Unterschied zwischen "Copulation" und "Hochzeit"?

  • Hallo allerseits,


    mir ist gerade ein Problem untergekommen, mit dem ich niemals gerechnet hätte: nämlidh das Problem, einen Unterschied zwischen "Copulation" und "Hochzeit" festzustellen...
    Eines meiner Vorfahrenpaare ist nämlich im Jahre 1726 in einem Ort "copuliert" worden und hat - so steht es im gleichen Eintrag - am gleichen Tag in einem anderen (nicht gerade benachbarten) Ort "Hochzeit" gehalten.
    Gehe ich richtig in der Annahme, das mit der "Copulation" im engeren Sinne der Akt der kirchlichen Trauung und mit der "Hochzeit" im engeren Sinne die mit derselben verbundenen "weltlichen" Feierlichkeiten gemeint waren?


    Hat jemals jemand von Euch den Fall gehabt, dass diese Sachen mit den gleichen (oder ähnlichen) Begriffen unterschieden wurden?


    Grüße!


    Giacomo

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  • Kann es vielleicht sein, dass das Paar an beiden Orten proklamiert wurde und die Hochzeit lediglich an einem Ort stattgefunden hat? Bei lediglich Proklamation werden keine Trauzeugen vermerkt.

  • ... und durchaus auch in unterschiedlichen Konfessionen.... ;)
    Liebe Grüße
    Jutta

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  • Hallo Detlef, hallo hgkoopm,


    zunächst einmal zur Frage der Proclamationen: die wurden in diesem Heiratseintrag nicht mit erwähnt, dürften aber mit Sicherheit sowohl am Wohnort des Bräutigams, als auch an dem der Braut stattgefunden haben.


    Und dann zu Detlef:
    Es müsste trotzdem einen Unterschied zwischen Copulation und Hochzeit (wohlgemerkt, ich spreche nicht von "Heirat") gegeben haben, weil er in dem Kirchenbucheintrag ausdrücklich gemacht wurde...


    Dass die Copulation ein und desselben Paares unterschiedlicher Herkunft gelegentlich in den Kirchenbüchern beider Herkunftsorte vermerkt wurde (teils auch mit unterschiedlichen Tagesangaben) ist mir selbst tatsächlich auch schon aufgefallen, wobei ich da leider nie auf die Formulierung geachtet habe. Dass sich das Brautpaar zweimal kirchlich das "Ja-Wort" gegeben haben könnte, ist mir schon damals wenig glaubhaft vorgekommen und ich habe es schlicht auf die "ererbten Ansprüche" der jeweiligen Pfarreien geschoben.
    Das fiese an der Sache ist, dass es wiederum auch nicht allgemein üblich war, man also nicht davon ausgehen kann, dass es eine Frage allgemeiner Rechte war oder einer regionalen Tradition entsprochen haben könnte.
    Ich glaube auch nicht, dass es etwas mit dem Stand der Beteiligten zu tun hatte (der Bräutigam war ein Müllermeister aus einer anscheinend recht wohlhabenden Familie, von der Braut weiß ich es noch nicht).


    Mit anderen Worten: es sind für mich noch viele Fragen offen - und Wikipedia weiß zwar einiges, aber keineswegs alles...


    Grüße


    Giacomo

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  • Um auch noch auf Jutta einzugehen:


    Bei unterschiedlichen Konfessionen war tatsächlich die doppelte kirchliche Eheschließung im Sinne des zweimaligen "Ja-Wortes" üblich. Das war meines Wissens eine Vorgabe insbesondere der katholischen Kirche, die dann im Zusammenhang mit dem Ja-Wort auch das Versprechen verlangt hat, eine katholische Erziehung der Kinder zu gewährleisten.
    In meinem Falle waren aber beide Eltern Lutheraner...

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  • Hallo,


    ich kenne das als "Dimission" wenn die Ehepartner aus unterschiedlichen Pfarreien stammten. In der einen Pfarrei wurde die "Dimission" für die Eheschließung im Kirchenbuch eingetragen und das Pfarreimitglied dadurch feierlich und offiziell "freigegeben". In der zweiten Pfarrei (in der das junge Paar nach der Hochzeit auch lebte) fand die eigentliche kirchliche Trauung statt. Der Eintrag findet sich dort im Kirchenbuch. Beide Einträge liegen in der Regel zeitlich ein paar Tage auseinander.


    @ Giacomo - Möglicherweise gab es im protestantischen Kontext in einigen Regionen andere Bezeichnungen für beide Ereignisse. Oder in deinem Fall haben die beiden Pfarrer generell unterschiedliche Bezeichnungen in ihren Kirchenbüchern benutzt. Schau doch mal nach, ob in der einen Pfarrei in dieser Zeit immer der Begriff "Copulation" und in der anderen der Begriff "Hochzeit" benutzt wurde. Falls das der Fall sein sollte hat wohl Pfarrer A von dem Ereignis in Pfarrei B gewußt und es ebenfalls im Kirchenbuch eingetragen - vielleicht um festzuhalten, was mit seinem "Schäfchen" passiert ist. Die unterschiedlichen Bezeichnungen hätten also keine tiefere Bedeutung.


