen
    wir in Schmiedefeld ein, von wo aus ich dann in den
    Chaise bis Hartha fuhr, wo ich um 4 Uhr ausstieg
    am Gasthofe. Dort schickte ich einen Knaben zu
    Theresen, welche bald darauf selbst erschien, sie
    konnte sich aber nicht aufhalten, weil sie noch Beschäf-
    tigung hatte. Die Madam Hausner jedoch, wollte
    mich selbst sehen, und so mußte aufs Schloß, die Madam
    empfing mich sehr freundlich und zuvorkommend, Therese
    mußte mich sogleich, im ganzen Schloße und Garten herum
    führen, denn der Herr war nicht zu Haus. ) Abends mußte
    ich durchaus dort Essen, und die Madam brachte alles
    mögliche herzu getragen, und empfahl mir, ja
    nicht zu schonen. ¼ 10 Uhr empfahl ich mich, und Therese
    ging noch bis vors Dorf mit, jetzt sollte ich ich scheiden,

  • eine Traurigkeit erfaßte mich, wie ich sie fast noch
    nie beim Scheiden fühlte, und es war mir als sollte
    ich sie mitnehmen und mich nicht wieder trennen.
    Aber was konnte alles helfen ich mußte doch fort.
    Ja ich gebe zu, der Weg den ich vor mir hätte, den
    Gesundheitszustande angemessen, machte mir dies-
    mal etwas Bange, und nur ganz langsam trat
    ich nun meine Reise an. An den Gasthofe zum
    Fuchs, dachte ich schon an den Schlaf, und daß ich
    ja bis um 12 Uhr hier im Bette schlafen könne
    und dann, wieder gestärkt der Weg mir weniger
    Mühe verursuchen* würde, so immer im Zweifel
    was ich machen soll, holten mich mehrere Wagen
    ein, welche von Bauzen kamen, aber alle waren
    besetzt, bei Fischbach fing nun die Plage des
    Schlafes an, und nur sehr mühsam ging es von
    nun an vorwärts, alle Hoffnung ruhte nun
    auf den Schenkhübel, dort wollte ich meinen
    Durst stillen und wo möglich ein Stündchen
    schlafen, aber auch auch diese var** vereitelt
    denn da war alles finster und niemand
    mehr wach und ich mußte weiter, zwei
    mal setzte ich mich auf Steinhaufen um zu
    ruhen, aber Kälte erfaßte mich und rief


    * gemeint: verursachen
    ** gemeint: war

  • mir mein Fieber ins Gedächtniß und trieb mich
    weiter. Endlich habe ich den schon längst ersehnten
    [19.]weißen Hirsch erreicht, an diesem Röhrwasser
    stille ich mir den Durst, aber meine Beine
    wollen immer zusammmenbrechen, was ist doch der
    kranke Mensch ohne Kraft für ein gebrechli-
    ches Ding, an der Saloppe stürzte ich in den
    Chausseegraben, so daß ich längere Zeit brauchte
    um wieder zur Besinnung zu kommen, fühlte
    aber glücklicher Weise keine Verletzung, und ar-
    beitete mich wieder auf. Endlich ½ 4 Uhr bin ich
    in der Caserne, wo ich noch zwei Stunden Schlaf
    genoß, um 8 Uhr rückte ich zum Scheibenschießen
    zu Pferde aus.
    [22.]Waren Landsleute hier, mit welchens ich Nachmittags auf
    Frankens war. Simank und Kranz waren mit. Dord[!]
    erfuhr ich Abend, daß das Geschenk vorgeblich von meinen
    Eltern, von Anna Varsch war, welches mir eben nicht
    sonderlich gefallen kann. Versprach kommende Mittwoch
    hinaus zu kommen.
    [25.]Nachmittags mit Trompler und Tilger in Luschwitz*, kamen
    erst in der 10tn Stunde nach Hause.
    [29.]Schenkhausdienst auf dem Schulguth, war fast den ganzen
    Nachmittag bei Pietschen. Früh 3 Uhr kam ich nach Hause.
    [31.]Mittags schickte mir Therese mit dem Kutscher einen
    Brief, ich schlief grade ein wenig, und konnte mich
    gar nicht gleich besinnen, was der Mann wolle.


