Nil Mortalibus Arduum - Wappen als Ex Libris, aber von wem?

  • Hallo zusammen,


    ich recherchiere gerade nach dem Besitzer eines Ex Libirs, der im Umfeld des preußischen Militärs im 18. Jahrhundert anzusiedeln sein könnte, wenn man nach dem Inhalt der Bücher geht. Die Losung lautet Nil Mortalibus Arduum. Unterhalb des Wappenschildes sieht es so aus, als wenn es ein "Schwarzer Adler Orden" bzw. "Suum Cuique" wäre. Kann mir jemand helfen?


    herzliche Grüße
    Stephan Theilig

  • Hallo Stephan,


    genau dieses Wappen findet sich auch so beschrieben in einigen Exlibris-Büchern und ist wohl bisher noch nicht zweifelsfrei identifiziert.


    Es wird wohl den v. Leonrod zugeschrieben, was ich allerdings auch für etwas fraglich halte, denn die führten zwar im silbernen Schild einen roten Queralken und verwendeten auch den "Mantel" aber als Helmzier Büffelhörner und keinen offenen Flug.


    Wobei es recht interessant wäre, zu sehen, was das für ein Gebilde zwischen Schild und Helm ist. Gibt es das Bild auch noch in höherer Auflösung? Du könntest es z.B. auf abload.de stellen und hierher verlinken. Falls das eine Freiherren- oder Grafenkrone sein sollte, dann wäre Leonrod doch recht wahrscheinlich. Wobei es sich dann allerdings nicht erschließt, warum diese Krone auch noch einen Helm und eine allgemeine Adelskrone führt.


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • Hallo Stephan,


    das ist zweifelsfrei eine Grafenkrone. Emanuel Joseph Ludwig Freiherr v. Leonrod, geb. 1708 und sein Vetter Ludwig Benno v. Leonrod, geb. 1709 wurden am 10.9.1745 vom Reichsvicar, dem bayerischen Kurfüsten Maximilian III. Joseph in den Reichsgrafenstand erhoben. Das würde also passen. Ein anderes gräfliches Wappen auf silbernem Schild ein roter Querbalken ist auch nicht bekannt. Das Exlibris wurde von Warnecke ins 19. Jh. datiert und hier wird es etwas unklar, da alle späteren v. Leonrod nur den Freiherrentitel führten. Sie wurden 1813 in die Freiherrenklasse des Königreichs Bayern immatrikuliert und führten dann das freiherrliche Wappen (auf silbernen Schild die siebenzackige Freiherrenkrone mit gekröntem Helm und silbernen Büffelhörnern, belegt mit je einem roten Querbalken - hier also tatsächlich die Doppelung mit Rangkrone und gekröntem Helm).


    Interessant ist nämlich, dass das Grafendiplom nicht ausgelöst wurde, wodurch der Grafentitel nicht geführt werden durfte, ebenso nicht das gräfliche Wappen. Das Grafendiplom vermehrt das Stammwappen nur durch die Grafenkrone und statt der Helmdecke einen rotsamtenen mit Silberstücken gefütterten Wappenmantel (Quelle: Gritzner, Standeserhebungen und Gnadenakte deutscher Landesfürsten). Das ist wohl der Grund, warum ich auch das gräfliche Wappen im Siebmacher nicht finden konnte.


    Das preußische Umfeld passt jedoch nicht. Die Leonrod(t) waren ein Geschlecht der fränkischen Reichsritterschaft. Ich konnte bisher keinen Hinweis auf einen Spross in Preußen ausfindig machen.


    Der Orden ist nicht der Schwarze Adlerorden, der hatte einen Adler. Es ist ein Orden mit Kreuz. Hier kann man eigentlich auch nur spekulieren. Das könnte durchaus auch einfach nur als schmückendes Element auf die Vorfahren Johann und Simon v. Leonrod, die Ritter des Deutschen Ordens waren, hinweisen.


