fier/Vier/Führ Macken

  • Hallo,


    kann mir jemand helfen mit
    Fehr, Philipp,
    * 24.03.1675 in Macken
    Vater Johannes


    laut FB Gondershausen #28 im FB Macken.


    Ich suche Eltern, Geschwister und Vorfahren.


    Gruss,


    Gerhard

  • Hallo Gerhard,


    Phillipp Fehr gehört zu meinen direkten Vorfahren (über seinen Sohn Johannes Führ oo Anna Catharina Kneip). Leider stecke ich an der gleichen Stelle fest wie du.
    Falls du weitere Informationen zu dieser Familie findest, würde ich mich sehr freuen, wenn du die Daten mit mir teilen würdest.



    Viele Grüße,
    Anke

  • Hallo Anke, Gerhard,
    das FB Macken kennt einen Philipp * 24.3.1675 der ist aber lt. FB nicht verheiratet.
    Sv Fier, Führ, Vier Johannes + 20.1.1715
    3 Ehen
    III. N. Walburga
    6 Kinder aus der Ehe
    5. Anna Maria * 17.7.1670 + 28.3.1748
    6. Jacob * 3.1.1672
    7. Maria * 1.6.1673 oo 1696 Peter Oppenheuser
    8. Philipp * 24.3.1675
    9. Christoph * 25.11.1679 + 10.10.1702
    10. Peter * 25.11.1682


    Sv 27
    Fier, Führ, Vier Jacob, Schoeffe
    oo
    N. Christina + 14.2.1662
    Kinder
    Johann oo Nr. 28
    Nicolaus + 2.4.1689 oo Hammes, Margarethe aus Dommershausen


    Gruß Jogy

  • Hallo zusammen,


    Jogy hat wieder tolle Arbeit geleistet, aber ich habe noch eine Ergänzung, nämlich den Vater von


    27


    Fier, Führ, Vier Jacob, Schoeffe


    oo


    N. Christina + 14.2.1662


    Jacob Vier war der Sohn von Michael Vier(en), der 1631 als Hexer hingerichtet wurde.
    Ich habe die Verbindung selbst in folgender Dissertation gefunden: Rummel, Walter: Bauern, Herrn und Hexen. Studien zur Sozialgeschichte sponheimischer und kurtrierischer Hexenprozesse, I574-1664, Göttingen, 1991


    Rummel gibt selbst an, dass Jacob Vier der Sohn von Michael Vier(en) war. Ich halte die Quelle für zuverlässig, da es sich um die Dissertation eines Historikers handelt, der die Originalgerichtsakten ausgewertet hat (und keinerlei familiäre Verbindungen zu den Personen hat - also kein Wunschdenken was einen Stammbaum angeht.)


    Die Geschichte ist ziemlich spannend und gibt einigen Aufschluss über die Verwicklung der Familie Vier/Fier aus Macken in die Hexenprozesse des frühen 17. Jh.- Hier kurz die wichtigsten Ereignisse:


    Begonnen hatte es einige Jahre vor 1630, als Michael Vier(en) eine Wiese verkaufen wollte und ein Nachbar aus Macken Interesse anmeldete (dessen Namen ist im Buch nicht erwähnt). Bevor der Verkauf allerdings abgewickelt werden konnte, machte Nicolaus Endres(sen) (Claus Endressen), boos-waldeckischer Hofmann in Eveshausen und einer der reichsten abhängigen Bauern der Dörfer, ein besseres Angebot und bekam den Zuschlag.
    Der Nachbar von Michael Vier(en) fühlte sich übergangen und muss ziemlich sauer gewesen sein. Er insistierte, dass das Geschäft nicht fair gelaufen sei, woraufhin Claus Endressen (wohl in einer Kneipe) laut tönte, wenn er einen Acker oder eine Wiese kaufen wolle, würde er sie auch bekommen. Er hätte genug Geld um sich alles Land zu kaufen und er könne und würde jeden anderen beim Kauf ausstechen, wenn es in seinem Interesse wäre.
    Damit hatte er wohl das Fass zum Überlaufen gebracht und der Nachbar klagte. Im Verlauf des Prozesses kam dann das Gerücht auf, Michael Vier(en) sei mit dem Teufel im Bunde und es wurde vom dörflichen Hexenausschuss ein Hexenprozess gegen Michael Vier(en) angestrengt. In dessen Verlauf kam auch Claus Endressen in den Verdacht der Hexerei und wurde ebenfalls angeklagt. Sowohl Michael Vier(en) als auch Claus Endressen landeten 1631 auf dem Scheiterhaufen.
    Soweit Runde 1.


