Gefaelschte Heiratsurkunde??

  • Hallo liebe Mitforscher,


    ich erforsche ja fuer meine Freundin hier in England den Familienzweig ihrer deutschen Grossmutter.
    Die Geschichte die ihre Oma ihr und ihrer Mum erzaehlt hatte war dass Grossmutters Vater ploetzlich verschwand
    als Oma noch ganz klein war und er wohl juedisch gewesen sei, die Nazis haetten ihn vermutlich verschleppt.


    Ich hatte dann die Geburtsurkunde der Grossmutter angefordert und war nachdem ich den Namen und den Beruf des Vaters gelesen hatte,
    Alex Franz Robert Kempen- Klempner, fast sicher dass dieser eher nicht juedisch war.
    Gestern kam dann die Heiratsurkunde und was soll ich sagen, jetzt kommen mir zweifel.
    Die Heirat fand statt im September 1930 in Duesseldorf-Ost.
    Die Braut war 18 und der Braeutigam 24. Die Oma meiner Freundin wurde 2 Monate nach der Hochzeit geboren.


    Was mich jetzt, nachdem ich die Urkunde mit einer Hochzeitsurkunde meiner Ahnen aus dem selben Jahr im selben Bundesland verglichen habe, stutzig macht:
    Auf der Urkunde sind weder offizielle Stempel, noch der Stempel ueber die Geburt des gemeinsamen Kindes zwei Monate spaeter (hab solche auf allen Urkunden meiner Familie drauf)
    Und, die Unterschriften des Brautpaares und der Zeugen sind alle mit derselben Handschrift geschrieben wie der Rest der Urkunde!
    (Ich bezweifle dass die nicht schreiben konnten, einer der Beteiligten war Kaufmann).
    Also eigentlich sieht diese Urkunde aus wie ein nacktes Stueck Papier das dann ausgefuellt wurde von einer Person ohne dass sonst wer dabei war!


    Auf der Hochzeitsurkunde ist ausserdem am Rand vermerkt dass das Paar im Juni 1932 schon wieder geschieden wurde!
    Finde das sehr sehr merkwuerdig da es ja damals eher nicht gang und gaebe war dass ein 18 Jaehriges Maedchen erst heiratet und dann mit 20 wieder geschieden wird?
    Ich dachte erst daran dass sie vielleicht (wenn er wirklich Jude gewesen waere) dazu gezwungen worden sein koennte,
    aber die Gesetze bezueglich "Mischehen" traten soweit ich gelesen habe ja erst 1935 in Kraft.
    Oder gabs da vielleicht eher Richtlinien fuer Mitglieder der Partei etc?
    Vielleicht war ja auch sie Juedin und er musste sie wieder verlassen wenn er in die Partei wollte??


    Mir kommt das alles sehr sehr komisch vor.
    Ueber Gedanken von Euch wuerde ich mich freuen!

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  • Hallo LadyCapybara,


    in den 30er Jahren ist es oft vorgekommen, dass Ahnentafeln oder Urkunden gefälscht worden sind. Man wollte verschleiern, dass man Vorfahren hatte, die z.B. jüdisch waren. Auch Ahnentafeln, die mit einem offiziellen Stempel versehen sind, sind oft durch „Beziehungen” zustande gekommen. Da wurde schon mal ein Auge zugedrückt, wenn man jemandem einen Gefallen tun wollte. Oft ging es ja auch nicht nur um die Karriere, sondern ums Überleben.
    Mag sein, dass auf diese Weise auch eine „Scheidung” attestiert worden ist, die tatsächlich gar nicht stattgefunden hat. So ein Dokument kann durchaus auch später (nach 1935) angefertigt worden sein. Es ist dann auch nicht ausgeschlossen, dass die Frau in der Nähe ihres Mannes im Untergrund gelebt hat.

  • Das ist in der Tat interessant Danke Jens!
    Ich gehe davon aus die echten Urkunden sind zerstoert worden wenn
    so ein Fake angefertigt wurde?
    Gibt es sowas wie ein eindeutiges Merkmal von nachgemachten Urkunden?
    Z.B koennte es ein eindeutiger Beweis fuer ein gefaelschtes Dokument sein dass die Geburt der Tochter nicht aufgestempelt wurde?

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  • Hallo, meine Frage klingt vielleicht banal, aber hast Du eine Urkunde oder eine Kopie des Registereintrags? Vielleicht ist es eine später angefertigte Abschrift, daher die identischen Handschriften? (Auf meinen Abschriften sind dann allerdings trotzdem Stempel drauf). Ich glaube nicht so richtig, dass der fehlende Stempel der Tochter ein eindeutiger Beweis ist. Ich habe auch Kopien bekommen, auf denen manche Kinder aufgestempelt waren und andere fehlten.
    Hast Du weitere Ansätze, wie z.B. Geburtsort des Mannes, mögliche Taufe des Kindes, Scheidungsurteil …? Viel Erfolg!

