polnischer Beruf "okupnika"

  • Hallo,


    ich saß gerade an einer Heiratsurkunde von 1863 bei der mir wieder der Beruf "okupnika" über den Weg lief. Als erstes wollte ich es sofort mit "Zinsbauer" übersetzten, aber ich wolle doch noch mal nachsehen, weil ich mir nicht ganz sicher war.
    Tja ich hatte es schon mal, aber da habe ich es als "Tagelöhner" übersetzt... So nun steht in diesem Eintrag aber auch explizit "wyrobnika" - "Tagelöhner" bei einem anderen Zeugen. Weshalb ich nicht mehr denke, das okupnika wirklich unbedingt Tagelöhner ist. Ich weiß nicht, ob ich es damals einfach falksch aufgeschrieben hatte...
    Die Fragliche Person wird in anderen Urkunden immer als Kolonist oder als Landwirt bezeichnet, weswegen ich stutzig wurde.
    Kann jemand aufklären?


    Es gibt ja das Wort "okupywać" was bezahlen bedeutet. Zinsbauer würden da ja passen...


    Grüße Kai

  • Hallo Kai,


    da würde ich auf eine Art Kaufmann tippen ?
    "Kupjez" heißt Kaufmann auf russisch,
    "okupietch" bedeutet ausgleichen (auf Geld oder Ware bezogen),
    und "okupietsja" bzw. "okupatsja" heißt sich bezahlt machen,
    sich rentieren.
    Die kyrillischen Buchstaben dazu spare ich mir.


    Gruß
    Ingrid

  • Kai,
    ich habe im Lexikon folgende Erklärung gefunden:


    Толковый словарь В. Даля:
    Окупник, -ница (чей), выкупленный кем или окупившийся сам невольник, раб. ( Ein Sklave, der sich freigekauft hat oder von jemandem freigekauft wurde).


    VlG, :)
    Elena

  • Hallo ihr beiden,


    ich danke euch für eure Meinungen.


    Kaufmann schließe ich allerdings wirklich aus, da der Mann aus einem Dorf kommt und in den vorherigen Urkunden immer als Kolonist oder Landwirt bezeichnet wurde.


    Mit Elenas Erklärung sind wir wahrscheinlich schon am Ziel (erstaunlich wie ähnlich sich russische und polnische Sprache sind...)


    Denn ein Zinsbauer "ist ein höriger Bauer, der zu Leistung nur von Abgaben, nicht aber von Frohnarbeit verpflichtet ist"


    Im weitesten Sinne ist Frohnarbeit ja Sklaverei.


    Ich habe im Internet noch gefunden, dass jemand den Beruf als "Pächter" übersetzt hat. Wobei ich mir nicht über den Unterschied von Zinsbauer und Pächter im klaren bin, scheint mir letzlich das gleiche zu sein.


    Grüße Kai

  • Hallo Agnieszka,


    also wenn ich das richtig verstanden habe, wird kein großer Unterschied zwischen "okupnik" und "kolonista" gemacht. Es bezeichnet immer einen Bauern, der Miete (Abgaben) zahlen muss. Also wäre Bauer zutreffend für okupnik und letzlich werde ich mal sehen, ob sich da etwas über das Besitzverhältniss herausfinden lässt, also wie und ob Abgaben bezahlt wurden...


    Grüße Kai

  • So ungefähr.


    - „okupnik” ist ein Bauer, der für den Grund, den er bestellte, Pacht zahlen musste.
    - „czynszownik” = „okupnik”
    - „kolonista” ist ebenfalls ein Bauer, der irgendwo (wo es noch nichts gab) angesiedelt wurde. Mit ihm wurde ein Vertag abgeschlossen (meistens schriftlich). In vielen Fällen musste so ein „kolonista” ebenfalls Pacht bezahlen. Meistens rekrutierte man so einen „kolonista” innerhalb der Landbevölkerung oder außerhalb der Landesgrenzen (Deutschland, Schlesien, Tschechien).
    - „gospodarz”: hängt davon ab, um welches Jahr es sich handelt. Sicher ist, dass ein „gospodarz” Grund besaß. Im Gegensatz zu den oben erwähnten Fällen war ein „gospodarz” höchstwahrscheinlich auch der Grundbesitzer.


    „okupnik”, „czynszownik” und „kolonista” deuten lediglich darauf hin, dass diese Person ein Grund besaß, wofür es Pacht zahlen musste. Über die Größe des Besitzes lässt sich nichts sagen. Sie standen in der Hierarchie über „komornik”, „wyrobnik”, „parobek” etc.


    Die Bezeichnungen, die in den Urkunden benutzt werden, beziehen sich sowohl auf Beruf als auch auf Besitzverhältnisse oder die Art, wie dem Hof gegenüber abgerechnet wurde. Deswegen ist es manchmal schwierig zu sagen, welchen Stand die beschriebene Person hatte.


    Die Bedeutung der oben erwähnten Bezeichnungen änderte sich oft. Es gibt auch keine eindeutige Gebietübergreifende Definition. Deswegen solle man in der Analyse den Zeitraum sowie den Ort mit einbeziehen.


    Viele Grüße
    Agnieszka