Ein Verwandtschaftsproblem zwischen einem v. Zenge und einem v. Berlepsch

  • Hallo allerseits,


    ein von mir heute transkribierter Brief aus dem Jahre 1585 hat mich in eine gewisse Verwirrung gestürzt:


    In dem Brief bat ein Christoph Zenge (ich bin bisher davon ausgegangen, dass er mit meinem Vorfahren gleichen Namens identisch sei, der damals Rat des Grafen v. Hohnstein und Amtshauptmann zu Lohra war, da in den Akten gerade seine Dienste für den Grafen immer wieder hervorgehoben werden) seinen VETTER Hans v. Berlepsch (hessischen Rat und Herr auf Bodungen) um Rat bezüglich der Abgabenbefreiung für sein noch nicht lange und wohl unter falschen Voraussetzungen erkauftes "Gütlein" zu Obergebra.


    Mein Problem und meine Frage betrifft den Verwandtschaftsgrad der beiden:


    1. mein Vorfahre Christoph v. Zenge war nach Auskunft seiner gedruckten Leichenpredigt von 1601 der Sohn eines Dietrich v. Zenge und einer Felicitas v. Hausen. Wenn nun Hans v. Berlepsch sein Vetter war, hätte die Mutter des Hans v. Berlepsch demnach entweder eine v. Zenge, oder aber eine v. Hausen sein müssen.


    2. Hans (III.) v. Berlepsch, seit 1562 Herr auf Bodungen, hessischer Rat etc. war aber nach Auskunft einer von mir als ziemlich zuverlässig erlebten, modernen, gedruckten Genealogie derer v. Berlepsch aber der jüngste Sohn des gewesenen Amtmanns zur Wartburg Hans (II.) v. Zenge und der Beathe v. Ebeleben (die ebenfalls meine Vorfahren sind, da eine Urenkelin dieses Paares einen Enkel des oben genannten Christoph v. Zenge geheiratet hat)...


    Was stimmt nun und wie muss ich die Sache mit dem "Vetter" verstehen, der meinen Vorfahren (?) Christoph v. Zenge nach dessen Aussage schon mehrfach beraten hatte?
    Hat jemand von euch dazu eine Idee?


    Viele Grüße
    Giacomo

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Hallo Simone,


    in der Annahme, dass Du den Grimm-Text auch selbst gelesen hast (ich finde insgesamt recht interessant, was da steht):
    würdest Du es dann eher als "vertrauliche Anrede zwischen Gleichrangigen" verstehen und nicht so sehr als tatsächliche Verwandtschaft?


    Das wäre sicherlich die einfachste Lösung, wobei andererseits die Aussage des Briefes meines Vorfahren, er habe schon mehrfach guten Rat beim Adressaten gesucht und gefunden und die Art, wie er sich ausdrückt (leider fehlt mir der Gegenbrief) eher auf eine zumindest GEFÜHLTE Höherrangigkeit des Adressaten schließen lässt (sei es durch Altersunterschied oder weil jemand, der ein höheres Amt bei einem kleinen Grafen ausübte wohl kaum so mächtig war, wie jemand, der das gleiche Amt bei einem nicht ganz so kleinen Herzog ausübte)...


    Viele Grüße
    Giacomo

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Moin Giacomo,


    wie weit der Begriff Vetter ausgelegt werden kann ist ja ausführlich in Grimms Wörterbuch beschrieben.
    Dein Problem erfordert wohl etwas mehr an Information hier im Forum.
    In dem Zusammenhang wäre sicher auch der Brief hilfreich.
    Mit der Höherrangigkeit musst Du aufpassen, ich habe einige Beispiele bei denen ein König Güter bei Fürsten,Grafen usw. als Lehen empfangen hat.
    Bei Lehen steh der Empfänger dann unter dem Geber (in Angelegenheit der vergebenen Güter) egal welchen Rang Er inne hat.
    Da es bei Dir ja auch um Güter geht könnte ja bei Dir z.B. möglich sein das der Niederrangige dem Höherrangigen doch etwas zu sagen hat. Das kommt nämlich auch darauf an auf wessen Gebiet das strittige Gütlein lag.


