Seltsame Patenschaft im Jahre 1646 (Pate im Kindesalter oder Adliger, bei dem das "von" vergessen wurde?)

  • Hallo allerseits,


    ich bin bei der gezielten Durchsicht der frühen Taufregister von St. Johannes zu Wernigerode auf eine Patenschaft gestoßen, die mir ziemlich seltsam vorkommt:


    Gesucht hatte ich nach Taufeinträgen und Patenschaften zur Zeit des 30jährigen Krieges, die ich in einen sicheren Zusammenhang mit (mir bekannten) Mitarbeitern des Deutschen Ordens und/oder Familienangehörigen des Langelner Ordenscomturs Arndt v. Sandow bzw. dessen Konkubine bringen könnte.


    Fündig geworden bin ich dabei nur in einem einzigen Fall, einer Kindstaufe eines Valentin Achtermann aus dem Jahre 1646. Valentin Achtermann war (wenn das auch im Taufeintrag nicht erwähnt wird) ein enger Mitarbeiter des Langelner Comturs und lebte auch nach meinem bisherigen Wissensstand zeitgleich mit diesem und seiner Konkubine in der Neustadt von Wernigerode.
    So weit, so nachvollziehbar.
    Was mir aber ziemlich seltsam vorkommt: einer der Taufpaten seines Sohnes war ausgerechnet ein Wilhelm Sandow (leider - auch das interessant - ohne irgendwelche Verweise auf dessen mögliche Eltern oder externe Herkunft, obwohl das Kirchenbuch bei jüngeren und bei externen Paten um diese Zeit ausführlicher ist). Der einzige Wilhelm Sandow, von dessen Anwesenheit in Wernigerode ich weiß (sonst kommt der Name zumindest im Stadtviertel NICHT vor) war nun mein Vorfahre gleichen Namens, der als Sohn des Comturs mit Sicherheit mit Valentin Achtermann Kontakt hatte - aber im Jahre 1646 erst acht Jahre alt war!!!


    Die einigen Sandows bzw. Sandaus, die ich bisher überhaupt in der Region gefunden habe, waren allesamt Nachfahren des Arndt v. Sandow. Andererseits hat dessen jüngerer Bruder Wilhelm v. Sandow im Jahre 1646 in der Nähe von Wernigerode geheiratet (war aber meines Wissens nie in Wernigerode ansässig)...


    Wäre es denkbar, dass der Kirchenbuchschreiber das "von" vergessen hat (hinter dem Namen Wilhelm steht immerhin ein Punkt) und es sich somit um den Bruder meines Vorfahren handelt? Oder gibt es doch Beispiele, in denen Adelssprösslinge schon im Kindesalter als Taufpaten auftreten (Wilhelm Sandow wurde durch seinen Vater als Adliger erzogen und sein Vater hätte ihn auch gerne als Adelssproß legitimieren lassen)?


    Ich bin gespannt auf eure Rückmeldungen!

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • [size=10]Hm! Eine interssante Frage. Ich ergänze gerade ein paar Ahnen. Der Stammvater war Gutsverwalter und hatte ein VON vor dem Namen. Bei Taufen inerhalb seiner Familie (Kinder seiner Geschwister, Enkel) wurde das "VON"verschwiegen. dafür steht dann Pate: "Der Herr XY, Königl. Gutsverwalter des Klosterhofes. Bei den Taufen der Kinder der Gutsangestellten erscheint sein VON. Über die Bezeichnung Herr XY innerhalb der Familie, habe ich mich gewundert. Mir ist noch etwas aufgefallen. Die Eintäge um 1647: hier haben die Kinder oft (je nach Stand der Eltern, Knechte, Schäfer, Mägde) zwischen 8 und 21 !!!! Paten. So wurde ihre Versorgung sicher gestellt. Nehme ich an. Bei den Huf-und Waffenschmieden nebst der Verwalter gab es 3 Paten.

  • Hallo Louisa,


    wie heißt denn Deine Vorfahrenfamilie, bei der das "von" teils mitgeschrieben und teils verschwiegen wird?


    Ich selbst habe einige adlige Vorfahrenfamilien (niederer ritterlicher Adel), bei denen das "von" auch gelegentlich weg gelassen wurde (und zwar zumeist in älteren Dolumenten).
    Häufig hat das schlicht den Hintergrund, dass das "von" ursprünglich nicht als Adelsprädikat angesehen, sondern zur näheren örtlichen Zuordnung genutzt wurde (Beispiel: eine Familie "von Bremen", von der in direkter männlicherLinie u.a. die Familie "von der Hude" abstammt; eine Familie "von Bederkesa", von der u.a. auch eine Familie "von Elmlohe" in direkter männlicher Linie abstammt).
    Daneben gibt es dann Familien gleichen Standes, wie beispielsweise die Familien "Zenge", "Klencke" (und meines Wissens auch "Knigge"), bei denen das "von" erst releativ spät und nur gelegentlich mitgeschrieben wurde, weil diese Namen ursprünglich keinen Bezug auf einen bestimmten Ort hatten.


