Instmann = grundsätzlich ein verheirateter Gutsarbeiter ?

  • Hallo,


    die Begrifflichkeiten Instmann, Deputant und Scharwerker sind mir soweit bekannt.


    Mir geht es aber darum, ob ein Instmann grundsätzlich verheiratet sein musste, um auf dem Gut eine "Inst" zu bekommen. Hintergrund ist eine Abschrift einer Heirat von einem Vorfahren, darin steht: Auf Grund des kirchlichen Trauungs-Registers wird hierdurch amtlich bescheinigt, dass der Instmann ..... mit ..... am .... in der hiesigen Kirche getraut worden ist.


    Hieraus lässt sich aus meiner Sicht interpretieren, dass der Ehemann bereits verheiratet war und als Witwer wieder geheiratet hat. Der Instmann lebte mit seiner Familie auf dem Gut. Als Lediger wäre er in "jungen Jahren" als Scharwerker bezeichnet worden - später als Losmann oder Knecht (Guts- oder Gespannknecht). Also ich müsste nach der ersten Ehe suchen.


    Wer teilt meine Ansicht oder gab es auch unverheiratete Instmänner ?


    Danke für Eure Unterstützung


    Andreas

  • Hallo Andreas,


    ich habe in meiner Datei auch unverheiratete Insten (SH).


    Wie interpretierst Du eine "Inst“ bekommen?
    Ich kenne den Begriff Inste, Instmann entstanden aus Insate = Insasse, Eingesessener, Einlieger, der in einem Abhängigkeitsverhältnis ohne eigene Wohnung lebt und arbeitet.


    Viele Grüße, Ursula

    Fünf sind geladen, zehn sind gekommen. Ich gieß Wasser zur Suppe und heiß alle willkommen.


    Viele Grüße, Ursula

  • Hallo Ursula,


    also ich nehme Bezug auf die allgemeinen Quellen im Internet - hier ist ein Instmann wie folgt beschrieben:

    Instmann
    (enstmann, vereinzelt ensmann): verheirateter Landarbeiter, der mit
    einem Arbeitgeber, d.h. einem größeren Bauern oder Gutsbesitzer, einen
    Arbeitsvertrag für längere Zeit, mindestens 1 Jahr, abgeschlossen hat.
    Er hat außer einem bescheidenen Barlohn für geleistete Arbeit freie
    Wohnung in dem Insthaus des Arbeitgebers, freies Brennmaterial (Holz,
    Torf), einen Hausgarten, ein Stück Acker, auf dem der Kartoffeln oder
    auch Getreide anbauen kann, Weide für eine Kuh, 1-2 Schafe, 1-2
    Schweine, dazu ein Fuder Heu, Brot- und Futtergetreide, und das Recht,
    eine beschränkte Anzahl von Hühnern zu halten. Als Gegenleistung für
    Wohnung, Land usw. hat er im Laufe des Jahres eine im Arbeitsvertrag
    genau festgelegte Anzahl von Arbeitstagen abzuleisten. Er ist ferner
    verpflichtet, einen oder mehrere Scharwerker als Arbeitskräfte zu
    stellen.
    Das sind meistens die Frau und die arbeitsfähigen Kinder des Instmannes.
    Wenn die Frau wegen kleiner Kinder oder aus gesundheitlichen Gründen
    nicht arbeiten kann, muß der Instmann fremde Arbeitskräfte als
    Scharwerker stellen, die bei ihm wohnen und beköstigt werden
    .


    Außerdem habe ich das Buch von Oskar Mullert "Vierundzwanzig ostpreußische Arbeiter und Arbeiterfamilien" - hier wird auch auf die Stellung eines Instmannes Bezug genommen. Aus diesen Aufzeichnungen geht hervor, dass ein Instmann zwangsläufig verheiratet sein musste bzw. eine Familie haben musste. Bei den Aufzeichnungen gab es lediglich eine Ausnahme, eines unverheirateten Instmannes - hier hat die Mutter den Haushalt geführt und der Vater hat aufgrund seines Alters seine Arbeitsleistung als Scharwerker erbracht. Also es musste eine Haushaltsführung vorhanden sein, die ein lediger Landarbeiter nicht erbringen konnte.
    In dem Buch wird ausdrücklich zwischen den verheirateten und unverheirateten Landarbeitern unterschieden, daher meine Interpretation, dass ein Instmann immer verheiratet sein musste.


