Kirchspielsschatzung | Fürstbistum Münster 17./18. Jh.

  • Hallo zusammen,


    ich habe mal wieder eine recht spezielle Frage. Im Fürstbistum Münster gab es ja über Jahrhunderte bis zu Beginn des 19. Jh. die Kirchspielsschatzung, d. h. es wurde ein bestimmter zu entrichtender Steuerbetrag pro Kirchspiel definiert.


    Wie wurde dieser innerhalb des Kirchspiels dann weiter aufgesplittet?

    • nach dem Ertrag der Höfe auf die Pächter / Besitzer / Grundherren ODER
    • nach Personen (Kopfsteuer), die ja in der Regel ab 12 Jahren steuerpflichtig waren (Stichwort Kommunikantenverzeichnis)

    Der Hintergrund meiner Frage ist, dass ich in einem Einwohnerverzeichnis bei einer Familie festgestellt habe, dass die Kinder durchweg um 2-3 Jahre jünger gemacht wurden als sie waren. Ich habe das durch den Abgleich mit den Taufdaten festgestellt. Ich habe (noch) nicht geprüft, ob dahinter vielleicht ein System der Steuerhinterziehung steckte, das von vielen Familien praktiziert wurde.

  • Hallo zusammen,


    ich denke, ich kann mir die Frage inzwischen zum Teil schon selbst beantworten: Die Höhe der Abgabe für die Kirchspielsschatzung wurde nach dem Ertrag bemessen. Sie blieb ja über mehr als 100 Jahre gleich.


    Dennoch interessiert mich, ob auch andere Familienforscher beobachtet haben, dass Altersangaben systematisch nach unten "korrigiert" wurden.

  • Hallo Simone,


    das Thema ist interessant, ich habe auch an einigen Beispielen festgestellt, dass Geburtsdaten in Münster eher "geschätzt" sind - auch bei Erwachsenen. Von welchem Einwohnerverzeichnis sprichst Du denn? Die Leischaftsregister?


    Viele Grüße

  • Viele Erwachsene wussten tatsächlich nur ungefähr, wie alt sie sind - es gab kaum eine Notwendigkeit für sie, das nachzuhalten. Ich habe mich gerade gestern mit Sterbeurkunden eines Zivilstandsregisters von 1811 (also gar nicht so lange her) beschäftigt und festgestellt, dass die Altersangaben bei den Verstorbenen, vor allem, wenn sie ältere Leute betreffen, nur mit Vorsicht zu genießen sind. Die Kinder und Nachbarn wussten es nicht so genau.

  • Hallo Boris und Rotraud,


    ich arbeite gerade an mehreren Familien im Kirchspiel Borken, für das umfangreiches Material auf der WGGF-Webseite online zur Verfügung steht - Kirchenbücher wie auch Einwohnerverzeichnisse mit Namen und Alter aller Familienmitglieder. Daher konnte ich gut vergleichen.


    Nachdem ich nun schon ein paar Jahre Ahnenforschung "auf dem Buckel" habe, sind mir Abweichungen bei den Altersangaben, wie von Rotraud erwähnt, natürlich geläufig. ABER die Abweichungen betreffen hier in diesem Fall Kinder unter 12 Jahren - nicht Alte, wo es schon fast egal war, ob sie mit 73 oder 78 verstarben. Ab 12 Jahren "drohte" ja die Steuerpflicht. Da kann mir doch keiner erzählen, dass die Eltern nicht wussten, ob ihr Kind 3 oder 5 Jahre alt ist, oder?


    Wie schon gesagt, man müsste das mal systematisch überprüfen...

  • Bei Kindern kannst du davon ausgehen, dass die Eltern das Alter ziemlich genau wussten. Es ist aber gut vorstellbar, dass da gemogelt wurde, wenn es um die Steuern ging. Es wäre schon interessant, wenn du da systematische Vergleiche zwischen Listen und Kirchenbüchern machen könntest.

  • Ich habe neulich mit meinem Bruder, der Historiker mit Schwerpunkt Landesgeschichte Westfalen ist, darüber gesprochen. Da er gewöhnlich Kirchenbücher und Steuerlisten nicht abgleicht, waren ihm solche falschen Angaben nach unten noch nicht aufgefallen. Er hält es aber auch für sehr wahrscheinlich, dass da bewusst gemogelt wurde. Es wäre aber interessant zu prüfen, ob überwiegend Kinder im fraglichen alter (12 Jahre?) jünger gemacht wurden, bei sehr kleinen Kindern hätte es bei unserer Deutung keinen Sinn gemacht.
    Das Häuserbuch Albachten bekomme ich zu Weihnachten, dann werde ich auch mal darauf achten.