Hufen und Morgen als Größenbezeichnungen für Äcker

  • Hallo allerseits,


    ich bin gerade in einem Ackerzinsregister des braunschweigischen Amtes Hessen von 1584 auf einen netten Beleg für die Verwendung der unterschiedlichen Maße "Hufe" und "Morgen" zur damaligen Zeit gestoßen.
    Zumindest einigen von Euch dürfte bekannt sein, dass sich die Größenbezeichnung "Hufe" auf den Ertrag eines Ackers bezog und die Bezeichnung "Morgen" auf den Bearbeitungsaufwand.


    Das ungewöhnliche an dem mir vorliegenden Register: hier wurden tatsächlich mal beide Bezeichnungen gemeinsam für den gleichen Acker verwendet!


    Ich bringe zwei Beispiele eines Vorfahren von mir: dieser hatte zwei Landstücke von ein und demselben Halberstädter Kloster in Erbpacht, die aber auf unterschiedlichen Staatsgebieten lagen (Fürstentum Halberstadt und Herzogtum Braunschweig).
    Das Halberstädter Grundstück bestand aus einer Hufe Landes zu 35 Morgen, für die er 2 Thaler, 2 Groschen zu zahlen hatte.
    Das Braunschweiger Grundstück hatte nur eine halbe Hufe zu 15 Morgen, für die nur 5 Groschen zu zahlen waren.


    Wie der horrende Zinsunsterschied zustande kam, ist mir aber schleierhaft. Vielleicht hat jemand von euch dazu eine Idee?


    Grüße!

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Sbriglione ()

  • Hallo Sbriglione,


    ich denke der Zinsunterschied hängt damit zusammen, daß die Größen eines "Morgens" in den unterschiedlichen Staatsgebieten verschieden waren und zwischen Feld und Wald unterschieden wurde.


    Im Fürstentum Braunschweig umfaßte


    ein Feldmorgen 2501 qm
    ein Waldmorgen 3335 qm



    In Halberstadt umfaßte


    ein kleiner Leipziger Morgen 1840 qm
    ein großer Leipziger Morgen 3284 qm.


    Gruß u. schönes Wochenende


    William

  • Hallo William,


    zunächst einmal Danke für den Hinweis auf die unterschiedlichen Berechnungen des Morgens! Ich fürchte aber, dass dieser Unterschied im vorliegenden Fall keine (oder zumindest keine so große) Rolle spielt.


    Begründung:


    a) Ein Taler bestand damals aus 24 Gutengroschen (nach denen das Amt Hessen damals in beiden Fällen gerechnet hat). Ich habe mal versucht, zu berechnen, wie viele qm Halberstädter und wieviele qm Braunschweiger Land ein Gutergroschen wert gewesen wäre:
    Braunschweig: 1 Groschen Zins für 7503 qm.
    Halberstadt: 1 Groschen Zins für 1294 qm (beim kleinen Leipziger Morgen).
    Halberstadt: 1 Groschen Zins für 2438,8 qm (beim großen Leipziger Morgen).
    Der Unterschied bleibt also auch unter Beachtung unterschiedlicher Größen des Morgens horrend!


    b) das Register wurde von ein und demselben Amt erstellt und der Erbenzins ein und demselben Kloster gezahlt; überdies hatten seinerzeit beide Gebiete den gleichen Landesherrn (der Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel war damals zeitgleich Bischof von Halberstadt). Ich halte es daher für unwahrscheinlich, dass in diesem Dokument mit unterschiedlichen Größeneinheiten und Währungen gerechnet wurde, ohne das auch entsprechend zu kennzeichnen.


    Da bleibt für mich die Frage, ob womöglich unterschiedliche Eigentumsrechte des Klosters in den beiden Gebieten eine Rolle gespielt haben oder die genaue Lage der Äcker (ich kenne Pabstorf und seine Umgebung und weiß, dass es dort ordentliche Steigungen und Höhenunterschiede gibt).
    Aber letzteres würde nicht erklären, weshalb ausgerechnet der anscheinend ertragreichere Braunschweigische Acker (da hätte eine Hufe nur aus 30 Morgen bestanden, statt aus 35!) der billigere war...


    Viele Grüße


    Giacomo

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Sbriglione ()

  • Hallo Giacomo,


    ohne die Verhältnisse in der in Rede stehenden Region zu kennen, habe ich ähnliche Fälle auch in Holstein bemerkt. So weit ich diese "enträtseln" konnte, gab es hier meist drei wesentliche Ursachen, möglicherweise trifft auch eine oder mehrere derselben in Deinem Fall zu

    • Hufe und Halbhufe beziehen sich nur auf eine grobe, ursprünglich einheitlich und annähernd verläßlich gleich große Fläche, die im Zeitablauf tatsächlich aber durchaus erheblich variieren konnten
    • unterschiedliche Ertragsqualitäten (Boden, Geländeform etc.), die teils erheblichen Einfluss auf die tatsächliche Nutzung haben konnten und entsprechend durch andere Abgabenlasten kompensiert wurden
    • Kompensation deutlich niedrigerer Zinslast auf einzelnen Flächen durch entsprechende andere (sachliche) Dienstbarkeiten, wie z.B. Hand- und Spanndienste oder auch Naturalleistungen (Holz, Fisch, Torf, .....)

    Schönen dritten Advent

    Gruß Brokstedt


    Suche alles zu FN Giesenhagen (S-H, M-V, BRB), FN Kohl (S-H und Weickelsdorf/Sachsen) sowie FN Schubert (Raum Chemnitz)


    Jede Form von Info-Austausch Dithmarschen (allgemein) interessiert.


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    Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme (Thomas Morus)

  • Hallo Giacomo
    Hufe
    flämische Hufe 16.8 ha
    preußische hufe 16,5 ha (rund 66 preuß Morgen)
    sächsische Hufe 19,92 ha (als "Hufen" auch =12 ha)
    Brandenburg 17.0215 ha (30 große Morgen,400 Quadratruten)
    kulmische Hufe 17,3387 ha(Preußen ca 67 preuß Morgen)
    Mecklenburg 13,007 ha 810 Last = 100 Scheffel Aussaat)
    oletzkosche Hufe 15,648 ha (Preußen/Polen um 1720)
    Ein Morgen war bis etwa 1900 in Deutschland verwendetes Flächenmaß von 2500 - 3500 Quadratmeter
    siehe unter wikipedia.org/wiki/morgen
    hier sind 33 verschiedene Maße über den Morgen angegeben
    LG
    Franz Josef