Sicherheitsbataillon

  • Hallo zusammen,


    bisher habe ich mich wenig mit Militärfragen beschäftigt. Doch innerhalb
    von kurzer Zeit bin ich nun des öfteren damit konfrontiert und etwas ahnungslos.
    Ich hoffe Ihr könnt mir weiterhelfen.
    Mein Urgroßvater Bruno Kurt Kummer war laut dem Eintrag des Standesamtes
    bei seiner Hochzeit Sergant im Sicherheitsbattailon. Die Hochzeit wurde
    am 16. Juli 1919 in Freiberg/Sachsen gefeiert.
    Ich habe auch ein Bild dazu, daß ich unten einstelle.


    Für mich stellt sich die Frage, was ist ein Sicherheitsbattailon. Wo war er eingesetzt?
    Was bedeuten die Abzeichen an seiner Uniform?


    Danke schon im Voraus!
    Liebe Grüße
    Sylvia

  • Hallo Sylvia,


    die Hochzeit fand nach dem Ersten Weltkrieg statt, deshalb ein paar Anmerkungen zum Militär in jenen Tagen. Im Januar 1919 wurde damit begonnen die alte Armee in ein Friedensheer mit 420.000 Mann zu transformieren. Ziel war ein Übergangsheer zu einer vorläufigen Reichswehr, welches im Oktober 1919 eingenommen werden sollte.


    Die Sicherungsbataillone waren eine Übergangslösung der aufgelösten WKI-Einheiten in die Formationen der späteren Reichswehr. Hier zu recherchieren dürfte aufgrund der Wirren des Umbruches recht schwierig werden.


    Da jedoch alle WKI-Einheiten in die Heimatstandorte zurückgeführt wurden und die Heirat in Freiberg stattgefunden hatte, kann man davon ausgehen, dass er mit dem 16. Infanterie-Regiment Nr.182 oder dem 1.Jäger-Bataillon Nr.12 im Kriegseinsatz war. Diese Einheiten gehörten zu Kriegsbeginn in der 1.Infanteriedivision Nr.23 zum XII. (1.Kgl.Sächsischen) Armeekorps. Eine Chronik dieser Division findest du unter nachstehendem Link:
    http://www.1914-18.info/erster…fo=23.Infanterie-Division


    Bei der rechten Auszeichnung dürfte es sich um das Eiserne Kreuz 2. Klasse handeln. Die beiden Medaillen kann ich leider nicht zuordnen. Was mich etwas wundert, ist der Umstand, dass an der Uniform des Urgroßvaters die Abzeichen eines Sergeanten fehlen. Mag sein, dass dies aber den damaligen Umständen zuzuschreiben ist.


    Auch hier viel Spaß und Erfolg
    Reinhard
    :computer:

  • Hallo Reinhard,


    ich danke dir vielmals!
    Unglaublich wie gut Du bescheid weißt. Ist das Militär ein besonderes Faible von Dir?


    Sehr viel weiter werde ich bei dieser Forschung wohl nicht kommen.
    Vor ein paar Jahren hat mir die WASt bereits mitgeteilt, daß sie keine
    Unterlagen zu meinem Urgroßvater mehr vorliegen haben. Lediglich das
    Entlassdatum aus der Wehrmacht konnten Sie mir mitteilen.(schnüff)


    Noch ein paar Fragen, falls ich so aufdringlich sein darf.
    Warum wurde er nach Kriegsende nicht Zivilist? Darf ich daraus schließen,
    er war Berufssoldat? Wie sehen den Serganten-Abzeichen aus? Und
    was für Abzeichen zeigt den seine Uniform? (Ich hab keine Ahnung, wie man das erkennen kann)
    Waren Sicherheitsbatallione in allen Bundesländern gebildet worden?
    Darf ich darunter so etwas wie die Freikorps verstehen? (Was mir in Bezug auf meinen Urgroßvater nicht gefallen würde)


    Mit schwirrt noch einiges durch den Kopf.......
    Aber zuviel will ich Dich nicht strapazieren.


    Liebe Grüße
    Sylvia

  • Hallo Sylvia,


    die Option mit der WASt wäre eigentlich die letzte Change gewesen, welche ich dir hätte vorschlagen können. Die Frage nach dem Berufssoldaten lässt sich nicht so klar beantworten, da die damaligen militärischen Laufbahnen nicht so ganz transparent waren.


    Als Sergeant war er jedoch zumindest ein länger dienender Soldat, zumal sich die Unteroffiziere vorwiegend aus Freiwilligen rekrutierten und die Beförderung zum Sergeanten im Durchschnitt nach sieben Dienstjahren erfolgte. Dieser Umstand unterstreich nochmals meine Vermutung, dass der Urgroßvater bei der Mobilmachung im Jahr 1914 bereits Soldat war und mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem aktiven 16.Infanterie-Regiment Nr.182 in den Krieg gezogen war. Wenn sich die Sache mit dem Krankenbuchlager geklärt hat, würde ich da in jedem Fall auch einmal nachfragen.


    Der Sergeant hatte bei der alten Friedensuniform den Unteroffizieren gleich eine breite Litze am Kragenrand und Ärmelaufschlag, zusätzlich hatte er noch einen Knopf auf dem Kragen. Bei der feldgrauen Uniform hatte man dann auf die Litze am Ärmelaufschlag verzichtet.


    Die turbulente Zeit nach der Rückverlegung der WKI-Regimenter in die Heimatstandorte lässt sich leider nicht mehr so klar nachvollziehen. Sicher ist, dass es sich bei den Sicherheitsbataillonen um reguläre Übergangsformationen von der alten Armee in die spätere Reichswehr handelte. Diese Einheiten haben nichts mit den späteren Freikorps zu tun.


    Von Preußen ist mir aus dem Jahr 1919 ein Sicherheitsbataillon in Zossen bekannt. Aufgrund der starken Bindung der sächsischen Truppen an Preußen und dem Fakt, dass der Urgroßvater ebenfalls in einem solchen Bataillon war, ist eigentlich klar, dass auch in Sachsen solche Einheiten gebildet wurden. Von den eigenständigen Bayern und Württembergern liegen mir keine Angaben zu solchen Bataillonen vor.


    Wie schon erwähnt, kann ich von den Auszeichnungen nur das Eiserne Kreuz 2. Klasse identifizieren. Bei den Medaillen könnte es sich um einer der zahlreichen Verdienstmedaillen handeln, welche nach dem Krieg verliehen wurden (spekulativ).


    Da auch ich aus den Fragen aus dem Forum ständig neue Erkenntnisse gewinne und mich keiner zu einem Beitrag zwingt, helfe ich gerne. Also nur Mut! :]


    Übrigens beschäftige ich mich auch mit anderen Themenbereichen, das bringt die Familienforschung so mit sich. =)


    Gruß
    Reinhard
    :computer:

  • Danke für die Bilder Jens!


    Hallo Reinhard,


    ?( jetzt kommt geballtes Halbwissen, grins.
    Jetzt kann ich ja sagen, Du hast es so gewollt.8-)


    Ich dachte Soldaten erhielten nur ganz selten eine Heiratserlaubnis?
    Gibt es sonst noch besondere Erkennungszeichen an einer Uniform?
    Jens hatte die Haube erwähnt?


    Hab mich mittlerweile belesen, dass das EKII sehr häufig vergeben wurde.
    Aber es war nicht beschrieben für was. Besonderer Heldenmut? Viele getötete Feinde?
    Stimmt es, daß über Ehrungen beim Bundesarchiv Unterlagen zu finden sind?
    Trifft das auch auf das EKII zu?
    Was war die Aufgabe eines Sergeanten?
    Waren Truppen im Frieden meist an einem Standort eingesetzt?
    Wie wurde um den 1910 herum rekrutiert? Immer noch mit Zwang?


    Übrigens Reinhard Du hattest recht, daß in Sachsen, wie in
    Württemberg die militärische Aufnahme in den heimatlichen Unterlagen
    notiert wurde. Das Hauptstaatsarchiv in Dresden hat mir mitgeteilt, daß
    dies in sogeannten Nationallisten bzw. den Gerichtsbüchern
    aufgeschrieben wurde.


    So jetzt werd ich noch dem Hinweis nachgehen, daß Bruno vermutlich
    schon vor dem WK1 in der Armee war und das von Dir genannte
    Infanterieregiment "scannen".


    Herzlichen Dank Reinhard!
    Laß es mich wissen, wenn ich mal etwas für Dich tun kann.
    Archivgänge hier in der Umgebung etc...


    Liebe Grüße
    Sylvia

  • Hallo Sylvia,


    wie versprochen auch die Antworten auf deine Fragen. Die Sachlage zu den einzelnen Punkten sind jedoch sehr weitläufig und können von mir an dieser Stelle nur sehr verkürzt auf das Wesentliche beschränkt wiedergegeben werden. Falls da etwas nicht ganz klar ist also einfach nochmal Nachfragen.


    Zitat

    Ich dachte Soldaten erhielten nur ganz selten eine Heiratserlaubnis?

    Zur Zeit des Urgroßvaters war man schon liberaler. Die Sache mit der strengen Handhabe der Heiratserlaubnis war in der Zeit des Deutschen Bundes.


    Zitat

    Gibt es sonst noch besondere Erkennungszeichen an einer Uniform?
    Jens hatte die Haube erwähnt?

    Anhand des Wappenschildes und der Helmzier am Helm kann man verschiedene Zugehörigkeiten des Trägers ableiten. Mit dem Wappenschild des Helmes bei deinem Urgroßvater lässt sich die Landeszugehörigkeit zu Sachsen erkennen. Zudem gab es noch verschieden Helmspitzen. Die Spitze am Helm des Urgroßvaters wurde von den meisten Truppen getragen, so auch von der Infanterie. Die Jäger hatten an Stelle der Pickelhaube zum Beispiel einen Tschako. Insofern scheidet auch bei deinem Urgroßvater die Zugehörigkeit zum 1.Jäger-Bataillon Nr.12 in Freiberg schon einmal aus. Nachstehend ist ein solcher Tschako aus Sachsen abgebildet:


    Ein weiteres Erkennungszeichen waren die Schulterklappen. Hier waren die Regimentsnummern angebracht. Leider lässt sich diese Nummer auf dem Foto nicht lesen. Ein weiteres Merkmal waren die Farben der Paspelierung an den Schulterklappen mit welchen sich die Regimenter unterschieden. Ende des WKI wurden dann damit begonnen, die Farbe der Paspelierung einer Truppengattung zuzuordnen. Eine einheitliche Zuordnung wurde aber erst bei der Reichswehr eingeführt. Da bei der Reichswehr der Infanterie die Farbe Weiß zugeteilt wurde, kann ich mir vorstellen, dass diese Farbe bereits 1919 bei den Uniformen zu finden war (wie auch auf dem Foto).


    Zitat

    Hab mich mittlerweile belesen, dass das EKII sehr häufig vergeben wurde.
    Aber es war nicht beschrieben für was. Besonderer Heldenmut? Viele getötete Feinde?

    Es ist richtig, dass diese Auszeichnung häufig verliehen wurde. Die unterschiedliche Praxis der Verleihung lässt sich aber nicht so allgemein beantworten. Lass es mich einmal an einem Beispiel anknüpfen. Beim Vormarsch durch die Argonnen 1914 hatten einzelne Bataillone oder Kompanien durch ihren besonderen Einsatz wesentlich zum Erfolg beigetragen. Man hatte dann den beteiligten Einheiten eine gewisse Anzahl an Auszeichnungen zugeteilt, welche dann nach Vorschlag der Einheitsführer an besonders beherzte Soldaten dieser Einheiten verliehen wurden. Daneben gab es natürlich auch einzelne Verleihungen, welche auf Vorschlag des Einheitsführers erfolgten. Meist hatten diese Soldaten schon über einen längeren Zeitraum eine große Einsatzbereitschaft gezeigt, zur Verleihung selbst wurde dann ein bestimmtes Ereignis als Begründung angeführt. Trotz der häufigen Verleihung wurde diese Auszeichnung bei Gott nicht verschenkt. Eine Schlafmütze durfte man dazu sicherlich nicht sein.


    Zitat

    Stimmt es, dass über Ehrungen beim Bundesarchiv Unterlagen zu finden sind?
    Trifft das auch auf das EKII zu?

    Die Verleihung des EKII wurde in der Stammrolle vermerkt, der Verbleib ist ja bekannt.


    Zitat

    Was war die Aufgabe eines Sergeanten?

    Der Sergeant stand in der Dienstgradgruppe der Unteroffiziere zwischen den Unteroffizieren ohne Portepee und den Vizefeldwebel Meist führte er eine Gruppe (10 Soldaten) im Gefecht und war für deren Leib und Leben verantwortlich. Während des Weltkrieges wurden Sergeanten aber auch häufig als Zugführer (4 Gruppen) eingesetzt.


    Zitat

    Waren Truppen im Frieden meist an einem Standort eingesetzt?

    Nein, die Truppen wurden wie zu jeder Zeit nach den jeweiligen strategischen Überlegungen stationiert.


    Zitat

    Wie wurde um den 1910 herum rekrutiert? Immer noch mit Zwang?

    Es bestand damals die Wehrpflicht, wie wir sie auch heute noch kennen. Wie schon erwähnt, rekrutierten sich die Unteroffiziere aus den Freiwilligen. Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, das der Urgroßvater nicht als Wehrpflichtiger ins Regiment gekommen war. Details in nachstehendem Link: http://www.agw14-18.de/formgesch/formatio_rek.html


    Zitat

    Laß es mich wissen, wenn ich mal etwas für Dich tun kann.
    Archivgänge hier in der Umgebung etc...

    Danke, aber meine Familie kam erst 1908 über Leutkirch aus Hohentengen/Saulgau nach Ulm. Die Linien sind inzwischen auch weit gehend bis zum Beginn der Kirchenbücher erforscht. Dennoch danke ich dir für dein Angebot.


    Und nun viel Spaß beim Stöbern
    Reinhard
    8o :computer: :computer: :computer:

  • Hallo zusammen,


    aufgrund des Hinweises von Jens, habe ich die Ehrungen und auch die
    Schulterklappen noch einmal hochaufgelöst gescannt und stelle sie ein.
    Da ich mir sehr unsicher bin auf was es beim Erkennen der Regimenter
    und bei vielen anderen Details ankommt, kann ich nicht sagen ob die
    geänderte optische Aufbereitung etwas bringt. Seht selbst.


    Liebe Grüße
    Sylvia