Hauswirthinn

  • Guten Abend an Alle,


    ich habe in Heiratsurkunden unter Stand mehrfach die Bezeichnung "Hauswirthinn" gefunden.


    Meine Frage: handelte es sich hier um eine "normale" Hausfrau im eigenen Haus oder um eine Hausangestellte (wie z.B.Hauswirtschafterin) in einem fremden Haushalt?


    Bin gespannt auf Eure Antworten.


    Gruß u. einen schönen Abend wünscht


    William

  • Hallo William,


    im Krünitz finde ich folgenden Text:


    Haus=Wirth, wird nach den verschiedenen Bedeutungen des Wortes Wirth auch auf verschiedene Art gebraucht.
    1. Ein Ehemann, eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Und da Urias Weib hörte, daß ihr Mann Uria todt war, trug sie leid um ihren Hauswirth, 2 Sam. 11, 26.


    2. Das Haupt der häuslichen Gesellschaft, der Hausvater, oder Hausherr, wo dieses Wort nur von Hausherren geringern Standes gebraucht wird. Da er herzu brachte einen Hauswirth nach dem andern, Jos. 7, 17. Wo ihr eingehet, da sprecht zum Hauswirthe u. s. f. Marc. 14, 14. In weiterer Bedeutung auch in Beziehung auf die Art und Weise, wie er seiner Haushaltung vorsteht. Ein guter, ein schlechter Hauswirth, wo auch nur das einfache Wirth üblich ist.


    3. Der Herr oder Eigenthümer des Hauses, der Hausherr, im Gegensatze der Hausgenossen, Haus=Leute oder Miethleute; wo es nur im g. L. von Hausbesitzern geringern Standes gebraucht wird.



    Haus=Wirthinn , das weibliche Geschlecht des vorigen, welches in eben so vielen verschiedenen Bedeutungen vorkommt.
    1. Einer Ehefrau, ein gleichfalls veralteter Gebrauch.


    2. Der Hausfrau oder Hausmutter, der Gebietherinn in der häuslichen Gesellschaft, in Beziehung auf die Führung der Haushaltung, so wie sie in Betrachtung der Kinder Hausmutter, und in Verhältniß auf das Gesinde Hausfrau heißt.


    3. Die Eigenthumerinn eines Hauses, im Gegensatze der Miethleute.


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    Aus meinen Recherchen in Berliner Adressbüchern (ab 1799) weiß ich, dass dort der Begriff des Hauswirts immer im Sinne "Eigentümer" verwendet wird.
    Das mag ein Sonderfall sein, da in Berlin die Anzahl der Häuser mit mehreren Wohnungen (= Mietwohnungen) wesentlich größer war/ist, als in anderen Orten.
    In kleinen Städten und Dörfern dürfte der Punkt 2 der Krünitz-Erklärung zutreffen.
    Ob, wie und wann sich dort ein Bedeutungswandel vollzog, weiß ich nicht.

    Freundliche Grüße
    Jörg


    Berlin und Umgebung: Mohr, Hartung, Zienicke, Krusnick, Grünack, Linto (vor 1750); Magdeburger Börde (rund um Egeln, etwa 1600 - 1800)
    Gera: Dix (vor 1740); Wunstorf: Brandes, Steinmann (vor 1800), Hildesheim: Michael (vor 1800); Gönningen (und Umgebung, vor 1650)

  • Im norddeutschen Raum (insbesondere M-V, aber auch S-H) noch eine andere Bedeutung:


    /Hauswirth/, /Hausmann/: offizielle Bezeichnung für einen Bauern der in der Regel gepachtetes Land bewirtschaftete (Zeitpacht). Im 19. Jahrhundert (ab 1822) wurden Zeitpachtverträge langsam in Erbpachtverträge umgewandelt.


    Quelle:
    eMecklenburg - genealogisches Informationssystem für Mecklenburg
    http://www.emecklenburg.de/Mecklenburg/l15.php?berufe


    Gruß
    Jens Tauschwitz
    Norderstedt