Heiratseintrag in Latein - erbitte Hilfe

  • Hallo,


    ich bräuchte mal wieder Hilfe mit Latein. Es geht um einen Heiratseintrag von 1763 aus Schechingen (Ostalbkreis). Ich lese (mit Lücken, Fehler wahrscheinlich, aber Original hängt dran) folgendes:


    21 Maÿ Wendeliny Rieck de Schönnhart et
    Ursula Haasin Schechingana ... sponsalia (?)
    de prosenti testibis Georgii Fischer et Melchiore
    Herzog.


    Zu verstehen glaube ich in etwa:
    21. Mai, Wendelin Rieck aus Schönhard und Ursula Haas, Schechingerin .......... bezeugt durch Georg Fischer und Melchior Herzog.


    Wäre schön, wenn ein Lateinkundiger den Rest ergänzen könnte.


    Grüße
    Uwe


    PS: Der Name 'Rieck' ist sicher, auch wenn das 'R' wie ein 'K' aussieht.


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  • 21 Maÿ Wendeliny Rieck de Schönnhart et
    Ursula Haasin Schechingana ... sponsalia (?)
    de prosenti testibis Georgii Fischer et Melchiore
    Herzog.


    Zu verstehen glaube ich in etwa:
    21. Mai, Wendelin Rieck aus Schönhard und Ursula Haas, Schechingerin .......... bezeugt durch Georg Fischer und Melchior Herzog.

    Lieber Uwe,


    das Dir fehlende Wort ... lese ich als contraxerunt, wobei die Vorsilbe con abgekürzt geschrieben wurde, also ...Schechingana conraxerunt sponsalia de presenti testibus G...


    Wendelin und Ursula haben die Ehe geschlossen unter Anwesenheit der Zeugen GF und MH


    Gruß aus Bochum
    Herbert

  • Ich danke Dir für Deine Hilfe, Herbert!
    :danke:


    Grüße
    Uwe

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  • Kleine Korrektur


    21 Maÿ Wendelinus Rieck de Schönnhart et Ursula Haasin Schechingana contraxerunt sponsalia de praesenti testantibus Georgio Fischer et Melchiore Herzog.



    Am 21. Mai gaben sich Wendelin Rieck aus Schönhard und Ursula Haas aus Schechingen das Eheversprechen mit sofortiger Wirkung, wobei es bezeugten Georg Fischer und Melchior Herzog.


    "de praesenti" und "de futuro" waren zwei verschiedene Arten des Eheversprechens. "de praesenti" bedeutet: mit sofortiger (wörtlich: gegenwärtiger) Wirkung.


    Gruß


    Fraino

  • Lieber Fraino,


    da melde ich Zweifel an.
    Oder wir verstehen unter Eheversprechen etwas anders.
    Wenn sich das Eheversprechen auf die Zukunft bezieht, kann es nur im Sinn von Verlobung oder Eheberedeung gemeint sein, also vor der eigentlichen Heirat..


    In der Kirche - und ich nehme an, dass es sich hier um den Eintrag im KB handelt, da Standardtext - wird die Ehe immer sofort geschlossen, da machte der Zusatz "mit sofortiger Wirkung" keinen Sinn, weil es nichts anderes gibt.
    Oft steht ... testibus praesentibus beim Trauungseintrag, also auch hier im Sinn von anwesend


    Aber ich lasse mich gerne belehren, dann bitte mit Quellen o.ä.


    Gruß aus Bochum
    Herbert

  • Hallo Fraino, hallo Herbert,


    zu Eurer kleinen Meinungsverschiedenheit habe ich gleich was Passendes :D ! Nämlich einen Eintrag aus dem gleichen Kirchenbuch, den ich wie folgt lese (Original hängt wie immer dran):


    1779
    Schechingae
    6ta Mensis May sponsalia de futuro, et 17ma ejusdem
    de praesenti sponsalia contraxerunt honestus Juvenis
    Melchior Ott Bernhardipagus, et pudica Eva
    Rieckin Schechingana, testis erat Melchior Kuhn
    Murarius cum Balthasaro Knödler de Bernharts-
    Dorf.


    Nach dem, was ich durch Eure Beiträge gelernt habe lautet meine laienhafte Übersetzung in modernes Deutsch:


    1779
    Schechingen
    Am 6. des Monats Mai haben sich verlobt und am 17. desselben Monats haben geheiratet, der ehrbare Junggeselle Melchior Ott aus Bernhardsdorf und die sittsame Eva Rieck aus Schechingen. Zeugen waren Melchior Kuhn, Maurer mit Balthasar Knödler aus Bernhardsdorf.


    Kommt das so ungefähr hin? Was meint Ihr?


    Grüße
    Uwe


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  • Lieber Uwe,


    das kommt genau hin.
    In der Zwischenzeit habe ich noch etwas gesucht und gefunden:


    Wer eine Ehe eingegangen, hat sponsalia de praesente, wer ein Eheversprechen, sponsalia de futuro geschlossen


    Auf die richtige Formulierung kommt es an:
    Ich werde Dich zu meiner Frau machen = sponsalia de futuro
    Ich mache Dich zu meiner Frau = sponsalia de praesente


    ... sponsalia de praesente, die vorher sponsalia de futuro geschlossen


    In Deiner ersten Frage hattest Du gelesen:
    "de prosenti testibis Georgii Fischer et Melchiore ..."
    Zwei Übertragungsfehler wären zu korrigieren, so dass es heißt
    "de praesenti testibus Georgii Fischer et Melchiore ..."


    de praesenti testibus kann wegen der grammatikalischen Konstruktion nur ein zusammenhängender Ausdruck sein.