    Grüße
    Bernd

  • Hallo Bernd,


    ich habe mir den Brief nochmal angeschaut und bin - abgesehen davon, dass mein Vorfahre der Ratsuchende war (um mehr, als eine Beratung ging es nicht) von meinem Eindruck eines (wenn auch nur geringfügig unterschiedlichen) Ranges abgekommen, stelle mir aber immer noch die Frage, ob die "Vetternschaft" wirklich nur freundschaftlich oder doch auch verwandtschaftlich gemeint war.


    Ich bringe als Beleg einfach mal die Einleitung und den Schluss:


    Einleitung: "Mein freundlich Dienste Zuvorn, Gestrenger Edler undt Ehrenvester freundtlicher lieber gefatter,..." (also die "übliche" Anrede eines Mitglieds des niederen Adels ergänzt von einem Anteil persönlicher Freundschaft und Nähe)


    Abschluss: "... Nochhmals freundtlich bittendt Ihr wollet mir Ewren gutten raht hierin mittheilen, Das bin ich Jeder Zeit freundtlich zu verdienen ganzt willigk" (was streng genommen gleichfalls am ehesten bei Gleichrangigkeit und einem gewissen Vertrauensverhältnis passend gewesen sein dürfte).


    Im Text dazwischen geht es darum, dass der Adressat dem Absender schon häufig durch guten Rat geholfen habe, es wird ein erlebtes Problem einschließlich der damit verbundenen Gefühle (!!!) geschildert und um Rat für den Umgang mit dem Problem gebeten. Ich meine, mich zu erinnern (bin mir darin aber leider nicht völlig sicher), auch andere Briefe in gleicher Sache gesehen zu haben, aus denen hervorgeht, dass Hans v. Berlepsch über das Erteilen eines einfachen Rats hinaus unmittelbar Kontakt zu mindestens einem der beiden Lehnsherren des "Gütleins" aufgenommen hat (zwischen denen es anscheinend auch noch gewisse Differenzen bezüglich der Lehnshoheit gab).


    Sicher kenne ich aber das Ergebnis des ganzen Prozesses:
    Die Dienstbefreiung wurde aufgrund von Geringfügigkeit von BEIDEN Lehnsherren einvernehmlich genehmigt; einige Jahre später verkaufte mein Vorfahre das Gut an ein Mitglied der Sippe seines Beraters weiter.


    Grüße
    Giacomo

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Hallo

    stelle mir aber immer noch die Frage, ob die "Vetternschaft" wirklich nur freundschaftlich oder doch auch verwandtschaftlich gemeint war.


    Das könnte auch eine Kombination aus beidem sein.
    Ich bin auf dem Land aufgewachsen, bei uns war es üblich alle Männer die im Alter des familiären Vetters waren auch als Vetter anzureden.
    Der einzigste Unterschied war das man bei nicht familiären Vettern den Familiennamen vorsetzte.
    Brauche-Vetter, Backfischs-Vetter usw, das hatte bei uns mehr mit Respekt einer Person gegenüber zu tun als mit Familie.
    Der erste Vermieter meiner Eltern hat darauf bestanden das er als Vetter angeredet wird, das war Bestandteil des Mietvertrages. Der Vermieter war um 10 Ecken mit uns verwandt.


    Grüße
    Bernd

  • in der Annahme, dass Du den Grimm-Text auch selbst gelesen hast


    Habe ich natürlich - zumindest soweit um sicherzugehen, dass er möglicherweise hilfreich ist. Welcher Art Deine "Vetternwirtschaft" nun konkret ist, vermag ich auf Grund der wenigen Informationen leider nicht zu sagen.