Welche Linie zeigt eine DNA-Analyse?

  • Hallo!
    Ich schreibe gerade an meiner Familienchronik - eine unendliche Geschichte ;)
    Ich überlege, mir dafür als ein Highlight eine DNA-Analyse machen zu lassen und da frage ich mich, welche Linie diese Analyse eigentlich auswerten kann? Da steht dann ja, dass ich zu so und soviel % von dem und dem Land abstamme. Gut, aber alleine meine Großeltern kommen aus 4 verschiedenen Ländern.


    Eigentlich kann das ja nur die mütterliche Linie sein, die da ausgewertet wird. Oder denke ich da falsch? ?( ?(
    Kennt sich da jemand genau aus?

  • Hallo Andreas,


    das kommt immer auf den Test an, den Du machen möchtest. Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen einer Auswertung der yDNA und der mDNA. Die yDNA ist die, die auf Deinem Y-Chromosom gespeichert wird und von einem Vater auf einen Sohn weitergegeben wird womit Du die ausschließlich männliche Linie erforschen kannst. Die mDNA ist die sogenannte mitochondriale DNA, die sich in Deinen Mitochondrien, den Kraftwerken der Zelle, befindet. Diese werden in der ausschließlich weiblichen Linie vererbt. Als Ergebnis der Untersuchung von mDNA und yDNA erhälst Du eine Haplogruppe, der Du in jeweils beiden DNA-Gruppen zugeordnet bist. Eine Übersicht der in der Forschung unterschiedenen Haplogruppen findest Du hier: https://en.wikipedia.org/wiki/…chromosome_DNA_haplogroup und https://en.wikipedia.org/wiki/…ochondrial_DNA_haplogroup


    Zusätzlich dazu kann man die atDNA, die autosomale DNA, untersuchen lassen. Diese erbt man von beiden Eltern, spiegelt also die DNA wider, die in den 22 Chromosomen gespeichert ist, welche nicht Geschlechtschromosomen sind. Bei der DNA-Herkunftsanalyse wird die atDNA auf Eigenschaften untersucht, die für bestimmte Ethnien typisch sind. Es kann aber durchaus sein, dass Du von einem Deiner Vorfahren besonders viel geerbt hast ("Die Nase hat er ja nur von der Oma"). Dann taucht diese Herkunft natürlich auch verstärkt in der DNA-Auswertung aus.


    Ein Beispiel: Deine Großeltern mütterlicherseits sind aus Schottland, Dein Großvater väterlicherseits deutsch und Deine Großmutter väterlicherseits russisch. Dann kann es unter Umständen sein, dass Du sehr viel von Deiner Großmutter mütterlicherseits abbekommen hast und Dein DNA-Test ergibt Du seist 75% russisch, zu 20% von den britischen Inseln und zu 5% mitteleuropäisch obwohl das nicht der Verteilung Deiner Vorfahren entspricht. Zusätzlich dazu haben die aktuellen atDNA-Test nicht zu unterschätzende Fehlerraten.


    Nichtsdestotrotz, interessant ist das sicher, und in ihrer Tendenz zur Herkunft stimmen diese Tests ja.


    Hier findest Du eine Liste mit Anbietern von DNA-Tests und den von ihnen durchgeführten Untersuchungen: http://wiki-de.genealogy.net/A…_von_DNA-Genealogie-Tests


    Gruß und viel Erfolg


    Thankmar

  • Könntest Du das näher erläutern? Ich möchte auch einen DNA-Test machen lassen...


    Das leuchtet mir nicht ein:

    Zitat

    Deine Großeltern mütterlicherseits sind aus Schottland, Dein Großvater väterlicherseits deutsch und Deine Großmutter väterlicherseits russisch. Dann kann es unter Umständen sein, dass Du sehr viel von Deiner Großmutter mütterlicherseits abbekommen hast und Dein DNA-Test ergibt Du seist 75% russisch, zu 20% von den britischen Inseln und zu 5% mitteleuropäisch obwohl das nicht der Verteilung Deiner Vorfahren entspricht.


    Dann müßtest Du doch weniger russisch und mehr britisch sein, wenn beide Großeltern mütterlicherseits aus Schottland sind... Das heißt, die Gene vererben sich nicht gleichmäßig nach einem bestimmten Schema, sondern willkürlich, - mal ein bißchen mehr von diesem, ein bißchen weniger von jenem, oder wie würdest Du das sehen? Also nicht soundsoviel Prozent vom Vater des Vaters oder der Mutter der Mutter, sondern bei jedem Menschen anders zusammengesetzt? Vielleicht habe ich aber auch nicht genau verstanden, wie Du das gemeint hast.



    Ich bin kürzlich einer DNA-Genealogie-Seite auf Facebook beigetreten und staune nur noch, - eine Welt wie aus einem Science-Fiction-Roman.....



    Sorry für die dumme Frage, aber ich bin noch ganz neu auf diesem Gebiet...... ;)

  • Hallo mahovina,


    Für die Gesamtverteilung der Gene stimmt das, was Du geschrieben hast, tatsächlich, wenn man sich die verfügbaren Forschungsergebnisse anschaut: es ist möglich, dass der Anteil an Genen, die man von einem Elternteil bekommt, weit größer ist, als der, den man vom anderen Elternteil erhält. Ich vermute aber, dass sich - mit Ausnahme einiger "durchsetzungsfähigerer" Genkombinationen auf die Gesamtheit der Menschheit bezogen wohl doch durchschnittlich je die Hälfte der Gene von väterlicher und mütterlicher Seite durchsetzen dürften.