    * wahrscheinlich: Loschwitz

  • Mit dieser Gelegenheit schrieb ich sogleich wieder, und
    nun zwar alles, was mir am Herzen lag um
    nie von der Wahrheit abzukommen. Freilich
    war ich sogar Willens, ihr auch meine mißlichen
    Vermögensumstände zu endecken, aber kann mich
    nicht dazu überwinden. Abend war George
    Waurick bei Pietschen, er ist erst aus Rom zurück
    und weiß vieles zu erzählen. [Juni]
    Ebenfalls wieder dort, morgen will Waurick wieder [1.]
    über Pillnitz nach Hause .
    Vormittag beim Büchsenschüßen, und dann bein [3.]
    Walthers. Nachmittags Tagesdienst. Erhielt abermal
    einen Brief von Theresen als Antwort, auf den
    lezten, sie scheint kein Vertrauen zu mir zu haben
    obgleich ich nicht offenherziger sein kann, und
    ist sogar willens,wenn ichs verlange, wieder vom
    Dienst zu gehen,aber da sei Gott vor, daß ich dieß
    verlange, wenigstens so lange nicht, als ich weiß
    sie wird gut behandelt, und kein Unrecht von
    ihr verlangt. Wäre es nicht schon so spät am Tage
    ich würde ihr sogleich wieder schreiben, so muß sie
    sich aber schon bis kommende Woche gedulden. [4.]
    Heut schrieb ich, und zwar alles was ich auf dem
    Herzen habe, selbst meiner Vermögensumstände,
    mit Bangigkeit sehe ich aber auch einer Antwort
    entgegen, denn so etwas wird sie sich sicher nicht
    vermuthet haben, und dann, kann ich dabei ge-
    winnen? nein, sie wird mich verachten ! oder

  • ha, Gedanke! Wohl gar bemittleiden? o nur dieses
    nicht, Geliebte! Verachte mich, verlaß mich, meinem
    Schicksal überlasse mich, frage nicht mehr nach deinem
    Franz, nur nicht Mittleid laß mich fühlen, denn
    [ Mai ] es würde mich vernichten, und für meinen Leicht-
    sinn doppelt strafen.
    [ 5. ] Vormittag in der Kirche und Nachmittag Tagesdienst.
    [ 11.] Mit Barsdorf und seinem Mädchen in Strehln, wo ich meh-
    rere Cameraden traf unter andern Sanders beide Brüder
    u. Wohlrab. Wir gingen dann wieder mit Barsdorf zusammen
    nachhause
    Von Theresen erhielt ich einen Brief worin sie aber
    auf alle meine Angaben gar nicht achtet und mich
    förmlich mißversteht, daß ich liederlich sei, will sie
    durchaus nicht glauben.
    [ 17. ] Meldete ich mich um 5 Tage Urlaub nach Jauer, welchen
    ich auch erhielt. Schrieb sogleich an Theresen und zwar,
    daß, wenn sie nicht im Dienst wäre, ich sie den Sonntag
    Mittag bei meinen Eltern erwarten würde. Ging Nach-
    mittag nach Altstadt, wo ich noch mehrere nothige Stüke
    zur Civilkleidung kaufte, wozu ich bei Herrn Zespel
    12 Thaler erborgt hatte.
    [ 18ten ] Nachmittag 3 Uhr fuhr ich mit der Post nach Camenz, woselbst
    ich um 9 Uhr eintraf. Unter andern Passagiren war
    der Herr Doctor Bager welcher mit bis dahin fuhr.
    im goldnen Hirsch war ich bis ½ 11 Uhr, den Wirth
    ein Dresdner Namens Bleyel ist ein sehr fideler
    Mann. Um 12 Uhr kam ich nach Hause und fand mei-
    nen Vater sehr krank.