    VG
    Bärbel

  • Hallo Bärbel,


    wenn diese Freigabe tatsächlich in Form einer Feierlichkeit erfolgt ist, könnte das tatsächlich das Problem erklären!
    Leider starten die Kirchenbücher im damaligen Wohnort des Bräutigams zu spät, um die Kirchenbücher aus beiden Orten unmittelbar vergleichen zu können. Einige Kirchenbucheinträge seines Wohnortes finden sich aber im Kirchenbuch eines Nachbarortes (beide waren wohl damals schon so gut, wie zusammengewachsen) und ich könnte mir gut vorstellen, dass zwischen so eng verbandelten Nachbarorten die gleiche Sprachregelung bestanden haben könnte.


    Im Zusammenhang mit der Dimission: weißt Du zufällig, ob die grundsätzlich immer dann stattgefunden hat, wenn beide Partner zu unterschiedlichen Pfarreien gehört haben? Oder musste da noch mehr hinzukommen (die nächsthöhere Ebene der Kirchenorganisation oder unterschiedliche Amtszugehörigkeit)?
    In meinem konkreten Fall gehörten die Partner auf jeden Fall unterschiedlichen Ämtern an...


    VG


    Giacomo

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  • Dimissionen gab es in unserer Gegend regelmäßig, wenn die Brautleute an verschiedenen Orten wohnten. Wenn man das im Kirchenbuch findet, ist es praktisch, weil man dann ja weiß, wo die eigentliche Hochzeit stattgefunden hat.
    Die Mormonen behandeln beides einfach als Hochzeit, was so gewöhnlich nicht stimmt. Wenn ich zwei Angaben zu einem Paar finde, werte ich das zeitlich frühere Datum als Dimmission.

  • Habe gerade nochmal in andern Traueinträgen des Ortes recherchiert: die Dimission kann leider doch nicht gemeint gewesen sein: habe nämlich Einträge gefunden, nach denen die Copulation und die Hochzeit am gleichen Tag im GLEICHEN Ort stattgefunden haben...


    Das klingt mir doch eher danach, als könnte - wie von mir schon eingangs vermutet - mit der Copulation die kirchliche und mit der Hochzeit die weltliche Feier gemeint gewesen sein.

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  • Vielleicht ist es einfach die Spezialität eines Pfarrers. Die Hochzeitsfeier wird in den meisten Kirchenbüchern gar nicht erwähnt, mir ist sie jedenfalls nie untergekommen, die konnte ja auch zwischen gar nicht und sehr groß variieren...

  • Hallo Giacomo,


    wie ist denn der genaue Wortlaut des Eintrags? Vielleicht hat der Pfarrer nur die Einträge sprachlich etwas "aufgepeppt". So zum Beispiel: "Copuliert wurden... " Die Hochzeit fand statt am ... in ... ." Dann geht es bei dem "Copuliert wurden ..." um die Tätigkeit - also das "Verheiraten" und bei dem Zusatz mit der Hochzeit um Ort und vielleicht Zeit des Ereignisses.
    Das ist dann einfach eine sprachliche Variation im Eintrag. Vielleicht benutzte der Pfarrer einfach statt dem deutschen "verheiratet wurden" das "schickere, gebildetere" lateinische "copuliert wurden".


    VG
    Bärbel

  • Hallo nochmal,


    da sind ja mittlerweile noch einige Kommentare und Fragen nachgekommen, auf die es sich nochmal einzugehen lohnt:


    um mit Rotrauds Anmerkung zu starten:
    Ich denke auch, dass es eine Spezialität des eintragenden Pfarrers war, Copulation UND Hochzeit zu erwähnen, weil mir das bisher noch nirgendwo anders untergekommen ist. Sonst ist in der Region (Region Halberstadt und Umgebung) zur betreffenden Zeit fast ausschließlich von "Copulation" die Rede, weshalb ich vermute, dass damit die kirchliche Feier gemeint gewesen sein dürfte. Die "Hochzeit" wird in dem von mir behandelten Kirchenbuch immer nur in Ergänzung zur Copulation erwähnt, wenn überhaupt (d.h. es gibt durchaus auch mal Einträge, in denen nur von der Copulation die Rede ist, was mich vermuten lässt, dass mit der "Hochzeit" tatsächlich eine "weltiche" Feierlichkeit gemeint war - die z.B. bei ärmeren Paaren womöglich aus finanziellen Gründen entfallen ist.


