Darf ich das Wappen meiner Familie benutzen???

  • Wenn mein Bruder die Führungsberechtigung eigenmächtig auf seine Stiefkinder oder meine Schwester die Führungsberechtigung eigenmächtig auf ihre Kinder übertragen würden, na denen würde ich etwas husten. Die haben nicht nur das Nutzungsrecht für dieses Wappen, sie verletzen mit einem solchen Schritt auch mein Ausschlußrecht anderer gem. dem Wappenbrief. Wenn die Führungsberechtigung erweitert werden soll, dann nur mit Zustimmung aller Führungsberechtigten. Ein Wappen ist ja kein individuelles Eigentum, sondern man darf es nur Nutzen.


    Im deutschen Recht ist das Gewohnheitsrecht übrigens eine anerkannte Rechtsquelle. Dieses Gewohnheitsrecht wird von den heraldischen Vereinen gepflegt und erweitert und veränderten gesellschaftlichen Umfeldern angepaßt. Damit haben sie ganz klar eine tatsächliche Rechtsposition. Das vor Gericht so gut wie nie "Wappendelikte" verhandelt werden, ist dabei unerheblich. Gerichte sind hierzulande sogar verpflichtet zu ermitteln ob es bei einem Sachverhalt ein zu beachtendes Gewohnheitsrecht gibt. Es gibt auch Gesetze, die explizit auf Gewohnheitsrecht verweisen. Insofern kommt den heraldischen Vereinen eine große Bedeutung zu.

    Ich suche alles über die Familien
    Sporn
    (Vogtland), Porembski (Leipzig und Schlesien), Kaatz (Leipzig und Posen), Baumgarten (Leipzig und Chemnitz), Heinze (Leipzig), Gablenz (Leipzig), Horn (Leipzig, Gera, Plauen, Tharandt), Risch (Zeitz)

  • Das vor Gericht so gut wie nie "Wappendelikte" verhandelt werden, ist dabei unerheblich.

    Wer hat schon Lust, gegen Mitglieder seiner eigenen Familie, die von der Wappenführung ausgeschlossen sind, vor Gericht zu ziehen. Derjenige disqualifiziert sich ja im Grunde selbst. Mit seiner Wappenführung dokumentiert er seine Traditionsverbundenheit und dann verstößt er schon gegen die grundlegenden Regeln. Bei allen modernen Sichtweisen, das muss dann jeder mit sich selbst klar bekommen. Bei modernen Wappenstiftungen bin ich auch dafür, das im Rahmen an die Moderne anzupassen aber wenn ich auf Altes zurückgreife, dann erweise ich auch einen gewissen Respekt gegenüber meinen Vorfahren, die das so bestimmt haben.


    Selten wird auch gerichtlich dagegen vorgegangen, wenn eine Familie stolz das Wappen, das ihr Urgroßvater von einem Wappenschwindler angedreht bekam führt, obwohl es in Wirklichkeit ein modifiziertes Wappen einer anderen Familie ist. Die Familie meiner Freundin ist eine wappenführende freiherrliche Familie. Das Wappen ist natürlich auch in allen Wappennachschlagewerken verzeichnet. Vor einiger Zeit tauchte dann hier mal im Forum solch eine "Modifizierung" auf. Die Familie mit fast selben Namen ließ das Wappen heraldisch in Ordnung bringen und es fand sich sogar eine Wappenrolle, die es unterließ, danach zu recherchieren, ob das Wappen bereits existiert und dieses "neue" Wappen wurde eingetragen. Der Kommentar der Familie meiner Freundin: "Dürfen die doch eigentlich nicht aber was solls, wenn die das brauchen, sollen sie sich damit sonnen." Manchmal bringt einen Gelassenheit weiter, man sollte sich aber nicht drauf verlassen.


    Weniger gelassen sind aber in der Regel Urheber von schöpferischen Werken, wozu auch Wappenzeichnungen gehören. Die verdienen nämlich mit ihrer Arbeit ihr täglich Brot. Da geht es dann nicht mehr um reine Präsentation. Deshalb sollte man immer schön drauf achten, dass, wenn man sich mit einem Wappen schmückt, man auch das Nutzungsrecht an der Wappenzeichnung hat oder es sich um eine wirklich sehr alte Zeichnung hat. Deshalb stellen wir hier auch immer nur die Abbildungen aus den älteren Siebmacher-Bänden ein, die bereits 100 Jahre und mehr alt sind und das Urheberrecht erloschen ist. Bei allen modernen Wappen verweisen wir direkt an die Wappenrollen oder machen das nicht öffentlich.


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • Danke an euch alle, die ihr das Thema so ausführlich diskutiert habt. (Ich lese erst jetzt alles nach - hatte leider die letzten Wochen keinen privaten Internetzugang)


    Über die grundsätzlichen Rechte bin ich jetzt sehr ausführlich informiert - ich darf das Wappen nicht führen - ich führe den Ehenamen meines Mannes.