    Warnecke hat das Exlibris in das 19. Jh. datiert. Möglicherweise hat hier ein späterer Leonrod(t) auf das gräfliche Wappen zurückgegriffen, es aber vom Kupferstecher nicht korrekt darstellen und es an die Art des freiherrlichen Wappens anlehnen lassen. Führungsberechtigt für das gräfliche Wappen war allerdings sowieso niemand. Meiner Meinung nach hat da jemand versucht, sich ein wenig aufzuwerten, inkl. Wappenspruch, bei dem sogar noch das letzte Wort "est" fehlt. Warum dort ein schwarzer! offener Flug und nicht die Büffelhörner zu sehen sind und warum man ganz unheraldisch Helmdecke und Wappenmantel kombiniert verwendete, darüber mache ich mir eigentlich schon gar keine Sorgen mehr. Das ist alles nicht untypisch für das 19. Jh. ;). Wahrscheinlich wird es sich auch gar nicht herausfinden lassen, ob dieser Jemand überhaupt etwas mit der Familie v. Leonrod zu tun hatte, denn dann wäre doch das Wappen der Familie ganz bestimmt auch korrekt abgebildet worden.


    Noch vergessen, es gibt sogar ein Ex Libris von Emanuel Joseph Ludwig Frh./Gr. v. Leonrod mit Wappen. Dort sind die Schildhalter aber nicht Adler, sondern Greifen und das Wappen ist nur gekrönt mit Mantel ohne weiteres Oberwappen.


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • Eine Tasse Kaffee in Berlin :D . Nein, gern geschehen.
    Aber eine neugierige Frage habe ich auch noch dazu. Aus welchem Jahr stammt denn das Buch, in das das Ex Libris geklebt wurde? Auch 19. Jh.?


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • Also ein Café ist drin, wenn Du es mal nach Berlin schaffst ;-) Zu den Büchern, es sind nämlich 5: Sie stammen alle aus dem 18. Jh, 2. Hälfte. und haben einen preußisch-militärischen Inhalt. Es wäre nun also spannend,wie diese nach Bayern kommen.


    LGund Danke noch einmal
    Stephan

  • Wenn sie denn jemals in Bayern waren ;). Die anderen 5 oder 6 Exemplare dieses Ex Libris wurden ja auch in Graubünden, Württemberg und Berlin "aufgegriffen" und in nachvollziehbarem Inventar von Sammlern oder Nachlässen waren sie bisher alle erst ab ca. der zweiten Hälfte des 19. Jh. Davor verliert sich jedesmal die Spur. Keiner der Besitzer wusste bisher, von wem die Bücher mit dem Ex Libris tatsächlich stammten. Sie scheinen also alle schon damals antiquarisch gekauft worden zu sein.


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • Keine Ahnung, warum keiner auf die estländisch -> livländische, in Preußen aber nicht ganz unbekannten (Reichs-)Grafen Manteuffel-Zoege auf Talkhof kam, und wie gut, daß es sich bei dem Exlibris nicht um eine wirkliche Fälschung handelt, sondern nur im RGrafendiplom von 1759 das fälschlich verwendete Wappen der uradelig-pommerschen, andersstämmigen M.
    [Blockierte Grafik: http://www11.file-upload.net/thumb/28.09.11/xamevwppcii.jpg]


    Aber wer war nun der Eingentümer des Exlibris ?
    1) der 1. Graf Gotthard Johann *1690 +1763
    2) oder einer seiner 5 Söhne oder Enkel ?
    vermutl. aber
    3) Andreas Gotth. *1714 +1769 sachs.-weim. GardeLt, dann russ.GenLt.
    4) oder Ernst K.A. *1786 +Köln 1802 russ. GardeOberst
    5) oder Gotthard A. +1762 + Berlin 1832 russ.KmH, GehR und Senateur.
    6) oder Gotthard J.*1795 + Teplitz 1849 russ. GardeOberst FlügAdj.d.Zaren


    Vielleicht finden sich auch noch weitere in den Geneal.HdB. Estland oder Livland.


    so long

  • Nachtrag zum "fälschlichen" Wappen.


    Lange Zeit war der gravierende Unterschied zwischen der pommerschen Familie Manteuffel (1287) und der baltischen Familie Manteuffel (eigentl. Soye 1325) unbekannt.


    Aus der pommerschen Familie, Linie Kerstin erhielt Ernst Christoph 1709 den RFrhrStand und 1713 den RGfnStand, schließlich 1719 das vermehrte Wappen wie im Exlibris.
    Diese gräfliche Familie erlosch bereits wieder mit dem ersten und einzigen Grafen 1749.
    Der Pflegesohn Christoph Heinrich von Mihlendorff wurde 1742 RFrhr.v.Manteuffel und damit der Stammvater der noch blühenden Frhrn.v.Manteuffel.


    Als nun 1759 Gotthard Johann von Manteuffel gen. Zöge (aus der baltischen Familie Zöge von Manteuffel, livländischer Stamm, Linie Ennenberg, Haus Talkhof) den RGfStand erhielt, nahm man einfach das Wappen (1719) der vor 17 Jahren ausgestorbenen pommerschen Familie - im Glauben, es handele sich im Grunde um die gleiche Familie.