    Die Präposition "de" mit dem 6. Fall (Ablativ, gibt's nicht im Deutschen) kann viele Bedeutungen haben, die aber in diesem Zusammenhang keinen Sinn ergeben, z.B. nach (zeitlich) oder wegen (kausal) oder aus (etwas heraus).
    "de" hat auch die Bedeutung "zufolge" oder "gemäß", nur das ist sinnvoll, also ... haben gemäß der Zeugen GF und MH die Ehe geschlossen.


    Gruß aus Bochum
    Herbert

  • Dann danke ich Euch nochmals für die Hilfe!!!


    Fraino hat beim ersten Eintrag allerdings zurecht angemerkt, dass es 'de praesenti testantibus' heißt. Das habe ich falsch abgeschrieben. Ändert ja aber nichts am Gesamt-Zusammenhang.


    :danke: Uwe

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  • Die Diskussion um "sponsalia de futuro" und "sponsalia de praesenti" ist im Grunde sehr interessant - zeigt sie doch, wir leicht wir alle in bestimmte Denkmuster geraten bzw. uns auch über im Grunde seltsame Dinge nicht mehr wundern, weil wir daran gewöhnt sind:


    Die Verlobung ist nichts anderes als ein Eheversprechen - und bei der kirchlichen Eheschließung legt man das gleiche Eheversprechen nochmals ab. Das war nicht immer so.


    Für die Kirche waren und sind zwei Punkte für eine gültige Eheschließung notwendig: Das Eheversprechen und der Vollzug der Ehe. In vortridentinischer Zeit war es so, dass aus dem (auch ohne Zeugen gegebenen) Eheversprechen/Verlöbnis durch den Vollzug automatisch eine gültige Ehe wurde. Hieraus entstanden allerdings eine Menge Probleme mit den sogenannten heimlichen Eheschließungen, so dass beim Tridentinum ein Verfahren für die öffentliche Eheschliessung vor dem Priester verkündet wurde. Die Verlobung hat damit - kirchlich gesehen - ihre Funktion eigentlich verloren.


    Zu dem ganzen Sachverhalt folgender Beitrag aus Meyers Konversationslexikon 1885-1892:


    Form der Eheschließung.


    Das römische Recht faßte die Eheschließung wesentlich aus dem Gesichtspunkt eines Vertrags auf; daraus erklärt es sich, daß Hochzeitsgebräuche wohl üblich waren, daß sich mit der Zeit auch der Brauch einer kirchlichen Weihe des Ehebündnisses (hierologia, Kopulation, Trauung) ausbildete, daß aber die Gültigkeit der E. selbst von diesem religiösen Weiheakt keineswegs abhängig war. Ebensowenig war die kirchliche Trauung ursprünglich nach kanonischem Recht zur bürgerlichen Gültigkeit der E. erforderlich; es gehörte dazu lediglich die übereinstimmende Willenserklärung der Verlobten. Daher bezeichnet das kanonische Recht E. und Verlöbnis mit einem und demselben Wort: "Sponsalia" und läßt das Verlöbnis (sponsalia de futuro) schon durch die fleischliche Verbindung der Verlobten von selbst zur E. (sponsalia de praesenti) werden. Indessen waren mit diesem formlosen Abschluß der E. manche Mißstände verbunden, weshalb das tridentinische Konzil (1563) die Gültigkeit der E. von der Konsenserklärung der Brautleute vor dem Pfarrer und vor zwei oder drei Zeugen nach vorgängigem Aufgebot abhängig machte. Hieran sollte sich als angemessene und übliche Form der Eheschließung die kirchliche Trauung anschließen. Auch nach den Satzungen des tridentinischen Konzils ist indessen die Trauung nichts andres und nicht mehr als ein kirchlicher Weiheakt. Das Wesentliche ist die Konsenserklärung. Zuständig ist zu deren Entgegennahme der Pfarrer des Wohnorts der Brautleute oder ein von diesem durch einen Entlaßschein (dimissoriale) hierzu ermächtigter Geistlicher. Zu gewissen Zeiten, namentlich zur Advents- und Fastenzeit (geschlossene Zeit), sollen keine kirchlichen Trauungen vorgenommen werden; doch ist Dispensation statthaft.


    Noch eine Anmerkung zum letzten Beitrag von Herbert:


    Natürlich gehört "sponsalia de praesenti" zusammen (s.a. der Lexikonartikel) und nicht "de praesenti testantibus". Ab testantibus handelt es sich um einen Ablativus absolutus, weswegen es auch selbstverständlich "Georgio Fischer" und nicht "Georgii Fischer" heißen muss. Also "testantibus Georgio ...." "wobei (es) bezeugten Georg Fischer und..."


    Mit freundlichem Gruß


    Fraino