Das Ende einer Panikattacke - oder: wie mir beinahe eine ganze Ahnenreihe abhanden gekommen wäre...

  • Hallo allerseits,


    wie hoffentlich auch der eine oder die andere von Euch habe ich die Angewohnheit, gelegentlich, wenn auch in längeren zeitlichen Abständen bereits erzielte Forschungsergebnisse nochmal auf Widersprüche und mögliche Fehler zu überprüfen. Das halte ich insbesondere auch deshalb für sinnvoll, weil ich - wie sicherlich auch der eine oder die andere von Euch - in der Frühphase meiner Ahnenforschung noch etwas unbedarft an die Sache herangegangen bin und die Neigung hatte, zwar meine (im Nachhinein betrachtet zumindest in einigen wenigen Einzelfällen geradezu haarsträubend falschen) Ergebnisse zu dokumentieren, nicht aber die Überlegungen, die mich zu diesem Ergebnis geführt haben...


    Nun zum konkreten Fall:
    da ging es um ein Mitglied einer Familie mit einem nicht gerade seltenen Nachnamen (Koch) in einem der von mir zuerst beforschten Orte, zu dem es dankenswerterweise schon ein Ortsfamilienbuch gab, das mir - wie ich damals naiverweise geglaubt habe - schon einiges an Arbeit abgenommen hatte.
    Der Name Koch war auch in dem betreffenden Ort nicht gerade einer der seltensten Namen und es gab ausgerechnet bei einem meiner Vorfahren das Problem, das dieser mit keiner Elternfamilie verknüpft und der Ort seiner Eheschließung unbekannt war (immerhin waren Vor- und Nachname seiner Ehefrau, sowie - aus dem Sterbeeintrag - sein ungefähres Geburtsjahr (1746) bekannt).


    Der Heiratseintrag meines Vorfahren (dank der Angabe seiner Herkunft, seines Berufes und des Namens seiner Braut war er zum Glück eindeutig) fand sich in einem der Nachbarorte.
    Netterweise (und das meine ich auch so!) wurden im Heiratseintrag außerdem das jeweilige Alter der Partner, sowie Name, Stand und Herkunft der jeweiligen Väter mit angegeben. Toll - nur, dass der angegebene Vater im Jahre 1746 noch keine Kinder hatte und das aus dem Traueintrag zurückgerechnete Geburtsjahr des Bräutigams auch nicht 1746, sondern 1758 gewesen wäre!
    Nun gab es aber laut Ortsfamilienbuch für den im Traueintrag angegebenen Bräutigamsvater in unmittelbarer zeitlicher Nähe tatsächlich Einträge zu Kindsgeburten. Im Jahre 1757 - 1758 gar nichts und für das Jahr 1759 nur einen Hennig Jacob, während mein Vorfahre aber eindeutig ein Heinrich Jacob war... Da muss ich mir damals gedacht haben, dass sich der Schreiber des OFB wohl vertippt habe und einfach Hennig mit Heinrich über einen Kamm geschoren haben.


    Und dann habe ich irgendwann weitergeforscht: über viele Generationen, in verschiedenen Regionen (weil Teile der Vorfahren dieser Linie recht weit herumgekommen waren) und habe dabei einige richtig spannende neue Vorfahren entdeckt...


    Und dann kam meine Überprüfung anhand der Originalkirchenbücher, aus denen das OFB entstanden war und damit der Schock:


    Hennig Jacob Koch hieß tatsächlich Hennig Jacob Koch, es gab sogar einen 1746 geborenen Heinrich Jacob Koch (allerdings mit anderem Vater)!
    (Ich hatte mir natürlich NICHT notiert, dass ich den Namen von Heinrich Jacob Kochs Vater seinem Traueintrag entnommen hatte...).


    So blieb mir letzten Endes nur noch übrig, alle meine früheren Schritte nochmal nachzuprüfen. Dabei stellte sich heraus, dass mein Vorfahre Heinrich Jacob Koch unter eben diesem Namen als Pate bei Kindern der Geschwister von Hennig Jacob Koch vorkam und umgekehrt auch.
    Hennig Jacob Koch wurde zu der meines Wissens bis heute üblichen Zeit unter seinem Namen (als Hennig Jacob Koch) konfirmiert, einen entsprechenden Eintrag eines womöglich extern geborenen Bruders Heinrich Jacob Koch gab es NICHT. Dafür tauchte aber der konfirmierte Hennig Jacob Koch nirgends als Taufpate auf und es gab auch keinen Sterbeeintrag zu ihm (zu dem 1746 von einem anderen Vater gezeugten Heinrich Jacob Koch aber sehr wohl). "Mein" Heinrich Jacob Koch dagegen tauchte wenige Jahre nach der Konfirmation des Hennig Jacob diverse Male als Pate auf, zunächst sogar unter Mitnennung des Namens seines Vaters (dass es zwei Leute mit dem Namen und Beruf seines Vaters gleichzeitig im Ort gegeben haben könnte, ließ sich durch Steuerregister und Einwohnerlisten ausschließen).


