Heirat auf Verordnung

  • Liebe Mitforscher,


    bei zwei Heiraten meiner Ahnen tauchen folgende Eintragungen auf (beide aus Thierbach bei Borna, SN):


    1. "Christian Steuernageln, und Regina Dobrentzin auf Verordnung d. XI Novembr. (1723)"


    2. "Johann Ludewig und Eva Maria Hermannin, auff Befehl des Herrn Superintendent in Borna, ohne Aufgebot zu Thierbach getraut, den 1. Juni 1702"


    Bei beiden war bereits ein Kind "unterwegs". Soviel ist erst einmal klar. Nun frage ich mich, ob es dazu vielleicht Akten, in denen diese Befehle/Verordnungen begründet werden, geben könnte, in denen dann auch die Namen der Väter verraten werden. Vielleicht hat jemand von euch schon Erfahrungen damit? Wahrscheinlich müsste man in einem kirchlichen Archiv suchen. Aber wo? Im Staatsarchiv in Leipzig fand ich nichts dazu.


    Liebe Grüße,


    Jan

  • Hallo Jan,


    vielleicht liege ich ja total falsch, aber ich hätte den zweiten Eintrag so verstanden, dass die Verordnung sich auf das Aufgebot bezieht. Also: Auf Anordnung des Superintenden konnten sie ohne Aufgebot getraut werden. Möglicherweise, weil es wegen der Schwangerschaft mit der Heirat etwas schneller gehen musste. Ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass dem Brautpaar befohlen wurde, zu heiraten.



    Viele Grüsse,
    Anke

  • Hallo Jan,
    grundsätzlich wirst du, bei Schwangerschaften keine Akten in dieser Zeit finden. Akten wurden nur nach Entbindungen und bei Vormundschaften angelegt. Der leibliche Vater ist häufig angegeben. Akten von Vormundschafts- oder Nachlassgerichten sind die richtige Adresse. In deinem Fall kann ich nur Anke uneingeschränkt zustimmen, das wegen Schwangerschaft und bevorstehender Niederkunft auf ein Aufgebot verzichtet wurde. Ein Heiratsbefehl der Obrigkeit ist völliger Blödsinn. Ich habe "wöchentlich erscheinende
    Amtsblätter" ab 1749 durchgesehen aber ein Heiratsgebot ist mir bis 1860 nicht bekannt. Ich habe Akten wegen unerlaubter Schwängerung mehrmals durchgearbeitet. Es ging um Unterhalt oder Unzucht aber niemals um ein Heiratsgebot oder einen Heiratsbefehl.


    Grüße Lupus

    Nicht Gold hat die Welt verändert, es war das Blei.
    Nicht das Blei aus der Flinte, eher das Blei aus dem Setzkasten (Willi)

  • Hey ihr zwei!


    Ihr habt natürlich Recht! Ein Befehl ist quatsch. Da habe ich mich wohl auch ein wenig unglücklich ausgedrückt...
    Jedoch wurde ja bei vorehelicher Schwangerschaft "in der Stille" getraut. Dieser Ausdruck lässt sich in den Thierbacher KB erst später finden. Ich nehme daher an, dass es sich hier um den gleichen Sachverhalt handelt. Das Problem ist doch aber, dass man den Namen des Vaters des Ehemanns und der Ehefrau dadurch oft nicht erfährt. Deswegen meine Frage, ob es dazu vielleicht Akten gibt.


    Liebe Grüße,


    Jan

  • Hallo,


    also ich muß sagen, dies gab es doch schon. Beim auswerten der KB von Frankenheim in der Rhön wurden etliche Male die Sünder "auf Befehl ( eines gewissen Consistoriums) in der Stille (also im Schnellverfahren) copuliert". Bei Bedarf kann dies durch die entsprechenden Ablichtungen belegt werden.


    Wolfg.

  • wurden etliche Male die Sünder "auf Befehl ( eines gewissen Consistoriums) in der Stille (also im Schnellverfahren) copuliert"


    Aber ich denke doch, dass sich dieser Befehl nur auf die Modalität (eben das Schnellverfahren) bezog - nicht etwa auf die Eheschließung als solche.

    Viele Grüße
    h :) nry


    _____________________________________________________________________________________________
    Was kann man von Menschen erwarten, die den Beginn eines neuen Jahrtausends ein Jahr zu früh gefeiert haben?

