Freiherren Streicher in Schwaben?

  • Liebe Adelskundige
    und Literatur-besitzende,


    Kann jemand herausfinden, ob es in Schwaben im 16. Jhdt. eine freiherrliche Familie STREICHER gab?
    Hintergrund:
    mein Vorfahr Friedrich von Watzdorf heiratete um 1580 Helena STREICHER. Soweit so gut. Aber dann geht es los:


    lt. der Chronik der Familie von Watzdorf (Bd. 3, von Adam v. Watzdorf) handelt es sich bei der Braut um "Helene Freiin Streicher aus Schwaben". Die Heirat fand danach in Opfingen statt. (heute Stadtteil von Freiburg/Breisgau)
    Leider werden keine Quellen angegeben.
    ABER:
    Friedrich v. Watzdorf gehörte der Sekte/Glaubensgemeinschaft der Schwenckfeldianer an und taucht in diesem Zusammenhang mehrfach in neuester religionsgeschichtlicher Literatur auf. Hierbei wird seine Ehefrau zwar immer als "Helena Streicher" angegeben, der Name scheint also zweifelsfrei festzustehen.
    Sie wird allerdings in diesem Zusammenhang immer wieder mit der Ulmer Familie STREICHER in Zusammenhang gebracht, von der eine große Anzahl Familienmitglieder auch zu den Schwenckfeld-Anängern gehörten. Es war eine angesehene Mediziner Familie und ist in Archiven gut nachgewiesen.
    Dazu kommt daß der Ort Öpfingen damals zur Freybergischen Herrschaft gehörte, wo viele Schwenckfelder nach ihrer Vertreibung aus Ulm Zuflucht fanden.
    Außerdem besaß das Ehepaar Watzdorf/Streicher ein Anwesen in Söflingen, heute Stadtteil von Ulm.
    Also vieles deutet auf eine bürgerliche Ulmer Herkunft hin.
    Ich will der Sache auf den Grund gehen, daher wäre ich erst mal froh, wenn ich erfahren könnte, ob es in der fraglichen Zeit überhaupt eine Freiherren-Familie in Schwaben gab, wenn nicht dort, dann vielleicht in einer benachbarten Gegend.


    Guten Rutsch wünscht
    Gisela

    Ein Jegliches Ding hat seine Zeit, und alles Vornehmen unter dem Himmel hat seine Stunde
    Derzeitige Lieblingsbaustellen: GRUNER u. LINCKE, Sachsen, ab 1849 auch Schweiz. WURMSER von Schaffoltzheim, Bormio, Schweiz, Elsaß, Heidelberg. STREICHER, Ulm, 16. Jhdt. (Schwenckfelder). WERNBORNER, Hessen u.a.

  • Im Kneschke findet sich nur eine Familie v. Streicher, die 1797 für Ignaz Streicher, k. k. Gubernialrath und Poilzei-Direktor zu Lemberg den erbl.-österr. Adelsstand erhielt.
    Den Watzdorf, auch Freiherrn und Grafen, eines der ältesten und angesehendsten Adelsgeschlechter Thüringens, hat Kneschke ganze vier Seiten gewidmet. Hierin ist kein Bezug zu Schwaben zu finden.
    Mit freundlichen Grüßen
    Friedhard Pfeiffer

  • vielen Dank Herr Pfeiffer.
    Über die Watzdorf bin ich informiert, es gibt eine 3 Bändige Familienchronik, Dokumente, Leichenpredigten etc.p.p. noch und nöcher.
    Der Bezug zu Schwaben ist nur aus heutiger Sicht gegeben, bzw. geografisch: Ulm war damals Reichsstadt, und auch die Herrschaft Freyberg (wozu Öpfingen gehörte) war reichsunmittelbar, beides gehörte also nicht zu Schwaben. Söflingen, wo Friedrich v. Watzdorf ein Gut besaß, gehörte auch zum Ulmer Umland.


    Friedrich v. Watzdorf war ca. 1580 Kammerjunker bei dem damaligen Bischof von Speyer, der auch der Schwenckfelder Sekte zugerechnet wird. Er, der Bischof, hatte Kontakt zu der Ulmer Ärztin Agathe Streicher, die wie es aussieht eine Verwandte meiner Helena war (falls diese sich nicht doch noch als Freiin herausstellt, was ich nicht glaube). Später war er Hofmeister des Sohnes des damals noch unmündigen Georg-Friedrich von Baden-Durlach.


