Wer konnte während des zweiten Weltkrieges Medizin studieren?

  • Sehr geehrte Forumsmitglieder,
    an dieser Stelle versuche ich herauszufinden, wieso es Männer gab, die während des zweiten Weltkrieges ein Medizinstudium absolvieren konnten statt "an der Front" eingesetzt zu werden. Welche Voraussetzungen mussten hierfür erfüllt sein? Oder: unter welchen Bedingungen war dies möglich?
    Ich bin gespannt, ob mir jemand eine Antwort darauf geben kann, vielen Dank im Voraus!
    Viele Grüße
    Ruth

  • Lieber Bernd,
    vielen Dank für die Links. Ich werde sie nachher in Ruhe lesen, den ersten kannte ich bereits. Mich interessiert in allererster Linie, wieso ein junger Mann ( in diesem Fall mein Vater ) vom Herbstsemester 1939 bis zum Wintersemester 1944/ 45 sein Medizinstudium absolvieren konnte. Ein Eintrag besagt, dass er lediglich 1942/43 einen Fronteinsatz hatte. Gibt es hierfür auch plausible Erklärungen?
    Liebe Grüße Ruth

  • Hallo Ruth,


    bedenke bitte, dass Ärzte immer und überall (nicht nur an der Front) gebraucht wurden, folglich mußte es ebenso den zivil ausgegildeten Ärzte-Nachwuchs geben. Auch und gerade für Frauen und Kinder in der Heimat mußte die ärztliche Versorgung sichergestellt werden.


    Gruß - Detlef

  • Lieber Detlef,


    vielen Dank für Deinen Hinweis. Dann muss ich meine Frage etwas anders stellen: gab es bestimmte Auswahlkriterien, nach denen potentielle Medizinstudenten entweder an die Uni konnten oder in den Krieg ziehen mussten?


    Liebe Grüße Ruth

  • Hallo Ruth,


    jeder potentielle Rekrut wurde auf Wehrtauglichkeit geprüft. Nicht Wehrtaugliche konnten konnten natürlich im Zivilleben wichtigen Funktionen erfüllen und Posten bekleiden.
    "Im Dritten Reich erfolgte die Musterung durch die Wehrbezirke im Einvernehmen mit den gleichgeordneten Kreispolizeibehörden. In der DDR wurden die Wehrpflichtigen in wenigen Wochen im Frühjahr durch die Wehrkreiskommandos
    gemustert; zusätzliche Aufgabe der Musterung war die „weitere
    Vorbereitung der Bürger auf die Wahrnehmung ihres verfassungsmäßig
    garantierten Rechtes sowie die ehrenvolle Erfüllung ihrer
    staatsbürgerlichen Pflicht, Wehrdienst zu leisten“." (Quelle: Wikipedia)
    Ob es für bestimmte Berufsstände im Dritten Reich grundsätzlich Sonderregeln gab, entzieht sich meiner Kenntnis. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte man einen Antrag auf Befreiung vom Wehrdienst stellen, dem jedoch nicht so leicht stattgegeben wurde.


    Gruß - Detlef

  • Hallo Roth,


    ich nehme mal stark an das Dein Vater nie darüber gesprochen hat und das Du auch keine Unterlagen deines Vaters, aus der Zeit, mehr hast?
    Warscheinlich ist über dieses Thema in der Familie auch nie gesprochen worden oder?
    Wenn man solche Themen mal angesprochen hat erntete man meistens ein böses Gesicht mit rollenden Augen, meist wurde das Thema auch schnell gewechselt richtig?


    Grüße
    Bernd

  • Lieber Bernd, lieber Detlef,


    da mein Vater aus dem Kreis Aachen stammte, zunächst in Berlin Musik studiert hat ( was er nach kurzer Zeit abbrach ) und dann erst mit dem Medizinstudium in Leipzig begann weiss ich nicht, welcher Wehrbezirk zuständig war.
    Wenn ich - in seltenen Fällen, da meine Familie früh durch Scheidung auseinandergefallen ist - das Thema "zweiter Weltkrieg" anschnitt, konnte ich kein Augenrollen wahrnehmen, aber ich erhielt auch nur spärlich Auskunft. Mein Vater erzählte immer, er sei nur 3 Tage an der Front gewesen, mit einem Versorgungstrupp, so weit ich mich erinnere auf der Krim. Da er im WS 1939/40 mit dem Studium begonnen und im April 1945 sein Staatsexamen gemacht hat muss er ja eigentlich auch die erforderlichen Studienjahre erfüllt haben, oder?


    Viele Grüße Ruth

  • Hallo


    In München konnten wohl die Medizinstudenten weiter studieren, mussten aber viele der praktischen Semester (Famulaturen) in Lazaretten absolvieren.
    Wobei noch anzumerken ist, dass das Studienjahr statt in Semester in Trimester aufgeteilt wurde, das heisst man konnte das Studium schneller abschliessen.
    Zudem gab es nicht nur Lazarette in der Nähe der Front, sondern auch in Deutschland gab es viele Lazarette und Hospitäler.


    Falls jemand einen Medizinstudenten der Universität München sucht, die Matrikeln sind bis zum Ende des 2. Weltkrieges online einsehbar.
    In den Matrikeln des 1. Weltkrieges bis 1920 findet man Listen von Gefallenen Studenten und Dozenten und solchen die einen Orden erhalten haben.
    http://genwiki.genealogy.net/Universit%C3%A4tsmatrikel


    Zur Universität Leipzig in den beiden Weltkriegen findet man hier mehr Informationen:
    https://www.archiv.uni-leipzig…rieg-gefallene-studenten/
    https://www.archiv.uni-leipzig…aet-und-erster-weltkrieg/
    https://www.archiv.uni-leipzig…-der-universitat-leipzig/


    Gruss
    Svenja

  • Liebe Svenja,


    vielen Dank für Deine Hinweise. Aus dem Archiv der Universität Leipzig habe ich bereits Kopien aller vorhandenen Dokumente, die meinen Vater betreffen, erhalten. Mir erschliesst sich daraus dennoch nicht, weshalb er nur 42/43 eingezogen wurde. Vielleicht tatsächlich deshalb, weil Mediziner-Nachwuchs ausgebildet werden musste.Das wäre die einfachste Erklärung.
    Vielen Dank Dir nochmal!


    Grüße
    Ruth

  • Hallo Ruth,


    schau Dir mal den Wikipedia-Eintrag zu Franz-Josef Strauß an. Er wurde während des zweiten Weltkriegs wegen seines Studiums mehrfach zurückgestellt, während der Militärzeit mehrfach beurlaubt, war dann wieder kurze Zeit Soldat, wieder beurlaubt. etc.


    Das scheint also nichts ungewöhnliches gewesen zu sein. Auch wenn wir es zunächst anders annehmen.


    Beste Grüße


    Andreas

  • Lieber Andreas,


    vielen Dank für Deinen Tipp. Ich lese die Vita von Franz-Josef Strauss gleich mal durch. Wahrscheinlich liegen die Gründe, nach denen ich suche und frage näher, als man denkt.


    Viele Grüße
    Ruth

  • Die Frage ist für mich ob überhaupt jemand ernsthaft Medizin studieren konnte, wenn die Person nicht gerade zur Elite galt. Im damaligen Deutschen Reich denke ich nicht, dass viele Menschen diese Möglichkeit während der Kriegszeit hatten.