    Fazit meiner Überlegungen:
    - der Pfarrer muss beim Sterbeeintrag meines Vorfahren wohl deshalb "geschlampt" haben, weil er (was ja durchaus nachvollziehbar ist) einfach nach dem Taufeintrag eines Heinrich Jacob Koch gesucht hatte und der Verstorbene eben so und nicht Hennig Jaob Koch genannt wurde.
    - da bei Heinrich Jacob Kochs Eheschließung dessen Vater noch am Leben war und damit seine Einwilligung geben musste, ist es wenig wahrscheinlich, dass der Heiratseintrag hierin falsch gelegen haben könnte.
    - Die geringfügige Abweichung des aus der dortigen Angabe des Heiratsalters zurückgerechneten Geburtsjahrs vom Geburtsjahr des Hennig Jacob Koch dürfte schlicht Folge eines kleinen Rechenfehlers oder einer anderen Art der Altersangabe geschuldet sein (man wurde schon in seinem 29. Lebensjahr als 29 Jahre alt bezeichnet, obwohl man heutzutage erst 28 Jahre alt wäre).
    - die Tatsachen, dass es keinen zeitlich passenden Konfirmationseintrag eines Heinrich Jacob Koch gab, lässt in Kombination mit fehlenden Patenschaften des Hennig Jacob Koch, der aus zahlreichen Patenschaften und den Steuer- und Einwohnerregistern zu schließenden Existenz und anscheinend durchgehenden Ortsansässigkeit nur EINES möglichen Vaters und dem Indiz der gegenseitigen Patenschaften von Heinrich Jacob Koch und den Geschwistern Hennig Jacob Kochs kaum Zweifel daran, dass es sich bei Hennig und Heinrich nur um ein und dieselbe Person handeln KANN!


    Glück gehabt...


    Bleibt am Ende nur die Frage, was ich getan hätte, wenn es die zahlreichen Zusatzinfos (vom ausführlichen Traueintrag über die Angaben von Taufpaten, erhalten gebliebenen Kirchenbüchern aus den Wohnorten der Geschwister, die Berufsangaben und das Konfirmandenregister bis hin zu den Steuer- und Einwohnerlisten) NICHT gegeben hätte. Was ja leider all zu häufig der Fall ist...


    Kennt Ihr ähnliche Geschichten? Wie geht Ihr damit um?


    Viele Grüße
    Giacomo

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Das habe ich mit dem FN Witt(e).


    Ab einem bestimmten Punkt kann ich nicht mit Gewissheit die Vater-Sohn-Beziehung herstellen.
    Da es in dem Ort viele Witts mit gleichen Vornamen gab, und auch durch Steuerlisten nicht klar hervorgeht, welcher Witt zu welchem Sohn gehört, helfe ich mir mit der Bemerkung:


    „Nicht eindeutig zu klären!“


    Viele Grüße, Ursula

    Fünf sind geladen, zehn sind gekommen. Ich gieß Wasser zur Suppe und heiß alle willkommen.


    Viele Grüße, Ursula

  • Hallo,
    ja, das kenne ich. :cursing:
    Ich habe grade die Mösers aus Darmstadt am Wickel. Die hießen gerne Valentin mit Vornamen und lebten gleichzeitig. Der Rest, der nicht Valentin heißt, ist unübersichtlich und wuselt immer durcheinander, da haben auch gerne mal 2 gleichzeitig lebende den selben Vornamen. Gefühlt 99% kamen im Laufe des 18.Jhdts. aus umliegenden Dörfern und Kleinstädten nach Darmstadt und neigten, egal woher sie kamen, zu extremer Rudelbildunt im selben Stadtviertel. Beruflich waren sie auch nicht grade phantasievoll: in der Regel Ackermann und Kutscher. Ab und zu mal ein Handwerker (da noch selten) oder ein Reitknecht.
    (Darmstadt hatte zu der Zeit viele Ackerbürger)


