Die Hoffamilien in der ältesten Höfeliste Geesthachts im Amts- und Landbuch des Amtes Lauenburg von 1618

  • Quellen: 1.) Dr. Johann Friedrich Voigt (1885), in: Mittheilungen des Vereins für Hamburgische Geschichte, Bd. 3, Jg. 8 (1885), Heft 11/12, Hamburg 1885, S. 164 und 165: ,,Ampt- und Landtbuch zur Lowenburgh" (Ao. 1618, fol. 103, 104). 2.) Transkription des Ablager- und Verbittelgeldregisters des Amtes Lauenburg (,,Ampt- und Landtbuch zur Lowenburgh“) ao. 1618, abgerufen am 06.03.2016 unter: Kreismuseum Herzogtum Lauenburg, http://www.kmrz.de/lh_archivba…texte_1891/lh_1891_01.htm


    Bearbeiter: Andree Peterburs, 06.03.2016.



    Die Hufner und Kätner zu Geesthacht nach dem Verbittelgeldregister im Amts- und Landbuch des Amtes Lauenburg von 1618


    Das Dorf Geesthacht hatte an das fürstliche Amt Lauenburg jährlich das Ablagergeld in Höhe von 48 Talern und 16 ß auf Ostern zu zahlen. Zusätzlich war an das fürstliche Amt Lauenburg das Verbittelgeld in der Summe von 4 Talern und 16 ß auf Johannis zu entrichten. Im ,,Ampt- und Landtbuch zur Lowenburgh“ aus dem Jahre 1618 werden 21 Namen der Geesthachter Hufner und Kätner aufgelistet, die Verbittelgeld zu zahlen verpflichtet waren. Während bei den 15 oder 14 (?) Kätnern im Dorf eine Abgabe von 4 Schilling erhoben wurde, mussten 4 Hufner den Betrag von 8 Schilling leisten. Zwei Hufnern wurde die Abgabe von 24 Schilling auferlegt. Ein Hufner (?) musste möglicherweise nur 4 Schilling zahlen. Interessant an der Auflistung ist auch, dass der Hufner Lütke Ricke (Ludtke Rickke) als ,,Fürstl. Gn. Bawermeister“ (demnach also Bauermeister zu Geesthacht für Sachsen-Lauenburg) bezeichnet wird, der verpflichtet wurde, jährlich ein Schwein zu geben, wenn Mastung ist. Dagegen wird der Name des im Jahre 1618 für die beiden Städte Lübeck und Hamburg amtierenden Vogts Carl (Carloff) Kien zu Geesthacht im Verbittelgeldregister nicht genannt.


    Anmerkung zu falschen Angaben in einiger Sekundärliteratur: Manche Autoren (z. B. Prüß) behaupten, die Liste führte 8 Hufner und 13 Kätner auf. Dies ist nicht richig. Zum einen wird, wie bereits erwähnt, der Vogt Carl Kien nicht angegeben, demnach können also anders als in dem Register aus dem Jahre 1570 keine 8, sondern höchstens 7 Hufner in dieser Liste erscheinen. Zum anderen ist die Annahme mancher Autoren nicht richtig, dass die Liste zunächst alle Hufner und dann im Anschluss darunter alle Kätner auflistet. Diese Annahme erscheint zwar zunächst schlüssig, da der sächsische Bauermeister Lütcke Ricke zuerst genannt wird. Jedoch zeigt schon der Vergleich mit dem Register aus dem Jahre 1570, dass in der Auflistung im Verbittelgeldregister dieses Ordnungsprinzip, wonach zuerst die Hufner und anschließend die Kätner genannt werden, hier nicht existiert! Es bleibt festzustellen, dass 6 oder 7 Hufner aufgelistet werden und 15 oder 14 Kätner! Unterstellt man, dass es wie schon 1570 auch 1618 weiterhin 8 Hufenstellen in Geesthacht gab, würde neben der Hufenstelle, die durch den Vogt besetzt wurde, eine weitere Hufenstelle im Verbittelgeldregister fehlen. Möglicherweise war diese zu diesem Zeitpunkt gerade nicht besetzt oder aber sie wurde unter den anderen Hufnern aufgeteilt. Dies würde vielleicht erklären, weshalb 2 Hufner einen deutlich höheren Betrag leisten mussten gegenüber den anderen 4 Hufnern. Vielleicht hatten diese die Hufenstelle anteilig übernommen. Wahrscheinlicher ist es aber, dass der im Verbittelgeldregister verzeichnete Jochim Brüggemann identisch ist mit dem im Register aus dem Jahre 1598 genannten gleichnamigen Hufner. Somit würde die Hufenstelle nicht fehlen und es wären 7 Hufner und 14 Kätner verzeichnet! Unerklärlich bliebe dann aber bei diesem Hufner die Zahlung von 4 ß anstelle von 8 ß.


