Nachmittags acht Uhr???

  • Hallo Allerseits,


    mir liegt eine Geburtsurkunde aus dem Jahr 1879 vor. Dort steht - absolut eindeutig - geschrieben, das "..Nachmittags um acht Uhr ein Kind weiblichen Geschlechts geboren worden sei ..." usw..


    War das damals eine gängige Schreibweise? Sollte das 20.00 Uhr heißen und gehörte das noch zum Nachmittag? Oder war es nur ein Schreibfehler???


    Wäre schön, wenn mir jemand weiterhelfen könnte.


    Einen schönen Tag u. Gruß


    William

  • Hallo William,


    zweimal JA: ja, gängige Schreibweise und ja, diese Zeitangabe ist heute 20 Uhr.


    Es ist regional ein wenig unterschiedlich, wie lange eine Zeit "nachmittag" ist, z.T. wird ab 18 Uhr als "6 Uhr abends" bezeichnet.
    Die Bezeichnung "nachmittags acht Uhr" lässt sich gut erklären, wenn man es als "nach Mittag" versteht.
    Ganz ähnlich ist das ja in englischsprachigen Ländern, in denen es die 12-Stunden-Zählung gibt - mit dem Zusatz a.m. (ante meridiem) bzw. p.m. (post meridiem).
    Vielleicht kann ein Lateiner mal erklären, ob / wie weit das einem "vor Mittag" bzw. "nach Mittag" entspricht.


    Am Rande: Großbritannien hat wohl offiziell vor einiger Zeit auf die 24-Stunden-Zählung umgestellt, meine Freunde dort kümmert's nicht. Sie bleiben bei der traditionellen Art.
    In Deutschland (und wahrscheinlich überall sonst auch) war die Bahn der Impulsgeber für Probleme mit der Zeit. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in Deutschland noch zig Ortszeiten.
    Erst durch die Bahn wurde die Notwendigkeit einer einheitlichen, deutschlandweiten Zeit erkannt und dann auch festgelegt. Die war noch in der 12-Stundenzählung. Alte Fahrpläne sagen noch 8 Uhr VM und 8 Uhr NM.
    Die 24-Stundenzählung wurde in Deutschland offiziell erst um 1927 eingeführt (da bin ich mir nicht ganz sicher).

    Freundliche Grüße
    Jörg


    Berlin und Umgebung: Mohr, Hartung, Zienicke, Krusnick, Grünack, Linto (vor 1750); Magdeburger Börde (rund um Egeln, etwa 1600 - 1800)
    Gera: Dix (vor 1740); Wunstorf: Brandes, Steinmann (vor 1800), Hildesheim: Michael (vor 1800); Gönningen (und Umgebung, vor 1650)

  • Hallo William,


    ich hab inzwischen mal bei Wikipedia reingeschaut - und lag mit der Einführung 1927 ganz gut:
    Zitat: "Die Einführung der 24-Stunden-Uhrzeitangabe in Deutschland erfolgte im Bahnfernverkehr zum 15. Mai 1927."


    Allerdings ist hier die Einschränkung auf den Bahnfernverkehr (als Interessierter an Bahngeschichte hab ich die Jahreszahl wohl von daher im Hinterkopf gehabt ;) )!
    Was bedeutet, dass meine Aussage "wurde in Deutschland eingeführt" vermutlich so nicht richtig ist. Ich habe leider dazu (noch) nichts genaueres gefunden.

    Freundliche Grüße
    Jörg


    Berlin und Umgebung: Mohr, Hartung, Zienicke, Krusnick, Grünack, Linto (vor 1750); Magdeburger Börde (rund um Egeln, etwa 1600 - 1800)
    Gera: Dix (vor 1740); Wunstorf: Brandes, Steinmann (vor 1800), Hildesheim: Michael (vor 1800); Gönningen (und Umgebung, vor 1650)

  • Hallo Detlef, Hallo Joerg,


    nochmals DANKE für Eure Antworten. Aber jetzt habt Ihr mich tatsächlich angesteckt. Ich habe einen LInk gefunden, aus dem hervorgeht, dass in Hessen - WIE ÜBERALL IN DEUTSCHLAND - die 24 Stunden tatsächlch am 15.5.1927 eingeführt wurden. :thumbsup:



    Einführung der Tageszeitangabe zu 24 Stunden, 15. Mai 1927
    In Hessen wird, wie überall in Deutschland, die "24-Stunden-Uhrzeit" eingeführt. Während man bis bei zweimal 12 Stunden pro Tag jeweils angeben musste, ob man vormittags oder nachmittags meinte, ist die Zeitangabe nun eindeutig. Bei der genauen Zeitangabe spielen vor allem die Bahnhofsuhren, die in der Regel täglich überprüft werden, eine wichtige Rolle.
    (OV)
    Belege http://www.lagis-hessen.de/de/…iO3M6OToiMTUuNS4xOTI3Ijt9


    Empfohlene Zitierweise„Einführung der Tageszeitangabe zu 24 Stunden, 15. Mai 1927“, in: Zeitgeschichte in Hessen <http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/edb/id/3172> (Stand: 3.6.2012


    Schönen Abend u. Gruß


    William