    zu hgkoopm:
    Was die fehlende Angabe von Trauzeugen betrifft, so muss das nicht unbedingt ein Kriterium dafür sein, dass es sich lediglich um eine Proclamation gehandelt haben kann (einmal abgesehen davon, dass im aktuellen Fall ausdrücklich von Copulation und Hochzeit am gleichen Tag geschrieben wurde): in den wenigsten lutheranischen Kirchenbüchern, die ich bisher eingesehen habe, wurden die Trauzeugen mit benannt.
    Bei katholischen Trauungen scheint die Nennung der Trauzeugen deutlich üblicher gewesen zu sein (da habe ich es eher selten erlebt, dass diese gefehlt haben). Auch das Eintragen der Proclamationen in lutheranischen Kirchenbüchern der Region Halberstadt in der fraglichen Zeit war eher die Ausnahme (was besonders schade in solchen Fällen ist, in denen - wie in meinem Fall - die Ehepartner aus verschiedenen Dörfern stammten, weil das Fehlen eines entsprechenden Eintrags in dem Ort, in dem die Eheschließung NICHT stattgefunden hat, die Suche erheblich erschweren kann)...


    zu Bärbel:
    Die Trauungen wurden unter dem betreffenden Pfarrer beispielsweise unter der Überschrift "Getraute im Jahre XY" zusammengefasst (wobei man sich anstelle von XY das jeweilige Jahr vorstellen muss). Die Formulierungen der einzelnen Trauungen sind dann nach dem folgenden Schema: erfolgt: "Am Tage... ist ... (der Bräutigam) mit ... (die Braut) allhier Ehel. copuliert", was dann gelegentlich ergänzt wird durch "und Hochzeit gehalten". Die Hochzeit wird aber insgesamt doch eher selten erwähnt, aber - wie schon geschrieben - nie alleine. In einigen der Fälle, in denen die Hochzeit erwähnt wird (aber eben nicht in allen) fand sie an einem anderen Ort statt, als die Copulation.


    VG


    Giacomo

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Guten Abend! In den Kirchenbüchern um Magdeburg herum habe ich immer Copulation stehen. Oft ist der Eintrag im Geurtsort des Ehepartners noch einmal zu finden. Was ich sehr interessant finde sind die Eheverträge plus der Zeugen, denn die sagen viel aus. Hier ein Ehevertrag von 1640 aus dem Landesarchiv Magdeburg.


    Ehestiftung zwischen Matthias XXX und J. Catharine XXXX, XXX d.J. hierselbst selig hinterlassene Tochter.
    Er bringt ein 150 Taler, sein ihm zustehendes väterliches Erbteil. Sein Stiefvater Joachim XXX zahlt bei der Hochzeit 15 Taler, den Rest in Terminen. Sollte auch des Bräutigams Mutter vor dem Stiefvater sterben, soll er aus dessen Gütern 15 Taler erben. Seine Mutter gibt ihm mit die übliche Aussteuer.
    Die Braut bringt ein: Ihre ererbte Wohnstätte samt 1 Hufe Pachtacker, mit 3 Gärten mit Grabeland, davon 1 Garten beim Hof, die beiden anderen in (Ort) gelegen. Weiterhin bringt sie ein ¾ Eigenacker, wovon ½ Hufe bei XY Hof, das andere Viertel aber auf (Ort) Feld von XY gepachtet, Pachteinnahmen: 12 und 6 Scheffel Weizen. Weiterhin bringt die Braut ein 100 Taler, die auf XY selig Gütern haften und 80 Taler, die auf XY, nun Claus XY Gut stehen. Weiterhin bringt sie ein 387 Taler, die bei ihrer Mutter Bruder, Burchard XY Hof stehen, man strebt einen Vergleich an. Sie bringt auch zu 1 Bett, 2 Kissen.
    Zeugen des Bräutigams: Sein Stiefvater Jochim XY, Dreas XY und Claus XY, Freiwerber;
    Zeugen der Braut: Peter XY, Pfarrer Burchard XY ihrer Mutter Bruder; Henning XY ihr Oheim, Hans XY und Hans XY .

  • Vielleicht ist es gar nicht so kompliziert, sondern so, wie schon mehrfach angedeutet.


    Copulatio ist der rituelle Akt der Verheiratung.
    "Hochzeit halten" umfasst die gesamte Feierlichkeit, die tagelang dauern kann.


    Es finden sich viele historische Verbote dieser Art: "Niemand soll bei ...Rthr. Strafe über 4 Tage Hochzeit halten."


    Man kann 4 Tage lang feiern, aber man kann nicht 4 Tage lang "copulirt" werden.
    Das ist der Unterschied!

    Viele Grüße
    h :) nry


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    Was kann man von Menschen erwarten, die den Beginn eines neuen Jahrtausends ein Jahr zu früh gefeiert haben?

  • Hallo Henrywilhelm,


    damit wäre wohl ziemlich eindeutig geklärt, dass mit "Hochzeit" tatsächlich die "weltlichen" Feierlichkeiten gemeint waren :)


    Herzlichen Dank an alle an der Diskussion Beteiligten!


    :danke:

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)