Herren-Aufwarter Hochzeitslader

  • Moin,


    meinen Recherchen nach ist ein Aufwarter ein Kellner oder ähnliches. Was aber speziell ist ein Herren-Aufwarter?


    Und ist Hochzeitslader ein Beruf? Oder eher ein Ehrenamt, das ab und an ausgeübt wurde?


    (Zur Einordnung: Etwa 1800 in Nürnberg)


    Gruß,


    Lothar

  • Hallo Lothar,


    ich kenne den Hochzeitsbitter vom Hunrück - evt. gab es ja in Nürnberg eine ähnliche Sitte.


    Ich zitere jetzt mal aus dem Büchlein: Becker, C., Die Hunsrücker Küche, im Selbstverlag 1992:
    "Hochzeit auf dem Lande
    Noch um die Jahrhundertwende ging der Hochzeit die Freierei, die Brautwerbung, voraus. Wollte ein heiratsfähiger Bursche von Lande "freiengehen", so nahm er sich irgendeinen "Gevattersmann" als Freiersmann. Wenn am Sonntag zwei Männer mit weißem Schal in ein Dorf im Vorderhunsrück kamen, dann wußten alle: es sind Freierschleit (Freiersleute). Sie erkundigten sich unauffällig nach allem, besahen Hauswirtschaft und Ställe, bis sie schließlich mit der Sprache herausrückten. Hatten die Freier mit ihrer Brautwerbung Glück, wurden sie nach alter Sitte mit gebackenen Einern und Schinkenspeck bewirtet. Speiste man die Freiersleute mit Käsebrot und Schnaps ab, dann wußten sie auch ohne große Worte, dass der Brautwerber keine Chance hatte.
    (...)
    Versprachen sich die Brautleute die Ehe, wurde früher Hillich gefeiert. Der Freiersmann hielt eine Ansprache an das junge Paar. Nach alter Sitte gab der Bräutigam der Braut ein Geldstück in die Hand, das sogenannte Handgeld.
    (...)
    Zur Hochzeit wurde die ganze Freindschaft (Verwandtschaft) und die Noberschaft (Nachbarschaft) eingeladen. In Festtagskleidung, den Hut mit Lorbeer und Rosmarin geschmückt und ausgerüstet mit einem Krug Branntwein, überbrachte der Hochzeitsbitter feierlich mit einem Spruch die Einladung. Er spendierte ein Glas Branntwein und bekam dafür ein Stück Brot. Der Hochzeitsbitter empfing die Gäste am Hochzeitstag zu einem Frühstück mit Brot und Weinbrand im Hochzeitshaus. usw."


    Hier gab es also zwei Personen, die eine besondere Aufgabe hatten: der Freiersmann (Gevattersmann), der den Bräutigam bei der Brautwerbung unterstützte und den Hochzeitsbitter (wahrscheinlich sowas wie Dein gesuchter Hochzeitslader). Das waren sicher Männer, die dem Bräutigam in irgendeiner Weise nahe standen, z. B. Verwandte, Freunde, ein guter Nachbar usw. Ob es ein und dieselbe Person war, ist nicht klar, evt. gab es beide Varianten. Und ob bestimmte Männer im Dorf vielleicht häufiger als "Hochzeitsbitter" tätig waren, kann ich nur vermuten. Es gab in den Dörfern oft irgendwelche "Originale", die gerne bestimmte besondere Aufgaben übernahmen, damit der Dorfgemeinschaft einen Dienst taten und selbst Ansprache und das ein oder andere "freie" Schnäppschen erhielten. Die Gegenleistung für den "eherenamtlichen" Hochzeitsbitter wird aus dem Text deutlich:
    1. freies Essen und (vor allem) Trinken + das ein oder andere nette Schwätzchen in den Häusern der Eingeladenen. (Wenn er einen Schnaps spendierte, war der Eingeladene aufgrund der Sitten quasi gezwungen, sich mit Gleichem zu revanchieren. - Das wird hier aber nicht erwähnt. Aber noch bis in die 1980er Jahre bekam man immer einen Likör oder Schnaps angeboten, wenn man aus irgendeinem Grund in irgendeine Familie in den Dörfern musste und man als alt genug angesehen wurde, "ein Schnäpschen" mittrinken zu können - so etwa ab 13 - 14 Jahre. ;) ) Wenn die Verwandtschaft größer war und verschiedene Dörfer zum Laden aufgesucht werden mussten, konnten sich für den Hochzeitsbitter so einige vergnügsame Sonntagnachmittage ergeben.
    2. Er war selbstverständlich auch auf der Hochzeit anwesend und konnte - neben seiner "offiziellen" Aufgabe - mitfeiern, sprich: freies Essen und Trinken und Gesellschaft


    (Das war für die Leute auf dem Dorf eigentlich die größten Vergnügen: Gemeinschaft mit anderen und Gelegenheit zum Schwatzen, Essen und einen guten Anlass zum Trinken (möglichst Wein oder Hochprozentig) - besonders, wenn andere zahlten :D - das glich sich dann aber auch wieder aus.)


    Auf Fotos von Hochzeitsgesellschaften aus den 1920er und 1930er Jahren aus den Dörfern, sind manchmal auch ein oder zwei junge Männer mit Zylinder und weißem Schal zu sehen, die nicht zur direkten Verwandtschaft der Brautleute gehörten, aber z. B. im Altersjahrgang bzw. Freundeskreis des Bräutigams zu suchen sind. Evt. waren es Trauzeugen, aber der ein oder andere könnte auch als "Hochzeitsbitter" fungiert haben.


    So, vielleicht kannst Du damit was anfangen.


    Grüße
    Bärbel

  • In der Tat ist "Hochzeitsbitter" und "Hochzeitslader" dasselbe. Kein Beruf, sondern eine ehrenvolle Aufgabe, die in dieser Textstelle von Verwandten der Brautleute ausgeübt wird:
    http://books.google.de/books?i…&q=hochzeitslader&f=false

    Viele Grüße
    h :) nry


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    Was kann man von Menschen erwarten, die den Beginn eines neuen Jahrtausends ein Jahr zu früh gefeiert haben?

  • Hallo Lothar,
    dass ein "Aufwarter" ein Diener ist, findet sich vielfach bestätigt. Eine genaue Erklärung zu "Herren-Aufwärter" habe ich auch nicht gefunden, aber die folgenden Stellen geben wenigstens indirekte Hilfen zur Interpretation.


    Hier die Beschreibung einer nürnbergischen Feier zur deutschen Königs-/Kaiserwahl. Im städtischen Festumzug ist der "Herren-Aufwarter" einer der Ersten. Vielleicht kannst du da wenigstens eine Ahnung, wenn auch keine genaue Erklärung gewinnen.


    http://books.google.de/books?i…en%20Aufwarter%22&f=false


    Auch diese Fundstelle gehört zu Nürnberg. Daraus geht hervor, dass "Herren-Aufwarter" ebenso wie "Hochzeitslader" städtische Posten waren. Aber vielleicht kennst du die ja schon:


    http://books.google.de/books?i…erren%20Aufwarter&f=false

    Viele Grüße
    h :) nry


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  • Danke Henry und Bärbel!!


    Eine "Brockhausdefinition" habe ich zwar damit nicht, aber immerhin eine Tendenz... Mir fiel heute ein, daß ich schon mal vor Jahren in einer anderen Sache mit dem Leiter vom Nürnberger Stadtarchiv korrespondiert hatte, werde ich noch mal versuchen, vielleicht können die es ja exakt sagen...


    Gruß


    Lothar