Verständnisfrage zur Wappenstiftung für einen Vorfahren

  • Guten Morgen Forum,


    soweit mir bekannt ist, kann man nach §7 "Statut der Deutschen Wappenrolle" ein neues (bürgerliches) Wappen auch für einen Vorfahren stiften, womit dann alle Nachfahren in männlicher Linie führungsberechtigt würden. Voraussetzung: Es besteht nicht bereits ein Wappen.


    Wie wäre es zu bewerten, wenn in meiner direkten Linie bisher kein Wappen existierte, aber in einem anderen Zweig, welcher auch von dem gemeinsamen Vorfahren abstammt, eines besteht?


    Da die Suche nach Nachfahren auch aus datenschutzrechtlichen Gründen sehr schwierig wird, kann man kaum feststellen, ob ein Nachfahre ein Wappen für sich gestiftet hat. Somit besteht eine latente Ungewissheit.
    Kann man in einem solchen Fall für den gemeinsamen Vorfahren kein Wappen stiften?
    Oder hätte dann dieser Nachfahre theoretisch zwei Wappen, die er führen könnte?


    Als Antwort hätte ich folgendes gefunden:

    Zitat

    3. Ganz wesentlich ist der Entstehungszeitpunkt eines Wappens. Er spielt gewissermaßen eine entscheidende Rolle in der Annahme eines Wappens bei Familien, die sich vor der Entstehung des Wappens in verschiedene Zweige aufgegliedert haben. Nach herrschender Ansicht sind die Familienzweige, die sich vor der Annahme des Wappens durch einen anderen Familienzweig eigenständig entwickelt haben, nicht zur Führung dieses Wappens berechtigt.

    http://forum.genealogy.net/forum/index.php?page=Thread&threadID=27178


    Liege ich damit richtig?
    Und ab wann ist ein Familienzweig eigenständig?


    Vielen Dank und viele Grüße
    Markus

  • Hallo Markus,


    Du kannst für Deinen Ahnherrn und dessen männliche Nachkommen ein Wappen stiften, wenn Du Deine Abstammung lückenlos nachweisen kannst und er noch nicht über ein Wappen verfügte. Dieses Wappen muß sich von dem Wappen des anderen Familienzweiges signifikant unterscheiden.
    Der andere Familienzweig wurde durch Stiftung eines eigenen Wappens eigenständig und verlor dadurch die Berechtigung, das Wappen des gemeinsamen Ahnherrn zu führen. Dabei ist es gleichgültig, ob das Wappen des Ahnherrn bereits existierte oder erst später gestiftet wurde.


    (Ein schönes Beispiel für Eigenständikeit kannst Du online bei Macco, Aachener Wappen und Genealogien, unter dem Namen Chorus finden.)


    Gruß
    Detlef

  • Guten Morgen Detlef, guten Morgen Forum,


    dann hängt es zentral an der Frage des eigenständigen Familienzweiges. Was begründet den eigenständigen Familienzweig?


    Wenn man das Anfangsbeispiel umdreht und sagt, es besteht bereits ein Familienwappen für alle Zweige, kann man nach §5 "Statut der Deutschen Wappenrolle" ein neues Wappen nur mit überzeugenden Gründen rechtfertigen um damit einen eigenständigen Familienzweig zu schaffen. Ich hab meine Zweifel, dass als Grund reichen würde "Ich möchte ein ganz anderes Wappen haben" oder "Ich will mich von denen Abgrenzen", da man sich seine Familie nicht aussuchen kann.


    Alternativ kann man vielleicht ein Wappen der mütterlichen Seite annehmen (hab leider das Posting im Forum nicht mehr offen, vielleicht finde ich es wieder) oder erst für einen dortigen Vorfahren eines Stiften und es so annehmen?


    Ich hoffe, du kannst meinen Verständnisknoten noch entwirren.


    Viele Grüße und einen schönen Tag
    Markus

  • Hallo Markus,


    Jeder,
    adelig oder bürgerlich, darf in Deutschland ein eigenes Familienwappen
    führen, sofern er dadurch nicht die Rechte eines anderen verletzt.
    Bereits der Rechtsgelehrte Bartolo de Saxoferrato (1314 - 1357) schrieb,
    dass es jedem Menschen freigestellt sei, sich eines Wappens zu
    bedienen. Versuche verschiedener Obrigkeiten, dies zu unterbinden, waren
    zum Scheitern verurteilt. Auch in der Gegenwart steht das
    Recht zur Annahme eines Familienwappens jeder rechtsfähigen Person zu.

    Die Annahme/Stiftung eines Wappens bedarf keines besonderen Anlasses und keiner Begründung, sie ist ein einseitiges Rechtsgeschäft. Kodifiziertes Wappenrecht gibt es nicht, lediglich Gewohnheitsrecht.

    Soviel zu Deinem eigentlichen Anliegen.

    Zu Deiner heutigen Umkehrung des Falles: Da es keinen gesetzlichen Anspruch auf Eintragung in die Wappenrolle gibt, haben die in Deutschland anerkannten Wappenrollen ihre eigenen Registrierungsrichtlinien. Aber das ist ein ganz anderer Fall.

    Aber was ist Dein Motiv? Lebende Nachkommen kann doch nur noch Dein Vater, eventuell Dein Großvater oder äußerstenfalls Dein Urgroßvater haben, so dass nur diese Nachkommenschaft tatsächlich für die Führung des von Dir gestifteten Wappens infrage kommt. Warum willst Du überhaupt vorherige Generationen einbeziehen und aus welcher Generation stammt das existierende Wappen Deiner Sippschaft?

    Gruß

    Detlef