    Im letzten Viertel des 18. Jhdts. habe ich zwei fast gleichaltrige Valentins, die waren sehr vermehrungsfreudig. Wenn ich es richtig sehe, hießen beider Ehefrauen etwas mit Elisabeth. Der Vater des einen lebte auch noch und hieß: 3mal dürft ihr raten.... mit VN. Mindestens einer nannte seinen Sohn wiederum: hier dürft ihr nur einmal raten.
    Und damit es nicht langweilig wird, grätscht noch einer Namens, na ihr wißt schon, seitlich rein, keine Ahnung wo der herkommt, scheint aber auch noch im zeugungsfähigen Alter gewesen zu sein.


    Ich mußte schon einige Zuordnungen neu zusammensetzen.


    Noch bin ich nicht an dem Punkt, wo dransteht: nicht eindeutig zuzuordnen, aber manchmal hätte ich Lust dazu. ?(


    Haben wir eigentlich jemals Langeweile?
    Liebe Sonntagsgrüße
    Gisela

    Ein Jegliches Ding hat seine Zeit, und alles Vornehmen unter dem Himmel hat seine Stunde
    Derzeitige Lieblingsbaustellen: GRUNER u. LINCKE, Sachsen, ab 1849 auch Schweiz. WURMSER von Schaffoltzheim, Bormio, Schweiz, Elsaß, Heidelberg. STREICHER, Ulm, 16. Jhdt. (Schwenckfelder). WERNBORNER, Hessen u.a.

  • Zitat

    Haben wir eigentlich jemals Langeweile?



    ... und jetzt, nachdem es mit meinen Kochs endlich (einigermaßen) Klarheit gibt, kann ich ja mal mit meinem Friedrich Bode weitermachen. Bei dem steht immerhin im Sterbeeintrag auch noch ein (selbstredend falscher) Geburtsort, sein tatsächliches Alter weicht sicher auch ab und er taucht vor seiner ersten Ehe (OHNE Nennung des Herkunftsorts und Vaters) auch nirgends als Pate auf, aber dafür hatte er als Hirte immerhin einen Beruf, bei dem man weiß, wo man suchen muss:


    nämlich überall!

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Da fällt mir ein Schafhirte ein, der ist der uneheliche Vater meiner mehrfach-Urgroßmutter.
    Der sitzt mit seinen Schafen jetzt schon auf Wolke 7 und würde sich totlachen, wenn das noch ginge, weil er sich schon darauf freut mich beim suchen zu beobachten.
    er so :P :D ich so ?( :cursing:
    Immerhin ich weiß seinen Namen, das ist schon mehr als die Königstochter bei Rumpelstilzchen anfangs wußte.


    (Jetzt weiß ich auch, woher der Ausdruch "Schäfchenwolken" kommt)

    Ein Jegliches Ding hat seine Zeit, und alles Vornehmen unter dem Himmel hat seine Stunde
    Derzeitige Lieblingsbaustellen: GRUNER u. LINCKE, Sachsen, ab 1849 auch Schweiz. WURMSER von Schaffoltzheim, Bormio, Schweiz, Elsaß, Heidelberg. STREICHER, Ulm, 16. Jhdt. (Schwenckfelder). WERNBORNER, Hessen u.a.

  • Guten Morgen! Seit Jahren ergänze ich die Familiengeschichte und kam sehr weit.
    Gestern der Schock! :cursing: Onkelchen (*1690) heiratete 2 X!! ( Das Sterbedatum seiner 1. Frau (auch einer Tante von mir) war nicht bekannt! Alle 13 Kinder wurden ihr zugeordnet. Bei der Eheschließung war sie 16 Jahre alt. Seit gestern habe ich ihr Sterbedatum und seine 2. Ehe. Die "nicht beachtete" Tochter könnte sich als eine dir. Ahnin herausstellen und Onkel wäre dann dir. Leider habe ich nur die Ehe der Tochter, aber vielleicht ist sie die Mutter meiner großmütterlichen Ahnin. Fazit: meine "Inzucht" :D
    ÜBERPRÜFEN! ÜBERPRÜFEN! SUCHEN! SUCHEN!
    Alles beginnt von vorn.
    Wie gut, dass ich ein Ahnenprogramm habe und nicht alles neu schreiben muss.