  • 1842


    [r.R.: Juni]
    Vormittags war ich in der Kirche; woselbst ich mit Wagner [r.R.: 19.]
    sprach, welcher auf die ganze Woche Urlaub hat. Mittags
    kam meine Schwester mit ihrer kleinen Familie von
    Crostwitz, und ich blieb daher den ganzen Tag zu Hause [r.R.: 20.]
    Auch kam heute der Schwager, dann gingen wir nach Elstra
    zum Jahrmarkt, Hamanns Pauline ging mit. Dort blieb
    ich sogar die ganze Nacht, wo ich mit der Pauline, deren
    Schwester die Schießhauswirthin ist, auf dem Schießhause
    tanzte, und gingen gegen Morgen ebenfalls mit-
    einander nach Hause.
    Früh 9 Uhr ins Kloster, war daselbst bei Lebels [r.R.: 21.]
    Betkens, Sikerts und Schusters, kam um 11 Uhr nach
    Crostwitz, blieb dort bis gegen 2 Uhr, ½ 3 Uhr in der
    Kupfermühle und ging von da mit Wagnern ins
    Schmeckwitzer Bad Marienborn, woselbst ich badete.
    jener war mit den Kindern des Wirthes[,] eines deres
    war Namens Beyen, sehr bekannt. Von dort wieder
    nach Hause.
    Früh 9 Uhr nahm ich Abschied, und ging über [r.R.: 22.]
    Jauer wo ich mich einige Zeit aufhielt nach Hartha,
    dort angekommen schrieb ich schnell ein par Zeilen
    an Theresen und sie solle mit zu ihren Eltern ge-
    hen, gegen 5 Uhr jedoch erst kam sie und konnte
    noch nicht. Darüber betrübte und erzürnte ich mich
    nun freilich ungemein, so daß ich schon wieder
    anfing mehr zu trinken als mir nützlich sein
    durfte. Sie begleitete mich bis nach Biela
    und versprach dort, wenn sie um 9 Uhr fortkönne
    noch nach Stolpen zu kommen.

  • Ich traf ihre Eltern nicht zu Hause an, ging daher erst
    zu Thomas Traugott, dort war Mittrach und Carl
    Mit letzterem ging ich dann wieder fort. ½ 11 Uhr kam
    Therese. Erst wollte ich um diese Zeit gleich meine Reise
    antreten aber nun verzog sichs doch um jede
    Minute, bis es endlich zu spät ward, bei Nacht
    noch bis Dresden zu kommen, so blieb ich denn
    dort lebte diese par Stunden meiner Therese, gegen
    [23.] 3 Uhr mußte sie fort. Dann legte ich mich erst noch
    ein par Stunden aufs Ohr, gegen 9 Uhr wekte mich
    die alte Mutter mit der Nachricht, daß gegen 10 Uhr
    der Stellwagen von Sebnitz hier anhalte. Als ich
    wieder gefrühstükt hatte begab ich mich in den Gasthof
    und und fahre nach 10 Uhr mit jenem Wagen hierher
    woselbst er um 3 Uhr im großen Rauchhaus Scheffelgasse
    eintrifft. Ging von da bei Pietschen, und erst Abend
    in die Caserne
    [24.] Es wurde mir nicht nachtheilig. daß ich zu spät gekommen
    war, wie ich es fürchtete. Ich schrieb diesen Mittag noch
    an Theresen ihr dasselbe zu melden.
    [25.] Bekam wahrscheinlich abermals durch Erkältung einen
    bösen Hals, und konnte nichts genießen, weil ich nicht
    schlingen kann. Wir hatten Felddienst, ich war bei
    der Abtheilung des Leutnant von Vial welche* den
    Feind markirte, hörte bei Beendigung kein
    Signal, und rükte daher mit meinen Leuten
    später ein.
    [26.] Sonntag. blieb ich wegen meinem Halse zu Hause.
    [27.] Jahrmarkt in Altstadt, ging auch hin, hatte aber
    gar kein Vergnügen.


    * vielleicht auch: velche

  • War Mittags mit dem Befehl beim Major von der
    Planitz gewesen. traf ich auf Moritz Hentschel, welcher
    zum Jahrmarkt kam, er ging mit in die Caserne.
    Ging ganz allein durch die Allaungasse und Louisen
    straße nach den Scheunhöfen, mit Grundmann
    wieder zurück.
    Mittag 2 Uhr bis ¾ 4. Uhr in der köngl. Rüstkammer
    wo ich mich so recht wohl befand. Von da bei Hälzigs
    auf dem Schloße und bei Pietschen, dann ging ich
    noch auf der Promenade um die Stadt und nach
    der Caserne.
    Erhielt einen Brief von Theresen, mit einer weißen
    Rose.
    Sonntags gegen 8 Uhr mit Tromplern in Neudorf, es gefiel
    mir aber nicht dort, war nach 9 Uhr wieder in der Caserne
    Eine Felddienstübung in der Schwadron bis Biehla* an der Bauzner
    Straße.
    Bei Pietschens, woselbst mir der Kirchenaufseher Wiesner
    seine Geschichte erzählte.
    Auf Casernwache . Von 1n dieses Monats an habe schon gelesen:
    Weibertreue und Fürstenwort : Magdalene: Jack Adams der Meuterer.
    Erhielt von Theresen einen schönen Blumenstrauß, von rothen
    und weißen Rosen, Gartenzauke und Reseda, sie schreibt
    sie sei seit unsrer letzten Trennung sehr leidend. Ich hatte
    zwar schon einen Brief an sie fertig, mußte ihn aber nun
    noch einmal erbrechen, und kam Nachmittag zu spät
    damit nach Altstadt. Auch meinen Eltern und der Schwester
    schickte ich mit Gelegenheit ein par Zeilen. / gelesen Zohrab der
    Geißel.


