Torschreiber, Mühlenschreiber um 1750/1800

  • Hallo,


    kennt sich jemand mit dem Beruf des Schreibers genauer aus? Was alles hatte ein Mühlenschreiber bzw.ein Torschreiber zu tun, und wie angesehen waren diese Berufe?


    Herzliche Grüße


    Borgasse

  • Hallo,
    Torschreiber waren eine Mischung aus Torwächter und Zoll- bzw. Steuereinnehmer. Aus der Menge der Informationen, die im net zu finden sind, wähle ich einen kleinen Textausschnitt über die Zustände im alten Plauen aus. Wegen ihrer Funktion als Einnehmer von Pflaster und Brückensteuer werden die Torschreiber hier auch als "Accis-Torschreiber" (Accise=Steuer) bezeichnet.

    Es lohnt sich übrigens auch, den ganzen Vortrag dort zu lesen:
    http://www.alt-plauen.de/src/verkehr/verkehr.php


    Am 5. Februar 1827 werden die fünf Torschreiber auf das Rathaus beschieden und ihnen eröffnet, daß die erhöhten Sätze von jetzt ab in Wegfall kämen und die vor dem 1. Januar 1819 gültigen wieder in Kraft treten. In dem Vogtländischen Anzeiger vom 10. Februar 1827 erfolgt die amtliche Bekanntmachung für das Publikum. Accis-Tor­schreiber waren damals:
    Carl Heinrich Meyer am Brückentor,
    Johann Georg Ebert am Neundörfertor,
    Wilhelm Ferdinand Prätorius am Straßbergertor,
    Johann Christian Hartenstein am Syrauertor,
    Gottfried Börner am Hammertor.
    Die Bedeutung der Tore für den Verkehr ergeben folgende Ziffern. Die Einnahmen aus dem Brücken- und Pflasterzoll betrugen:
    1819 1820 1821
    Brückentor 243 Tl. 15 Gr. 220 Tl. 17 Gr. 190 Tl. 7 Gr.
    Hammertor 16 „ 15 „ 15 „ 5 „ 14 „ 3 „
    Syrauertor 33 „ 13 „ 33 „ 17 „ 32 „ 16 „
    Neundorfertor 26 „ 16 „ 23 „ 13 „ 17 „ 6
    Straßbergertor 26 „ 12 „ 21 „ 22 „ 20 „ 7 „
    Das Brückentor erbrachte demnach alljährlich über doppelt soviel an Brücken- und Pflasterzoll wie die vier andern Tore zusammengenommen. Die Torschreiber hatten ein wenig e­freuliches Amt, 1806 klagt die Accisinspektion bereits, daß viele hiesige Einwohner mit der Berichtigung der Accise, welche binnen zweimal 24 Stunden bei Vermeidung doppelter Accise erfolgen sollte, monate-, ja jahrelang im Rückstand geblieben seien, die Torschreiber aber nun Anweisung erhalten hätten, die säumigen Restanten zur Beitreibung der gesetzlichen Strafe allwöchentlich zur Anzeige zu bringen; ihrem berechtigten Unmut in anderer Beziehung geben die Torschreiber, die nicht selten nachts umsonst herausgepocht und gefoppt wurden, häufig u. a. in folgendem Inserat im Vogtländischen Anzeiger Ausdruck:
    (Torsperre.) Schon zum öftern haben junge ungesittete Menschen, welche des nachts ihres Vergnügens und der Schwärmerei wegen in hiesigen Stadttoren aus- oder eingelassen sein wollten, den Torschreiber, ohne die geringste Veranlassung gehabt zu haben, nicht nur auf das empfindlichste injurieret, sondern auch um die Bezahlung des Torschlusses betrogen, auch ihr immoralisches Betragen, kam es zur gerichtlichen Kognition, noch zu beschönigen gesucht. Um nun diesem Unfug möglichst abzuhelfen, machen Endesgenannte hiermit bekannt, damit es Personen von Distinktion nicht befremden möge, daß niemand in Zukunft bei hiesigen Stadttoren aus- oder eingelassen werden wird, der nicht vor dem Aus- oder Eintritt an der Torpforte die Bezahlung für den Torschluß prästiert hat, denn vermöge der Churf. Sächsischen Accis-Ordnung ist der Torschreiber nicht verbunden, die blos dem Vergnügen nachgehen, auch für Bezahlung das Tor zu öffnen.