    Vielleicht gibt es noch andere Quellen


    Gruß


    Andreas

  • Hallo Andreas,


    ich glaube, wir reden aneinander vorbei.
    Inste oder Instmann ist geklärt und vielfach im Netz zu finden. Deine Frage war doch, ob ein Instmann erst verheiratet sein muss, um eine „Inst“ zu bekommen.
    Eine Inst kann man aber nicht bekommen, sondern man ist einer. Der Gutsbesitzer kann einen Inste/Instmann bekommen.


    Ich denke, Inste in SH und Instmann in Ostpreußen haben die gleiche Bedeutung.
    Aber da ich sehr wissbegierig bin, lerne ich gerne dazu.


    Viele Grüße, Ursula

    Fünf sind geladen, zehn sind gekommen. Ich gieß Wasser zur Suppe und heiß alle willkommen.


    Viele Grüße, Ursula

  • Hallo Andreas,


    im Wörterbuch der Brüder Grimm, Band 10, Spalte 4 steht:
    "instmann, m.einlieger, inquilinus, der in eines andern hause wohnt und keine güter im dorfe hat.Frisch1, 489a, als pommersches wort. plur. instleute. vgl. inste"
    Ein Instmann (Mann! nicht Paar o.ä.) kann selbstverständlich ledig sein.


    Gruß
    Detlef

  • Hallo Ursula,


    Du hast Recht - ich habe mich unglücklich ausgedrückt. Mit "Inste bekommen" habe ich gemeint - der Instmann in Ostpreußen bekam im Rahmen seines Arbeitsvertrages auf dem Landbesitz des Gutsherrn eine Wohnung zur Verfügung gestellt und ein Stück Land, auf dem er in Eigenwirtschaft z. B. Kartoffeln anbauen konnte oder Kleinvieh halten konnte - ein solcher Vertrag mit einem "Instmann" konnte aus meiner Sicht nur mit einem verheirateten Gutsarbeiter geschlossen werden, da im Arbeitsvertrag auch die Arbeitsleistung der Ehefrau geregelt wurde. Auch die Bereitstellung eines Scharwerkers (z. B. eigenes Kind oder wenn nicht vorhanden "jugendlicher Arbeiter/-in) wurde in diesem Vertrag geregelt.


    Unverheiratete Taglöhner/Losmänner/Knechte lebten in Ostpreußen im Haushalt des Gutsbesitzers und wurden von diesem verköstigt bzw. ihnen wurde eine Schlafstätte zur Verfügung gestellt. Der Unverheiratete bekam seinen Lohn direkt von dem Gutsbesitzer, aber außer sein tägliches Essen und dem Schlafplatz keine Naturalien. Die Scharwerker lebten im Haushalt des Instmannes und wurde von diesem auch bezahlt.


    So zumindest steht es in dem erwähnten Buch von Oskar Mulert.


    Viele Grüße


    Andreas

  • Hallo Andreas!


    Mich selbst hat die Unterscheidung und Klärung zu den Begriffen in eigener Familienforschung sehr beschäftigt: Wer und was waren Instleute; was war ein Deputat?
    Meine Grossmutter lebte als Witwe mit zwei Söhnen bis 1945 im Insthaus des Bauern, für den sie u.a. arbeitete. Bis zu drei und mehr Familien teilten sich so ein Insthaus, mitunter eine Küche und ansonsten Schlafkammern bzw. kleine Stuben. Sie wurden als Instleute bezeichnet. Gleichfalls räumte der Bauer ihnen ein Deputat ein. Wie bereits vorab beschrieben, stellte dieses Deputat die Wohnung und Mitteln zur Haushaltsführung sein. Dies konnten Fette, Rüben, Kartoffeln, Holz, Saatgut, Getreide und Fleischgaben etc. anteilig sein.
    Als Lohnausgleich bestand das Deputat darüber hinaus aus weiteren Möglichkeiten zur Selbstversorgung: So konnte ein Hausgarten beackert werden und je nach Möglichkeit konnte ein Schwein, Hühner, Kaninchen und im Glücksfall ein Rind gehalten werden.


