dient als Marquer

  • Hallo Forschergemeinde,
    könnt Ihr mir helfen?
    Ich habe einen Eintrag aus dem Vormundschaftsgericht von 1851 in Schwerin. Heinrich, Christian, Gottlieb Feldten dient als Marquer in Altona. 1850 hatte er auf dem Sachsenberg in Schwerin gedient. Er wurde am 27. April 1832 geboren. Was ist ein Marquer? Sicher ein militärischer Begriff aber ich habe absolut keine Peilung. Vielen Dank !!
    Grüße Hartmut ?( ?(

    Nicht Gold hat die Welt verändert, es war das Blei.
    Nicht das Blei aus der Flinte, eher das Blei aus dem Setzkasten (Willi)

  • Hallo Hartmut,


    Marquer, marquiren, heißt etwas mit einer Marke versehen, zeichnen, plombieren etc.


    Dann passt auch das, was der Duden dazu sagt:
    Mar|kör, auch: Markeur der; -s, -e <germ.-it.-fr.>: 1. Schiedsrichter, Punktezähler beim Billardspiel. 2. (österr. veraltet) Kellner. 3. (Landw.) Furchenzieher (Gerät zur Anzeichnung der Reihen, in denen angepflanzt od. ausgesät wird).


    Gruß
    Jutta

  • Hallo Hartmut,


    das, was Jutta beschrieben hat, habe ich auch gefunden (siehe hier ). Für mich ist damit wahrscheinlich, dass der Mann den Beruf eines Obers/Kellners ausgeübt hat. Das würde ja auch zu "dienen" passen.


    Allerdings ist Deine Vermutung mit dem Militär offenbar auch nicht falsch. Wenn man in "Gurgel" mit den Wörtern Markeur und Armee sucht, erhält man zahlreiche Treffer, die sich fast ausschließlich auf das Schweizer Militär beziehen. Der Begriff Markeur ist dort heute noch in Gebrauch. Soweit ich mir das zusammenreimen konnte, sind unter Markeuren dabei Personen zu verstehen, die im Rahmen militärischer Übungen als Gegner/Feinde fungieren (also so eine Art Statist). Als Beruf halte ich so etwas allerdings für weniger wahrscheinlich.


    Grüße
    Uwe

    Forschungsschwerpunkte:
    Schönhengstgau: Raum Zwittau/Leitomischl +++ Ostpreußen: Raum Gerdauen, Raum Gumbinnen
    Baden-Württemberg: Raum Abtsgmünd, Raum Rottenburg/Neckar

  • Hallo zusammen,
    vielleicht ist in diesem Zusammenhang hilfreich, wenn man noch überlegt, was denn die Angabe "hatte auf dem Sachsenberg in Schwerin gedient" bedeuten könnte. Über den Schweriner "Sachsenberg" heißt es:

    wählte der junge Nervenarzt C. F. Flemming (1799-1880) im Jahre 1823 den Standort für eine neu zu errichtende Heilanstalt für Geisteskranke.


    Da liegt dann nahe, dass es tatsächlich Richtung Dienstleistung geht.
    Allerdings ist "Markeur" für Kellner ja "österr. veraltet" - und Meck-Pomm ist doch recht weit enfernt von Österreich.
    Die militärische Bedeutung dürfte wirklich ausscheiden, weil sie keinen Beruf bezeichnet.
    Ob man in der Heilanstalt Billard gespielt hat?
    h :wacko: nry

  • Allerdings ist "Markeur" für Kellner ja "österr. veraltet"


    Das steht zwar u.a. so in 'Meyers Großes Konversatios-Lexikon' von 1905, ich melde aber trotzdem leise Zweifel an!
    Der Begriff 'Markeur' für einen Kellner/Ober taucht nämlich auch bei verschiedenen deutschen Literaten (Heine, Seume, Paul) des 18. und 19. Jahrhunderts auf (siehe die Treffer weiter unten auf der in meinem vorigen Beitrag verlinkten Webseite).


    Für mich legt das den Schluss nahe, dass 'Markeur' zumindest damals nicht unbedingt ein rein österreichischer Ausdruck war.


    Grüße
    Uwe

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  • Hallo Uwe,


    ja, das überzeugt.


    Wegen der Formulierung "diente auf dem Sachsenberg" habe ich nochmal gründlicher nachgesucht und über die Heilanstalt gefunden:
    ... entstand 1825 der ca. 180 m lange schlossähnliche Bau der „Irren-Heilanstalt Sachsenberg“. ... Die Konzeption des Neubaus war so großzügig, dass in der 1. Klasse-Etage für jeden Patienten zwei Räume zur Verfügung standen: ein Schlaf- und ein Wohnraum. Jeder Patient hatte seinen persönlichen Pfleger. Es gab ausreichend sanitäre Einrichtungen einschließlich Bädern mit Warmwasser, wozu das Wasser vom See hochgepumpt wurde (mit einem Göpelwerk). Es gab Leseräume und ein Billardzimmer und einen mit Orgel ausgestatteten Kirchenraum. [http://www.schweriner.de/cms/index.php?id=61]


    Danach wäre sowohl Kellner als auch Billardmarkeur möglich. Was meinst du, ist es wahrscheinlich, dass dieser "Marquer" in der Heilanstalt beschäftigt war?


    h :) nry

  • Hallo zusammen.
    Erst mal herzlichen Dank an Jutta. :danke: Jetzt habe ich einen sehr brauchbaren Hinweis und wieder eine Peilung. :banana:
    Danke auch an Uwe und Henry aber versucht es doch, alles militärischer zu betrachten. Unter Dr. Fleming wurde tatsächlich 1823 die " in großherzoglichen Diensten stehende Idiotenanstalt" gegründet. Später wurde der Name in "Irrenanstalt" umgewandelt. Davor wurden "Gemütskranke und Irre" auf die Festung Dömitz verbracht. Der Sachsenberg ist ein riesiges Areal und die Irrenanstalt, auch in der heutigen Dimension, recht klein. Die heute, bei allen Schwerinern bekannten Artilleriekasernen, sind erst später erbaut worden. Ebeso die kaum noch bekannten Grenadierunterkünfte. Mit Sicherheit hat er nicht in der Irrenanstalt gekellnert. Meineswissens gab es 1850 noch keine Zivis. Jetzt muß ich klären, ob auf dem Sachsenberg militärische Anlagen zu besagten Zeit standen. Durchaus vorstellbar. Mit der Entwicklung Schwerins kenne ich mich gut aus, da ich mal im Archiv tätig war. Ich tippe eher auf Artilleriebeobachter, olso armes Frontschwein der Granateinschläge zu melden oder zu marquieren hatte. Aber alles nur Spekulation. Wenn ich es geklärt habe, werde ich mich melden. Jeder Hinweis ist wichtig und ist er noch so "irre". Habt vielen Dank :banana:
    Viele Grüße Hartmut

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  • Danke auch an Uwe und Henry aber versucht es doch, alles militärischer zu betrachten.

    Ich tippe eher auf Artilleriebeobachter, olso armes Frontschwein der Granateinschläge zu melden oder zu marquieren hatte.


    Naja ... da wäre dann zu klären, ob die um 1850 technisch wirklich schon so weit waren bzw. schon so gearbeitet haben bei der Artillerie. Ich hab' da starke Zweifel. Und zudem konnte ich persönlich im Web nichts finden, was in diese Richtung geht. Bringt ja auch nichts, wenn der Wunsch Vater des Gedanken ist ...!


    Ich habe aber was anderes gefunden und das könnte man so deuten, dass es sich bei einem Marqueur auch um eine Art Wache handeln könnte (er markiert sozusagen ein militärisches - oder anderes - Gelände).
    Siehe hier (oben rechts im Suchfenster 'Marqueur' eingeben).


    Grüße
    Uwe

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    Baden-Württemberg: Raum Abtsgmünd, Raum Rottenburg/Neckar

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  • Hallo Uwe,
    ich habe mir das angesehen. Was macht dich so sicher, dass der dortige "Marqueur" ein Wächter war? Würde ein Wächter schnell wieder wegspringen?
    Vielleicht findetst du ja noch die eine oder andere Stelle, wo sich ein solcher M. deutlich als Wächter betätigt.


    Schöne Grüße
    h :) nry

  • Hallo henry,


    gar nix macht mich sicher, deshalb ja auch das "könnte". Für mich lässt aber der Textzusamenhang diese Möglichkeit zu, wenn man es auf die Polizeischranke bezieht :] . Einen Satz später geht es allerdings auch schon wieder um Kaffee ...


    Grüße
    Uwe

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  • Hallo Uwe,
    mit Deinen technischen Bedenken hast Du recht. Geschütze hatten zu dem Zeitpunkt schon eine erhebliche Reichweite, aber das indirekte Richten, der indirekte Beschuss wurde erst ab 1860 bekannt und seit ca. 1870 eingeführt. Fazit: es gab 1850 noch keine Artilleriebeobachter. Zu dieser Zeit war in Schwerin nur ein Garderegiment und ein Artillerieregiment stationiert. Dragoner- und Schützenregimenter waren außerhalb. Mit Deinem Link konnte ich nicht viel anfangen, weil ich mit Sprachen "leider" nicht viel am Hut habe. Ich kann nur "Hochdeutsch", "Plattdeutsch", manchmal "leise" und sehr selten "laut". Mit Naturwissenschaften sieht es wesentlich anders aus. Man möge es mir nachsehen. Ich werde weiter drannbleiben und Informieren.
    Danke und viele Grüße
    Hartmut :zuck: :zuck:

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  • Hallo Uwe,
    habe Deine PN erhalten.
    Der Hinweis ist plausibel. Polizeischranke, Zollkontrolle und der grinsende Marquer ist wohl ein Grenzposten. "Er markiert die Grenze". Jetzt habe ich auch eine Beziehung zu dem Ort.
    Es passt alles zusammen. Das ausgerechnet Goethe für unsere Ahnenforschung herhalten muß, ist für mich eine Überraschung. Zu Deinen Namen kann ich nichts sagen obwohl nach dem Krieg einige Ostpreußen hier heimisch wurden.
    Vielen Dank für Deinen Hinweis.
    Gruß Hartmut

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  • "Marquer? = Grenzposten ! Es passt alles zusammen." ???????????????????????????????????????????????????????????????


    Hallo Hartmut,


    möglicherweise fehlen mir jetzt Informationen, weil ein Teil der Kommunikation über PN abläuft. Trotzdem kann ich mir das kritische Nachfragen nicht abgewöhnen, schließlich habe auch ich schon einige Zeit in diese Frage investiert.


    Ich interpretiere Goethes "Marqueur" als Angestellten der dort erwähnten Restauration.
    1) Es bleibt unpassend und schwer vorstellbar, dass ein Grenzposten "wegspringt".
    2) Die Bedeutung "Grenzposten" findet sich in allen bisher vorgebrachen lexikalischen Hinweisen nicht.
    3) Gottlieb Feldten "diente auf dem Sachsenberg". Schwerin und der Sachsenberg lagen mitten im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin, dort ist weit und breit keine Grenze, die er hätte "markieren" können.
    Wenn ich für möglich gehalten habe, dass er in der Heilanstalt diente, so hatte ich keinesfalls im Sinn, er sei so etwas wie ein Zivi gewesen. Wenn er dort als Kellner oder Billiardmarquer gearbeitet hat, würde man das ebenso als "dienen" ausgedrückt haben, wie Uwe schon am 17. Feb. richtig bemerkte.


    Schöne Grüße
    h :) nry

  • Hallo Henry,
    mit Deinen Bemerkungen hast Du grundsätzlich recht. Ein bischen schwanger gibt es nicht, entweder oder. Es sind natürlich nur Indizien (indirekte Beweise), die bestätigt werden müssen. Dieses Thema ist nicht abgeschlossen und ich werde berichten. Das alles für mich zuammenpasst, ist auch eine Frage der persönlichen Erfahrung. Ich habe beim Militär gedient. Der Probant hat als Marquer in Altona gedient. Da ich im November 1989 zu den Grenztruppen kommandiert wurde und am 22. Dezember 1989 das Brandenburger Tor in Berlin mit eröffnet habe, verstehe ich etwas von Grenzposten. Den Grenzposten interessiert nur die Identität, der Zöllner will Geld (Steuern) und deshalb beschäftigt er sich länger mit den Personen. Das betrift unzweifelhaft auch Goethe. Das ist heute so und auch vor 100 oder 200 Jahren. Polizeischlagbaum und dann der grinsende Marquer, danach Zoll und dann die Kaffebude. "Typisch Grenze" auch wenn der Marquer wegspringt weil er seine Hoheitsaufgaben erfüllt hat. Trotzdem habe ich in Schwerin das halbe Archiv wild gemacht, um diesen Begriff eindeutig zu klären. Bei weiteren Hinweisen werde ich Dich, notfalls über PN, informieren. Für mich ist dieser Begriff nicht abschließend geklärt. Für weitere Hinweise, auch " irre"bin ich dankbar. Häufig helfen auch solche Zweifel, wie von Dir, weiter und das ist gut so.
    Danke und viele Grüße Hartmut
    PS: Altona kenne ich als Kaff bei Eldena,3 Häuser oder 2, und in Hamburg. Mecklenburgische Truppen waren zu der Zeit auch auswärtig stationiert z.B. im Reinland und in Lothringen. Warum nicht in Hamburg, zumal seine Schwester zu der Zeit eine Beziehung zu einem Maurergesellen in Hamburg/Harburg hatte.Das muß ich noch erforschen. Wir bleiben in Verbindung.

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  • Zur fraglichen Zeit war Lothringen französisch, also bestimmt keine Mecklenburger Truppen dort. Kam erst nach dem Krieg von 1870/71 wieder für knapp 50 Jahre zu Deutschland.
    Freundlichen Gruß, Wilfried

  • Hallo Wilfried,
    gut das es die Kompetenz des Forums gibt. Ich habe mich tatsächlich in dem Mecklenburger Staatskalender, in der Jahreszahl verdaddelt (geirrt). 1850 waren nur Manöver in Preussen angesetzt. Das Jahr 1851 muß ich noch klären.
    Grüße Hartmut

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