Fragwürdiges aus einem Lehnsbrief

  • Hallo allerseits,


    mir sind in einem Lehensbrief der adligen Familie Zenge (zu Obergebra, Pustleben und Mackenrode/Hohnstein) zwei recht merkwürdige Formulierungen aufgefallen, zu denen ich gerne eure Meinung hätte.


    Merkwürdige Formulierung Nr. 1:
    Im Text taucht mehrfach die Formulierung "so darbevorn XY zugestanden" auf (wobei man sich für XY den jeweiligen, wohl nichtadligen Vorbesitzer denken muss).

    Meine Frage dazu:

    Sehe ich es richtig, dass mit dem Lehnsbrief der Besitz von den Vorbesitzern auf die v. Zenge übertragen wurde, d.h. die Vorbesitzer oder ihre Nachkommen (weil sie ihren Besitz ja anscheinend nicht verkauft haben - wo das geschehen ist, wurde es auch mit angegeben) zugunsten der v. Zenge enteignet wurden?
    Möglicher Hintergrund: die v. Zenge dieses Familienzweiges waren noch nicht all zu lange Lehnsnehmer der Grafen von Hohnstein (von denen dieser Lehnsbrief stammt) und es wurde möglicherweise auf diesem Wege versucht, für sie ein angemessenes Einkommen zu schaffen (einige andere Güter - auch Rittergüter - hatten sie käuflich erworben).

    Merkwürdige Formulierung Nr. 2:

    "Item Hanß Hahn zu Elende zinsest von dreyen Huefen Landeß drey Marckscheffel Rocken, item drey Scheffel Rocken, dieselbige drey Scheffel Rocken seindt umb zwölff gulden wiederkäufflichen".


    Meine Fragen dazu:
    a) gab es einen Unterschied zwischen "Scheffel" und "Marckscheffel"?
    b) hat Hanß Hahn die an zweiter Stelle genannten drei Scheffel ebenfalls als Zins zu leisten, oder leistet diese eine anonyme andere Person?
    c) verstehe ich es richtig, dass das "wiederkäufflich" bedeutet, dass der Zinszahler den als Zins gegebenen Roggen für den genannten Geldbetrag zurückkaufen darf, kann oder muss? Anders formuliert: entscheidet der Zinszahler, der Zinsempfänger oder jeweils beide im Konsens darüber, ob ein Rückkauf erfolgt?


    Viele Grüße!

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Sehr geehrter Sbriglione,
    um Antworten auf Ihre Fragen zu geben, wäre es notwendig, den gesamten Lehensbrief zu lesen. Dann könnten evtl. die Zusammenhänge besser erkannt/gelesen werden. So, aus dem Zusammenhang herausgenommen, ist es unheimlich schwierig.


    Mit freundlichen Grüßen
    Hartmut Passauer

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  • Hallo Herr Passauer,


    auf die Wiedergabe des Gesamttextes habe ich verzichtet, weil er recht lang ist und dabei die von mir herausgehobenen Punkte all zu leicht untergegangen wären.


    Zum weiteren Verständnis möglicherweise wichtige Punkte:


    - die Belehnung erfolgt ohne weitere Begründung einige Monate, nach dem der älteste Sohn des ersten Lehnsnehmers aus der Zenge-Sippe (der selbst keine Söhne hatte) gestorben war.
    - bei dem konkreten Dokument selbst handelt es sich um den "Lehnsreversbrief", der ausschließlich vom einzigen noch lebenden Sohn des ersten Lehhnsnehmers unterschrieben und gesiegelt wurde.
    - der Schreiber des Lehnsreversbriefes wird ausdrücklich in seiner Eigenschaft als ältester Sohn des ersten Lehnsnehmers "zu mitbehuff seiner Vettern" (die alle mitsamt ihrer verstorbenen Väter namentlich aufgeführt werden und tatsächlich seine noch minderjährigen Neffen waren) und deren künftiger männlichen Leibes-Lehnserben belehnt.
    - Sowohl Scheffel, als auch Marckscheffel tauchen immer wieder als Maße für den Getreidezins auf, aber außer in dem genannten Ausnahmefall, nie so, dass (wie es im genannten Fall den Anschein hat) ein und dieselbe Person sowohl mehrere Scheffel, als auch mehrere Marckscheffel des gleichen Getreides zu zahlen hat.
    - die Güter, bei denen es im Dokument geht, waren zumindest nach meinem Eindruck allesamt Güter, die der Vater des Unterzeichners knapp 50 - 60 Jahre vorher erworben hatte (die Geschwister des Unterzeichners und auch dieser selbst haben später weitere Güter erworben, für die es aber eigene Lehnsbriefe und Lehnsreversbriefe gibt).


    Ich hoffe, diese Punkte helfen dabei, die eine oder andere Frage leichter aufklären zu können.


    Mit freundlichen Grüßen
    Giacomo Sbriglione


    P.S.: um noch ein möglicherweise interessantes Detail nachzutragen: der lehnsgebende Fürst, Ludwig Christian (Graf zu Sayn, Wittgenstein und Hohnstein, Herr zu Homburg, Vallender, Neumagen, Lohra und Clettenberg) taucht zumindest in Max Wilbergs Regententabellen (von 1906) nicht als regierender Graf auf...

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Sbriglione ()