    * heute: Bühlau

  • [Juli]
    [10.] Schloßwache; / gelesen: der junge Gardist in Napoleons Armee u[nd] Kurt
    der Jägerbursche.
    [14te] Beginnt das Exerzieren des Regiments auf dem Heller.
    gel[esen] des Holländers Heerd.
    [15te] Altstadt, bei Pietzschen
    [17te] Sonntag. Ging erst gegen 4 Uhr ganz allein gegen Neudorf in der
    Absicht in die Lößnitz zu gehen, in Neudorf traf ich aber
    auf Loßmann, mit welchem ich dann bei der Schiffmühle über
    fuhr und auf Altona gingen. Dort traf ich auch Wurter u[nd]
    Barsdorf; mit letzterem waren wir nachher noch auf dem
    grünen Weinlaub. gel[esen] die Morisken.
    19. Sr. Majestät der König von Würtemberg [sic] ist in Dresden angekommen als Graf
    v[on] Fink, daher unterbleibt die vorher bestimmte Revue der hiesigen Garnison.
    [24te] Ging ich Mittag 11 Uhr aus Dresden und war um 4 Uhr in Stolpen, auf
    dem Schenkhügel sprach ich erst Herrn Stelzner aus Helmsdorf. er ging nach
    Annaberg zur Probe. August war zu Hause, Carl kam später auch
    dann gingen wir auf den Keller, um 1/2 8 Uhr begleitete mich August
    nach Hartha, wo wir gegen 9 Uhr eintrafen, Therese war sehr beschäftigt
    ich ließ sie daher nicht weit mitgehen, auch klagte sie noch über üblen
    Gesundheitszustand. August ging noch mit bis Fischbach. Von hier
    aus um mich des Schlafes zu erwähren lies ich die Zigarren nicht
    aus löschen, als ich auf dem Schenkhügel noch Licht erblickte
    war ich sehr erfreut, denn ich hatte Hunger bekommen, welchen ich hier
    denn auch sogleich stüllte. Dennoch aber konnte ich mich von der
    Heide aus des Schlafes nicht enthalten, und stolperte so bis
    Dresden, wo ich halb 4 uhr eintraf. Meine Füße waren in einem
    solch schlechten Zustande, daß ich als die Stiefel runter waren nicht
    einmal auftreten konnte, mit großer Anstrengung schlepte ich mich
    ins Bette, und schlief bis halb 6 Uhr. Ein wenig gestärkt, rückte ich
    um 7 Uhr marschmäßig zum Felddienst oder Landmarsch aus, wo ich aber
    nur ohne Steigbügel weiter konnte. War zum Tagesdienst komandirt [sic]
    tauschte aber mit Wintern, um mich noch heute schonen zu können.
    [31te] Casernwache. Sonntags. Diese Nacht arretirte ich zwei Mädchen aus Haferstein [,]
    Emelie Hähne u[nd] Johanna Mai [,] wegen unbefugten Aufenthalt in
    der Caserne, und gab sie dann an die Polizei mitelst Anzeigeab-

  • 1842.


    August [Randbemerkung rechts und links!]


