Gefängnisstrafe - Abmeldung beim Einwohnermeldeamt?

  • Hallo,
    mein Urgroßvater musste eine ca. 3jährige Gefängnisstrafe absitzen (oh Gott, was sind das nur für Verhältnisse, in die ich da gerade meine Nase stecke 8o?). Ich weiß das Jahr der Verurteilung (Landgericht Hildesheim) nicht. Ist hier jemandem bekannt, ob Verurteilte für die Dauer der Haft beim Einwohnermeldeamt abgemeldet wurden? Wenn dem so wäre, könnte ich durch diese Daten den Beginn und das Ende der Inhaftierung in etwa erfassen.

    Liebe Grüße von Manuela

    Einmal editiert, zuletzt von ManuG ()

  • Hallo Manuela,


    da ich einst bei verschiedenen Staatsanwaltschaften tätig war, so weiß ich, daß die Gefängnisinsassen eine „richtige“ Postanschrift besaßen, nämlich die Straße und die Hausnummer ihrer Strafanstalt. Man kann deshalb davon ausgehen, daß die Gefängnisverwaltungen den zuständigen Einwohnermeldeämtern die „neuen“ Anschriften der Inhaftierten mitteilten (und sie gleichsam ummeldeten).


    Freundliche Grüße vom Rhein

  • Hallo Manuela,


    bitte denken Sie daran, daß in den Unterlagen des Einwohnermeldeamts kein spezieller Hinweis auf eine Justizvollzugsanstalt erscheint (jedenfalls nicht offiziell). Sie würden in diesen Unterlagen lediglich den Ort, die Straße und die Hausnummer eines Gefängnisses finden (z.B. Celle, Trift 14) und müßten dann von einem 3jährigen - bei Anrechnung der Untersuchungshaft oder bei Bewährung auch kürzeren - Aufenthalt an diesem Ort auf die Inhaftierung schließen.


    Viel Erfolg!


    Vgl. http://www.mj.niedersachsen.de…8861_L20_D0_I3749483.html

  • Hallo Joachim,
    ich habe telefonisch beim zuständigen Einwohnermeldeamt angefragt. Die Auskunft ist natürlich Gebührenpflichtig (12-18 Euro sagte die Dame), und zudem seien Unterlagen aus der damaligen Zeit nur unvollständig erhalten.
    Ich habe mich aber nun zunächst dazu entschieden, beim Staatsarchiv Hannover schriftlich anzufragen, ob die Gefangenenakte und die Prozessakte dort aufbewahrt werden. Der Vorgang hat sich ca. 1939 ereignet, ist also schon lange her. Normalerweise werden solche Unterlagen wohl nur 30 Jahre lang aufbewahrt. Aber vielleicht wird dort etwas gefunden.
    Da allerdings meine Oma Opfer der damaligen Tat war und noch lebt, erhielt ich die Auskunft, nur in die evtl. vorhandene Gefangenenakte, nicht aber in die Prozessakte schauen zu dürfen. Meine Omi müsste bereits 10 Jahre verstorben sein, damit man mir dies gestattet. Oder ich muss eine schriftliche Erlaubnis von ihr vorlegen. Ob ich Omi danach fragen möchte, weiß ich aber noch nicht. Also werde ich zunächst abwarten, ob überhaupt diese Akten noch existieren, bevor ich eventuell unnötige Aufregung verbreite.


    Nochmals vielen Dank für Ihre Antwort!

  • Hallo Manuela.
    Habe vor Jahren wegen einer ähnlichen Sache per Anwalt eine Zivilklage gegen meinen längst verstorbenen Großvater angestrebt (war der Rat meines Anwalt`s) und habe daraufhin die komplette Gerichtsakte aus dem Jahre 1938 bekommen. Ohne Klage hätte ich nichts bekommen. Hat zwar einiges an Geld gekostet, hat sich aber auf jeden Fall gelohnt.
    Viele Grüße, Uwe.

  • Hallo Uwe,
    da muss ich nochmals nachfragen: Zivilklage gegen den Großvater - war er Täter oder Opfer? Und aus welchem Grund bedurfte es einer Klage, ging es ausschließlich um Akteneinsicht?
    Ich würde in meinem Falle natürlich nicht gegen meine Omi klagen. Sie war Opfer und ich kenne den Grund der Inhaftierung ihres Vaters. Dann muss dies genügen. Allerdings würden mich schon die näheren Umstände interessieren wie z. B. von wann bis wann war er wo inhaftiert, mussten Zeugen aussagen, na ja, und was sich vielleicht noch Interessantes über ihn in den Akten finden lässt. Aber ich würde meine Omi selbst nicht näher dazu befragen, weil sie mir bereits sagte, sie möchte nicht weiter darüber sprechen. Allerdings hat es mich einigermaßen überrascht, dass meine Omi bereits 10 Jahre lang verstorben sein muss, bevor ich die Prozessakte einsehen darf. Ich wusste halt nicht, dass es nach dem Tod aller Beteiligten eine derart lange Sperre gibt. Dann bin ich ja fast selbst schon alt ;). Der Täter selbst ist bereits 1957 verstorben. Also, wenn es nicht sein soll, dann nicht mit Gewalt.

