hospes hospitia

  • Liebe Familienforscher,


    ich werte gerade Sterbeeinträge von Oberbaumgarten / Südböhmen aus.


    Nach einer Visitationsbemerkung "hat sich über 5 Jahre geweigert Tote einzuschreiben" geht es 1687 weiter.


    Auf einer Seite mit 14 Einträgen über 5 Monate ist 5 x hospes bzw. hospita zugesetzt. Zwei Beispiele
    ... sepultus est Matz Schmidt ex Baumgarten hospes et judex multorum annorum ... Ein Richter könnte ja ein größeres Haus gehabt haben und Ansprüche waren von den Reisenden nicht zu stellen.


    Oder in der weiblichen Form: ...sepulta est Mariana hospita Viti Wacel ex Gatterschlag .... Watzal war ein ortsüblich großer Bauernhof, nach heutigen Maßstäben winzig.


    - So viele Gastwirte kann es da nicht gegeben haben.
    - Es handelt sich durchwegs um ortsansässige Namen, so dass ich die Bedeutung Fremder / Gast ausschließe.
    - Auch Freund / Geschäftsfreund passt nicht.
    - Im 16.Jh. hat es in einem Ort von 40 Häusern ganz gewiss kein Hospital (Seniorenwohnheim, Armenhaus) gegeben.
    - Barth nennt hospes denjenigen, bei dem ein Einquartierung von Militär stattfindet. Aber dass 1680 die Gleichberechtigung schon so weit fortgeschritten war, dass - im zweiten Beispiel die Bäuerin - mit diesem Titel versehen wurden, da doch der Bauer Veit noch lebte, halte ich für unwahrscheinlich.


    Hat jemand eine Idee, was damit gemeint sein kann? Interessiert mich, da die Mariana eine meiner Vorfahrinnen war.
    Danke
    Herbert

  • Hallo Herbert,

    sepulta est Mariana hospita Viti Wacel ex Gatterschlag

    also ich würde in diesem Fall trotzdem zu "Fremde" als Übersetzung tendieren: "verstorben ist Mariana, eine in Wacel lebende Fremde aus Gatterschlag". Ich würde sagen, dass aus Nachbarorten stammende einfach auch als Fremde (im Sinne von nicht gebürtig aus Oberbaumgarten) bezeichnet wurden.



    Viele Grüße,
    Anke

  • ...sepulta est Mariana hospita Viti Wacel ex Gatterschlag .... Watzal war ein ortsüblich großer Bauernhof, nach heutigen Maßstäben winzig.

    Hallo Anke,


    vielleicht hätte ich meine Kenntnisse gleich mit angeben sollen:
    Mariana (geb. Weber aus dem Nachbarort Köpferschlag) war die Ehefrau des Veit Watzal. Sie hatte am 25.11.1675 nach Gatterschlag geheiratet. Bislang habe ich 4 Kinder des Ehepaars, dazwischen sind Lücken, ich habe die KB noch nicht vollständig durchgearbeitet.


    Ein Jahr nach Marianas Tod 1687 heiratet Veit noch einmal, d.h. Mariana war bei ihrem Tod keine Witwe.


    Nach 12 Jahren Ehe kann ich mir gerade noch vorstellen, dass sie vielleicht von einem "Ureinwohner" als Fremde bezeichnet worden wäre, sicher aber nicht von einem ortsfremden Pfarrer.


    Gruß
    Herbert