    [2t] War ich Nachmittag bei Pietzschen und dann zum Vogelschießen, [2.]
    dort besah ich mir die Ansichten im Diorama und die Vorstellungen
    der Kunstreitergesellschaft des Herrn Beillof.
    Meine Therese hat mir wieder ein Schreiben zugeschickt, und einen
    Blumenstrauß beigelegt, aber ihr geäußerter Lebensüberdruß
    krankte mich in tiefstem Herzen, und ich äußerte mich denselben
    Tag noch in einem Briefe darüber.
    Ich kann fast keinen Stiefel mehr anziehen wegen Hüneraugen, nun
    erhielt ich einen Rath, Knoblauch aufzulegen, welches ich denn auch
    that, und mir dadurch nun erst eine ganz wunde Zehe zuzog.
    sozwar [?!] daß ich mit genauer Noth reiten wie viel weniger mei-
    nen Dienst verrichten kann.
    Heute schreibt mir Therese sie wolle eine Zeit mit schreiben aus- [6.]
    setzen, weil sie mich zu beleidigen fürchte, und sich zu krank
    fühle um mir erfreuliches schreiben zu können. Dieses fehlt
    mir noch zu meiner Einsamkeit, obgleich mir ihre Briefe
    manchmal wenig Freude verursachten, war ich aber doch
    stets begierig wenn der Tag herannahete, und ich einen zu
    bekommen hoffte, nun aber sehe ich schon den ersten Tag mit
    Bangigkeit der kurzen oder langen Zeit des Schweigens
    entgegen, und ein Gefühl wie die Ahnung einer langwieri-
    gen Krankheit beschleicht mich.
    Gestern erst schrieb mir Therese wieder, sie wolle als Heut zu [21.]
    meinen Eltern gehen, obgleich sie noch nicht gesund wäre.
    Ich kann freilich nicht hin ihr davon abrathen. Denn
    ob meine Füße wieder fast hergestellt sind, bin ich
    doch nicht im Stande weit zu gehen. Auch nicht schreiben
    konnte ich, weil sie der Brief doch nicht mehr zu
    Hause treffen würde.
    Meldet mir Therese sie sei dort gewesen, und habe einen [26.]
    vergnügten Tag gehabt. Der Vater habe sie fast bis Hartha
    begleitet. Dann wünscht sie, ich möchte ihr schreiben, aber

  • [August]
    [29.]dieß konnte auch jetzt noch nicht geschehen, weil ich grade
    heut zu viel Arbeit, und morgen Mustrung habe.
    [Sept 2.]Heut habe ich nun einen Brief an sie abgesendet, worin
    aber Gedanken von mehreren Wochen aufgezeichnet sind.
    [4.]Sonntag.Constitutionsfest. Volksauflauf nach Mitternacht
    wurde aber bald durch Militair gedämpft.
    [7.]Mit Barsdorf und Tilger auf dem Wilden Mann wo, weil ich
    unwohl wurde, wir über Nacht blieben, kamen erst früh
    halb 6 Uhr nach Hause.
    [10.]In Folge bürgerlicher Unruhen, hält heut eine Schwadron
    in Bereitschaft Niemand bekommt Urlaub außerhalb
    der Caserne. Abend ½ 9 Uhr gingen von der 1.Sch. 2 Patrullen*
    in den großen Garten ab, wo sie bis Mitternacht ver-
    weilten.
    [11.]Sonntag. Jahrmarkt in Neustadt. Die Befehle von gestern
    sind noch verschärft.
    [12.]Erfolgt wieder die Erlaubniß bis 10 Uhr auszugehen.
    war erst eine halbe Stunde auf dem Markte, dann
    bei Pietzschen.
    [14.]Ging Nachmittag spazieren. Mein Mädchen schreibt mir
    ob ich sie mit ihrem Kummer so allein lassen könnte?
    Ihre Mutter, welcher immer kranke Augen hatte, ist
    um das Licht des Einen schon gekommen und das andre
    steht in Zweifel. Ich glaubte aus dem Briefe sie wäre
    bei der Mutter, der Brief ist aber aus Harthau datirt.
    [15.]Exerziert das Regiment vor Sr. köngl. Hoheit Prinz
    Johann. Ich schrieb am[!] meine Eltern, da ichs mit
    Gelegenheit befördern kann.
    [17.]Regiment Felddienst rükten erst Nachmittag 3 Uhr wieder ein


    * Patrulle = Patrouille

  • Ging abermal auf ein Nachtzeichen zu meinem Mädchen, und [ Sept. 18. ]
    fuhr mit dem Bauzner Lische bis Hartha, wo ich um 3 Uhr
    angekommen, Therese nicht, sondern erst in Stolpen traf.
    Mit ihrer Mutter steht es wirklich sehr schlimm. Nachts
    J 2 Uhr ging ich wieder fort und hatte das Glück dieses-
    mal den Schlaf von mir abzuhalten, weßhalb ich dann
    noch zu rechter Zeit in Dresden ankam. aber auch heut
    mußte ich wieder sogleich marschmäßig fort, weil das Rgt.
    einen Landmarsch machte.
    Rgt. Feldd. In Verbindung mit der 5t. Schwadron aus Pirna
    ich blieb zuruk um Mittag auf Schloßwache [ 22. ]
    Mit Barsdorf auf dem wilden Manne, Tilger will nicht mit [ 26. ]
    er hat sich degradiren lassen und geht zu seinen Eltern
    auf Urlaub um die Wirthschaft in Cunewalde zu übernehmen
    Sne. Majestät der König hält Revue über die Garnison und [ 28. ]
    die reitende Artillerie, auf dem Heller, wurden auch
    einige Bewegungen und Angriffe gemacht. Eine
    große Volksmenge als Zuschauer.
    Pferde Versteigerung in der Caserne. kam Mittag auf [ 29. ]
    Wache. [ Okt. ]
    War ich auf Urlaub, fuhr nach Bischofswerda, wo
    ich im Gasthause zum goldnen Engel über Nacht
    blieb, lernte unterwegs einen Ausbund
    von Frauenzimmer kennen, aber von keiner
    guten Seite, dieselbe fuhr nach Bauzen zum
    Jahrmarkt. Den andern Morgen ging ich
    über Geißdorf und Burkau nach Hause.
    Nachmittags war ich bei Insorka, woselbst
    wir beide schon tichtig zechten, und Abend