  • Hallo Manuela.
    Täter war mein Großvater, Opfer meine Großmutter. Obwohl beide schon sehr lange tot, wollte man mir keine Auskunft geben. Bin deshalb zum Anwalt. Der hat mir zur Zivilklage gegen meinen Großvater geraten. Hat alles ca. 1 Jahr gedauert, dann bekam ich die Kopie der gesamten Gerichtsakte. Lediglich ein paar Namen von Zeugen wurden eingeschwärzt. Habe dadurch jedoch beinahe lückenlos den gesamten Lebenslauf meines Großvaters. Auch habe ich erfahren, daß er im hohen Alter in ein Pflegeheim gegangen ist. Von dem habe ich einen weiteren Lebenslauf sowie das einzigste Bild von ihm, daß in der Familie existiert. Alles in allem hat sich die Zeit und das Geld gelohnt.
    Viele Grüße, Uwe.

  • Dankeschön, Uwe, für die Antwort.
    Würdest du mir verraten, in welcher Höhe Anwalts- und Gerichtskosten angefallen sind? Allerdings käme für mich zum jetzigen Zeitpunkt wohl eine Klage nicht in Frage, da meine Großmutter noch lebt. Ich werde mich wohl mit dem Einblick in die Gefangenenakte (soweit vorhanden und gestattet) begnügen. Darin würde mir wohl der Einblick gestattet, aber, wie gesagt, nicht in die Gerichtsakte. Ob ich einen günstigen Augenblick abwarte, meine Omi nach einer Vollmacht zu fragen, kann ich zur Zeit nicht sagen.

  • Hallo Manuela.
    Das ganze ging nur über meinen Anwalt. Bis zur Klage kam es überhaupt nicht. Wie gesagt, daß war nur ein vorgeschobener Grund. Daraufhin hätte ich dann Akteneinsicht bekommen können (in Hamburg)
    was für mich aber zu weit war. Nach einem weiteren Schreiben meines Anwalts bekam ich dann die Kopien. Waren ca. 30 Seiten. Kopiekosten damals 45.-DM inkl. verschicken. Mit Anwaltskosten damals ca. 400.- bis 500.-DM. Nach lebenden Personen wurde überhaupt nicht gefragt. Meine Mutter z.B. weiß bis heute nicht, daß ich die Akten habe und ich würde es ihr auch nicht sagen, zumal dieses Thema in unserer Familie Tabu ist. Hatte auch nur durch zufall davon erfahren.
    Viele Grüße, Uwe.

  • Hallo Uwe,
    dankeschön für deine Auskunft. Das ist ein stolzer Preis. In meiner Familie ist die Tat auch ein Tabuthema. Ich werden erst einmal abwarten, welche Nachricht ich vom Staatsarchiv Hannover erhalte. Aber ich bin bei meiner Omi aufgewachsen und werde keinesfalls etwas unternehmen, was sie kränken könnte.
    Danke dir für deine Informationen!

  • Zitat

    Original von Joachim v. Roy
    Hallo Manuela,


    da ich einst bei verschiedenen Staatsanwaltschaften tätig war, so weiß ich, daß die Gefängnisinsassen eine „richtige“ Postanschrift besaßen, nämlich die Straße und die Hausnummer ihrer Strafanstalt. Man kann deshalb davon ausgehen, daß die Gefängnisverwaltungen den zuständigen Einwohnermeldeämtern die „neuen“ Anschriften der Inhaftierten mitteilten (und sie gleichsam ummeldeten).


    Freundliche Grüße vom Rhein


    Hmm.
    Ich kenne mich mit dem deutschen Melderecht nicht wirklich aus, aber muss eine Anmeldung am neuen Wohnsitz (hier: Gefängnis) zwangsläufig eine Abmeldung des alten Wohnsitzes nach sich ziehen?
    Oder kann das Gefängnis bzw. die "alte" Wohnung auch als "Zweitwohnsitz" fungieren?


    Rossi

  • Ich möchte kurz berichten, dass im Staatsarchiv Hannover keine Prozessakte meines Urgroßvaters gefunden wurde, wohl aber die Gefangenenakte.
    Diese kann ich dort einsehen und werde morgen nach Hannover fahren. Ich bin schon unglaublich gespannt. Ich habe wirklich keinerlei Ahnung, was in einer solchen Gefangenenakte dokumentiert wurde und welche Informationen ich dadurch gewinnen werde.


    Also - vielen Dank für alle bisherigen Antworten und Tipps!

  • Hallo Manuela.
    In der Gefängnisakte meines Großvaters stand eigentlich nur von wann bis wann er in welchem Gefängnis war, wann und wie lange er Krank war und welche Tätigkeiten er in der Anstalt ausgeführt hat. Außerdem noch wie er sich gegenüber Personal und Mitgefangenen verhalten hat.
    Gruß, Uwe.

  • Ja, so war es heute bei mir auch. Ein von ihm selbst ausgefüllter Lebenslauf mit einigen interessanten Daten lag auch bei. Und - das Gerichtsurteil (!) mit ausführlicher Erläuterung über die Tat! Für mich hat sich also heute die Fahrt gelohnt, denn obwohl es keine Prozessakte (mehr) gibt, standen alle Informationen in der Gefangenenakte. Ich muss also niemanden innerhalb der Familie befragen!


    Danke für alle Tipps!

  • Gratulation!!!!!!!!
    Bei mir war es halt bedeutend teurer. Liegt vieleicht an der Schwere des Verbrechens. Man wollte (und durfte angeblich) darüber keine Auskunft geben.
    Viele Grüße, Uwe.