  • Hallo M.I.F.E,


    ich denke nicht die Urkunde ist eine Abschrift, da ich in meinem eigenen Baum Dokumente habe wo drauf steht dass es eine Abschrift ist.
    Diese mir vorliegende Urkunde sieht aus wie das Original.
    Ich habe eine Heiratsurkunde genau wie diese von meiner Familie wo die Kinder alle mit drauf sind.
    Es ist auch genau dasselbe Dokument das z.B. bei der Hochzeit meiner Urgrossmutter verwendet wurde,
    gleicher Wortlaut und alles, nur dass bei ihr alle selbst unterschrieben haben und ihre Kinder aufgestempelt wurden (sogar der Tod eines der Kinder).
    Und diese Urkunde hier hat weder die Original Unterschriften, noch irgendwelche Stempel. Das ist doch komisch oder?
    Vielleicht sollte ich beides mal hier einstellen um das Vergleichen leichter zu machen?

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  • Hallo Lady Capybara.
    an welchem Tag im Sept. 1930 war die Heirat und welche Registernummer hat die Urkunde?
    Ich bin am Montag im Stadtarchiv Düsseldorf und kann dann im Register nachsehen.
    Freundlichje Grüße, Wilfried

  • Ich schreibe Dir grade mal eine PM Wilfried.
    Ich habe die Urkunde jetzt eingescannt, und bastel grade mal einen Direktvergleich mit einer meiner Urkunden aus demselben Jahr.
    Dann sieht man wie komisch die aussieht!

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  • Ich habe jetzt mal (mehr schlecht als recht) das Dokument meiner Freundin mit
    einem von mir zusammengeschnitten, ich musste es auf einer Fremdseite uploaden weils bei 150 kb nicht mehr lesbar gewesen waere
    http://www.sendspace.com/file/d46ln1
    Mein Dokument ist das kleine dunkle.
    Es handelt sich bei beiden um eine Hochzeitsurkunde aus Westfalen von September 1930.
    Auf meiner sind die Originalunterschriften des Ehepaars und der Zeugen, und die Stempel der
    Kinder (sogar von der Hochzeit eines der Kinder).
    Auf der Urkunde meiner Freundin, alle Namen sind in derselben Handschrift wie die Urkunde selbst,
    keine Stempel von den Kindern!
    Alles sieht aus wie "mal eben" alleine angefertigt.

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  • Hallo LadyCapybara,


    unten steht:


    Die Übereinstimmung mit dem Hauptregister beglaubigt...
    Der Standesbeamte
    In Vertretung Krämer


    Es ist also eine beglaubigte Abschrift. Die Unterschrift des Standesbeamten weicht in der Handschrift von dem vorstehenden Text ab, das ist also nicht alles von derselben Person geschrieben. Ob das aber eine Fälschung ist, kann ich nicht beurteilen. Da wäre es wichtig, die Originaleintragung zu sehen.


    Die Urkunde auf der rechten Seite ist nicht lesbar. Die Dateigröße ist zu sehr reduziert worden. Das ist aber vermeidbar, wenn der Scanner nicht auf Farbe oder Grautöne eingestellt wird, sondern nur den Schwarz-weiß-Kontrast wiedergibt.

  • Meine Urkunde ist nur mit dem Handy fotografiert da ich nicht dachte dass es wichtig ist den Text lesen zu koennen.
    Wenn dies so sein sollte dann kann ich davon auch noch einen richtigen Scan machen. Hilft dies wohl weiter?
    Auf meiner steht aber nicht der Satz mit dem Hauptregister!

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  • Also koennte dies auch heissen dass auf dem Original etwas total anderes steht?
    Ist es normal dass so ein Dokument direkt am Tag der Hochzeit schon kopiert wird?

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  • Hallo,
    oh man - da muss ich echt mal die Augen verdrehen! Natürlich ist das keine Fälschung. Es ist eine stink normale Personenstandsregister-Zweitschrift. Die wurde angelegt und dann an einem anderen Ort gelagert, sodass im Falle eines Verlustes der Erstschrift dann diese Zweitschrift noch vorhanden ist. Vielleicht ist nun die Erstschrift verbrannt und nun gilt die Zweitschrift. Deine Stempel, die Du für die Kinder erwartest (das war nicht immer üblich!) können sich also auf der vernichteten Erstschrift befinden.