  • [Okt.]
    gingen wir noch in die Klosterschenke woselbst
    wir es aber nicht besser machten und erst
    um 11 Uhr aufbrachen.
    Den Morgen Sonntags, konnte ich nicht
    lange ausdauern, so hatte mir das Bier
    zu schaffen gemacht, konnte auch deswegen
    nicht in die Kirche gehen. Mittags wurde mir
    besser, ging daher Nachmittags in die Mühle
    dort kam später Insorka ebenfalls hin, wo aus
    wir dann nach Kleinhänchen zur Kirmes
    gingen, und bis früh Morgens blieben.
    Montag Nachmittag zum Reformationsfeste
    ging ich nach Elstra, dort mußte ich aber
    auch bis Mittwoch früh aushalten, denn
    den ganzen Dienstag regnete es ohne auf-
    hören. Übrigens hatte ich zwar immer et-
    was Unterhaltung, denn die Leute auf
    dem Schießhauß kenne ich noch von langer
    Zeit her, da sie noch in Neuhof waren
    Kubitzens. Gustav Unteroffizir bei den
    Schützen war eben zu Hause.
    Donnerstag ging ich zur Schwester nach Crost-
    witz und blieb wiederum bis Freitag,
    Sonnabend kam meine Therese mit ihrem
    älteren Bruder Carl. Sie war außer
    Dienst gegangen, weil sie sich mit dem

  • Stubenmädchen nicht gut vertragen konnte.
    Sie konnte mir aber auch wirklich keinen größern
    Gefallen thun.
    Sonntags warn wir zusammen in der Kirche, das
    Wetter wurde sehr unangenehm kalt und Schnee-
    gestöber, da der Schwager Nachmittags kam
    sollten wir durchaus mit nach Crostwitz, da
    wir aber keine rechte Lust in dieses Wetter
    hatten mußte das Loos entscheiden, und es
    endschied [sic!] nach Crostwitz zu gehen.
    Montags hatte das Wetter sich in etwas gebessert
    da kehrten wir zu meinen Eltern zurük
    Dinstags gingen wir nach Stolpen, wo ich diese Nacht über
    blieb und
    Mittwochs nach Stolp Desdem [sic!] abreisete, wo ich abends
    in der neunten Stunde eintraf.
    Donnerstags hatten wir wieder Felddienst marschmäßig
    wo es mich abermals traf, daß ich unvorbereitet mit
    machen mußte.
    Die Uberreichung des englischen Hosenbandordens an
    Sn. Majestät den König, wozu ich mit einer Parade von
    24 Mann kommandirt war.
    Wurde mir ein Diener Posten beim Oberstallmeister [r. R.: Novebr.]
    Generalmajor v[on] Fabrize vorgeschlagen, welchen ich
    wegen fernerem Fortkommen und unter leidlichen
    Bedingungen annahm.
    Bekam ich auf einen Monat Urlaub wegen Antritt
    meines Dienstes, reisete von hier nach Stolpen, wo
    ich meine Therese wieder einmal krank antraf

  • 1842.


    [Decbr] und zwar wieder am Reißen leidend.
    [1.] Donnerstag wurde ich durch die ungunstigste Witterung
    abgehalten vollends nach Hause zu gehen, schrieb
    daher an meine Eltern, warum, und weßhalb ich
    hir bin.
    [2] Freitag reisete ich mit der Post wieder retour
    und blieb Nachts bei Pietschen.
    [3] Trat Sonnabend in meinen Dienst ein.




    Ich schließe mich diesem Dank an. Mein besonderer Dank gilt Marcel Böhme, der mir die Dateien der transkribierten Seiten zur Verfügung gestellt hat.