    Leider - und da wird es auch für mich wieder seltsam - habe ich aber auch (im Brandenburgischen) eine Vorfahrenfamilie (von) Schönermarck, bei der das "von" teils ebenfalls fehlt, obwohl es sich zumindest bei meiner Linie ebenfalls um eine "ritterbürtige" Adelsfamilie handelte und es in der Region sogar mehrere Orte mit dem Namen "Schönermarck" gibt.
    Keine Regel ohne Ausnahme? Oder wurde das "von" da teilweise aus Faulheit weg gelassen? Zumindest in Lehnsregistern (die einen nicht unwesentlichen Anteil der Dokumente ausmacht, bei denen ich das Fehlen des "von" festgestellt habe) fehlt dieses Wort gelegentlich auch bei anderen Adelsfamilien, bei denen es eigentlich Namensbestandtteil sein müsste.


    Um aber auf mein Ausgangsthema zurück zu kommen:
    da habe ich es bei Patenschaftseinträgen bisher immer so erlebt, dass mein Vorfahre Arndt v. Sandow mit seinem Namen, dem "von" und mit seinem Titel bezeichnet wurde, sein Bruder Wilhelm ebenfalls immer mit dem "von" - und selbst mein als Kind einer Konkubine "illegitimer" Vorfahre Wilhelm Sandau vereinzelt mit dem "von" geehrt wurde (in Orten, in denen sein Vater etwas "zu sagen" hatte). Wenn der Pate Wilhelm Sandow von 1646 mit dem Bruder meines adligen Vorfahren identisch sein sollte (und nicht mit dessen Sohn) wäre das zumindest ungewöhnlich, wenn nicht sogar als planmäßige "Herabwürdigung" gedacht gewesen.
    Wobei ich eine Herabwürdigung leider tatsächlich nicht ausschließen kann: Arndt v. Sandow hat sich in Wernigerode nicht unbedingt beliebt gemacht und sein Bruder soll (aber das habe ich nur aus einer sehr unsicheren Sekundärquelle des 19. Jh., wenn es sich auch in anderen Akten andeutet) ein ziemlicher "Hallodri" gewesen sein...


    Viele Grüße
    Giacomo

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Hallo,


    da Sandow eine Ortsbezeichnung ist, kann es durchaus sein, dass einer der Vorfahren aus Sandow stammte. Ich habe hier im Alten Land bzw. Land Kehdingen (Unterelberegion) einen ähnlichen Fall: Der Name von Stemm kommt hier auch als Stemm, von Stemmen und Stemmen vor. Es handelt sich nicht um eine adelige Abstammung. Stemmen ist eine Ortsbezeichnung. Und mit dem „von” (bzw. mit der Endung -en), auch innerhalb einer Familie (!), hat man es damals nicht so genau genommen.

  • Hallo Jens,


    dass meine Vorfahrenfamilie v. Sandow adlig war, steht komplett außer Zweifel.
    Bereits die Tatsache, dass mein Vorfahre Arndt v. Sandow (nach eigenem eindeutigen Bekenntnis und dem Wissen seiner Umgebung und sogar des Deutschmeisters Leopold Wilhelm von Österreich leiblicher Vater des späteren Mädchenschulmeisters Wilhelm Sandau) Ritter und Würdenträger des Deutschen Ordens war, wäre an sich schon Beweis genug dafür, dass er es war (damals musste bei Aufnahme in den Ritterorden die adlige Abstammung über mehrere Generationen nachgewiesen werden).
    Außerdem hätte Arndt v. Sandow ansonsten keinen Anspruch auf die Titulierung eines "Wohledel geboren, gestreng und ehrenvesten Herrn" gehabt, die Güter der Familie wären wahrscheinlich nicht über mehrere Generationen in Lehnsregistern des Adels ihrer Region aufgeführt worden, es hätte wohl keinerlei Leibgedingebriefe für die Ehefrauen der älteren Generationen gegeben und sie wären weder in den militärischen Aufgebotsakten, noch in den damaligen Land- und Kreistagsakten als Mitglieder des ritterlichen Adels geführt worden.


    Mitglieder der Adelssippe v. Sandow lassen sich aufgrund ihres gelegentlichen Auftretens als Zeugen von Verträgen bis ins 13. Jahrhundert nachweisen, wobei man in diesen Fällen allerdings vorsichtig sein muss, weil es zwei Sippen dieses Namens mit deutlich verschiedenen Wappen gab, die aber nach meinem bisherigen Eindruck wahrscheinlich einen gemeinsamen Ursprung hatten.


    Das war aber auch nicht meine Frage und nicht mein Problem: mir ging es - wie ganz oben geschrieben - lediglich um die Frage, ob Wilhelm Sandau (also der Sohn des Deutschordensritters mit einer leitenden Dienstmagd) schon im Alter von acht Jahren eine Patenschaft hätte übernehmen können, oder ob das undenkbar ist und es sich bei dem Paten daher nur um seinen Onkel, den ritterbürtigen märkischen Adligen Wilhelm v. Sandow handeln kann...


    Viele Grüße
    Giacomo


    P.S.: einen direkten Bezug zur Stadt Sandau habe ich bei meinen Recherchen zur Familie übrigens nicht gefunden, aber dafür in einzelnen Adelslexika gelesen, dass sich der Name auch nicht unbedingt auf die Stadt beziehen muss, da es in der Herrschaft Ruppin viele Wüstungen gibt, deren Namen sich nur zum Teil überliefert haben und von denen eine durchaus den gleichen Namen hätte haben können.

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