    ,,Folgende geben Vorbiddelgeltt“:


    8 ß Ludtke Rickke [Ricke], Itzt Carloff Mölling.
    24 ß Detleff Heineman. Casten Uhrbrock.
    4 ß Jochimb Bruggeman.
    24 ß Carsten Uhrbrock. Hein Uhrbrock.
    4 ß Carsten Godtcke.
    4 ß Christoph Mohlingk [Molling].
    4 ß Frantz Schröder.
    8 ß Baltzer Elvers.
    4 ß Jochimb Möhlingk [Möhling].
    8 ß Heine Reimerster [Reimers].
    8 ß Henneke Bawermeister [Burmeister, Burmester].
    4 ß Peter Harders.
    4 ß Carsten Reimers.
    4 ß Henneke Khyn [Kien].
    4 ß Albrecht Reimer.
    4 ß Clawes Bawermeister [Burmeister, Burmester].
    4 ß Hans Elvers.
    4 ß Clawes Stohff [Stof, Stove].
    4 ß Henneke Chops [Kops].
    4 ß Jochimb Reimers.
    4 ß Peter Ellvers [Elvers].

  • Moin Andree,


    also ist dies eine zusätzliche Abgabe an den Landesherrn.
    Ich habe die Dienstgeldregister 1602 – 1610 aus dem Amt Barmstedt, das Pinneberger Gebiet. Dort werden die Bauern ganz schön zur Kasse gebeten. Von 1 bis 20 Mark plus Schillinge pro Hof. Naturalien mussten sie nicht abgeben, einige aber Hand- und Pflugdienste leisten.


    Harder und Burmeister habe ich auch.


    Viele Grüße, Ursula

    Fünf sind geladen, zehn sind gekommen. Ich gieß Wasser zur Suppe und heiß alle willkommen.


    Viele Grüße, Ursula

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  • Hallo Ursula,


    es handelt sich hier bei dem Verbittelgeld, wie du richtig anmerkst, um eine zusätzliche Abgabe und um ein Relikt aus früheren Zeiten. Das Dorf Geesthacht gehörte zwar seit dem Friedensvertrag von Perleberg 1420 nicht mehr zum Herzogtum Sachsen-Lauenburg, sondern zu den beiden Städten Hamburg und Lübeck, jedoch mussten die Bauern Geesthachts weiterhin Verbittelgeld an das Herzogtum Sachsen-Lauenburg entrichten. Auch behielten die Herzöge das Recht, ein Ablager in Geesthacht zu halten.


    Viele Grüße


    Andree

  • Hallo Andree,


    wer musste denn das Ablager gewähren? Der Vogt oder die reichsten Bauern? Bekamen sie einen finanziellen Ausgleich? Ich kann mir nicht denken, dass es ein Privileg war.


    Viele Grüße,
    Ursula

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    Viele Grüße, Ursula

  • Hallo Ursula,


    das ist eine gute Frage und ich versuche etwas detaillierter darauf zu antworten.