    Bei modernen Wappenstiftungen bin ich auch dafür, das im Rahmen an die Moderne anzupassen aber wenn ich auf Altes zurückgreife, dann erweise ich auch einen gewissen Respekt gegenüber meinen Vorfahren, die das so bestimmt haben.

    Will ich aber meinen Vorfahren den Respekt erweisen, von dem du sprichst Hina, dann könnte/sollte/müsste ich dieses Wappen führen, denn sonst tut es meines Wissens keiner. Die männlichen Nachkommen des ursprünglichen Wappenstifters (+1989) haben wenig bis kein Interesse an diesem Wappen. Auch meine Brüder interessiert es nicht. Es hängt an der Wand, weil es schon immer da hing.
    Ein wirkliches Interesse an unserer Familie und deren Geschichte hatte nur der Wappenstifter, der mich mit dem Virus infizierte.


    Ich habe mir nun in meinem speziellen Fall überlegt, dass ich das Wappen in meine Ausdrucke mit einbringe als die Nachkommen es xy. Die Vorfahren meines Vaters im Mannesstamm könnten statt eines nicht vorhandenen Bildes das Wappen bekommen - die hätten es ja führen dürfen, wenn es damals schon entworfen wäre.


    Gehe ich noch einen Schritt weiter, würde ich auf meinen Namenskärtchen meinen Geburtsnamen mit angeben und am Rande oder als Wasserzeichen das Wappen meiner väterlichen Vorfahren eindrucken.


    Ist das anmaßend von mir?????
    Ich würde halt wirklich gerne unser Wappen zeigen. Bin stolz darauf.


    Gruß
    Gerda

  • Will ich aber meinen Vorfahren den Respekt erweisen, von dem du sprichst Hina, dann könnte/sollte/müsste ich dieses Wappen führen, denn sonst tut es meines Wissens keiner. Die männlichen Nachkommen des ursprünglichen Wappenstifters (+1989) haben wenig bis kein Interesse an diesem Wappen. Auch meine Brüder interessiert es nicht. Es hängt an der Wand, weil es schon immer da hing.

    Hallo Gerda,


    das wäre aber genau das Gegenteil von dem, was ich damit sagen wollte. Respekt gegenüber dem Wappenstifter erweist man nur dann, wenn man seine Verfügungen bezüglich der von ihm festgelegten Führungsberechtigung auch akzeptiert, dh. das Wappen nicht führt, wenn man nicht dazu vom Wappenstifter berechtigt wurde ;) . Es geht ja nicht darum, ob ein Wappen dann von niemanden mehr geführt werden kann. Das kommt oft vor. Dafür gibt es übrigens dann eine sehr respektvolle Geste/Tradition. Ist der letzte Führungsberechtigte des Wappens verstorben, wird das Wappen auf den Kopf gestellt. Mutet für Unkundige sehr merkwürdig an aber das ist dann ein Zeichen höchsten Respekts im Zusammenhang mit der Wappenführung. Normalerweise wird das auch in einer feierlichen Zeremonie gemacht. Eine zweite Art einer solchen Zeremonie war es, das Wappen dann zu zerbrechen und mit ins Grab zu legen. Da aber Deine Brüder noch leben, geht es ja hier nicht um ein Wappen, einer erloschenen Familie. Insofern wäre solch eine Zeremonie auch nicht angebracht.


    Die Vorfahren des Wappenstifters waren nur dann führungsberechtigt, wenn der Wappenstifter das auch so verfügt hat. Das findet man durchaus häufig, dass die Führungsberechtigung auf bereits verstorbene Vorfahren und deren Nachkommen, somit also auch durchaus Cousin-Linien ausgedeht ist. Aber alles, was irgendwie außerhalb dieser "Regeln" hingetrixt wird, ist insofern schon eine Respektlosigkeit und Anmaßung ;). Nun kannst Du natürlich meinem gestrengen Urteil folgen oder es auch verwerfen. Unsere Familie ist übrigens auch wappenführend aber auch bei uns führt es praktisch niemand. Ich würde es mir aber niemals anmaßen in irgendeiner Weise das Wappen anzurühren, weder auf einer Karte noch sonstwie. Ich habe nämlich mehr als nur ein wenig Respekt vor meiner Familie :D .


    Aber zeigen kann man das Wappen natürlich, z.B. in einer Familienchronik, wenn z.B. dort etwas ausführlicher über den Wappenstifter berichtet wird. Aber ich würde es mir niemals auf eine Visitenkarte pappen. Ganz ehrlich, man glaubt, man wird dann bewundert, in Wirklichkeit wird man von "Kennern" belächelt, weil man sich augenscheinlich nicht mit den Wappenregeln auskennt.


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann