Einkommen eines Hirten um 1683 im Magdeburgischen Holzkreis

  • Hallo allerseits,


    ich bin in einer Steuerakte des Magdeburgischen Holzkreises aus dem Jahre 1683 zufällig auf Daten gestoßen, die den Besitz und die Ansprüche des damaligen Hirten in Völpcke betreffen (anscheinend ein beim Dorf angestellter Lohnhirte), konnte aber ärgerlicherweise aufgrund von verdeckten Seitenbereichen einiges eher nur erahnen, als lesen (die entsprechenden Worte sind durch Fragezeichen gekennzeichnet):


    Jährliche Bezahlung: 4 Thaler, 6 Mariengroschen;
    Monatliche (?) Naturalleistungen: 19 Brote, 1/2 Wispel Roggen und dazu noch 1 (Wispel?) "beyen Kühen, 2 beyen Schafen und 1 beyen Schweinen".


    Als Eigenbesitz an Vieh hatte er 2 Kühe und 90 Schafe.


    Kennt jemand von euch ähnliche Einträge (insbesondere, aus denen hervorgeht, was er jeweils "beyen Kühen, Schafen und Schweinen" bekommen haben könnte und ob tatsächlich 19 Brote im Monat stimmen könnten?


    Viele Grüße!

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Hallo Sibriglione,

    in der Region um Braunschweig hatte 1 Wispel 4 Scheffel zu je 310,25 Liter. 100 Liter Roggen entspricht je nach Qualität 58-77 kg.


    Die Menge des Roggens scheint mir für monatliche Naturalien etwas zu hoch und die jährlichen 4 Taler zu gering. Von Württemberg habe ich aus dem Jahr 1689 ein paar Angaben zur jährlichen Entlohnung:


    Rosshirte: 24 Gulden, 1 Klafter Holz (4 Raummeter)
    Schmalviehhirte: 26 Gulden
    Kuhhirte: 40 Gulden, 1 Klafter Holz

    Als Vergleich zur Kaufkraft von Taler und Gulden:
    In Hannover gab es ein Pferd ab 40 Taler, in Württemberg ab 30 Gulden.


    Nun ja, warum die Parteien das so vereinbart hatten, wird sich wohl nicht ergründen lassen.



    Reinhard


    P.S. Was mich verwundert, dass er selbst zwei Kühe und mehrere Schafe hatte. Eventuell gehörte das Hütten zu einem seiner Nebenbeschäftigungen. Kleinbauern gingen häufig mehreren Jobs nach, um sich über Wasser halten zu können.

  • Hallo Reinhard,


    herzlichen Dank für Deine zusätzlichen Ausführungen!


    So weit ich weiß, war mein Vorfahre hauptberuflicher Hirte (zumindest besaß er weiter keinen Grund und Boden und war - ehe er nach Völpcke kam - auch schon in mindestens einem anderen Ort in seinem Beruf tätig). Ich vermute, dass er sein Einkommen überwiegend mit seinen eigenen Schafen bestritten hat. Damit wäre er nur einer von mehreren meiner Vorkommen, die den gleichen Beruf ausgeübt und davon zumindest teilweise wohl gar nicht schlecht gelebt haben. Bei den meisten dieser Familien zieht sich der Hirtenberuf durch etliche Generationen hindurch - ich vermute, dass das große Sumpfgebiet in der Region, das "Große Bruch", aber auch die Hänge der örtlichen Höhenzüge - ein recht gutes Nutzungsgebiet für Hirten gewesen sein dürften.


    Viele Grüße
    Giacomo

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Hallo Reinhard,


    netter Link, den ich so noch nicht kannte!
    Ich selbst habe auch mehrere Häuslinge unter meinen Vorfahrenfamilien, die aber mit den Hirten meines Erachtens nur sehr bedingt zu vergleichen waren (denen, wenn sie "angestellt" waren, übrigens häufig sogar ein spezielles Haus gestellt wurde).


    Womöglich für Dich von Interesse: die Definition, die ich in Zedlers Lexicon gefunden habe:


    "Häusler werden die genennet, welche Hand-Dienste leisten, weil sie entweder gar keine oder doch wenig Aecker besitzen oder die nur eine Hütte haben und sich von Garten-Früchten ernehren, werden auch Hausgenossen, Hinter Sässler, Handfröhner, Cossathen-Gärtner genennt" (Zedler 1742).


    Giacomo

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)