Der Feldgärtner

  • Bei meinen Ahnen wird mehrmals der Beruf Feldgärtner angegeben. Also habe ich mich schlau gemacht,


    Er ist etwas so wie beim Häusler und er wird auch Witmutbauer genannt. Er bewirtschaftet das von der Kirche oder auch einem Gutsherren gepachtete land. Die Unterscheidung erfolgt oft nach der Größe des Besitzes.Es gab zu dieser Zeit einen privilegierten Stand - Der Adel oder auch die großen Kirchen. Weil freie Grundeigentümer allein schutzlos der Beamtengewalt ausgesetzt waren übergaben immer mehr Bauern ihr Land an Adel und Kirche und wurden mit diesem land mit Erbpacht belehnt. So wurden freie Bauern zu Zinsmännern eines Bischhofes, Abtes oder Adeligen. Diese Lehnsherren verpflichteten sich ihre Lehnsträger jederzeit vor fremden Übergriffen zu schützen.

  • Auch ich habe zahlreiche Feldgärtner unter meinen Ahnen.


    Aber ist dies nun ein Stand oder ein Beruf? Wäre es nicht richtiger, Feldgärtner als Stand und Bauer/Landwirt als Beruf zu sehen. Oder?


    Ein Häusler ist ja auch ein Stand, im Sinne eines Hausbesitzers.

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    Deutsch-Böhmen, Kreis Trautenau: Rose, Schirmer, Marcik, Sepper, Tamm, Baudisch


    Hinterpommern, Kreis Deutsch Krone: Riebschläger, Lange, Hartwig, Schmidt, Göck, Polzin, Sperling


    Mecklenburg, Kreis Wismar: Eggert, Schwarz


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  • Ich habe den Eindruck, dass es beim Feldgärtner unterschiedliche lokale bzw. regionale Ausprägungen gibt. Ich entstamme einer Gärtner-"Dynastie" in Düsseldorf-Hamm. Gärtner bezeichnete dort den Gemüsebauern - im Gegensatz zum Bauern, der Viehwirtschaft betrieb oder Getreide anbaute. Es ist also ein spezieller Bauer.


    Bezüglich der Eigentumsverhältnisse (eigenes oder gepachtetes Land oder Bewirtschaftung des Landes eines Grundherren) oder den rechtlichen Stand (z.B. Freier oder Eigenbehöriger) sagt die Berufsbezeichnung erst einmal nichts.

  • Immere VORSICHT!

    Bei der Frage nach der Bedeutung eines Wortes ist sehr oft die Region von entscheidender Bedeutung. So taucht die o. a. Bedeutung Gemüsebauer in den östlichen Regionen gar nicht auf, das einfache Übertragen würde zu völlig falschen Schlüssen führen.

    Ich hatte mir für meine Forschungen (Böhmen) notiert:

    Gärtner, Gärtler oder Gartler; Bezeichnung in Schlesien, Nordböhmen Mähren für einen Kleinbauern mit ungefähr 1/8 Hufe. Er besaß weniger Grund als ein Vollbauer, aber mehr als ein Häusler (Chalupner, Keuschler).


    lt. Hoser „Das Riesengebirge und seine Bewohner“, Ausgabe 1841, S. 126:

    „Der Unterschied der Unterthanen beruht in der verschiedenen Größe ihrer Ansässigkeit, mit anderen Worten, in der Menge der ihrer Bearbeitung überlassenen Gründe und der daraus fließenden Steuer und Frohne oder Robotschuldigkeit. Zu einem großen oder ganzen Bauern werden etwa 74 Strich Gründe erfordert, zu einem halben oder kleinen Bauern die Hälfte. [Da 1 Strich = 0,287732 ha misst, wäre der Grundbesitz eines ganzen Bauern, d. h. ein ganzer Hof, hiermit etwa 21,3 ha.]

    Ein Gärtner besitzt etwa den vierten Theil oder 15 bis 18 Strich Äcker und Wiesen [d. h. 5 bis 6 ha]; der Häusler den achten Theil oder höchstens 7 bis 8 Strich Gründe; gewöhnlich aber noch viel weniger.“


    lt. Kuhn „Materialien zur Heimatgeschichte Nordostböhmens im 17. Jh.“, Abschrift Peter Schulz, S. 93:

    Die soziale Gliederung der Untertanen ist in drei Gruppen durchgeführt, in Bauern, Chalupner und in Gärtler. Erstere sind solche, die mit eigenen Gespanntieren ihren Ackerboden bebauen können, zu den Chalupnern zählen solche, die zwar einiges Ackerland ihr eigen nennen, aber in der Regel kein eigenes Gespann haben. Auf manchen Herrschaften ist der Unterschied direkt in der Bezeichnung durchgeführt, indem statt „sedláci“ und „chalupnaci“ einfach „s potahem“ und „bez potahu“ [mit/ohne Gespann] steht. Die Gärtler sind wie unsere Häusler, die um ihr Häuschen etwas Wiese oder ein kleines Stückchen Ackerfeld haben, das gerade für 1 bis 2 Kühe zum Aushalten hinreicht.“


    Schon bei diesen zwei Texten bestehen (regionale) Unterschiede.


    Die Unterschiede im Ansehen waren groß. Ein Gärtler wird kaum seinen Stammplatz in der ersten Reihe in der Kirche gehabt haben und der Bauernsohn wird selten eine Gärtnerstochter geheiratet haben.


    Gruß

    Herbert

  • der Bauernsohn wird selten eine Gärtnerstochter geheiratet haben.

    Nur eine Randbemerkung off topic: So chauvinistisch waren Bauern und Bauernsöhne nun auch wieder nicht. Sie heirateten oft noch eine soziale Stufe tiefer eine Magd (auch ohne sie vorher geschwängert zu haben).


    Gruß - Detlef