Verlust des Adelstandes (wodurch?)

  • Durch welche "Umstände" verbanden sich Adel und Bürger durch Eheschließungen?


    Eine nicht unwichtige Rolle spielte sicher das Geld der Bürgerlichen? (Wohlstand, Reichtum)


    Vielleicht auch ein gewisser "Männermangel" nach Kriegen??


    Welche Gründe kommen noch in Frage!


    Zuneigung schließe ich aus, denn meine Frage bezieht sich auf vergangene Jahrhunderte.


    Und......wie selten oder wie häufig waren solche Verbindungen?



    Seerose :)

  • Hallo Seerose,


    wie Du Dir sicher vorstellen kannst, ist diese Frage nicht pauschal zu beantworten aber man kann sagen, je später, desto öfter gab es nichtstandesgemäße Ehen.


    Ein bisschen ist auch zu unterscheiden, wer von beiden adelig und wer bürgerlich war. Adelige Männer heirateten öfter bürgerliche Frauen als umgekehrt.


    In erster Linie spielten natürlich ganz klar wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle. Es gab zudem sehr viele Verbindungen zwischen Patrizier- und Adelsgeschlechtern. Allerdings sind auch immer wieder in der Geschichte Liebesheiraten zu finden, wobei in der Mehrheit ein Adeliger eine Bürgerliche heiratete. Oftmals waren das die zweiten Ehen, nachdem die Erbfolge durch eine standesgemäße Ehe gesichert war. Diese nicht ebenbürtigen Ehen nennt man morganatische Ehe oder auch Ehe zur linken Hand und die gab es in recht großer Zahl.


    Mit dem Niedergang der Privilegien des Adels glichen sich die Stände immer mehr an. Es kam immer öfter zu ehelichen Verbindungen zwischen Adeligen und Bürgerlichen und hier stieg dann die Anzahl der bürgerlichen Männer, die adelige Frauen heirateten, rapide an. Das ist besonders im 19. und Anfang des 20. Jh. zu beobachten und hier waren es durchaus sehr oft Liebesheiraten oder zumindest Ehen, die aus Zuneigung geschlossen wurden. Die wirtschaftlichen Verhältnisse spielten ja letztendlich in allen Ehen eine wichtige Rolle.


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • Hallo Seerose.


    Tja das liebe Geld spielte damals natürlich eine große Rolle.Der Adelige konnte natürlich seines Titels verlustig werden,wenn er z.B.einen Verrat bagangen hatte.Natürlich war daskein Hochverrat denn dann wurde er vermutlich geköpft.Verarmte Adelige verkauften aber auch den Titel nur um an das Geld zu kommen.In Österreich wurden die Adeligen per Gesetz abgeschaft.Sie dürfen ihre Titel nicht mehr tragen.Nur wenn einer stirbt steht dann auf der Todesanzeige wieder der einstige Titel den er hatte.Ich war einmal bei einem Vortrag den Otto Habsburg-Lotringen hielt.Da war ein sehr alter Mann der als er eine Frage an den Vortragenden hatte ihn mit kaiserlicher Hoheit ansprach.es störte keinen Menschen sondern wir waren alle fasziniert wie der ehemalige Tronfolger von Österreich seinen Vortrag hilt.


    Liebe Grüße


    Franz Josef

  • Hallo Franz Josef,


    die Frage war ja hier nach dem Adelsverlust durch bürgerlicher Heirat. Dabei ist natürlich zu unterscheiden, dass auf diese Weise nur eine adelige Frau, die einen bürgerlichen Mann heiratete, ihres Adels verlustig gehen konnte, denn die Familie war dann bürgerlich. Im umgekehrten Fall war die Familie adelig und die Titel gingen nicht verloren.


    Ein paar Worte zu Deinen Anmerkungen, die so nicht korrekt sind. Ein Verrat war noch lange kein Grund zu einer Adelsenthebung, denn es kam darauf an, was da an wen verraten wurde. Es gab zig andere Delikte, die je nach Schwere zu Adelsverlust führen konnten. Für eine Adelsenthebung wegen einer Straftat musste aber eine bestimmte Voraussetzung vorliegen. Die Straftat musste so gravierend gewesen sein, dass das Gesetz eine Kerkerhaft vorsah. Selbst bei Festungshaft wurde man nicht des Adels enthoben. Auch einer Todesstafe ging natürlich erstmal eine Adelsenthebung voraus.