    Es geht aber noch weiter: Jacob Vier/Fier, Sohn des unglücklichen Michael Vieren, gehörte 1645 dann selbst zu den Gemeindevertretern, die eine neue Kampanie von Hexenverfolgungen anstrebten und sagte 1652 und 1653 selbst als Zeuge gegen neue Angeklagte aus.
    1656 wurde dann seine Frau Christina selbst als Hexe angeklagt. Es kam allerdings nicht mehr zu einem Prozess, da der Trierer Kurfürst Karl Kaspar von der Leyen (der seit 1652 regierte) die kurtrierer Politik im Bezug auf "das Hexenunwesen" änderte und weitere Hexenprozesse verbot. (Im Territorium von Kurtrier und den Kondomnien, an denen Kurtrier beteiligt war (u. a. das dreiherrische Beltheimer Gericht) wurde die letzte Hexe 1654 hingerichtet.)


    Soweit ein wenig Zusatzinfo zur Familie Vier/Fier aus Macken.


    VG
    Bärbel

  • Hallo Bärbel,


    auch von mir vielen Dank für diese interessante Familiengeschichte. Ich finde es immer total klasse, wenn man mehr über seine Vorfahren erfährt als bloß die Lebensdaten.



    Viele Grüße,
    Anke

  • ... wer mehr über die Hexenprozesse und ihre Motive nachlesen will -> http://www.hexenprozesse-kurma…rritorien/maas-mosel.html


    Da ist auch als Beispiel der Jonas Lentzen genannt:
    Wie gefährlich Opposition gegen die Ausschusstätigkeit war, musste der alte Schöffe Jonas Lentzen aus Macken im Hunsrück erfahren. Mit beißender Kritik und regelrechtem Spott hatte er 1652 die Mitglieder eines neu eingesetzten Ausschusses überzogen, nachzulesen in der Anklageschrift eines prompt darauf gegen ihn durchgeführten Hexereiverfahrens, das 1653 mit seiner Hinrichtung endete.
    Gruß Jogy

  • ... das ist ein wirklich guter Artikel und ein gutes Zitat um die Verhältnisse in den Dörfern zu illustrieren,
    danke Jogy


    Es wird darin auch das angesprochen, was wahrscheinlich der Hintergrund der Prozesse und späteren Hinrichtungen gegen Michael Vier(en) und Claus Endressen war: soziale Spannungen in den Dörfern, Versuche von weniger Priviligierten u. a. Vermögen umzuverteilen (die der Hexerei Beschuldigten und Verurteilten mussten die Prozesskosten tragen) und Einfluss zu gewinnen usw. - und das alles mit letalen Folgen für Teile der Bevölkerung und eine Verschiebung der "Macht" hin zu den Mitgliedern der Hexenausschüsse.


    Es ist ca. 17 oder 18 Jahre her, dass ich das Buch von Rummel gelesen habe, aber ich erinnere mich noch an die Beschreibung zu den Fällen Michael Vier(en) und Claus Endressen. Beide Männer hatten zu Beginn des Ganzen und auch noch als ein "normaler" Prozess wegen des umstrittenen Wiesenkaufs angestrengt war, keine Ahnung, in welcher Gefahr sie tatsächlich schwebten. Das war für beide noch ein normaler Streitfall ohne irgendwelche Anzeichen dafür, dass er lebensbedrohlich werden könnte.
    Claus Endressen, der "reiche" Hofmann aus Eveshausen, scheint den Ernst der Lage erst begriffen zu haben, als er im Rahmen des Prozesses gegen Michael Vieren "besagt" wurde. (Kann mich nicht mehr genau erinnern, aber ich glaube, Michael Vieren war zu dem Zeitpunkt schon gefoltert worden.) Claus Endressen wandte sich zu einem relativ späten Zeitpunkt des Verfahrens, als er aktuell von einer Verhaftung bedroht war, an einen Nachbarn und bat diesen, die Sorge für seinen (Claus Endressens) minderjährigen Sohn zu übernehmen, falls er verhaftet und der Hexerei angeklagt werden sollte. Erst da ging ihm - salopp gesprochen - "der Ar... auf Grundeis".
    Die Prozesse gegen die beiden hatten ziemlich sicher den Hintergrund, dass ihnen (vor allem Claus Endressen) jemand ans Vermögen wollte bzw. um die dörfliche Machtverhältnisse zu Ungunsten der beiden Angeklagten neu zu verteilen.


