Mutterkreuz - Verleihung

  • Ich habe hier ein Mutterkreuz meiner Urgroßmutter und mich beschäftigt das sehr. Sie wurde 1875 geboren, heiratete 1898 und hatte 13 Kinder, eines ertrank mit 3 Jahren, sie selbst starb 1949. Sie war bis 1946 als geprüfte Hebamme tätig, ihr Mann war Glasbläser. Beide zogen anfangs durch das Land und lebten von 1910 bis zu ihrem Tod in einem kleinen steirischen Ort.


    Nach allem, was ich bisher von ihr weiß, passt eine solche "Auszeichnung" nicht zu ihr. Daher wüßte ich gerne Antworten auf einige Fragen .. musste man eine solche Auszeichnung annehmen (ich weiß um den Mutterkult oder besser um die Soldatenbeschaffungsmassnahme) im Dritten Reich, wie erfolgte eine solche Vergabe? Öffentlich mit "Prominenz" oder musste man sich das einfach nur abholen?


    All ihre Söhne sind übrigens zum Glück heil aus dem Krieg heimgekehrt, manche nach langer Gefangenschaft, aber lebend.

  • Hallo,


    meine Urgroßmutter bekam auch ein solches Kreuz.


    Wie ich es mal gelesen habe, wurde das Kreuz halb öffentlich verteilt und zwar von dem Ortsgruppenleiter am Muttertag. Das Kreuz brachte auch gesellschaftliche Vorteile, das ist im Wikipediaartikel auch etwas beschrieben: http://de.wikipedia.org/wiki/Mutterkreuz


    Wie ich hier lese musste man es sogar beantragen: http://stattweb.de/cgi-bin/bas…ivDetail&db=Archiv&Id=440


    Als Soldatenbeschaffungsmaßnahme würde ich es so nicht sehen, sondern eher als Fortpflanzung der arischen Rasse. Hitler hat sicher keinen endlosen Krieg eingerechnet, als er das Kreuz stiftete.


    Gruß


    Benny

  • Hallo Benny,
    danke für die Links. Wikipedia kannte ich schon, der andere ist ist interessant und wirft für mich sehr viele Fragen auf.


    Einiges passt nicht. So war ihr Mann in Kroatien gebürtig und beim Schutzbund aktiv gegen die Nazis, sass deswegen auch wegen Hochverrats hinter Gitter. Beide hatten im Krieg drei Jahre lang eine Familie versteckt, zu deren Nachfahren wir heute noch Kontakt haben und die noch heute jedes Weihnachten ein Packet schicken. Ich kann jetzt nur vermuten, dass einer der Söhne, die im Krieg eingerückt waren, etwas damit zu tun hat.


    In dem Bericht steht:
    "Ein unglaublich bürokratischer Aufwand wurde betrieben."


    Falls hier jemand weiß, ob von diesen Sachen heute noch etwas (wo?) einzusehen ist, würde mich das sehr interessieren.

  • Hallo Emma,


    mach Dir keine Gedanken.Deine Großeltern waren unter Garantie keine Nazis. Das Mutterkreuz wurde schon vom "Dorfvorsteher" beantragt. Deine Großeltern waren halt, wie man in einem totalitärem Regime sein muss, in gewisser Weise angepasst. Sie haben mit ihren Handlungen aber ihre wirkliche Gesinnung gezeigt. Du solltest deshalb nicht böse auf Deine Oma sein,was hätte es ihr genutzt,das Mutterkreuz abzulehnen? Ihre Kinder in nationalsozialistische Erziehungsanstalten und sie im KZ? Da nimmt man ein Mutterkreuz an. Hat Dein Großvater die Haft überlebt?
    Da gibt es auch sicher zu Unterlagen,in Landes und Ortsarchiven,die muss man halt versuchen aufzuspüren.
    Ich vergleiche die Nazizeit immer mit dem Leben in der DDR. Da konnte man auch nicht leichtsinnig seine freie Meinung äußern, das wusste man von klein auf, man musste sich eine eigene Welt in der Gesellschaft schaffen, wo man sicher vor Reppressalien war (Familie und Freunde).


    Was Du über "Soldatenbeschaffungsmaßnahme" sagst, ist toll pragmatisch ausgedrückt und trifft den Kern. "Arische Rasse" ist der Werbeslogan dazu.


    Liebe Grüße aus Berlin
    von Marion

  • Meine Urgroßmutter hatte auch Mutterkreuz bekommen, da sie 19 Kinder geboren hat. Ich denke, das ist auch nichts schlimmes. Ich denke damit wurden die Frauen damals geehrt oder was auch immer.


    Ich wüßte gerne, ob Unterlagen darüber gibt.


    VG Silke

  • @ Silke
    19 Kinder --- wow!!