    Ich finde es immer wieder kurios, dass Menschen gleich Fehler, Fälschungen, Verschleierungen o.ä. vermuten. Warum?
    Grüße, Daniel

    [b]"Stammgast" im Kirchenarchiv sowie Stadtarchiv Magdeburg und im LHASA (Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt)


    Mitglied: AGGM; AMF; GGG (NY); Volksbund; Compgen


    Meine Namensliste, interessante Geschichten rund um die Familie, sowie Biographien besonderer Vorfahren kann man meiner Homepageentnehmen.

  • Einige Geschichten die in der Familie meiner Freundin (von der Oma) erzaehlt wurden haben sich bisher nicht als wahr erwiesen.
    Angeblich ist der Mann als Jude im Krieg verschollen, bisher ist aber auf keiner Urkunde erwahnt dass er ueberhaupt juedisch ist.
    Die Frau hatte noch ein Kind das dann nach ihrer Ehe ploetzlich unter dem Maedchennamen geboren wurde und die Oma selbst
    hatte wie auf ihrer Geburtsurkunde herauskam ein uneheliches Kind von dem die Familie nichts wusste!
    Und dann taucht diese Urkunde auf die als Zweitschrift am Tag der Hochzeit hergestellt wurde, und auf der weder Stempel noch die echten Unterschriften sind (obwohl die Leute vor Ort waren)
    aber der Eintrag zur Scheidung ist darauf! Stempel auf der ersten Urkunde, aber Scheidung auf der Zweiten? Und verbrannt zwischen 1930 und 1932?
    Ich denke ich habe allen Grund dies zu hinterfragen!

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  • Hallo,


    für sachlich bleiben bin ich auch. Daniel hat jedenfalls recht, dass man sich mit zu viel Fantasie in der Familienforschung selbst das Leben schwer machen kann.


    Fakt ist doch, der Scan stammt einfach von der Zweitschrift des Personenstandsregisters (steht drauf) und damit haben sich alle Spekulationen erst mal erledigt.


    Jetzt könntest Du
    a) beim Archiv nachfragen, ob die Erstschrift noch vorhanden ist und ob darauf Randvermerke betr. der Kinder vorhanden sind. Vielleicht bekommst Du auch eine Erklärung dafür, dass der Scan von der Zweitschrift gemacht wurde
    b) die Geburtseinträge der Brautleute suchen. Wenn Du Glück hast, ist beim Bräutigam der Sterbevermerk mit drauf. c) beim Archiv nachfragen, ob das Scheidungsurteil einsehbar ist.


    Viel Glück!
    Micha

  • Hallo M.I.F.E,


    das stimmt natuerlich, ich hinterfrage normalerweise auch nicht jede Abweichung,
    aber Du hast ja sicherlich gelesen was in der Familie alles an Geruechten umgeht und was sich bisher als wahr erwiesen hat und
    was nicht, daher ist in dem Fall klar dass man sich bei leichten Abweichungen wundert.
    Meine Freundin hat zu niemandem von ihrer Familie in Deutschland Kontakt weil die Oma 1971 jeden Kontakt abgebrochen hat
    und um sicherzugehen dass auch keiner mehr nachforscht hat sie der Mutter meiner Freundin erzaehlt die Familie
    wuerde sie hassen weil sie in England leben wuerde. Ich denke das ist quatsch.
    Wir haben bisher schon den unehelichen Sohn der Oma gefunden und keinen Hinweis darauf dass der Vater der Oma juedisch war,
    was die komplette Story der Oma veraendert.
    Daher meine Frage zu der Urkunde. Ich finde es wie gesagt auch seltsam dass die Scheidung auf der Zweitschrift vermerkt wurde
    aber nicht der Stempel der Tochter und dass die Zweitschrift vor Ort bei der Hochzeit angefertigt wurde aber niemand selbst unterschrieben hat.


    Diese Urkunde habe ich vom Archiv in Duesseldorf bekommen vor zwei Tagen,
    wenn da noch eine Zweite gewesen waere, haetten sie mir dann nicht in jedem Fall das Original geschickt?
    Ich weiss nicht wie die Regelungen da sind, ob da generell das Original zugesandt wird oder die die zuerst gefunden wurde?
    Ich hatte als naechstes vor die Meldekarte anzufordern, vielleicht findet sich dann auch eine Erklaerung warum die Ehe schon nach
    2 Jahren aufgeloest wurde. Und dann natuerlich die Geburtseintraege der Eheleute, Neandertaler war so nett mich darauf hinzuweisen
    dass diese wohl noch beim Standesamt und noch nicht im Archiv liegen.


    Ich bedanke mich jedenfalls fuer alle sachlichen Antworten :danke:

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