Warthegau: Informationen über Siedler 1939

  • Hallo,


    ich suche nach verfügbaren Informationen zum Landkreis Lask (poln. Łask) im ehem. Regierungsbezirk Litzmannstadt, insbesondere dem Dorf Cisza (poln.)


    1.) Hat jemand Zugang zu den deutschen Dorf-Namen bzw. einem Gemeindeverzeichnis für den Landkreis Lask?


    2.) Kennt jemand Personen die in den Dörfern Cisza, Imielnia oder Roździn in der Umgebung von Klucksdorf (Kluki) bei der Stadt Belchental (Bełchatów) lebten oder ihre Familien von dort stammen?


    3.) Hat jemand Literaturtips zu der Siedlungsgeschichte dieses Gebietes?


    Ich versuche die Geschichte der eigenen Familie aufzuarbeiten. Es waren Siedler, die 1939 in dem Gebiet wohnten. Ob sie aus Wolhynien gekommen sind oder bereits vor 1939 dort lebten weiss ich nicht versuche das u.a. rauszufinden.


    Hoffe auf dem Wege Leute aus dem gebit zu finden.


    Gruß
    Alfred

  • Hallo Manfred,


    eine Gemeindeverzeichnis kann ich dir nicht anbieten. Aber es gibt genügend Karten Online, wo man sich informieren kann über die umliegenden Orte.


    ->hier ein Link zu Karten aus der Zeit um 1940 im Maßstab 1:100.000 sind auch noch andere Maßstäbe dabei, kannst einfach mal ausprobieren.
    Und ->hier findest du gute Übersichtskarten im Maßstab 1:200.000, die um 1900 entstanden sind.


    Du solltest also sowohl die "deutschen" und die polnischen Ortsnamen finden.


    In den 30er Jahren sind einige Schriften "zur Geschichte des Deutschtums" entstanden, aber so weit ich weiß nicht für Lask. Für Pabiantz, das in der Nähe liegt, kannst du es dir ja mal anschauen ->hier Man sollte aber die Entstehungszeit kritisch im Auge haben... Dann gibt es auch Bücher von Eugen Oskar Kossmann, z.B. "Die deutschrechtliche Siedlung in Polen - Dargestellt am Lodzer Raum". Es gibt einiges.
    In der Martin-Opitz-Bibliothek kannst du ja mal im Katalog suchen, die haben viele Bücher für diesen Raum.


    An deiner Stelle würde ich aber erstmal versuchen herauszufinden, ob die Familie dort schon eine Weile ansässig war, oder erst umgesiedelt wurde. Der Kirchliche Suchdienst kann dir dabei sicherlich etwas helfen, wenn in deiner Familie nicht entsprechende Unterlagen vorhanden sind (also wenn du die Lebensdaten nicht kennst...). Der Suchdienst könnte auch Kontakt herstellen zu Personen die in den Dörfern gelebt haben, es gibt da entsprechende Gemeindelisten.


    Ansonsten würde ich aber erstmal versuche noch vorhandene Urkunden in der Familie zusammen zu suchen. Auch eine Sterbeurkunde deiner Großeltern aus Deutschland bringt dir schon mal den Geburtsort (auch wenn der nicht unbedingt so stimmen muss...)


    Falls die Familie Umgesiedelt/Eingebürgert wurde, dann ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit etwas dazu im Bundesarchiv Berlin zu finden in dem Bestand "Einwandererzentralstelle Litzmannstadt". Also falls die Familie Umgesiedelt wurde unbedingt dort fragen, Zum Teil sind auch Passbilder der Personen mit dabei...


    Also du hast viele Möglichkeiten. Ich wünsche dir viel Glück bei deiner Suche.


    Grüße Kai

  • Hallo Kai,


    danke für die schnelle und sachliche Information. Ich werde wie Du vorschlägst vorgehen und mir die Bücher besorgen. Du scheinst ja ziemlich aktiv auf dem Forum zu sein und über viel Hintergrundwissen verfügen. Kommst Du selbst noch aus der Ecke? Ich hab kurz vor Weihnachten noch einen Antrag beim IPN gestellt und will mal sehen was dabei rauskommt und ob überhaupt.


    1.) Weisst Du bei der Gelegenheit wie ich an Kriminalpolizeiakten der StPo Litzmanstadt rankommen bezüglich Streitigkeiten die damals 1939 mit polnsichen Einwohnern geführt wurden? Ich meine gibt es überhaupt noch Archive die sowas haben oder ist alles zerstört. Es ging um eine Scheune die in einem Ort abgebaut wurde und in einem anderen aufgebaut wurde. Das mag bescheuert klingen, aber über diese Info versuche ich rauszubekommen wo genau der Hof war damals wo meine Familie herkommt. Da es ein Urteil gab erhoffe ich mir über das Auffinden dieser Akten weiterführende Informationen zu bekommen. Da ich der Polnischen Sprache mächtig bin will ich auch nicht zögern hinzufahren.


