Was ist ein Pfarrwiddum?

  • Kann mir jemand sagen, was ein Pfarrwiddum ist?


    Diesen Titel oder Beruf trägt ein Vorfahr, Johann Georg Huber (1752-1797), aus Hemmingen, Kreis Ludwigsburg, Baden-Württemberg.

  • Johann Heinrich Zedler, Universal-Lexicon, Band 55, Leipzig – Halle 1 7 4 8 , Sp. 1772/73:

    W i d e m, W i d u m, Widum-Geld, Widum-Gut, W i d m u t, Wieden, Wiedum, Wiedmut oder W e d e sind alte deutsche Wörter, welche im Kirchenrecht Felder, Äcker, Wiesen und dergleichen bedeuten, die zu einer Pfarrstelle gehören, und die hernach gegen einen Frucht-Zins oder gegen Pacht ausgetan werden. Daher rühren die Bezeichnungen Widums-Höfe oder Wiedmuts-Höfe bzw. Widums-Leute oder Wiedmuts-Leute, so selbige besitzen.


    Freundliche Grüße vom Rhein


    Anm.: Der obige Begriff ist nicht zu verwechseln mit der Bezeichnung „Widem, Widum, Widdum, Gut oder Wede“ für „Leibgedinge“.

  • Seit meiner - in Ostpreußen verbrachten - Kindheit verstand ich unter einer „Meierei“ stets eine „Molkerei“ (ebenso der Duden-Rechtschreibung, 20. Aufl., Mannheim 1991, S. 469). Ganz anders wird jedoch ein „Meier“ bei Johann Heinrich Zedler, Universal-Lexicon, Bd. 20, Halle-Leipzig 1739, Sp. 1481, beschrieben:


    „M e y e r , H o f – M e y e r , oder H o f – M e i s t e r, ist ein solcher Mann, welcher in der Bauerey, Acker-Arbeit und andern dergleichen Landwirthlichen Geschäfften wohl erfahren und geübet ist, auch dahero bey weitläufftigen Gütern und Vorwercken zu besserer Bestellung der Haushaltung und Feld-Arbeit angenommen wird ... daß er selber unter dem Nahmen eines Hofmeisters, die V e r w a l t u n g eines Gutes oder Vorwerckes führet.“


    Ebenso wie Zedler, so versteht auch Meyers Konversationslexikon, Bd. 11, Leipzig 1885 f., unter einem M a i e r den „V e r w a l t e r eines Landguts, besonders eines Nebenguts oder Vorwerks, welches deshalb Maiergut oder Maierhof heißt“.


    Johann Georg Huber (+ 1797) war jedoch kein Maier, da er das Pfarrgut nicht im Auftrag seines Pfarrherrn verwaltete. Man kann vielmehr annehmen, daß er als selbständiger Landwirt tätig war. Um in Erfahrung zu bringen, ob J. G. Huber Getreide anbaute oder Vieh züchtete oder ob er sich dem Obstanbau zugewandt hatte, müßte man Näheres über die Beschaffenheit des fraglichen Pfarrguts wissen. Auch dürfte über die Bewirtschaftung des Pfarrguts ein Vertrag zwischen dem Pfarrherrn und dem J.G. Huber ausgefertigt worden sein, dessen Konzept noch heute in den kirchlichen Akten vorhanden sein könnte.


    Zu beachten ist, daß ein Maier in NIEDERSACHSEN und WESTFALEN k e i n Verwalter eines Bauernguts war, sondern daß dieser einen solchen Hof (= Maiergut) gegen einen jährlich zu entrichtenden Zins (= Maierzins) von einem Gutsherrn gleichsam gepachtet hatte. Ein solcher Maier mußte sich diese Art von 'Lehnsnehmung' bestätigen lassen (= Bemaierung), worüber ihm der „Maierbrief“ ausgestellt wurde (Quelle: Meyers Konversationslexikon, a.a.O.).


    Freundliche Grüße vom Rhein

  • Hallo,


    Vielen Dank für die vielen Informationen! Ich kannte nur die Bedeutung des Maier in Westfalen und Niedersachsen und ging davon aus, dass das für Gesamtdeutschland gleich sei. (Also dass ein Pachtzins für die Überlassung der Güter an den Eigentümer entrichtet wird.)
    Ich habe nocheinmal recherchiert und tatsächlich gab es bis vor wenigen Jahren in den Nachbargemeinden sogenannte Widdumshöfe. Einen solchen wird es dann wohl auch in Hemmingen gegeben haben. Vielleicht finde ich ja noch was dazu.


    Mit freundlichen Grüßen