    @ Marion
    Danke für deine Zeilen. Soweit ich bisher weiß (aus Erzählungen), war mein urgroßvater selbst nicht mehr im Krieg, er war zu alt. Aber all seine Söhne waren dort und sind auch wieder heim gekommen, zum Glück. Er war im 1. WK und dann eben beim österreichischen Feberaufstand 1934. Erst vor einigen Wochen habe ich mir all die alten Urteile aus im Landesarchiv ausheben lassen. Er sass dann auch 2mal insgesamt 1,5 Jahre wegen Hochverrats und unerlaubter Gewerksschaftsgründung (er wollte in der Glasfabrik den Arbeitern fairere Bedingungen ermöglichen) in Haft. Die Akten sind fast 600 Seiten und ich habe sie in einer Nacht durchgelesen, spannender als jeder Krimi .... und furchtbar, wenn man am eigenen Leib erspürt, was da los war. Er hat in der Haft auch ein Tagebuch geführt, dass ich hier habe. Vielleicht nicht Tagebuch, eher ein Heft in dem er fast jeden Tag einen Eintrag macht und wo er wohl sein altes Schulwissen niederschrieb, nichts über die Haft selbst. Er hat so lexikonartig alles mögliche, zB die Staaten Europs und deren Daten, niedergeschrieben.


    Falls jemand weiß, ob und wo es noch Unterlagen zum Mutterkreuz geben könnte, ich bin daran interessiert!

  • Hallo Emma,
    vielleicht hat sie gerade wegen der Einstellung der Familie das Mutterkreuz beantragt. Politisch mußte sie sich ja dafür nicht betätigen und eine vom NS-Staat ausgezeichnete Frau mußten die Behörden damals eben höflich behandeln.
    Meine Mutter hatte auch das silberne Mutterkreuz (Vater war als aktives Mitglied der Zentrumspartei politisch verdächtig) das goldene hat sie bei der Geburt des achten Kindes aber nicht mehr beantragt. Im November 1944 wurden wir nach Anhalt in den Kreis Köthen evakuiert, dort war man auf die "Bombenweiber" nicht gut zu sprechen. Als Mutter wegen eines Bezugsscheines bei der Kreisverwaltung war, bot man ihr noch nicht mal einen Stuhl an. Das nächste Mal steckte sie dann ihr Mutterkreuz an, jetzt wurde ihr nicht nur ein Stuhl angeboten, sie bekam auch den gewünschten Bezugschein.
    Gruß Krüll

  • Hallo,


    aus Erzählungen alter Frauen (hab in der Altenpflege gearbeitet) weiß ich,das die FRauen das Mutterkreuz) quasi annehmen mussten.Gnade denen,die sich quer stellten.Das war eine schwierige Zeit, das dürfen wir nicht vergessen.Es wäre doch furchtbar gewesen, wenn Sie verhaftet und die Kinder in Heime gesteckt worden wären.


    Also nimm es Deiner Urgroßmutter nicht übel.


    MfG grabo63 :)

  • Hallo Emma,


    gut das Du es auch so empfindest. Mir ging es auch so, als ich über meine eigene Familie in Akten laß.
    Ich habe ja Geschichte studiert- aber histor. Quellen mit der eigenen Familie hat eine ganz andere Qualität. Die Emotionen sind noch stärker.


    Ich habe auch noch einmal mit meiner Mutter über "Beantragung" des Mutterkreuzes gesprochen. Sie meinte auch, da haben schon die Ortsbauernführer und die Ns -Frauenschaft für gesorgt. Die kamen vorbei und ließen unterschreiben. Die beobachteten doch die Umgebung. Wir müssen auch an die Kontrollfunktion denken.


    Auf alle Fälle haben die Deutschen alles dokumentiert. Es ist halt schwierig alles aufzustöbern, wo was abgelegt und archiviert wurde. Aber wir müssen Geduld haben -wir werden schon noch viel finden und sicher auch das Formular zum Mutterkreuz.


    Viele Grüße und viel Glück beim Suchen
    Marion

  • Hallo Silke,
    hast du schon herausbekommen, ob es Unterlagen über Mutterkreuz / Verleihung etc. gibt??
    Würde mich sehr interessieren, wo es so was gibt.


    Viele Grüße
    M. Böhme

    Dauersuche nach folgenden Namen:
    Bögel, Heckler, Petrich, Hainbuch
    :)
    Dauersuche in folgenden Orten:
    Magdeburg, Malchin, Vielbrunn, Kreis Znin, Kreis Wreschen, Mundelsheim, Raum Ostholstein
    :)
    Folgende Seite kann ich für Forscher in Bosau empfehlen: Bosau in Fakten
    :)
    Viele Grüße

  • Ich vergleiche die Nazizeit immer mit dem Leben in der DDR. Da konnte man auch nicht leichtsinnig seine freie Meinung äußern, das wusste man von klein auf, man musste sich eine eigene Welt in der Gesellschaft schaffen, wo man sicher vor Reppressalien war (Familie und Freunde).


    Zugunsten des Threads möchte ich das nicht groß thematisieren, aber dennoch ganz kurz einwenden: die DDR traf keine Unterscheidungen nach Rasse und "Lebenswert".

    Momentan "unterwegs" im Memelland (Kreis Heydekrug, Kirchspiel Saugen bzw. bis 1844 Kirchspiel Werden)

  • Hallo,
    soweit ich weiß, war man bereits beim vierten Kind dabei, ob man wollte oder nicht. Soldatenbeschaffung würde ich das aber nicht nennen, es gab noch keine Pille. Auch unsere Altvorderen hatten aus diesem Grund viele Kinder.
    Regina

  • Hallo Böhme!

    hast du schon herausbekommen, ob es Unterlagen über Mutterkreuz / Verleihung etc. gibt?

    Ich habe bis jetzt noch keine Nachricht bekommen. Ich werde nochmal anfragen. Sobald ich was weiß, schreibe ich hier rein.


    LG
    Silke