    2.) In diesem Sinne hast Du einen Tip wo ich ein Urteil wegen Diebstahl vom 27. August 1940 finden könnte, wenn die Staatsanwaltschaft Litzmannstadt zuständig gewesen ist?


    3.) Ist Dir bekannt welches Polizeiregiement oder aber Einsatzgruppen für dieses Gebiet zuständig gewesen ist? Womöglich existieren Berichte oder Vermerke in Dienstagebüchern über diese Streitigkeiten an die ich rankommen könnte?


    4.) Ist Dir bekannt dass in diesem Gebiet polnsiche Partisanen aktiv waren? Wenn ja wie hiessen die Einheiten? Wo könnte ich darüber etwas finden?


    5.) Gibt es sowas wie Einwohnerverzeichnisse der Dörfer?


    Gruß
    Alfred
    PS. Ich weiss nicht warum aber ich kann auf die historischen Karten auf der Website igrek.amzp.pl/ nicht zugreifen. So wie ich das verstanden ist das aus sicherheitsgründen so, damit aus dem Ausland auf taktische Karten nicht zugegriffen werden kann. So steht es jedenfalls auf der Hauptseite bei denen. Liegt es evtl. an meinen EInstellungen, wenn Du dennoch rauf kannst? Wenn Du Zeit udn Lust hast mir das gebeit pabianice und Lodz herunterzuladen und zu schiekn wäre ich sehr dankbar. Ich wüsste nicht wie ich meinen Browser umstellen sollte um da ranzukommen falls tatsächlich aus D darauf zugriff frei ist.

  • Hallo Alfred,


    also ein Teil meiner Familie kommt auch aus dem Gebiet um Aleksandrow Lodzki, nahe Lodz, aber allzuviel weiß ich dann auch nicht über so spezielle Sachen wie die Polizeiakten und ähnliches.
    Habe ich dich richtig verstanden, dass du polnisch sprichts? Das dürfte dann schonmal ein großer Vorteil sein.


    Also die polnischen Staatsarchive unterhalten eine Onlinedatenbank über ihre Bestände (aber nicht alle). Die Hauptseite ist hier:


    http://www.archiwa.gov.pl/lang-en/data-bases.html


    Besonders hervorzuheben ist einmal die PRADZIAD-Datenbank, in der du geziehlt nach den vorhandenen Kirchenbüchern, Standesamtsunterlagen usw. suchen kannst. Dabei gilt im allgemeinen, dass alle solche Unterlagen, die älter als 100 Jahre sind, ins Archiv übergehen und man freien Zugang hat.


    Dann auch interessant ist die ELA-Datenbank, bei der du nach vorhandenen Einwohnerverzeichnissen, Rekrutenlisten, Listen von Wehrpflichtigen u.ä. suchen kannst. Allerdings gibt es nicht unbedingt für jedes Dorf ein eigenes "Meldebuch" sondern du musst dann nach der zuständigen staatlichen Gemeinde suchen. Im zweifelsfall können dir aber die Leute vom Archiv auch helfen.


    Und bei der SIMPLE-Suche, kannst du einfach ein paar Wörter eingeben zu denen du hoffst etwas zu finden. Z.B. Gericht, Litzmannstadt, Staatsanwaltschaft, Notar was auch immer - allerdings dann eher in polnisch eingeben, kann aber auch sein das manche Bestände auch zusätzlich einen deutschen Titel haben...


    Für deine Suche sollte das Staatsarchiv in Lodz relevant sein. Du kannst ja dort einmal fragen, ob sie noch solche Akten haben, wenn du mit der Suche nicht fündig geworden bist. Da du polnisch kannst umso besser. Sie würden aber auch Anfragen in deutsch annehmen. Es bleibt die Frage, was den Krieg überdauert hat. Oder ob nicht manches im Bundesarchiv Berlin oder gar in russischen Archiven gelandet ist. In letzeren Fall wird es denke ich äußerst schwierig bis unmöglich, aber da habe ich keine Erfahrung.