    So kam es, daß der neue Graf 1759 sein eigentliches Wappen:
    Quergeteilt, oben auf W. ein # Adler, unten von B. W. G. und W. quergestreift.
    ablegte und das gräfliche Wappen der pommerschen "Vettern" übernahm.


    So interessant kann ein Exlibris sein !


    (s.a. Fall v.Böhnen -> Gf.v.Westerholt, wobei dort auch noch der Glauben gewechselt werden mußte)

  • Das ist wirklich sensationell :) . Haben Sie vielen Dank für des Rätsels Lösung. Es wurde schon mindestens drei mal versucht und veröffentlicht, dieses Ex Libris einer Familie zuzuordnen. In der Adelmannschen Ex Libris-Sammlung im Staatsarchiv Stuttgart legte man sich auf Leonrod fest. Warnecke gab sein Ex Libris-Werk beim Berliner Herold raus. Auch er schrieb es Leonrod zu und letztendlich die beiden Exemplare im Staatsarchiv Graubünden, da wollte man sich nicht recht festlegen. Möglicherweise hat man, genau so wie ich, den Siebmacher bemüht. Dort finden sich auch die verschiedenen Manteuffel- und Zöge-Manteuffel-Wappen aber das gräfliche Wappen ist dort nicht beschrieben und das pommersche Grafenwappen der Manteuffel (im Siebmacher auch nicht verzeichnet) würde zwar passen aber der einzige Graf war ja bereits 1749 verstorben, die Bücher sind aber aus der zweiten Hälfte des 18. Jh.


    Das ist wirklich eine sehr interessante spannende Geschichte.


    Ich habe gleich mal im Geneal.HdB. Estland und Livland nachgeschlagen. Anhand der dortigen Stammtafeln ließ sich erstmal der Besitzer nicht schärfer eingrenzen aber, nachdem die Familie zugeordnet ist, bin ich doch noch fündig geworden. In einem google-book-Schnipsel findet man eine Mottoliste aus „Baltische Wappenexlibris", 2003. Das o.g. Motto ist das Wappenmotto von Graf Ivan Vassiljevitsch Manteuffel (Иван Васильевич Мантейфель). Bei ihm handelt es sich um den russischen Generaleutnant Graf Gotthard Johann v. Manteuffel, geb. 10.6.1771 in Metzküll, gefallen in der Völkerschlacht am 20.10.1813 bei Seegrenitz ( http://www.findagrave.com/cgi-…cgi?page=gr&GRid=10163887 ), verheiratet 1787 in Reval mit Juliane Wilhelmine Anna v. Essen. Er war Sohn von Graf Ludwig Wilhelm v. Manteuffel und Gräfin Juliane Eleonore v. Münnich. Großvater ist dann der o.g. erste Graf Gotthard Johann v. Manteuffel aus der Zoege-Manteuffel-Familie.


    Das passt dann auch hervorragend mit Zeitraum und Inhalt der Literatur, in der sich die Ex Libris befinden und durchaus auch mit der für uns etwas ungewöhnlichen Wappendarstellung mit großem Stern zwischen Mantel und Wappenschild. Auf seinem Bild ( http://upload.wikimedia.org/wi…jfel_Ivan_Vasilyevich.jpg ) auch sehr schön zu erkennen, der russische Orden des Heiligen Georg (weiß emailliertes Tatzenkreuz), der sich dann unterhalb des Wappens auf dem Ex Libris wiederfindet.


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • nur immer fragen, dann kommen vielleicht auch Lösungen aus meiner Datenbank !


    Wer informiert jetzt eigentlich die Archive, damit die falsche Zuschreibung sich nicht auf ewig perpetuiert ?

  • im Umfeld des preußischen Militärs im 18. Jahrhundert anzusiedeln sein könnte, wenn man nach dem Inhalt der Bücher geht.

    abschließend ist zu diesem Faden zu sagen, daß man hier exemplarisch sehen kann, wie viel weiter zu jener Zeit preußische Militärliteratur verbreitet war als nur in Preußen und in dessen Militär.

  • Haben Sie herzlichen Dank. Dann ist es wenigstens an einer Stelle richtig gestellt. Nach Stuttgart werde ich wohl ein Mail schicken, dann können die das auch gleich zu den Archivalien legen.


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann