Wie geht ihr mit 'offiziellen, aber falschen' Daten um?

  • Hallo, zusammen!
    Nachdem ich seit einigen Jahren versuche, die Kirchenbücher vor Ort in mein Programm einzubauen, arbeite ich z. Zt., zur Abwechslung, in bzw mit den Online-Standesamtsbüchern meiner Heimat!
    Mir fallen dort immer wieder KLEINERE Unstimmigkeiten auf:
    mal sind die Vornamen anders (aus Johann Friedrich XXX im Taufbuch wird Johannes Wilhelm XXX bei den Einträgen im standesamtlichen Sterbebuchs!
    Andere Male (kommt häufiger vor) hat der Pfarrer das Beerdigungdatum als Sterbedatum eingetragen!
    Usw...
    Damit komme ich ja noch klar! AAABER, konkreter Fall:
    1.: Eintrag im kirchlichen Sterberegister: verstorben war
    Anna Margarethe Schüler, * 17.03.1806 in Rittershausen, + 02.09.1881, verheiratet mit Schmied Johann Friedrich Gisse, Tochter des verstorbenen Landmanns Johann Jacob Schüler und der verstorbenen Anna Elisabeth Georg!
    2. Eintrag im standesamtlichen Sterbebuch:
    Anna Margarethe Schüler, * 17.03.1806 in Rittershausen, + 31.08.1881, verheiratet mit Schmied Johann Friedrich Gisse, Tochter des
    verstorbenen Schuhmachers Justus Schüler und dessen ebenfalls verstorbener Ehefrau Juliane geb. Müller!
    3. zu allem Überfluss, steht bei der (kirchlichen) Hochzeit:
    Kurzform: es erschienenzum Zwecke der Eheschließung: der Schmied Johann Friedrich Gisse etcetc... und die Anna Margarethe Schüler , 23 Jahre, Tochter des ....... (kein Eintrag!!!) und der ......... (kein Eintrag)!
    Jetzt bleibt mir NUR noch der Eintrag im Taufbuch...... :thumbdown:


    Wie geht IHR mit solchem Mist um??????


    LG - Markus

  • Hallo Markus,


    ganz einfach, ich übernehme die Angaben so, wie ich sie in den Unterlagen finde. Allerdings mit meinen persönlichen Bemerkungen bezüglich der Unklarheiten der Quellen.
    Ebenso verfahre ich mit den veränderten Schreibweisen der Familiennamen.


    Viele Grüße, Ursula

    Fünf sind geladen, zehn sind gekommen. Ich gieß Wasser zur Suppe und heiß alle willkommen.


    Viele Grüße, Ursula

  • Hallo Markus,


    wahrscheinlich erinnerte sich der Pfarrer beim Eintragen nur noch daran, wann er die Anna Margaretha bestattet hatte, wusste aber das Sterbedatum nicht.


    Welches die richtigen Eltern sind - die im Kirchenbuch oder die im standesamtlichen Register verzeichneten, vermag ich nicht zu sagen. Es ist auch möglich, dass letztere falsch sind. Wenn z. B. ein sehr alter Mensch ohne nähere Angehörige vor Ort verstarb, dann ging vielleicht der Nachbar zum Standesamt, meldete den Todesfall - und machte falsche Angaben zu den Eltern. Ich tendiere fast dazu, den Angaben des Pfarrers mehr Vertrauen zu schenken, denn der konnte die Namen der Eltern ja im Taufbuch nachschlagen - welches der Standesbeamte nicht vorliegen hatte.


    Wie Ursula bemerkte, würde ich abweichende Angaben in meiner Software unter Anmerkungen erfassen.


    Ansonsten bleibt nur noch - wie Du ja vorhast - die Belege zu allen Ereignissen einzusehen und bei der Familie ein wenig in die Breite zu forschen. Sehr wahrscheinlich waren Johann Jacob und Justus Brüder oder Cousins.

  • Mion,


    nicht ganz so krass, aber dennoch passend zum Thema:


    In einem handschriftlichen Stammbaum, den der Vater für seine neugeborene Tochter angefertigt hat, trug er ihren Geburtstag als 03. Juni 1924 ein.
    Mit dem Datum ist sie aufgewachsen und zur Schule gegangen. Irgendwann stellte sich dann heraus, dass die Hebamme (welche die Geburt beim Standesamt meldete),
    als Geburtsdatum den 02. Juni 1924 angegben hat. Und weil das amtlich ist, hatte die Betroffene damit anschließend jahrelang ein Problem.