    Welche Einheiten in Lodz stationiert waren weiß ich nicht, vllt. fragst du in einem Unterforum hier danach, die Militärspezialisten habe sicherlich ihre Quellen wo die etwas zu sagen können.
    Zu polnischen Partisanen kann ich auch nichts sagen. Beim g00geln nach "Widerstansbewegung Lodz" habe ich diesen Wiki-Artikel gefunden ->hier , wo steht:

    Zitat

    1941: Eine Abteilung der polnischen Untergrund-Widerstandsbewegung AK (Polnische Heimatarmee) wird in Zgierz gegründet. Sie hat etwa 3000 Mitglieder, gibt u. a. eine Untergrundzeitung heraus und beschäftigt sich mit der Beobachtung der Bewegungen der deutschen Armee und Gendarmerie auf den Eisenbahnstrecken rund um Zgierz und der Fluchthilfe für alliierte Kriegsgefangene. Geheimer Schulunterricht für etwa 1000 polnische Kinder in der Stadt wird organisiert. Der AK ist auch eine Pfadfinder-Untergrundorganisation unterstellt.

    Sicherlich wird es dann auch in der noch größeren Stadt Lodz eine Bewegung gegeben haben. Ich denke mir das da aber polnische Literatur mehr zu bitten hat, vor allem dann nach dem 2. WK wird das sicherlich stilisiert worden sein und für das neue Regime vereinnahmt. Das Internet gibt sicher auch noch viel mehr her.


    Ich habe ->hier mal den direkten Link zur Karte von Lask, ->hier von Pabianice und ->hier von Lodz. Es dauert eine Weile bis die Karten sich aufbauen. Wenn das nicht klappt müsstest du mir mal deine Mail-Adresse per PN schicken (Briefumschlag unter meinem Profil) dann schicke ich dir das so. Finde ich aber seltsam, dass die Seite geblockt wird...


    Grüße Kai

  • Herzlichen Dank noch einmal für die umfangreichen Infos und die Links zu Karten die nunmehr funktionieren. Das Dorf um das es geht liegt wohl eine Karte tiefer als die von Lask, da dies die Kreisgrenzen von 1927 zeigt, also bevor die Gebiet als Warthegau ins Reich inkorporiert wurden. Anscheinend war der deustche Landkreis deutlich größer als der polnsiche vor-kriegs Landkreis in dem powiat Trybunalski, da auch teile von Kempen udn auch aus dem Generalgovernement eingemeindet wurden. Ich kann mir auch nicht erklären warum das über die Website selbst nicht geklappt hat.


    Im Gegenzug kann ich nur anbieten, dass ich Dir gerne was übersetzte wenn Du was brauchen solltest.
    Gruß
    A

  • Hallo, noch etwas. Versuche parallel über das Leben im Gebiet um Belchental (Bełchatów) und Klucksdorf (Kluki) etwas aus damals erscheinen deustchsprachigen Zeitungen zu erfahren. Es gab wohl u.a. das zum NSDAP-Blatt mutierten "Lodscher Zeitung", vorher (ab 19. Mai 1923) wohl unter dem Namen "Freie Presse" erschienen und später ab 12. April 1940 fortgeführt als "Litzmannstädter Zeitung".


    Kennst Du andere Zeitungsnamen, Wochenblätter oder sonstige Periodika die evtl. eher auch einschlägiger für das Umland um Belchental waren? Ich meine auf den Dörfern haben die sich bestimmt mit anderen Sachen beschäftigt als in Litzmannstadt.


    Leider hat das Bundesarchiv hier nur die Litzmanstädter Zeitung ab 1943, also für die mich konkret interessierende Periode September- 1939 bis September 1940 kein Belang.


    Für Hinweise wäre ich dankbar !



    PS: Übrigens habe eine sehr gute und zugleich amtliche Übersicht mit deutschen udn polnischen Namen (leider nicht enthalten die Kleckerdörfer, deren Namen wohl nicht eingedeutscht wurden) na Kreisen aufgeschlüsselt fand ich hier als PDF (Verordungsblatt des Reichstaathalters im Warthegau vom 18. Mai 1943, Nr. 12.): http://www.gross-wartenberg.de/vob/vob.pdf

  • Also, welche Zeitungen es noch gab, kann ich dir nicht sagen. Ich kenne nur die "Freie Presse".


    Vielleicht findest du ->hier in der Zeitungsdatenbank etwas passendes. Da ist auch immer mit angegeben, wo es die evtl. einzusehen gibt.


    Grüße Kai

  • Kai danke erneut.


    Über die ZDB-Datenbank kamm bei mir leider nix raus. Habe dafür inzwischen mit einer Frau von der Universitäts-Bibliothek der Uni Łódź gesprochen (Katalog-Abteilung).


    Für alle die es interessiert: Es gibt dort alle Jahrgänge der "Lodscher Zeitung", auch unter ihrem Vorgängernamen "Freie Presse" etc. seit Anfang des XIX Jahrhunderts. Die Zeitungen müssen zuerst online über http://www.lib.uni.lodz.pl/ oder persönlich in der ulica Matejki 32/38, Łódź bestellt werden aus dem Archiv. Die Signatur lautet "P 50 878/x". Bei der Bestellung anstatt des "x" einfach den Jahrgang nennen. Kopie kostet 0,20 PLN. Fotographieren ist je nach Alter der Bestände teilweise erlaubt.