  • Die entgültige Antwort auf diese Problematik wird wohl letzlich nur das Kirchenrecht liefern können.


    Gibt es dahingehend in der Ahnenforschergemeinde Bewanderte hier? Vielleicht sogar Pfarrer?


    Wolfg.

  • Hallo,


    auf der Heiratsurkunde meines 2x U-Großvaters steht:


    Zwangsweise getraut: Auf Anordnung polizeil. Strafe zur Störung der wilden Ehe.


    Heirat fand im Jahr 1854 statt.



    Liebe Geüße


    Margrit

    Dauersuche nach
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    Wenn ein Mensch geboren wird, ist die Welt um ein Lächeln reicher. :baby:

  • Hallo noch mal
    Eure Hinweise sind interessant. Sicher wird es regionale Unterschiede geben. Es könnte möglich sein, dass bei Leibeigenschaft derartige Anweisungen oder Befehle getroffen wurden. Bei Margrits Hinweis von 1854 gab es jedoch keine Leibeigenschaft mehr oder es waren Nachwirkungen. Leider kann ich nur für Mecklenburg aussagen. Ich habe noch das Glück das meine Vorfahren alle aus Mecklenburg stammen.
    Ich denke Jan hat das Problem, wie er an sichere Daten der Väter bei unehelichen Geburten kommt. Das ist ein Problem.


    Meine Erfahrungen aus Mecklenburg
    In Vormundschaftsakten habe ich häufig gesucht und auch gefunden. Im Stadtarchiv Schwerin gibt es z.B. einen Bestand mit 20000 Akten über Vormundschaften, Testamente und Nachlässen. Dieser Bestand beginnt 1640 und endet 1945. Dort sind auch uneheliche Entbindungen mit Angabe des Vaters sowie Anschreiben an auswärtige Gerichte wegen
    Zahlung von Unterhalt der Väter, vorhanden. Unzuchtfälle sind auch dabei. Für uns Ahnenforscher eine Goldgrube. Vor 1770 habe ich bisher so etwas nicht gefunden. Das ist nur für die Stadt Schwerin.
    Bei meiner Suche im Landeshauptarchiv gab es diesen Bestand für das platte Land auch, leider ohne Findbuch. Die Akten kann ich gegenwärtig nicht einsehen, da sie nicht verzeichnet sind. Ich habe noch Hoffnung in den regionalen Kreisarchiven etwas zu finden.
    Ich kann nur Anraten die Archive aufzusuchen und selbst die Findbücher zu durchsuchen. Begriffe wie Vormundschaften, Testamente, Curatellberichte und Erbschaftsauseinandersetzungen sind eine heiße Spur. In den Kirchenbüchern steht oft nichts. Mitarbeiter in den Archiven haben manchmal keine Kenntnis von derartigen Akten, da selten oder nie nachgefragt wird.
    Ein weiterer Hinweis: Eine meiner Urgroßmütter war eine geb. Buschman. Ihr Vater hieß Möller genannt Buschmann. Er war unehelich. Sein unehelcher Vater hieß Buschmann. Noch habe ich keine genauen Daten dazu, bin aber in guter Hoffnung.
    In einem anderen Fall hatte ich eine Kindstaufe, FN Söhrens Beiname Johanson geb. 1795. Obwohl vermerkt war "pater incertus"= Vater unsicher, werde ich den Burschen finden. Zu dieser Namensgebung soll es auch eine Herzogliche Anweisung geben. Leider habe ich diese Anweisung noch nicht gefunden.
    Die Suche ist sehr mühevoll aber nicht aufgeben.


    Grüße Lupus

    Nicht Gold hat die Welt verändert, es war das Blei.
    Nicht das Blei aus der Flinte, eher das Blei aus dem Setzkasten (Willi)

  • Vielen Dank für eure Tipps!
    Ich werde am Montag noch einmal im Staatsarchiv danach schauen. Aber vielleicht findet sich ja doch noch ein Kenner der Region, der Aussagen darüber treffen kann. Sollte ich erfolgreich sein, lasse ich es euch wissen.

  • bitte immer bedenken das die Frauen damals also ein grosser teil der Frauen
    keinen Job wie heute hatten,
    sie waren auf einen ernährer angewiesen


    Das vor Augen leuchtet das eine oder andere von damals schon ein.


    Der Sieger schreibt die Geschichte, welche das ist simpel eine Frage des Standpunktes ;-)