    Nicht nur nach dieser mündlichen Überlieferung möchte ich die These: Ein Instmann - grundsätzlich verheiratet? verneinen. Aus den Stellenanzeigen des Preußisch Eylauer Kreisblatt 1886 -Zitat-:


    Zwei Instleute oder Hochmiether, ein verheirath. Müller und ein Knecht findet zum 1. April Unterkommen bei Gr. Waldeck per Domnau


    Instleute werden zu Michaeli d. J. gesucht und ihnen das Dreschverdienst von Michaeli nachträglich verabreicht. Dom. Grunenfeld bei Braunsberg


    Ein Instmann findet zu Michaeli d. J. Wohnung bei Gallingen per Rositten -Zitat Ende-


    Diesen Anzeigen gegenüber, in denen nicht expliziet verheiratete Instleute gesucht werden erscheinen durchaus solche, in welchen expliziet nach verheirateten Schäfern, Kämmerern, Losmännern, Kutschern oder Schmieden gesucht wird.


    Instleute erscheinen mir neben Losmänner, Hofgängern und wie die Bezeichnungen offiziell auch lauten mochten einem rechtlosen und willkürlichem Status der Bauern und Gutsbesitzer ausgesetzt gewesen zu sein. Verheiratete mit vielen zu stopfenden, nicht arbeitsfähigen Mäulen müssen eher eine Belastung für den Arbeitgeber dargestellt haben. In bestimmten Konstellationen, also sittsam verheiratet und mit kräftiger Frau und fleissigen Kindern, mag dies auch ein Vorteil gewesen sein. Grundsätzlich waren sie auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, wie gross das Gehöft des Bauern war (in Ostpreußen gab es nicht nur Grossgrund- und Gutsbesitzer), wie gut er wirtschaftete und ob er seine Arbeiter auch über die Säe- und Erntezeit hinaus beschäftigen konnte. Ansonsten wurden sie wieder zu Tagelöhnern. Arbeitsverträge bzw. Sozialversicherungen waren in Ostpreußen bis in die 1940er oft nicht gebräuchlich.


    Insthäuser wurden in Ostpreußen übrigens speziell und gezielt für die Arbeiterschaft in den 1920 -1930ern durch staatliche Subventionierung erbaut. Erst dies schaffte erste Sicherheiten für die Instleute, die dann zu Arbeitern wurden.


    Viele Grüsse
    Ännchen

    Viele Grüsse


    Ännchen
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    Ahnen- und Familienforschung in Nord-Ostpreußen: Pr. Eylau, Königsberg Land/Stadt, Heiligenbeil, Bartenstein
    Familie in Ostpreußen

  • Hallo Ännchen,


    vielen Dank für die ausführliche Antwort und Deine Argumente - man merkt auch deine emotionale Beziehung zu diesem Thema. Auch meine Vorfahren waren Gutsarbeiter, mit jeweils unterschiedlichen rechtlichen und gesellschaftlichen Stellungen.


    Für mich war das Buch von Oskar Mulert sehr aussagekräftig und ich kann es nur jedem empfehlen, der mehr Informationen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Arbeiterfamilien in Ostpreußen erfahren möchte. Auch die Entwicklung vom Landarbeiter zum Stadtarbeiter - hier Königsberg - ist hoch interessant.


    Ich habe noch ein wenig gesucht und folgenden Link der Uni Osnabrück über die Dissertation von Martina Elisabeth Mettner aus Bremen mit dem Titel - Der Wandel der sozialen Beziehungen zwischen Gutsherren, Instleuten, Bauern und unterbäuerlichen Schichten im Samland nach der "Bauernbefreiung" gefunden - nachdem der Link im Internet zugänglich ist, gebe ich ihn hier weiter: https://repositorium.uni-osnab…2481/1/thesis_mettner.pdf
    Ab Seite 131 Punkt 3.3.2 sind die Verhältnisse u.a. der Instleute beschrieben - auch hier ist nicht klar zu erkennen, wie die familiären Verhältnisse aussehen mussten. Ich denke weiterhin, aufgrund der vorliegenden Berichte und Informationen, dass von der Tendenz Instmänner verheiratet waren (nicht verheiratet sein mussten), wobei es wie immer im Leben viele Ausnahmen gab. Die vertragsrechtlichen Erfordernisse - Stellung von Arbeitskräften, Eigenbewirtschaftung, Haushaltsführung usw. waren nur im Familienverband leistbar.


    Ich bin bisher davon ausgegangen, dass mein aufgeführter Vorfahre ledig war und es seine 1. Ehe als Instmann war - dabei bleibe ich jetzt auch erst einmal.


    Vielen Dank an alle und viele Grüße


    Andreas