    Im Unterschied etwa zum Bischof von Ratzeburg, dessen Recht auf ein jährliches Ablager sich nur auf einige Gehöfte in Altengamme und Curslack bezog, hatten die Herzöge von Sachsen-Lauenburg ein Recht auf ein jährliches Ablager in der Dorfschaft Geesthacht. Somit musste der Landvogt zu Geesthacht als Vertreter der beiden Städte Hamburg und Lübeck dem Herzog von Sachsen-Lauenburg ein jährliches Ablager gewähren. Die Herzöge leiteten aus dem Ablager-Recht auch das Recht auf Erhebung eines jährlich zu entrichtenden Ablagergeldes ab. Dieses war immer fällig zu Ostern, wenn das Ablager nicht vollzogen wurde. Durch das Ablager entstand der Dorfschaft ein erheblicher Aufwand. Aus der Zeugenvernehmung vom 05.10.1680 geht hervor, dass der Herzog von Sachsen-Lauenburg etwa im Jahre 1580 allen 8 Hufnern und allen fünf Kätnern zu Geesthacht als Entschädigung für die entstandenen Kosten Holz aus dem Sachsenwald spendierte. In der Zeugenvernehmung am 25.06.1605 in Bergedorf gaben die Geesthachter Zeugen an, dass der Herzog von Sachsen-Lauenburg im Haus von Lütcke Ricke das Ablager gehalten habe und dass Lütcke Ricke als Gegenleistung seine Schweine im Land Lauenburg frei zur Mast habe bzw. weiden lassen dürfe. Lütcke Ricke sei zudem als sächsischer Bauermeister vom Herzog ernannt worden (!) und beauftragt, das Ablager- und Verbittelgeld von allen Bauern im Dorf einzusammeln. Weiter sagten die Geesthachter in der Zeugenvernehmung vom 25.06.1605, dass das Ablager erst vollzogen worden sei, nachdem die Diener des Herzogs offiziell einen Antrag bei dem amtierenden beiderstädtischen Vogt Albert Reimers gestellt hätten und ihm eine Gebühr von 1 ß gegeben hätten. Laut Zeugenvernehmung vom 05.10.1680 sollen angeblich demjenigen Geesthachter, der sich weigerte dem Herzog das Ablager zu geben, sogar Strafen gedroht haben. So sagte der Zeuge Carsten Elvers aus, dass sein Urgroßvater Benedict Elvers kein Holzhändler gewesen sei und er sich angeblich geweigert hätte, dem Herzog das Ablager zu geben, woraufhin die Diener des Herzogs dem Benedict Elvers einen Ochsen vom Felde genommen und geschlachtet hätten.


    Quellen: 1.) StAHH, 415-2I, Amt Bergedorf, Pars II Sectio IX Nr. 1 a, 25.06.1605. 2.) StAHH, 415-2I, Amt Bergedorf, Pars III Sectio X Vol. 1 Fasc. 1 b, Amtsprotokoll Bergedorf, Band 3, 05.10.1680, Fol. 174-175.


    Viele Grüße
    Andree

  • Na toll,


    die Bauern wurden quasi gezwungen dem Tross des Herzogs Unterkunft und Verpflegung zu gewähren.
    Immerhin gab es Entschädigung.


    Der Lütke Ricke hat sich wohl durch die Ernennung zum Bauermeister und als Einsammler des Geldes keine Freunde im Dorf gemacht.


    Jetzt bleibt mir nur die Frage, warum wurde Geesthacht als Ablager Ort ausgewählt?


    Viele Grüße, Ursula

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    Viele Grüße, Ursula

  • Hallo Ursula,


    da stellst du eine interessante Frage nach dem Motiv des Herzogs, an dem Ablager-Recht in Geesthacht festhalten zu wollen. Bemerkenswert ist der Umstand, dass trotz der seit 1420 bestehenden Zugehörigkeit Geesthachts zu den beiden Städten Hamburg und Lübeck die Bauern in Geesthacht weiterhin bis in jüngere Zeit dem Herzog von Sachsen-Lauenburg pflichtig blieben. Somit befand sich das Dorf Geesthacht in einer Sonderrolle. Die Verpflichtung der Geesthachter gegenüber dem ehemaligen Landesherrn resultierte aus dessen Recht an den Hufen- und Katenstellen in Geesthacht. Das heißt, dass die Besitzer dieser Hufen- und Katenstellen, sei es durch Erbschaft oder Kauf erworben, dem Herzog pflichtig waren. Das Ablager- und Verbittelgeld war somit eine Reallast. Ob Geesthacht zur Ausübung der Jagd ein geeigneter Ort war und ob der Herzog während seines Aufenthaltes in Geesthacht sich wohl fühlte, ist nicht bekannt. Dr. Voigt vertrat die Ansicht, dass das Ablager-Recht ein für wichtig gehaltenes Hoheitsrecht war. Somit stand vielleicht weniger das Jagdvergnügen im Vordergrund, sondern eher das Motiv, durch die wiederkehrende Anwesenheit des Herzogs mit seinen Hofleuten und dem Jagdgefolge in Geesthacht politische Macht zu demonstrieren und seine Rechte langfristig zu sichern.


    Viele Grüße
    Andree

  • Hallo Andree,


    danke für die ausführlichen Erklärungen.


    Schade, dass meine Vorfahren nicht aus Geesthacht kommen. Dann hätte ich ein wichtiges und interessantes Kapitel dazu fügen können. Sie kamen etwas weiter aus der Barmstedter und Pinneberger Ecke. Wahrscheinlich haben sie aber von der jährlichen „Belagerung“ durch das Gefolge des Herzogs gehört und waren vielleicht froh, nicht in diese Situation kommen zu müssen.


    Viele Grüße, Ursula

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    Viele Grüße, Ursula