    Und ganz klar, Adel konnte natürlich nie verkauft werden. Adel war ein Stand, eine Würde und kein Handelsgut. Adel konnte nur durch den Landesherrscher verliehen werden. Eine Art "Selbstbedientung" durch Kauf bei einem Adeligen war natürlich strengstens untersagt und wäre als Anmaßung strafrechtlich verfolgt werden. Leider hält sich dieses Ammenmärchen äußerst hartnäckig, wobei es bei diesen Geschichten immer um einen angeblich verkauften, nie aber um den gekauften Adel geht. Eigentlich merkwürdig ;) . Ein Adeliger und war er noch so arm, konnte sich seinen Adel nicht einfach mal so vom Halse schaffen. Dazu bedurfte es nach deutscher Gründlichkeit einen entsprechend formulierten Brief an das Heroldsamt. In Österreich ging das sogar nur mit der Genehmigung des Kaisers. Und da alles seine gesetzliche Ordnung hatte, sind die Adelsverzichte auch dokumentiert worden. Einige Familien führten allerdings ihren adeligen Titel aus verschiedenen Gründen offiziell nicht, was aber nicht bedeutete, dass sie nicht dennoch adelig waren. Verkaufen konnte man also allenfalls Hab und Gut, nicht aber seine Würde auch wenn das ein geflügeltes Wort ist.


    In Österreich wurden übrigens nicht die Adeligen per Gesetz abgeschafft, sondern der Adel als Stand und das war auch in Deutschland so ;) . Der einzige Unterschied ist, dass in Deutschland adelige Titel fester Bestandteil des Familiennamens wurden, in Österreich nicht.


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • Ein Adeliger konnte sehr wohl seines Titels verlustig gehen, wenn er eine bürgerliche Frau heiratete. Das hing ganz davon ab, in welchem Maße diese Ehe vom Chef des Adelshauses bzw. von der Familie toleriert wurde. Adelige Offiziere mussten demissionieren, wenn sie bürgerlich heirateten. Bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein war es stets ein riskantes Unternehmen für einen Adligen, eine bürgerliche Frau zu ehelichen. Dies war in jedem Fall mit einem irgendwie gearteten "Abstieg" verbunden. Die Liebe in den Zeiten der Standesgesellschaft musste dann schon sehr groß sein!


    Da gibt es noch einen interessanten Link: http://www.ahnenforschung-bild…viewtopic.php?f=48&t=1446

  • Hallo Gabi,


    das ist reine Theorie aber vielleicht kannst Du uns auch plausible Quellen nennen, wo Du soetwas belegt gefunden hast. Auch das Adelsrecht war gesetzlich geregelt und da ist soetwas nicht zu finden, erst recht nicht, dass adelige Familien eigenen Familienmitgliedern den Adelsstand aberkennen konnten. Sie konnten allenfalls die Heirat verhindern oder den Familienangehörigen verstoßen. In die Hoheit des Souveräns konnten sie jedoch nicht eingreifen.


    Die von Dir verlinkte Seite zeigt einzig auf die Mitteilung zu Adelsverlusten, nicht aber auf deren Ursache. Das war allgemein bei Verurteilung zu Kerkerhaft gegeben (eine Verurteilung zu Festungshaft zog dagegen keinen Adelsverlust nach sich). Der eine war durch die Zuchtpolizeikammer verurteilt, der andere durch das Kriegsrecht. Alle beiden (der eine ist ja ein Doppeleintrag) also ganz typische Adelsverlustfälle, die nichts mit einer Heirat zu tun hatten. Dafür war weder die Zuchtkammer noch das Kriegsgericht zuständig. Die Zuchtkammer verurteilte z.B. bei Vergewaltigungen, das Kriegsgericht bei Verbrechen in militärischen Zusammenhängen. Eine Heirat war aber kein Verbrechen, auch wenn sie nicht standesgemäß war und im 19. Jh. war es längst Gang und Gäbe nicht unbedingt standesgemäß zu heiraten.Irgendwelche rechtlichen Konsequenzen konnte das nicht nach sich ziehen, weder beim Militär, noch in der Zivilgesellschaft.


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • Hallo Hina,


    ich denke Gabi bringt hier was durcheinander. Der Adel konnte natürlich nicht verloren gehen durch eine Ehe. Allerdings ist es auch heute noch zum Beispiel bei den Hohenzollern üblich, dass man für den Fall einer nicht standesgemäßen Ehe von der Thronfolge ausgeschlossen wird, auch wenn gar kein Thron zur Verfügung steht. In den tatsächlich regierenden Adelshäusern in Europa sieht man das inzwischen ja etwas sportlicher als bei einigen deutschen Fürstenfamilien.


