Coerschulte - Kauerschulte - Korschulte aus Hachen (Sundern), Südwestfalen

  • Hallo,


    mich interessieren Ursprung und Bedeutung des Namens Coerschulte bzw. Kauerschulte. Kauerschulte finde ich in Hachen vor 1750. Später heißt die Familie Coerschulte. Noch später ist aus den Coerschultes in Münster Korschulte geworden.


    Mein Duden sagt, dass "Kauer" sich auf den Ort Kauern bezieht. Das liegt jedoch an der Grenze von Thüringen zu Sachsen, wenn ich richtig geschaut habe, ist also ziemlich weit weg und scheidet m.E. somit als Erklärungsansatz aus.


    Viele Grüße,
    Simone

  • In "Wörter und Sachen aus Westfalen" von Leopold Schütte habe ich vermutlich die Lösung gefunden:
    das Wort "kören" entspricht dem hochdeutschen Wort "küren" nämlich "wählen oder auswählen. So hieß der "Kurfürst" im Niederdeutschen "Korforst", "Körherr" war in Städten einer der Personen, die den Rat wählten. Der
    "Korschulte" verfügte also offenbar entweder selbst über ein bestimmtes Wahlrecht oder wurde selbst gewählt. Leider kommt dieser Begriff in dem Buch nicht vor.
    Das Wort "kören" wird heute noch in der Pferdezucht gebraucht. Nur ein von einer Kommission gekörter Hengst darf zur Zucht eingesetzt werden.

  • Hallo Rotraud,


    herzlichen Dank für Deine Erklärung! Ich warte schon seit fünf Wochen sehnsüchtig auf ein heimatkundliches Buch über Hachen, von dem ich mir weitere Informationen über diese offensichtlich dort schon sehr lange und noch heute dort ansässige Familie erhoffe.


    Schulte" war in Westfalen ja ein Großbauer. Das stimmt soweit mit meinen bisherigen Infos überein. Wenn ich mehr darüber weiß, was es mit diesem Wahlrecht auf sich hat, werde ich es hier posten.


    Viele Grüße


    Simone

  • ...
    Schulte" war in Westfalen ja ein Großbauer. Das stimmt soweit mit meinen bisherigen Infos überein. Wenn ich mehr darüber weiß, was es mit diesem Wahlrecht auf sich hat, werde ich es hier posten.

    Hallo Simone,


    Schulte (Schultheiß) ist nicht gleichzusetzen mit Großbauer.
    Gab's in einem Ort nicht nur einen Großbauern, waren doch nicht alle gleich Schultheiß ;)
    Die Auswahl der Schulten / Schultheißen erfolgte wohl allgemein aus den sehr vermögenden Bauern.


    Zum Begriff KÖR,KÖRE,KOR,KORE (Wahl, Auswahl ...) siehe Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm


    Somit hatte der Coer- / Kör-Schulte ein Wahlamt inne (im Gegensatz zum Erbschulzen).

  • Die Schulten bewohnten in Westfalen zwar überwiegend große Höfe, sie waren aber ursprünglich keine freien Bauern, sondern unterstanden als eine Art Verwalter einem Grundherrn, dem sie in der Regel auch eigenbehörig waren. Sofern der Grundherr einverstanden war, konnte der Hof an Sohn oder Tochter vererbt werden, es bestand aber auch die Möglichkeit, dass ein Schultenhof nach dem Tode des alten Schulten oder falls dieser aufs Altenteil ging, ganz neu besetzt wurde.

  • Hallo Zimba123,


    ich wollte nur anmerken dass es auch den Namen Coerschulte gibt der aus eigentlich zwei
    Familiennamen, naemlich Coers und Schulte, entstanden ist
    bzw. hat sich dies wohl irgendwann im Rahmen von Heiraten zwischen
    den einzelnen Familien ergeben.
    Wenn Du also nicht sicher weisst ob es sich bei den verschiedenen Schreibweisen um wirklich
    auch dieselbe Familie handelt, koennte es auch sein dass Du vielleicht eine der von mir genannten
    Coerschulte Familien erwischt hast und musst dann dementsprechend fuer die Namensdeutung
    jeweils einzeln bei Coers und bei Schulte schauen.
    Lieber Gruss
    elenne

  • Hallo,


    Danke für alle Eure Beiträge. Ich denke, aus dem Buch über Hachen werde ich mehr über die Entstehung des Namens und die Familie erfahren.


    Ich bin jedoch ganz sicher, dass es sich bei den Schreibweisen um die gleiche Familie handelt. Die Namen Coerschulte und Kauerschulte tauchen in derselben Ahnenreihe der Deutschen Ahnenreihen auf. Der Name Korschulte bzw. Koerschulte ist im OFB Südheide zu finden. Die genannte Person kommt aus Hachen, somit denke ich, dass die neue Schreibweise nach dem Umzug ins Münsterland entstanden ist. Es wurde ja nach Gehör geschrieben.


    Viele Grüße


    Simone

  • Hallo Rotraud und Gerhard,


    ich lese gerade ein Buch über die Geschichte der Bauern in Westfalen und habe mich an diese uralte Frage erinnert. Das Rätsel scheint gelöst zu sein. Dank der Lektüre weiß ich nun, dass es in Westfalen zu Beginn der Neuzeit (16. Jh.) eigentlich drei verschiedene Arten des Besitzrechts gab:


    Im Münsterland die Eigenhörigkeit der Bauern und Villikationen, d. h. einen Oberhof mit einem Schulten, der vom Grundherrn eingesetzt wurde und die untergeordneten Höfe verwaltete.


    In Ostwestfalen herrschte das Meierrecht vor, d. h. die persönlich freien Meier pachteten die Höfe für eine Zeit von 4 bis 16 Jahren. Sie hatten jedoch kein Erbrecht daran. Der Begriff Meier geht hier über die ursprüngliche Bedeutung Meier = Schulte = Verwalter einer Villikation bzw. eine Fronhofverbandes hinaus.


    Auch in Südwestfalen (Sauerland) gab es wohl viele Pächter, die Schulte genannt wurden. Im Gegensatz zu den Unterhöfen eines Hofverbandes, gab es - wie auch bei den Meiern - eine direkte Verbindung zwischen Bauer-Pächter und Grundherr.


    Darüber hinaus gab es wohl Mischformen, z. B. im westlichen Südwestfalen, wozu ich Hachen (Sundern) zählen würde, Hofverbände, deren Bauern persönliche Freiheit genossen und das Erbrecht besaßen, aber pachtähnliche Abgaben entrichten mussten. So hieß z. B. die Sterbfallabgabe, die i. d. R. im besten Stück Vieh bestand, "Kormede" - von kor = Wahl und mede = Miete.


    Ich vermute also, dass der FN bzw. Hofname Coer- bzw. Kor-Schulte auf die Besitzverhältnisse anspielt. Ihr hattet also mit dem Hinweis auf kor = Wahl Recht, auch wenn es zunächst sehr weit her geholt schien.


    Für alle, die es interessiert: Das sehr lesenswerte Buch heißt "Bilderbogen der westfälischen Bauerngeschichte. Von den Anfängen bis zur Französischen Revolution" von Hermine von Hagen und Hans-Joachim Behr. Mein Beitrag fasst grob die Seiten 143ff. zusammen.