    Gruß, Georg

  • Hallo Markus,


    deine Feststellungen sind nicht ungewöhnlich. Ich habe ein Kirchenbuch von einem Ort abgeschrieben und habe erstaunliche Feststellungen machen müssen. Erst bei detallierten Vergleichen konnte ich eine Verwechslung einer Vorfahrin klären. Gerade bei Namensgleichheit treten immer Verwechslungen auf. Grundsätzlich würde ich nach den Einträgen der Originaldokumente verfahren und die Wiedersprüche dokumentieren. Wenn es viel Text zur Erläuterung ist arbeite ich gern mit Fußnoten (1) und bei kurzen Hinweisen (setze ich es in Klammern und wähle eine andere Schrift). Irgendwann findet sich die Zeit diese Probleme zu klären. Ob du das machst oder ein Nachfahre hat keinen Einfluss auf die Neigung der Erdachse.


    Beste Grüße


    Lupus

    Nicht Gold hat die Welt verändert, es war das Blei.
    Nicht das Blei aus der Flinte, eher das Blei aus dem Setzkasten (Willi)

  • Hallo Markus,


    wenn, wie in deinem Fall eine 75 jährige, verheiratete Person stirbt, so ist es durchaus möglich, dass der Vater, der dann ja nicht mehr lebt zweimal verheiratet war.
    Daraus kann man folgern, dass die Verstorbene mal der ersten, und mal der zweiten Frau des Vaters ""zugeteilt"" wird. Habe ich in meiner Datei zweimal !
    Dass bei der kirchlichen Hochzeit die Eltern nicht eingetragen sind sollte beachtet werden. [/color] Gab es da schon Zweifel zu der Mutter ??
    Die standesamtliche Heirat sollte das ganze doch klären !!


    [color=#000000]mit herzlichem Gruß aus Düsseldorf
    Gerhard

  • Hallo Markus,


    da mußt Du die Quellen säuberlich auseinander halten. Standesamtsunterlagen sind - wie schon der Name sagt- immer amtlich, d.h. wahr bis zum Beweis des Gegenteils. Beerdigungen sind keine amtliche Kasualie! Was der Pfarrer ins Kirchenbuch einträgt ist nicht amtlich, aber deswegen nicht unbedingt von vornherein falsch. Wenn Du in einer Kirchenbuch-Zweitschrift forschst, mußt Du ganz besonders vorsichtig sein. Bei Übertragungen in Zweitschriften sind viele Fehler passiert.


    Gruß
    Detlef

  • Hallo Simone,


    da hast du recht, wenn es um Hessische Register geht. Napoleon war da wohl nicht aktiv. :)
    Der Markus schreibt in seinem Beitrag jedoch von Online-Standesamtsbüchern seiner Heimat.
    Das gilt dann wohl in diesem speziellen Fall nur für das Sterberegister von 1881, also nach 1874, als die Standesämter eingeführt wurden.


    Gruß Gerhard

  • Hallo an alle, die auf meine Frage reagiert haben!
    DANKE für das rege Interesse!


    Also:
    Standesamt gibt es bei uns (Mittelhessen, ehem. Hessen-Nassau, jetzt 'LDK' bzw. 'DIL') seit Sept. 1874!
    Als Kirchenbücher, die (Taufe und Trauungen) ab 1635 bzw. (Bestattungen) ab 1710 existieren, KENNE ich keine evtl 2.Bücher, sondern nur die Originale!
    Dass überall, wo Menschen (ob Beamte oder Pfarrer) arbeiten, Fehler passieren, ist mir Mensch mit Fehlern ;) vollkommen klar, deswegen habe ich ja auch die menschlichen Fehler vorne aufgeführt. Ich habe in meinem Programm aktuell etwa 21.000 Personen - ich möchte gar nicht wissen, bei wievielen MIR Schreibfehler unterlaufen sind!!!!
    Extrem fand ich halt nur dies eine EINZEL-Beispiel! Wie kann, egal ob Pfarrer oder Standesbeamter, einem von beiden SO ein massiver Fehler unterlaufen? Ohne dass das auffällt????? Denn FAKT ist ja nun mal: EINER von beiden schrieb Unwahres dahin! Ich finds schon sehr massiv.....
    Meine Unterlagen über die Taufbucheinträge aus der entsprechenden Zeit habe ich z Zt verliehen - sowie ich die wieder habe, wird sichs für mich wohl klären!!! Ich VERMUTE, der Pfarrer hat korrekt gearbeitet!! :whistling:


    @Georg:
    Selbiges Beispiel kenne ich aus der eigenen Familie:
    Mein Großvater, 1977 verstorben, hatte an Silvester Geburtstag! So stands im Paß, aufm Grabstein!
    Nachdem ich mit der Ahnenforschung begonnen hatte, waren mir seine Eltern noch unbekannt (er war Vollwaise!) Als mir eine Kopie der Geburtsurkunde zukam, was stand da? Er wurde am 30.12. geboren!!! :-)


    LG an alle - Markus

  • Hallo allerseits,


    ich habe auch immer mal wieder Abweichungen in Geburtsangaben gefunden. Das konnte (teils natürlich auch Abhängig vom Zeitpunkt und der Region) folgende Ursachen haben:


    1. bei nur einem Tag Abweichung: die Geburt fand nachts statt und die eine Person hat die Nacht noch dem vorangegangenen, die andere Person dem nachfolgenden Tag zugeordnet;
    2. bis teilweise noch ins 18. Jh. hinein: die eine Angabe erfolgte nach dem Julianischen Kalender (je nach protestantischer Kirchenzugehörigkeit und Region wurde dieser Kalender unterschiedlich lange beibehalten) und die andere nach Gregoranischem Kalender;
    3. statt dem Geburtstag wurde versehentlich der Tag der Taufe angegeben;
    4. es handelte sich um einen Lesefehler oder Schusseligkeit;
    5. der genaue Geburtstag war nicht bekannt und wurde lediglich geschätzt;
    6. es handelte sich um eine bewußte Fälschung (beispielsweise um dem Einzug zum Militär zu entgehen oder ihn im Gegenteil zu ermöglichen oder um daraus sonstige juristische Vorteile zu erreichen bzw. Nachteile zu vermeiden).


    Ich habe alle diese verschiedenen Möglichkeiten teils in meiner eigenen Familiengeschichte gefunden, teils Personen kennen gelernt, die unmittelbar davon betroffen waren.


    Grüße!


    Giacomo


    P.S.: es soll auch schon mal vorgekommen sein, dass der Pfarrer sich bei einer Tauffeier dermaßen übernommen hat, dass er sich - als er wieder nüchtern war - nicht mehr an den genauen Tag der Taufe bzw. der Geburt erinnern konnte. :D

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Lieber Detlef,
    zu Deienm Beitrag: "wie schon der Name sagt- immer amtlich, d.h. wahr bis zum Beweis des Gegenteils".
    Bei den Standesbeamten möchte ich doch schon sehr zweifeln.
    Der Stammvater aus dem 17. Jh. schreibt sich "Meisner".
    Diese Schreibweise änderte sich über Jahrhunderte nicht.
    Heute kommt ein Standesbeamter auf die Idee "Maisner" zu schreiben - amtlich.
    Eine Änderung des einen Buchstaben ist nur nach Prüfung der Belastung des Namensträgers möglich und dann wird es kostenpflichtig.


    Die Pastoren haben in früheren Zeiten auch die Namen so geschrieben, wie sie es meinten. Bei Pastorenwechsel werden in einem KB die meisten Namen neu gewürfelt.
    Je nachdem, aus welcher Gegend der Pastor kam. Das waren alte Zeiten, heute in der Bundesrepublik sollte das Standesamt besser arbeiten.


    In der Geburtsurkunde einer meiner Töchter wurde der Nachname falsch geschrieben.
    Eine Reklamation brachte nur einen neuen Fehler.
    Die dritte Ausfertigung entsprach nun endlich der "Wahrheit", um Deinen Begriff zu benutzen.
    Als Krönung wurde vergessen, die falschen Urkunden einzufordern.


    Einen schönen Sonntag