Gilt der Familienname des Mannes oder der Frau??

  • Hallo, liebe Forumsmitglieder,


    meine Ahnen stammen über viele Generationen aus dem südoldenburger Raum und waren meist Besitzer oder Pächter eines Bauernhofes- größere und kleinere Anwesen. Nun bin ich auf einen Kirchenbucheintrag gestoßen, der mich unsicher gemacht hat was den Familiennamen betrifft.


    Meine Ahnin (geb. um 1770) war eine geb. Klüsener, sie heiratete einen Winthaus. Der Geburtseintrag für ihren Sohn - mein Alt-Großvater - lautet: " Vater: Winthaus genannt Klüsener, Mutter: .. Klüsener".
    Nun meine Frage: hieß der Mann nach der Hochzeit auch offiziell "Klüsener" oder nannte man ihn nur so im privaten Sprachgebrauch, weil er eben in die bekannte Bauern-Familie eingeheiratet hat? Ich bin davon ausgegangen, daß früher immer der männliche Name Geltung hatte.
    Welchen offiziellen Nachnamen hatte denn nun der Sohn? Eigentlich müsste er ja väterlicherseits Winthaus heißen, aber ich bin mir ziemlich sicher, daß meine Ahnenlinie Klüsener heißt. Ich sehe die Gefahr, daß ich in eine falsche Linie hineingerate, wenn ich hier nicht aufpasse. Kann mir jemand von Euch einen Rat geben?


    Vielen Dank schon mal für Eure Antworten.


    Gruss
    Ingrid

  • Hallo Ingrid,


    diverse meiner männlichen westfälischen Vorfahren haben in Höfe eingeheiratet, den Hofnamen angenommen und weitervererbt. Z.B. im Online-Kirchenbuch von Löhne findest Du sehr viele Beispiele dafür.


    Gruß
    Detlef

  • Der Mann behielt "offiziell" seinen Namen - nur kam das sehr selten zum Tragen, weil dieser Name im normalen Leben keine Rolle spielte. Bei den Taufen der Kinder taucht dann oft das "genannt" auf. Die Kinder trugen später meist den Hofnamen, aber eben auch nicht immer. Sicherheitshalber suche ich bei denen immer nach beiden Namen.

  • Eure Kommentare haben mir sehr geholfen. Nachdem Ihr bestätigt, daß es nicht so selten ist, daß der Mann den Hofnamen - und damit den Namen der Frau - annnimmt und an die Kinder weitergibt, denke ich, daß ich auf der richtigen Spur bin, aber ich werde den Tip befolgen und sichereitshalber mit beiden Namen weitersuchen.


    Vielen Dank Euch allen!


    Gruss
    Ingrid

  • Hallo Ingrid,




    Aus unserer Region kann ich Dir definitiv sagen, dass die Hofnamen entscheidend waren. Es war gleichgültig, ob eine Frau oder ein Mann einheiratete. Wer einheiratete, nahm den Namen des Hofes an, in Deinem Fall also Klüsener. Es gab sogar (seltene!) Fälle, in denen Höfe von Fremden Ehepaaren übernommen wurden und diese den Nachnamen dieses Hofes annahmen und ihren eigenen ablegten. Diese Regel galt bis etwa 1800. Danach galt der Nachname des Mannes als maßgeblich. Ab diesem Zeitpunkt wechseln die Namen auf den Höfen, wenn eine Tochter den Hof erbte. Allerdings wurden die Familien von den übrigen Einwohnern oft noch generationenlang mit dem abweichenden Hofnamen, d.h. dem Nachnamen der ursprünglichen Besitzer, angesprochen.


    Die Formulierung "genannt" hat in dem von Dir geschilderten Fall mehr die Bedeutung von geboren.

  • Zitat

    Die Formulierung "genannt" hat in dem von Dir geschilderten Fall mehr die Bedeutung von geboren.

    Das würde ich nicht sagen. Dann müsste es heißen: Klüsener geb. Winthaus, weil das ja der Geburtsname war. "Genannt" ist normalerweise der neue Name. Ich finde diese Formulierung auch häufig bei Patinnen, wobei dann mit "genannt" der Ehename gemeint ist und an erster Stelle der Geburtsname der Frau steht.

  • Dem stimme ich zu und korrigiere mich. Du hattest ja geschrieben, dass die Vorfahrin um 1770 geboren wurde. Die Hochzeit dürfte damit genau in den Zeitraum fallen, wo dem Namen des einheiratenden Mannes eine größere Bedeutung zugemessen wurde als dem alten Hofnamen. Insofern wird er wohl tatsächlich seinen Namen behalten haben (können) und von den Bewohnern aber weiter nur mit dem Hofnamen angesprochen worden sein. Diese Fälle kenne ich in meiner Heimatregion zuhauf. Es gibt dort viele Höfe, bei denen die Familien nur unter dem alten Hofnamen genannt werden, obwohl der eigentliche Familienname teilweise schon mehrfach gewechselt hat und die Familie, deren Nachname dem Hof seinen Namen gab, teilweise schon 200 Jahre und länger nicht mehr existieren. Erst vergange Woche wurde in unserer Heimatzeitung eine Hofgeschichte vorgestellt, in der der Hofname heute noch Coors lautet, obwohl die seit 1585 dort ansässige Familie Brüning heißt.

  • Ich danke Euch sehr für Eure ausführlichen Kommentare . Diese Informationen sind sehr hilfreich für mich.
    Ich werde jetzt auf "Nummer sicher" gehen und auf jeden Fall mit beiden Namen weiterforschen.


    Herzlichen Dank nochmals und viele Grüsse


    Ingrid

  • Hallo Ingrid,


    wir haben auch Vorfahren auf Bauerngehöften. In Mecklenburg-Schwerin sind ungefähr ab 1750 Gehöftsakten im Archiv vorhanden. Dort wurde bei jeder Hofübergabe nicht nur der Viehstand usw. aufgeführt, sondern oft auch die Familien mit Altersangabe und weiteren Hinweisen. Mir haben diese Akten, gerade bei häufig vorkommenden Familiennamen im Ort, sehr geholfen.


    Vielleicht gibt es sowas auch aus anderen Gegenden.


    Viele Grüße Antje