    Zumindest bei mir scheint das in Bezug auf die väterliche Seite so zu sein: angesichts der sehr unterschiedlichen räumlichen Herkunft meiner Eltern liegt es immerhin nahe, dass ich solche Anteile, die laut Test (wobei die Tests in diesem Bereich noch sehr ungenau sind) eher südeuropäisch, levantinisch oder nordafrikanisch sind, ziemlich eindeutig der einen Linie zuordnen kann, wie auch andererseits alles Nord-, Nord-West- und Nordost-Europäische der anderen Seite). Und diese beiden Richtungen machen bei mir in dem einen Falle etwa 51%, im andern 49% des Gesamtbefundes aus.


    Wobei es auf der "nördlichen" Seite einen seltsam hohen Anteil an "britischen" Genen gibt, von denen ich mich frage, ob die einfach nur angesichts des Standortes des Testers in Großbritannien als "angelsächsisch" eingeordnet wurden, obwohl sie eigentlich nord- bzw. nordwestdeutsch sind, oder ob sich da irgendwelche mittelalterlichen Vorfahren über Gebühr durchgesetzt haben (was bei mir von beiden Seiten her denkbar wäre, weil ja die Normannen im Mittelalter sowohl nach England, als auch nach Sizilien gekommen sind)...


    Überraschenderweise scheinen sich aber in meinem Test beispielsweise nordwestbaltische und böhmische Anteile etwa in dem Maße durchgesetzt zu haben, in dem sie auch in meiner mir bekannten Genealogie vorkommen. Woher andererseits meine kaukasischen Gene kommen könnten, ist mir unklar - da dürfte wieder eine mittelalterliche Spur (Ungarn oder Mongolen?) übermäßig "mitgespielt" haben.


    Schade, dass die Datenbasis insgesamt noch eher schwach ist - ich würde gerne mal andere Ahnenforscher treffen, bei denen sich auch anhand der Genkombination eine Verwandtschaft mit mir erkennen lässt!

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)

  • Herzlichen Dank für Deine ausführlichen Erläuterungen! :)


    Da Deine Eltern aus solch unterschiedlichen Regionen stammen, ist die Ahnenforschung sicher doppelt spannend! Ich habe auch auf Deinem Profil gelesen, welch überraschende Entdeckungen Du dabei gemacht hast.


    Interessant ist auch, was Du von den "britischen" Genen berichtest. An was orientiert sich eigentlich die Zuordnung, geht man von der heutigen Bevölkerung eines Landes/Gebietes aus? Und werden auch ethnische Minderheiten dabei berücksichtigt?

  • Hallo mahovina,


    wenn ich das nur wüsste, worauf sich die Anbieter mit ihren regionalen Zuordnungen beziehen...
    Bei meinem eigenen Anbieter lief es auf jeden Fall so, dass er (weil er die Daten im Rahmen eines größeren Forschungsprojektes gesammelt hat, was die Sache für mich auch einigermaßen preisgünstig gemacht hat) in einem Fragebogen Informationen über die Herkunft meiner Vorfahren über mehrere Generatioen hinweg gestellt hat, was wohl zumindest GEWISSE grundsätzliche regionale Zuordnungen erlaubt, wenn man genetische Daten verschiedener Personen mit einander vergleicht.
    Bei der "autosomalen" DNA kann man nach Aussage der Forscher nur über einen Zeitraum von ca. 7 Generationen mit einer gewissen Sicherheit Verwandtschaften ermitteln, was bedeutet, dass entsprechende Herkunftsangaben wohl darauf hindeuten dürften, dass sich innerhalb dieses Zeitraums passende Genkombinationen in dem jeweiligen Gebiet finden lassen müssten (das geht bis hin zu Aussagen über bestimmte Großregionen innerhalb einzelner Staaten).


    Anders sieht es mit der Mitochondrien- und der Y-DNA aus: da sich diese DNA im Laufe der Generationenfolge nicht durch Vermischung, sondern nur durch Mutationen verändert, lässt sich durch sie Verwandtschaft über deutlich längere Zeiträume sicher erfassen. Leider mit dem Nachteil, dass man über diese DNA mit so vielen Leuten verwandt ist, dass man die Enge der Verwandtschaft nur SEHR bedingt feststellen kann (aus meinem Test weiß ich, dass bei mir in dem einen Fall die letzte Mutation noch in der Steinzeit, im anderen in der Bronzezeit stattgefunden hat). Mein Testanbieter hat mir gegenüber sowohl Angaben über die Zeiten und Regionen gemacht, in der die jeweiligen Mutationen mutmaßlich erfolgt sind, als auch, in welchen Regionen die bei mir gefundene DNA des entsprechenden Typs nach bisherigen Befunden wie häufig (in Prozent des Gesamtbefundes) vorkommt.
    Ethnische Minderheiten wurden insofern berücksichtigt, als es in meinem Fall für die Mitochondrien-DNA die Info gab, dass sie bei Angehörigen des Sami-Volkes besonders verbreitet ist. Für Großbritannien wurden nach meiner Erinnerung z.B. die Waliser gesondert erfasst, in Westeuropa u.a. die Basken.

    IRGENDWIE sind wir doch ALLE miteinander verwandt... ;)