    Mir geht es hier aber vordringlich um die Ehefrau. Sie wird in einer der ganz alten Familienchroniken der v. Watzdorf aus dem 18. Jhdt. als "Freiin aus Schwaben" bezeichnet. Wer weiß, vielleicht wollte der Schreiber eine Ketzerin 8o und dazu noch eine bürgerliche 8o aus der Familiengeschichte austilgen :whistling:
    (Ihr Mann, Friedrich v. Watzdorf war übrigens ein jüngerer Sohn, eines Astes einer eh schon verzweigten Familie, weshalb er wohl nicht überall im Mittelpunkt der Betrachtungen steht.)


    Jedenfalls scheint das, was Sie mir aus Kneschke mitteilen, meine bürgerliche Theorie zu bestätigen.

    Ein Jegliches Ding hat seine Zeit, und alles Vornehmen unter dem Himmel hat seine Stunde
    Derzeitige Lieblingsbaustellen: GRUNER u. LINCKE, Sachsen, ab 1849 auch Schweiz. WURMSER von Schaffoltzheim, Bormio, Schweiz, Elsaß, Heidelberg. STREICHER, Ulm, 16. Jhdt. (Schwenckfelder). WERNBORNER, Hessen u.a.

  • Hallo Gisela,


    es gab nur zwei adelige Familien von Streicher. Die einen sind erst 1797 nobilitiert worden, die anderen, aus Österreich stammend, erst 1856 in den Freiherrenstand erhoben. Auch ein ausgestorbenes adeliges oder freiherrliches Geschlecht v. Streicher ist nicht verzeichnet.


    Die hoch angesehene Ulmer Ärztin Jungfer Agathe Streicher war die Tante von Helene Streicher. Sie war die Schwester des Stabsarztes Hans Augustin Streicher. Ob er allerdings der Vater der Helene Streicher war, was aus den Zusammenhängen zu vermuten ist, weiß ich aber nicht mit Sicherheit.


    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann

  • Hallo Hina,
    die Möglichkeit einer adligen Familie Streicher vor 1600 wollte ich eigentlich ausschließen, deshalb war das genau die Antwort, die ich erhofft hatte. :) Danke. Ich werde also wie schon vermutet mit meiner Suche nach der Heirat in Öpfingen nicht in Opfingen beginnen.
    Agatha Streicher hatte 4 Schwestern und 1 Bruder, der war auch Arzt. Er folgte der Lehre des Paracelsus, also wendete für damalige Verhältnisse "alternative Heilmethoden" an und kam auch in Konflikt mit der "Schulmedizin". Sowas gab es also damals schon. Er legte nie den ärztlichen Standeseid ab, womit er irgendwie durchkam. Agatha hingegen legte den Eid ab.
    Daß die jüngere Helena seine Tochter, und damit Agathas Nichte ist, wird in der Literatur angenommen, ist aber m.W. noch nicht bewiesen. Ob der Beweis möglich ist, werde ich hoffentlich in den nächsten Monaten herausfinden. Falls überhaupt so alte KBs in Ulm existieren, heißt das noch nicht, daß darin Taufen der Familie verzeichnet sind. Soviel ich verstanden habe, waren die Schwenckfelder zwar keine strikten Wiedertäufer, legten aber auch keinen Wert auf die Säuglingstaufe und lehnten sie tendenziell eher ab.
    In der Literatur, wo ja auch die Familie Streicher immer wieder beschrieben wird, finde ich als Quellenangaben Ulmer Ratsprotokolle ohne Ende, aber keine KBs. Ob das jetzt ein gutes oder schlechtes Zeichen ist, wird sich herausstellen.


    Die ganze Angelegenheit ist jedenfalls mal wieder sehr spannend.
    nochmal Danke und
    viele Grüße
    Gisela


    PS woher hast du die Info, daß Agathas Bruder (Hans Augustin Streicher) Stabsarzt war? Mir ist nur bekannt, daß er in Ulm und Pforzheim so eine Art Amtsarzt war. Wo ich jetzt schon mal bei dieser Familie war, würde mich das auch noch interessieren.

    Ein Jegliches Ding hat seine Zeit, und alles Vornehmen unter dem Himmel hat seine Stunde
    Derzeitige Lieblingsbaustellen: GRUNER u. LINCKE, Sachsen, ab 1849 auch Schweiz. WURMSER von Schaffoltzheim, Bormio, Schweiz, Elsaß, Heidelberg. STREICHER, Ulm, 16. Jhdt. (Schwenckfelder). WERNBORNER, Hessen u.a.

    2 Mal editiert, zuletzt von Gisela ()

  • Hallo Gisela,
    da muss ich irgendwie beim Tippen mit den Gedanken sonstwo gewesen sein :) . Stabsarzt war er wohl nicht.
    Viele Grüße
    Hina

    "Der Mensch kennt sich selbst nicht genügend, wenn er nichts von seiner Vergangenheit weiß." Karl Hörmann