    Viele Grüße


    Dirk

  • Hallo Dirk,


    ja sicher, auch gewissen Erbgrundsätze wurden ja in den Hausgesetzen (sofern die Familie eins hatte) geregelt. Es wurden natürlich auch immer wieder beabsichtigte unstandesgemässe Heiraten verhindert oder zumindest der Versuch unternommen. Manch einer wurde sicher auch von seiner Familie genötigt, im Falle einer solchen Heirat den Adel ruhen zu lassen oder auf seinen Stand zu verzichten. In die Hoheit des Souveräns bzw. in geltendes Recht konnte jedoch keine Familie eingreifen. Auch die entsprechende Regelung im Allgemeine Landrecht in Preußen hatte ja nur ein paar wenige Jahre Gültigkeit. In der Literatur konnte ich bisher nichts finden, wo es dann tatsächlich zu einem Adelsverlust, also nicht Adelsverzicht, wegen Heirat oder Beruf auf dieser Grundlage kam, was ja nicht heißt, dass es einen solchen Fall vielleicht belegt und nicht nur vom Hörensagen, gab. Das würde mich durchaus interessieren.


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • Mal was zum Schmunzeln (bei einem ernsten Thema):


    in der Familie meines Mannes kursiert -wie in jeder anständigen Familie- das Gerücht, daß sie mal adelig waren. Und einer der Altvorderen ist der Sündenbock (für den Verlust), da er nächtens an des Kaisers Reiterstandbild gepinkelt haben soll.... ;(


    Wann und wo und wer, ist dabei natürlich nicht mehr nachzuvollziehen ( ;) ) und bis ca. 1820 waren sie auch "nur" bescheidene Handwerker.... aber auf den - nicht vorhandenen- Adel sind sie heute noch mächtig stolz! :thumbsup:


    Assi


    Und was ich nicht ändern kann, da bleibe ich weiter dran... (Herbert Grönemeyer)

  • Eine lustige Geschichte ;). Aber so hart wurde solch ein Vergehen wirklich nicht bestraft. Er wäre wohl allenfalls mit einer saftigen Ordnungsstrafe belangt worden. Gab es da nicht bei Heinrich Mann in "Der Untertan" eine solche Episode?


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • Allerdings ist es auch heute noch zum Beispiel bei den Hohenzollern üblich, dass man für den Fall einer nicht standesgemäßen Ehe von der Thronfolge ausgeschlossen wird, auch wenn gar kein Thron zur Verfügung steht.


    Hallo,
    nennt mir bitte einen Grund, solche Leute ernstzunehmen.


    Wolfg.

  • Hallo Wolfgang,


    die Mitglieder der Familie der Hohenzollern, sind genauso viel oder wenig ernstzunehmen, wie alle anderen Mitmenschen auch. Es gibt in jeder Familie schwarze Schafe. Allein das Achten auf Traditionen ist ja nichts verwerfliches. Es wird ja keinem Mitglied der Familie verboten, zu heiraten wen er will. Aber warum soll die Tradition des Hausgesetzes über den Haufen geworfen werden, nur weil es gerade nicht in die Zeit passt? Man muss nicht jede Mode mitmachen. Solange diese Familie mit ihren Traditionen nicht die Freiheiten anderer einschränkt, ist mir das total egal, wie und warum sie an ihren Traditionen festhalten.


    Viele Grüße


    Dirk

  • So sehe ich das auch. Jedem sein Pläsierchen und wenn die Familie eben ihr altes Hausgesetz unverändert so lässt, bitteschön. Ich gebe mir da noch nicht einmal die Mühe und denke darüber nach, ob ich da etwas ernst nehmen soll oder nicht. Es gibt wirklich viel wichtigeres auf der Welt.


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • Nein, ich habe leider keine Quelle gehabt. Ich bezog mich dabei auf klassische Literatur, ohne dass ich nochmal nachgeforscht habe. Das gab mir auch gleich anschließend an meinen Beitrag selbst zu denken, aber ich habe es dann vergessen. Mea culpa... :(


    Den link sah ich nicht im Zusammenhang mit meiner ersten Aussage. Das war nur so ein Fund, den ich interessant fand.

  • Hallo Gabi,


    ja, verstehe. Das ist immer so eine Sache mit der Literatur. Da findet man in der Tat öfter mal solche Geschichten. Soetwas bringt natürlich mehr Pepp in eine Story und es ist eben auch die künstlerische Freiheit, nicht immer alles 1:1 realitätsnah rüberzubringen. Ich muss sagen, ich finde es auch ganz legetim, solange so ein Roman nicht als authentischer Tatsachenbericht verkauft wird. Was bleibe sonst von Krimis oder gar Shakespeare oder Schiller oder auch Dan Brown oder der kürzlich gesendeten Borgia-Serie übrig :) ? Es sind alles Kunstprodukte, die durchaus breiteres Interesse hervorrufen, als trockene Dokumentationen und Geschichtsunterricht.


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • Danke für Dein Verständnis, liebe Hina.


    Es war wohl spät und ich war ein wenig überwältigt von dem Wunsch, etwas beizutragen.
    So total unüberlegt ist das eigentlich nicht so meine Art. ;(