"Trauung zweiten Grades" - was ist das?

  • Mir ist heute die Quittung für die Kosten der Trauung meiner Urgroßeltern 1912 in die Finger gefallen. Der Verwendungszweck nennt den Vorgang eine "Trauung zweiten Grades". Was ist das? Gibt man das einmal bei Google ein, kommt man zu Eheschließungen zwischen Verwandten (Cousin-Cousine), aber das wäre mir komplett neu und ich halte es auch für extrem unwahrscheinlich. Weiß das jemand genauer ?

    Familie Borner in Proschlitz u. Schmardt/Oberschlesien, Birkenwerder/Brandenburg u. Zeithain/Sachsen

  • Hallo,


    ich höre das auch zum ersten mal, aber ich würde mal sagen eine Heirat ersten Grades wird standesamtlich und die zweiten Grades kirchlich geschlossen.
    Ist die Quittung von der Kirche ausgestellt worden?


    Grüße Kai

  • Ja, offensichtlich. Wenn ich die Handschrift recht entziffert habe, ist das Geld fünf Tage nach der Trauung an die "Kirchgemeindekasse" gezahlt worden - 7 Mark übrigens.
    Wurde damals auch schon zweimal (Standesamt und Kirche) geheiratet? Bis wann galt eigentlich die kirchliche Trauung als diejenige, die auch den rechtsgültigen Status beinhaltete?[MSIE_newline_end ]

    Familie Borner in Proschlitz u. Schmardt/Oberschlesien, Birkenwerder/Brandenburg u. Zeithain/Sachsen

  • In dieser Zeit war die standesamtliche Trauung schon Pflicht gewesen. Die kirchliche Trauung hatte vor dem Staat keine Gültigkeit. Also musste vor der kirchlichen Heirat so wie auch heute die Standesamtliche erfolgen .

    viele Grüße
    Ulrich
    suche Volkemer >1720 Pfalz; Elsaß; Lothringen;
    Schmidt in Syrgenstein/Bayern-Schwaben und Lothringen Raum Bitsch > 1720

  • Hallo ihr,
    ich kenne folgendes zwar bisher nur von Beerdigungen, aber vielleicht gab es so etwas ja auch bei anderen kirchlichen Handlungen:
    Je nach Aufwand bei dabei, waren die Kosten unterschiedlich. Der Aufwand richtete sich nach gesellschaftlicher Bedeutung in Verbindung mit Vemögen des Gestorbenen. Es war z.T. per Verordnung geregelt, wem welche Beerdigungsklasse zustand.
    1912 scheint zwar eine andere Zeit zu sein, aber immerhin war da noch Kaiserreich. Und die unterschiedlichen Beerdigungs-Klassen waren noch nicht so lange vorbei, wenn überhaupt.
    viele Grüße
    Gisela

    Ein Jegliches Ding hat seine Zeit, und alles Vornehmen unter dem Himmel hat seine Stunde
    Derzeitige Lieblingsbaustellen: GRUNER u. LINCKE, Sachsen, ab 1849 auch Schweiz. WURMSER von Schaffoltzheim, Bormio, Schweiz, Elsaß, Heidelberg. STREICHER, Ulm, 16. Jhdt. (Schwenckfelder). WERNBORNER, Hessen u.a.

  • Hallo,

    in bestimmten Fällen (Heirat zwischen Verwandten) musste eine Erlaubnis eingeholt („um Dispens angesucht”) werden, die Erteilung dieser Erlaubnis war kostenpflichtig.

    muggenhorst wird uns sicher sagen können, ob seine Urgroßeltern entfernt verwandt sind.


    Grüße Kai

  • Nein, das wäre mir absolut neu. Aber der Wissensstand ist ohnehin spärlich, mein Urgroßvater ist 1930 mit gerade mal 44 Jahren an Krebs verstorben, nicht mal meine Oma hat ihren Schwiegervater mehr kennengelernt. Ich vermute, dass sich meine Urgroßeltern bei der Arbeit (Reichsbahn) kennengelernt haben. Mal sehen, ob sich die Personalakten im Hauptstaatsarchiv Dresden auftreiben lassen .

    Familie Borner in Proschlitz u. Schmardt/Oberschlesien, Birkenwerder/Brandenburg u. Zeithain/Sachsen

  • In dieser Zeit war die standesamtliche Trauung schon Pflicht gewesen. Die kirchliche Trauung hatte vor dem Staat keine Gültigkeit.

    Das trifft so absolut nicht zu, wenn der Trauungsort nicht genannt ist. In Österreich und in der Tschechoslowakei war die kirchliche Trauung bis 1938 ("Anschluss" bzw. nach den Folgen des Münchner Abkommens) voll gültig.


    Gruß aus Bochum
    Herbert

  • Hallo Herbert,
    du hast recht was Österreich betrifft (die Tschecheslowakai enstand erst auf Beschluss der Völkergemeinschaft nach dem 1. Weltkrieg.
    Nur gehe ich davon aus dass wenn kein Gebiet dabei steht was die Frage betrifft, es sich um ein Suchgebiet im Bereich von Deutschland oder des Deutschen Reiches handelt.
    In diesem Bereich ist es eine eindeutige Vorschrift dass, der Geistliche zur Einsegnung der Ehe nach der Eheschliessung durch den Standesbeamten schreiten darf.
    Die Führung der Zivilstandsregister über die Geburten, Heiraten und Todesfälle wurde mit dem Reichsgesetz vom 6. Februar 1875 den Standesbeamten übertragen.

    viele Grüße
    Ulrich
    suche Volkemer >1720 Pfalz; Elsaß; Lothringen;
    Schmidt in Syrgenstein/Bayern-Schwaben und Lothringen Raum Bitsch > 1720