    Biblioteka Uniwersytecka w Łodzi
    ul. Jana Matejki 32/38
    90-237 Łódź
    Tel: +48 (42) 635 60 02

  • Eins wollte ich noch los werden. Ich war heute im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde. Habe mir u.a. Dokumente des Reichstaathalters Arthur Greiser zur Behandlung der Polen in den eingegliederten Gebieten angeschaut und der Politik um die unterschiedlichen Volksdeutschenlisten. Kopien waren mir zu teuer, da jede extra bestellt werden muss und 0,43 EUR + 3,00 EUR Bearbeitungsgebür pro Gesamtbestellung + Versandkosten verlangt wird, da dies eine externe Firma macht. Hmmm, wie soll ich es ausdrücken: jeder der Interesse an diesem Gebiet hat sollte sich zumindestens ein Schriftsatz von Greiser reinziehen. Fremdschämen ist da wohl das falsche Wort dazu. Die Politik des Reichs für diese Gebiete ist/war eindeutig: es geht um Vernichtung und Greiser nennt es auch so. Verbrecherisch sind vorlallem Greisers Richtlinien zur Behandlung der Polen vom 25.09.1939. (Signatur R 138 II 2 fol 1- )

  • Hallo Alfred,


    danke für den Hinweis mit der Lodzer Bibliothek, dann findest du hoffentlich was du suchst.


    Mit den eher unrühmlichen Teil der polnischen Besatzung habe ich mich noch nie auseinandersgesetzt, dazu schweigen sich auch die verschiedenen Publikationen oft aus. Es wird dann eher Stellung dazu bezogen, was nach dem 2. WK passiert ist. Wie mit den Deutschen umgegangen wurde, welche Deutschen ermordert wurden, welche Deutschen verschleppt wurden... von Deportationen während des Krieges kein sterbenswörtchen. Man kann sich aber vorstellen welchen Repressalien sie ausgesetzt waren. Oder eigentlich, man kann es sich nicht vorstellen.


    Grüße Kai

  • Freue mich dass hier die Sache so betrachtet wird. Also um Paar Beispiele aus den Akten des Bundesarchivs zu geben von komisch bis tragisch: Greiser führte ein, dass Polen kein Fahhrad benutzten dürfen ohne Erlaubnis, auch kein "Fernemeldegerät". In den Akten fand ich aber daraufhin Beschwerden von Deustchen und dann diskutierten die doch tatsächlich das in einigen Betrieben zu lockern, weil manchmal musste ja selbst ein Pole telefnieren damit der Betrieb reibungslos läuft. Schwieriger wird es wenn genau ausgerechnet wird wieviel Prozent vom Netto-Lohn eines Polen noch extra abgezogen werden müssen, "weil er es ja nicht braucht". Insgesamt 30%. Dann kommen die ganzen Geiselnahmen, wenn sich jemand nicht rechtmäßig abgemeldet hat und gesucht wurde dann nahm man die ganze Familie die noch dort wohnte als Geisel mit. Am Ende findet man dann auch Todesstrafen für diverse Vergehen.


    Ich sage das hier nicht um zu hetzen sondern das bewußt zu machen. Ich hatte kürzlich ein Buch in der Hand "Exodus des Bartschtals" durch die polnische niederschlesische Gemeinde Milicz (Militsch ) bei Wrolcaw (Breslau). Hintergrund war erstmal dass eine Ausstellung organisiert wurde über die Deutschen Bewohner der Gemeinde udn dann wie sie selbst in Erinnerung haben als sie ihre Häuser verlassen haben und dann wie die Polen aus dem Osten gekommen sind in diese Gebiete 1945. Das Buch ist in deutscher und polnischer Sprache. Die Deutschen erinnern sich durchgängig "ab 1944 begann" usw. Man sieht dass für diese Leute der Krieg weder 1939, noch 1933 etwas wichtiges passiert zu sein scheint. Erst als die Russische Armee einmarschierte begann "plötzlich" der Krieg. Was ich damit sagen will.


    Das Buch wurde durch eine polnsiche Gemeinde rausgebracht damit die Polen, die heute dort leben wissen wer vor ihnen da war und wie die Leute ihre Flucht in Erinnerung haben. Ich habe noch nie gehört, dass soetwas umgekehrt in Deutschland von einer Gemeinde herausgebracht wurde. ;-)


    Einen Ausschnitt gibt es hier:
    http://www.scribd.com/doc/47338132/Exodus-Buch-Ausschnitt