    Der Fall des alten Schöffen Jonas Lentzen passt genau in dieses Bild - die alte dörfliche "Oberschicht" wurde aktiv und wohl auch effektiv angegriffen und teilweise (mit Hilfe der Justiz) beseitigt (oder zumindest geschwächt).
    Dass Jacob Vier/Fier sich ab 1645 selbst an den Verfolgungen beteiligte (als Mitglied des Hexenausschusses) kann man (vorsichtig) vielleicht auch als Vorsichtsmaßnahme werten, um sich und seiner Familie eine weitere negative Erfahrung (und sicher auch finanzielle, existenzielle Bedrohungen) durch die Hexenverfolgungen zu ersparen. (Dann wäre die Überlegung aber fast schief gegangen, wenn man bedenkt, dass seine Frau 1656 doch wieder als Hexe angeklagt wurde. Sie hatte dann einfach Glück, dass es nicht mehr zu einem Prozess kam.)


    Das ist auf jeden Fall eine ziemlich spannende Sache. Ich kann die Dissertation von W. Rummel jedem empfehlen, der sich mit dieser Thematik auseinandersetzen will. (Ist zwar teilweise ziemlich trocken (insb. die juristischen Ausführungen) aber gerade in den Fallbeschreibungen ziemlich spannend.)


    Für die Familienforschung habe ich leider nur die Verbindung zwischen Michael und Jacob Vier(en) explizit aus dem Buch entnehmen können.
    Eine Vater-Sohn-Verbindung zwischen Claus Endressen (Nicolaus Endres) und dem 1657 oder 1658 urkundlich erwähnten Philipp Endres aus Eveshausen ist zwar ziemlich wahrscheinlich (ich tippe auf mehr als 98%), aber nicht endgültig belegt.
    Ebenso gibt es zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass der 1596 als Hexer hingerichtete Johann Hofmann vom Petershäuser Hof der Vater oder Großvater des später als Hofmann in Petershausen genannte Hamann Hoffmann (+vor 1666) gewesen sein könnte, aber da fehlt auch der letzte Beleg (Mein Tipp für die Wahrscheinlichkeit dieser Beziehung ca. 75 - 85 % - da nicht klar ist ob "Hofmann" in beiden Fällen einen schon gefestigen Nachnamen bezeichnet oder einfach nur eine "Funktion" oder ein "Amt". ("Johann, der Hofmann" beinhaltet eine andere Aussage als "Johann Hofmann"))


    Da könnte ich jetzt noch andere Beispiele anführen. Die Vater-Sohn-Verbindung zwischen Michael Vier(en) und Jacob Fier/Vier scheint mir aber sicher zu sein.


    Es bleibt spannend.


    VG
    Bärbel


    P. S. Es könnte auch sein, dass Michael Vier(en) schon 1630 hingerichtet wurde und Claus Endressen erst 1631. - Es kann sein, dass ich Daten verwechselt habe. Die Geschichte bleibt aber dieselbe

  • Liebe Bärbel et al.,


    danke für die weiteren interessanten Ausführungen. Ich werde versuchen die Dissertation von Herrn Rummel zu studieren.

    Ebenso gibt es zwar eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass der 1596 als Hexer hingerichtete Johann Hofmann vom Petershäuser Hof der Vater oder Großvater des später als Hofmann in Petershausen genannte Hamann Hoffmann (+vor 1666) gewesen sein könnte, aber da fehlt auch der letzte Beleg

    Da Du den Fall Hamann erwähnst, ist vielleicht auch die URL


    http://www.njpies.de/DerHexerPeters.pdf


    interessant. Ich weiß, dass ist vielleicht nicht Lieblingsautor, aber trotzdem. Da wird auch der Fall Vieren (mit Zitat zu Rummel) kurz erwähnt.


    Gruß,


    Gerhard

  • Hallo Gerhard,


    danke. Den Aufsatz kenne ich, aber er ist sicher auch für andere hier interessant.


    Er ist übrigens nicht von meinem "Lieblingsautor" ;) sondern von seinem Namensvetter Norbert Pies. Die beiden haben zwar auch schon miteinander veröffentlicht, aber Norbert Pies scheint sich selbst von einigen "Ergebnissen" des anderen zu distanzieren. (Hat mir zumindest ein Freund bestätigt, der Norbert Pies persönlich kennt.


    VG


    Bärbel